VwGH 2004/21/0152

VwGH2004/21/015226.9.2007

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Novak und die Hofräte Dr. Robl, Dr. Pelant, Dr. Sulzbacher und Dr. Pfiel als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Plankensteiner, über die Beschwerde des A, vertreten durch Mag. Ralf Mössler, Rechtsanwalt in 1010 Wien, Singerstraße 11/7, gegen den Bescheid der Sicherheitsdirektion für das Bundesland Niederösterreich vom 14. April 2004, Zl. Fr 1776/03, betreffend Aufhebung eines Aufenthaltsverbotes, zu Recht erkannt:

Normen

FrG 1997 §36 Abs1;
FrG 1997 §37;
FrG 1997 §44;
VwGG §42 Abs2 Z1;
FrG 1997 §36 Abs1;
FrG 1997 §37;
FrG 1997 §44;
VwGG §42 Abs2 Z1;

 

Spruch:

Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.

Der Bund hat dem Beschwerdeführer Aufwendungen in der Höhe von EUR 991,20 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Mit dem zitierten, im Instanzenzug ergangenen Bescheid wies die belangte Behörde den Antrag des (früher rumänischen, nunmehr staatenlosen) Beschwerdeführers vom 3. März 2004 auf Aufhebung des am 27. August 1999 erlassenen, auf 10 Jahre befristeten Aufenthaltsverbotes gemäß § 44 Fremdengesetz 1997 - FrG ab.

Zur Begründung verwies sie darauf, dass dem Aufenthaltsverbot die rechtskräftige Verurteilung des Beschwerdeführers vom 24. August 1999 nach den §§ "15, 127, 130 StGB" zu einer Freiheitsstrafe in der Dauer von 12 Monaten, davon 10 Monate bedingt nachgesehen, zu Grunde gelegen sei. Die Verurteilung sei wegen (näher dargelegten) gewerbsmäßigen Diebstahls in wiederholten Angriffen in der Zeit zwischen November 1996 und Juni 1997 erfolgt. Der Beschwerdeführer sei erstmals am 2. März 1990 nach Österreich gereist und habe einen Asylantrag gestellt, der am 6. Dezember 1993 rechtskräftig abgewiesen worden sei.

Ein Antrag auf Aufhebung eines Aufenthaltsverbotes - so die belangte Behörde weiter - könne nur dann zum Erfolg führen, wenn sich seit der Erlassung des Aufenthaltsverbotes die dafür maßgeblichen Umstände zu Gunsten des Fremden geändert hätten. Bei der Entscheidung über einen solchen Antrag sei auch auf die nach der Erlassung des Aufenthaltsverbotes eingetretenen und gegen die Aufhebung dieser Maßnahme sprechenden Umstände Bedacht zu nehmen. Die vom Beschwerdeführer ausgehende Gefahr sei seit dem Zeitpunkt der Erlassung des Aufenthaltsverbotes keinesfalls weggefallen und habe sich auch nicht reduziert. Allein der Umstand, dass der Beschwerdeführer gewerbsmäßig Diebstähle verübt habe, reiche aus, um die ursprünglich vorgenommene Gefährdungsprognose weiter aufrecht zu halten. Hinzu komme, dass sich der Beschwerdeführer seit dem Zeitpunkt der rechtskräftigen negativen Erledigung seines Asylantrages im Jahr 1993 unrechtmäßig im Bundesgebiet aufhalte und nie eine Ausreisewilligkeit gezeigt habe. Die Behörde könne daher ein Wohlverhalten des Beschwerdeführers seit dem Zeitpunkt der Erlassung des Aufenthaltsverbotes "beim besten Willen nicht erkennen". Der Beschwerdeführer habe keine familiären Anknüpfungspunkte im Bundesgebiet.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde, über die der Verwaltungsgerichtshof nach Vorlage der Verwaltungsakten durch die belangte Behörde erwogen hat:

Gemäß § 44 FrG ist ein Aufenthaltsverbot auf Antrag oder von Amts wegen aufzuheben, wenn die Gründe, die zu seiner Erlassung geführt haben, weggefallen sind. Nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes kann ein solcher Antrag nur dann zum Erfolg führen, wenn sich seit Erlassung des Aufenthaltsverbotes die dafür maßgebenden Umstände zu Gunsten des Fremden geändert haben, wobei im Rahmen der Entscheidung über einen solchen Antrag auch auf die nach der Verhängung des Aufenthaltsverbotes eingetretenen und gegen die Aufhebung dieser Maßnahme sprechenden Umstände Bedacht zu nehmen ist. Bei der Beurteilung nach § 44 FrG ist maßgeblich, ob eine Gefährlichkeitsprognose im Grund des § 36 Abs. 1 FrG dergestalt (weiterhin) zu treffen ist, dass die Aufrechterhaltung des Aufenthaltsverbotes erforderlich ist, um eine vom Fremden ausgehende erhebliche Gefahr im Bundesgebiet abzuwenden, und ob die Aufrechterhaltung des Aufenthaltsverbotes im Grund des § 37 FrG zulässig ist (vgl. etwa das hg. Erkenntnis vom 19. Dezember 2006, Zl. 2003/21/0226).

Der Verwaltungsgerichtshof teilt nicht die Ansicht der belangten Behörde, dass die Gefährlichkeitsprognose gegen den Beschwerdeführer aufrecht zu halten sei. Zu berücksichtigen ist nämlich, dass der Beschwerdeführer die - keineswegs zu verharmlosenden - Straftaten zwischen November 1996 und Juni 1997 verübt hat. Bis zum maßgeblichen Zeitpunkt der Erlassung des angefochtenen Bescheides sind somit fast sieben Jahre vergangen. Die belangte Behörde tritt der Behauptung in der Berufung, dass der Beschwerdeführer keine weiteren Straftaten gesetzt habe, nicht entgegen. Sie meint offenkundig, dass nach Verübung gewerbsmäßiger Diebstähle die Gefährlichkeitsprognose (während der Dauer des Aufenthaltsverbotes) nie entfallen könnte. Eine derartige Auffassung steht jedoch mit dem Gesetz nicht im Einklang. Das vorliegende strafrechtliche Wohlverhalten seit fast sieben Jahren lässt es nicht zu, die genannte Prognose bedingungslos weiter zu bejahen.

Ein Verbleiben im Bundesgebiet trotz aufrechten Aufenthaltsverbotes spricht zwar gegen die Gesetzestreue eines Fremden, vorliegend hat aber die belangte Behörde nicht aufgezeigt und es sind auch keine Anhaltspunkte ersichtlich, in welches Land der (schon seit dem Jahr 1995 staatenlose) Beschwerdeführer hätte ausreisen können. Dazu kommt, dass der Beschwerdeführer zwar nicht familiär im Bundesgebiet integriert ist, sich jedoch bis zum maßgeblichen Zeitpunkt der Bescheiderlassung bereits 14 Jahre in Österreich aufgehalten hat. Somit steht, wollte man ein öffentliches Interesse an der Aufrechterhaltung des Aufenthaltsverbotes noch bejahen, diesem ein sehr langer inländischer Aufenthalt des Beschwerdeführers gegenüber, weshalb die Aufrechterhaltung des Aufenthaltsverbotes entgegen der Meinung der belangten Behörde in § 44 FrG jedenfalls keine Deckung findet.

Demnach war der angefochtene Bescheid wegen inhaltlicher Rechtswidrigkeit gemäß § 42 Abs. 2 Z 1 VwGG aufzuheben.

Die Kostenentscheidung beruht auf den §§ 47 ff VwGG iVm der VwGH-Aufwandersatzverordnung 2003.

Wien, am 26. September 2007

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