Normen
FrG 1997 §10 Abs4;
FrG 1997 §14 Abs2;
FrG 1997 §10 Abs4;
FrG 1997 §14 Abs2;
Spruch:
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
Die Beschwerdeführerin hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von EUR 41,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
I.
1. Mit dem im Instanzenzug ergangenen Bescheid des Bundesministers für Inneres (der belangten Behörde) vom 19. März 2004 wurde der am 4. Dezember 2001 beim Landeshauptmann von Wien gestellte Antrag der Beschwerdeführerin auf Erteilung einer Niederlassungsbewilligung für den Aufenthaltszweck "Familiengemeinschaft" gemäß § 14 Abs. 2 des Fremdengesetzes 1997 - FrG, BGBl. I Nr. 75, abgewiesen.
Die Beschwerdeführerin sei am 9. September 2001 mit einem vom 8. September 2001 bis zum 6. Dezember 2001 gültigen Visum "C", ausgestellt durch die österreichische Botschaft in Ankara, in das österreichische Bundesgebiet eingereist. Ihr Ehemann sei seit dem 14. September 1998 im Besitz einer unbefristeten Niederlassungsbewilligung. Ihm sei die österreichische Staatsbürgerschaft zugesichert, jedoch noch nicht erteilt worden.
Gemäß § 14 Abs. 2 FrG seien Anträge auf Erteilung eines Aufenthaltstitels vor der Einreise vom Ausland aus zu stellen. Der Antrag könne im Inland gestellt werden, wenn die Voraussetzungen des § 10 Abs. 4 FrG vorlägen. Gemäß § 10 Abs. 1 Z. 2 FrG sei die Erteilung eines Einreise- oder Aufenthaltstitels zu versagen, wenn der Aufenthaltstitel zeitlich an den durch ein Reise- oder Durchreisevisum ermöglichten Aufenthalt anschließen und nach der Einreise erteilt werden solle.
Da der Beschwerdeführerin noch kein Aufenthaltstitel für das österreichische Bundesgebiet erteilt worden sei, sei ihr Antrag als Antrag auf Erteilung einer Erstniederlassungsbewilligung anzusehen. Dieser Antrag sei im Inland gestellt worden, hätte jedoch gemäß § 14 Abs. 2 erster Satz FrG vor der Einreise vom Ausland aus gestellt werden müssen. Ein solcher Antrag sei abzuweisen, wenn kein "besonders berücksichtigungswürdiger Fall" aus humanitären Gründen vorliege. Der Aktenlage sei kein ausreichender besonders berücksichtigungswürdiger humanitärer Aspekt zu entnehmen. Eine Inlandsantragstellung werde von Amts wegen nicht zugelassen. Die Beschwerdeführerin hätte ihren Antrag daher vor der Einreise vom Ausland aus stellen müssen. Darüber hinaus schließe ihr Aufenthaltstitel zeitlich an ein Visum an, was einen weiteren Versagungsgrund darstelle. Da dem Ehemann der Beschwerdeführerin die österreichische Staatsbürgerschaft noch nicht verliehen worden sei, seien auch die Bestimmungen über begünstigte Drittstaatsangehörige für die Beschwerdeführerin nicht anwendbar. Auch ihre Berufung auf das Assoziationsabkommen sei nicht zielführend, weil dieses nur dann Anwendung finde, wenn die Beschäftigung des betroffenen Arbeitnehmers im Einklang mit den aufenthaltsrechtlichen Vorschriften des Mitgliedstaates gestanden habe. Die Beschwerdeführerin habe jedoch noch keinen Aufenthaltstitel erhalten. Überdies sei das Abkommen nur auf jene Angehörige anwendbar, die die Genehmigung erhalten hätten, zu dem türkischen Arbeitnehmer zu ziehen. Dies sei bei der Beschwerdeführerin nicht der Fall. Die nicht dem Gesetz entsprechende Antragstellung führe zur Abweisung des Antrags.
2. Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde mit dem Begehren, ihn wegen Rechtswidrigkeit des Inhalts und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufzuheben.
3. Die belangte Behörde legte die Akten des Verwaltungsverfahrens vor, nahm jedoch von der Erstattung einer Gegenschrift Abstand.
II.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
1.1. Gemäß § 14 Abs. 2 FrG sind Anträge auf Erteilung eines Aufenthaltstitels vor der Einreise vom Ausland aus zu stellen. Der Antrag kann im Inland gestellt werden, wenn der Antragsteller bereits niedergelassen ist, und entweder bisher für die Rechtmäßigkeit des Aufenthaltes keinen Aufenthaltstitel benötigte oder bereits über einen Aufenthaltstitel verfügt hat. Dies gilt nach Ablauf der Gültigkeit des zuletzt erteilten Aufenthaltstitels dann nicht, wenn der weitere Aufenthaltstitel eine Erwerbstätigkeit zulassen soll, für die der zuletzt erteilte Aufenthaltstitel nicht hätte erteilt werden können.
1.2. Die Beschwerdeführerin stellt nicht in Abrede, dass sie noch nie über einen Aufenthaltstitel verfügt habe und dass sie sich zum Zeitpunkt der Stellung ihres Antrags auf Erteilung einer Erstniederlassungsbewilligung am 4. Dezember 2001 sowie zum Zeitpunkt der Erlassung des angefochtenen Bescheids unrechtmäßig im Bundesgebiet aufgehalten habe. § 14 Abs. 2 erster Satz FrG stellt eine Anordnung an die belangte Behörde dar, die beantragte Rechtsgestaltung durch Erteilung eines Aufenthaltstitels nur dann vorzunehmen, wenn der Antrag vor der Einreise des Antragstellers in das Bundesgebiet vom Ausland aus gestellt wurde, wobei die Erledigung grundsätzlich vom Ausland aus abzuwarten ist. Da die Beschwerdeführerin diese Voraussetzungen nicht erfüllt, war ihr Antrag abzuweisen, wobei eine Ermessensentscheidung gemäß § 8 Abs. 1 FrG unter Bedachtnahme auf die in Abs. 3 leg. cit. genannten Kriterien nicht in Betracht kam (vgl. die hg. Erkenntnisse vom 24. Juli 2002, Zl. 2002/18/0136, mwN, und vom 30. Jänner 2007, Zl. 2005/18/0531).
2.1. Als Verletzung von Verfahrensvorschriften rügt die Beschwerdeführerin, sie sei bei der Überprüfung iSd § 10 Abs. 4 FrG zur Frage des Vorliegens humanitärer Gründe nicht gehört worden. Wäre dies geschehen, hätte sie die belangte Behörde darüber aufklären können, dass sich der humanitäre Grund allein schon aus der menschlich starken Bindung einer Ehegattin an den Ehegatten infolge eines gemeinsamen Familienlebens in der Dauer von durchgehend drei Monaten (vom 8. September 2001 bis zum Ablauf des Visums am 6. Dezember 2001) ergeben würde.
2.2. § 14 Abs. 2 letzter Satz FrG eröffnet der Niederlassungsbehörde die Möglichkeit, von Amts wegen in ganz bestimmten Ausnahmefällen (nämlich bei Vorliegen der Voraussetzungen für die Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis aus humanitären Gründen gemäß § 10 Abs. 4 FrG) von einer Abweisung eines im Inland gestellten Antrages auf Erteilung einer Erstniederlassungsbewilligung Abstand zu nehmen. § 10 Abs. 4 FrG stellt auf mit besonderen Gefährdungen bzw. Notlagen verbundene Lebensumstände eines Fremden ab, die dazu Anlass geben, diesem aus humanitären Gründen eine Aufenthaltserlaubnis zukommen zu lassen. Weiters liegen besonders berücksichtigungswürdige Fälle im Sinn des § 10 Abs. 4 FrG auch dann vor, wenn - ausnahmsweise - ein aus Art. 8 EMRK abzuleitender Anspruch auf Familiennachzug besteht. Der bloße Umstand, dass die Beschwerdeführerin mit einem zum unbefristeten Aufenthalt in Österreich berechtigten Fremden verheiratet ist und mit ihm etwa drei Monate lang rechtmäßig (auf Grund eines Reisevisums) und daran anschließend fast zweieinhalb Jahre lang unrechtmäßig zusammengelebt hat, bietet jedoch keine Grundlage, einen besonders berücksichtigungswürdigen Fall im Sinn des § 10 Abs. 4 FrG anzunehmen (vgl. das hg. Erkenntnis vom 15. März 2006, Zl. 2006/18/0020, mwN).
3.1. Die Beschwerdeführerin bringt vor, dass man sie als Türkin "im Zusammenhang mit ARB 1/80 und der RL 64/221/EWG auf Grund der Ableitung meiner Rechte von der gemeinschaftsrechtlichen Stellung meines Ehegatten, dem die österreichische Staatsbürgerschaft und damit die Unionsbürgerschaft verbindlich zugesagt wurde, bisher aber voll unter die Rechte nach ARB 1/80 gefallen ist" "eigentlich derzeit gar nicht aus dem Bundesgebiet abschieben oder mit einer aufenthaltsbeendenden Maßnahme belegen" könne. In vergleichbaren Fällen sei es zu einer Aussetzung des Verfahrens bis zum Urteil des Europäischen Gerichtshofes (Rs C 136/03 ) gekommen.
3.2. Dem offensichtlich auf Art. 7 des zwischen der EG und der Türkei geschlossenen Assoziierungsübereinkommens aus 1963 gefassten Assoziationsratsbeschluss Nr. 1/80 vom 19. September 1980 (ARB) abzielenden Vorbringen der Beschwerdeführerin ist zu entgegnen, dass ein Reisevisum keine Grundlage für eine Genehmigung des Zuzuges im Sinn des Art. 7 ARB darstellt. Eine gegenteilige Beurteilung wird bereits durch den Wortlaut des § 6 Abs. 1 Z. 3 FrG ("Visum für den kurzfristigen Aufenthalt") ausgeschlossen (vgl. das hg. Erkenntnis vom 26. Juni 2003, Zl. 2003/18/0139). Eine türkische Staatsangehörige, die mit einem Reisevisum nach Österreich zu einer hier aufhältigen "Ankerperson" gereist ist, einen Antrag auf Erteilung einer Niederlassungsbewilligung im Inland gestellt und sich durchgehend im Inland aufgehalten hat, kann weder Rechte aus dem ARB noch aus dem Gemeinschaftsrecht ableiten (vgl. das hg. Erkenntnis vom 21. Dezember 2004, Zl. 2004/21/0195).
4.1. Die Beschwerde bringt vor, "dass seit dem Inkrafttreten des Vertrages von Amsterdam per 1.5.1999 die Gemeinschaft nach Art. 63/3 EG die Kompetenz bei einwanderungspolitischen Maßnahmen bei Einreise und Aufenthaltsvoraussetzungen sowie Normen für die Verfahren zur Erteilung von Visa für einen langfristigen Aufenthalt und Aufenthaltstiteln, einschliesslich solcher zur Familienzusammenführung wie in meinem Fall" habe, wobei "die 5 Jahresfrist des Art 63 EG-Vertrages am 1.5.2004" abgelaufen sei, sodass "zwingend dem Gemeinschaftsrecht Folge zu geben" sei. Zwar sei die Richtlinie über die Familienzusammenführung bisher nicht in Kraft getreten, "auf Grund des Umstandes der Kompetenz der Gemeinschaft zur Regelung dieser Materie und des Umstandes, dass grundsätzlich ein subjektives Recht auf Familienzusammenführung nach Gemeinschaftsrecht besteht, ergibt sich aber, dass in meinem Fall die zu meinen Lasten angewendeten Bestimmungen des § 14 Abs. 2 FrG 1997 sich als zumindest versteckt, bzw. verschleiert bzw. indirekt diskriminierend und gemeinschaftswidrig dargestellt, weil in meinem Falle die Anwendung des § 14 Abs. 2 FrG 1997 vor allem auch gegen Art 8 EMRK und auch gegen Art 63 EG und Art 3/1k EG verstößt".
4.2. Was das auf § 14 Abs. 2 FrG iVm Art. 8 EMRK Bezug nehmende Vorbringen betrifft, wird auf die obigen Ausführungen (2.2.) verwiesen. Den Ausführungen zu Art. 63 Z. 3 (lit. a) EG ist zu erwidern, dass Art. 63 EG zwar die Asyl-, Flüchtlings- und Einwanderungspolitik der Kompetenz der Gemeinschaft zuweist, der fünfjährigen Umsetzungsfrist dabei jedoch lediglich rechtspolitischer Charakter zukommt (vgl. Calliess-Ruffert, Kommentar zu EU-Vertrag und EG-Vertrag, Rz 1 und 2 zu Art. 63 EG), sodass die oben (4.1.) wiedergegebene Schlussfolgerung der Beschwerde nicht nachvollzogen werden kann. Was das behauptete "subjektive Recht auf Familienzusammenführung nach Gemeinschaftsrecht" (Primärrecht) betrifft, so wird betreffend das Nichtbestehen dieses Rechts im vorliegenden Fall auf die obigen Ausführungen (3.2.) verwiesen.
5. Die Beschwerde war daher gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.
6. Der Zuspruch von Aufwandersatz beruht im Rahmen des gestellten Begehrens auf den §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. II Nr. 333/2003.
Wien, am 25. September 2007
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