Normen
31992R2913 ZK 1992 Art203;
31992R2913 ZK 1992 Art221 Abs1;
31992R2913 ZK 1992 Art233;
31992R2913 ZK 1992 Art236;
31992R2913 ZK 1992 Art37 Abs1;
31993R2454 ZKDV 1993 Art865;
61999CJ0066 Wandel VORAB;
62001CJ0337 Hamann International VORAB;
62004CJ0247 Transport Maatschappij Traffic VORAB;
31992R2913 ZK 1992 Art203;
31992R2913 ZK 1992 Art221 Abs1;
31992R2913 ZK 1992 Art233;
31992R2913 ZK 1992 Art236;
31992R2913 ZK 1992 Art37 Abs1;
31993R2454 ZKDV 1993 Art865;
61999CJ0066 Wandel VORAB;
62001CJ0337 Hamann International VORAB;
62004CJ0247 Transport Maatschappij Traffic VORAB;
Spruch:
Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.
Begründung
Am 6. März 2000 meldete eine Spedition als indirekte Vertreterin der mitbeteiligten Partei ein digitales Röntgengerät samt Zubehör als Nichtgemeinschaftsware für das Zollverfahren der vorübergehenden Verwendung unter vollständiger Befreiung von den Einfuhrabgaben an. Die Anmeldung wurde angenommen und damit der mitbeteiligten Partei die Bewilligung zur vorübergehenden Verwendung im vereinfachten Verfahren erteilt. Als Verwendungszweck wurde die Durchführung von Versuchen, Untersuchungen, Vorführungen usw. zugelassen. Als Ende der Verwendungsfrist wurde antragsgemäß der 10. September 2000 festgesetzt.
Mit Schreiben vom 13. Oktober 2000 teilte das beschwerdeführende Zollamt der mitbeteiligten Partei mit, dass die Verwendungsfrist abgelaufen und dem Zollamt die ordnungsgemäße Beendigung des Verfahrens nicht nachgewiesen worden sei. Die mitbeteiligte Partei wurde zur Stellungnahme unter Beibringung geeigneter Nachweise aufgefordert.
Mit Schreiben vom 3. November 2000 teilte die Spedition dem beschwerdeführenden Zollamt mit, dass in ihrer Exportabteilung die Existenz des Vormerkscheines übersehen und für die Ware am 21. März 2000 eine "Ausfuhrerklärung 1000 0" erstellt worden sei.
Mit Schreiben vom 7. November 2000 teilte das beschwerdeführende Zollamt der Spedition mit, dass eine derartige Ausfuhranmeldung eine Ausfuhr einer Gemeinschaftsware aus den zollrechtlich freien Verkehr der Gemeinschaft dokumentiere und daher nicht als Nachweis über den Erhalt einer zulässigen zollrechtlichen Bestimmung für die vorübergehend eingeführten Einfuhrwaren herangezogen werden könne. Dafür kämen nur Anmeldungen mit der Verfahrenscodierung "3153-0" in Betracht. Für die Einfuhrware sei mit der Erstellung der Ausfuhranmeldung - Code 1000-0 die Einfuhrzollschuld nach Art. 204 Abs. 1 Buchstabe a ZK entstanden. Unter den in Art. 859 Z 6 ZK-DVO genannten Bedingungen sei aber eine Sanierung der Verfehlungen, die zur Entstehung einer Einfuhrzollschuld iSd Art. 204 Abs. 1 Buchstabe a ZK führen könnten, möglich.
Mit Schreiben vom 22. November 2000 stellte die Spedition den Antrag auf Behebung bzw. Sanierung der Verfehlung zur vorübergehenden Verwendung und teilte mit, dass der über den Vorgang der vorübergehenden Verwendung informierte Exportzollsachbearbeiter am Abend des Exportes ungeplant abwesend gewesen sei und dass dessen Vertretung nicht gewusst habe, dass für die Ware ein Verwendungsschein existiert habe. Dabei habe es sich nicht um einen Versuch gehandelt, die Waren der zollamtlichen Überwachung zu entziehen. Da der Wert auf der verwendeten Proforma-Rechnung unter S 11.500,-- gelegen sei, existiere keine formelle Ausfuhrerklärung. Es sei die Sendung mit der Rechnung abgefertigt worden.
Mit Bescheid vom 27. November 2000 teilte das beschwerdeführende Zollamt der mitbeteiligten Partei die buchmäßige Erfassung der gemäß Art. 204 Abs. 1 Buchstabe a ZK iVm § 2 ZollR-DG entstandenen Einfuhrzollschuld in Höhe von insgesamt EUR 3.169,92 mit. Begründend wurde ausgeführt, die Missachtung der Sorgfaltspflicht durch die Spedition, einer beruflichen Zollanmelderin, sei als grobe Sorgfaltspflichtverletzung zu werten. Es sei nicht nur die falsche Verfahrenscodierung gewählt worden, sondern es sei auch unzulässigerweise eine mündliche (formlose) Ausfuhranmeldung erfolgt.
Die von der Spedition dagegen erhobene Berufung wurde mit Bescheid vom 9. Jänner 2001 mit der Begründung als nicht zulässig zurückgewiesen, dass die Spedition weder die Adressatin des bekämpften Bescheides gewesen sei noch eine Vertretungsvollmacht vorgewiesen habe.
Mit Schreiben vom 18. Jänner 2001 stellte die Spedition im Namen der mitbeteiligten Partei einen Antrag auf Erstattung der Eingangsabgaben gemäß Art. 236 ZK und legte u. a. eine Vollmacht der mitbeteiligten Partei vor.
Mit Bescheid vom 9. August 2001 wurde dieser Antrag vom beschwerdeführenden Zollamt "mangels Vorliegens der gesetzlichen Voraussetzungen abgewiesen". Begründend wurde ausgeführt, dass erst nach Ablauf der Wiederausfuhrfrist und über Urgenz des beschwerdeführenden Zollamts seitens der verpflichteten Personen Anstrengungen unternommen worden seien, um die Wiederausfuhr des gegenständlichen Röntgengerätes nachzuweisen. Es bestünden offensichtlich organisatorische Mängel in der innerbetrieblichen Ablauforganisation des Spediteurs. Diese offensichtliche Sorglosigkeit und Fahrlässigkeit seitens des Bewilligungsinhabers bzw. der diesen vertretenden Personen (Spedition) rechtfertigten die Vorschreibung der Abgaben im Sinne des Art. 204 ZK.
Die dagegen erhobene Berufung wurde mit Berufungsvorentscheidung vom 17. September 2002 als unbegründet abgewiesen.
In der dagegen erhobenen Beschwerde wurde vorgebracht, die Sendung sei am 21. März 2000 zur Abholung angemeldet und der Verwendungsschein an den Dienst habenden Exportsachbearbeiter weitergegeben worden. Dieser habe durch einen Unfall einer seiner Familienangehörigen seinen Arbeitsplatz blitzartig verlassen müssen und es in der Aufregung verabsäumt, seine Vertretung über die Existenz des Verwendungsscheines zu informieren. Durch die gemeinsame Anlieferung mit Hunderten anderen Exportpaketen sei die Tatsache, dass es sich bei der verfahrensgegenständlichen Sendung um eine Ware zur vorübergehenden Verwendung gehandelt habe, übersehen worden und die Anmeldung der Ware zur Ausfuhr aus dem freien Verkehr erfolgt. Es handle sich dabei um einen entschuldbaren Arbeitsfehler, welcher nicht als Vernachlässigung der Sorgfaltspflicht, geschweige denn als grobe Fahrlässigkeit gewertet werden dürfe.
Mit dem angefochtenen Bescheid wurde der Beschwerde Folge gegeben und ausgesprochen, dass die mit Bescheid des beschwerdeführenden Zollamtes vom 27. November 2000 vorgeschriebenen Abgaben in der Höhe von EUR 3.169,92 erstattet würden. Begründend wurde ausgeführt, dass durch die erfolgte Gestellung der Ware angenommen werden könne, dass es sich nicht um einen Versuch gehandelt habe, die Waren der zollamtlichen Überwachung zu entziehen. Es sei als erwiesen anzunehmen, dass das Röntgengerät fristgerecht wieder ausgeführt worden sei. Die Wiederausfuhr des sich in vorübergehender Verwendung befindlichen Röntgengerätes durch den in der Beschwerde genannten Exportsachbearbeiter, welcher vom Verwendungsschein keine Kenntnis gehabt habe, mittels formloser Ausfuhr aus dem freien Verkehr, könne nicht als eine die Heilung der Zollschuld ausschließende grobe Fahrlässigkeit gewertet werden. Arbeitsfehler wie im Beschwerdefall seien entschuldbar. Das seien solche Fehler, die auch bei Anwendung der erforderlichen Sorgfalt und selbst bei sachgerechter Organisation und Personalausstattung nicht immer vermieden werden könnten. Auch die übrigen vom beschwerdeführenden Zollamt ins Treffen geführten Gründe, die im Übrigen nach der erfolgten Wiederausfuhr gelegen seien, vermögen eine grobe Fahrlässigkeit nicht zu begründen.
Gegen diesen Bescheid richtet sich die Beschwerde, mit der Rechtswidrigkeit des Inhaltes geltend gemacht wird.
Die belangte Behörde legte die Verwaltungsakten vor und erstattete eine Gegenschrift, in der sie die Abweisung der Beschwerde beantragt.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
Gemäß Art. 4 Z 13 Zollkodex (ZK) sind unter dem Begriff der "zollamtlichen Überwachung" allgemeine Maßnahmen der Zollbehörden, um die Einhaltung des Zollrechts und gegebenenfalls der sonstigen für Waren unter zollamtlicher Überwachung geltenden Vorschriften zu gewährleisten, zu verstehen.
Nach Art. 4 Z 14 ZK bedeutet der Begriff der "zollamtlichen Prüfung" besondere Amtshandlungen zur Gewährleistung der Einhaltung des Zollrechts und gegebenenfalls der sonstigen für Waren unter zollamtlicher Überwachung geltenden Vorschriften, wie Beschau der Waren, Überprüfung des Vorhandenseins und der Echtheit von Unterlagen, Prüfung von Unternehmensbuchführung oder sonstiger Schriftstücke, Kontrolle der Beförderungsmittel, Kontrolle des Gepäcks und sonstiger Waren, die von oder an Personen mitgeführt werden, Durchführung von behördlichen Nachforschungen und dergleichen.
Nach Art. 4 Z 15 ZK umfasst die "zollrechtliche Bestimmung einer Ware" u.a. die Wiederausfuhr aus dem Zollgebiet der Gemeinschaft.
Art. 4 Z 16 ZK nennt als Zollverfahren u.a. die vorübergehende Verwendung (lit. f) und das Ausfuhrverfahren (lit. h).
Waren, die in das Zollgebiet der Gemeinschaft verbracht werden, unterliegen gemäß Art. 37 Abs. 1 ZK vom Zeitpunkt des Verbringens an der zollamtlichen Überwachung. Sie können nach dem geltenden Recht zollamtlich geprüft werden.
Sie bleiben so lange unter zollamtlicher Überwachung, wie es für die Ermittlung ihres zollrechtlichen Status erforderlich ist, und, im Fall von Nichtgemeinschaftswaren unbeschadet des Art. 82 Abs. 1, bis sie ihren zollrechtlichen Status wechseln, in eine Freizone oder ein Freilager verbracht, wiederausgeführt oder nach Art. 182 vernichtet oder zerstört werden (Art. 37 Abs. 2 ZK).
Art. 203 Abs. 1 und 2 ZK lautet:
"Art. 203 (1) Eine Einfuhrzollschuld entsteht,
- wenn eine einfuhrabgabenpflichtige Ware der
zollamtlichen Überwachung entzogen wird.
(2) Die Zollschuld entsteht in dem Zeitpunkt, in dem die Ware der zollamtlichen Überwachung entzogen wird."
Art. 865 ZK-DVO lautet:
"Die Zollanmeldung einer Ware oder jede andere Handlung mit den gleichen Rechtswirkungen sowie die Vorlage eines Dokuments zur Bescheinigung durch die zuständigen Behörden stellen ein Entziehen der Ware aus der zollamtlichen Überwachung im Sinne des Artikels 203 Absatz 1 des Zollkodex dar, wenn dieses Vorgehen zur Folge hat, dass der Ware fälschlicherweise der zollrechtliche Status einer Gemeinschaftsware zuerkannt wird."
Art. 204 Abs. 1 ZK lautet:
"(1) Eine Einfuhrzollschuld entsteht, wenn in anderen als den
in Artikel 203 genannten Fällen
a) eine der Pflichten nicht erfüllt wird, die sich bei
einer einfuhrabgabenpflichtigen Ware aus deren vorübergehender
Verwahrung oder aus der Inanspruchnahme des Zollverfahrens, in das
sie übergeführt worden ist, ergeben, oder
b) eine der Voraussetzungen für die Überführung einer
Ware in das betreffende Verfahren oder für die Gewährung eines ermäßigten Einfuhrabgabensatzes oder einer Einfuhrabgabenfreiheit auf Grund der Verwendung der Ware zu besonderen Zwecken nicht erfüllt wird,
es sei denn, dass sich diese Verfehlungen nachweislich auf die ordnungsgemäße Abwicklung der vorübergehenden Verwahrung oder des betreffenden Zollverfahrens nicht wirklich ausgewirkt haben."
Art. 859 Zollkodex-Durchführungsverordnung (ZK-DVO) lautet:
"Folgende Verfehlungen gelten im Sinne des Artikel 204
Absatz 1 des Zollkodex als Verfehlungen, die sich auf die
ordnungsgemäße Abwicklung ... des betreffenden Zollverfahrens
nicht wirklich ausgewirkt haben, sofern
- es sich nicht um den Versuch handelt, die Waren der
zollamtlichen Überwachung zu entziehen;
- keine grobe Fahrlässigkeit des Beteiligten vorliegt;
- alle notwendigen Förmlichkeiten erfüllt werden, um
die Situation der Waren zu bereinigen:
...
6. im Fall einer Ware ... in einem Zollverfahren das
Verbringen dieser Ware aus dem Zollgebiet der Gemeinschaft ...
ohne Erfüllung der vorgeschriebenen Zollförmlichkeiten;
..."
Art. 236 Abs. 1 ZK lautet:
"Art. 236 (1) Einfuhr- oder Ausfuhrabgaben werden insoweit erstattet, als nachgewiesen wird, dass der Betrag im Zeitpunkt der Zahlung nicht gesetzlich geschuldet war oder der Betrag entgegen Art. 220 Abs. 2 buchmäßig erfasst worden ist.
…
Eine Erstattung … wird nicht gewährt, wenn die Zahlung oder buchmäßige Erfassung eines gesetzlich nicht geschuldeten Betrags auf ein betrügerisches Vorgehen des Beteiligten zurückzuführen ist."
Das beschwerdeführende Zollamt vertritt die Auffassung, die dem Beschwerdefall zu Grunde liegende (rechtskräftige) Eingangsabgabenvorschreibung selbst unrichtigerweise auf den Zollschuldentstehungstatbestand des Art. 204 ZK gestützt zu haben. Richtig sei vielmehr, dass die Zollschuld nach Art. 203 ZK entstanden sei. Daraus ergebe sich aber für den Beschwerdefall, dass die der mitbeteiligten Partei vorgeschriebenen Eingangsabgaben iSd Art. 236 Abs. 1 ZK gesetzlich geschuldet gewesen seien, weswegen eine Erstattung nach dieser Bestimmung nicht hätte erfolgen dürfen.
Damit ist das beschwerdeführende Zollamt im Recht.
Das Gemeinschaftsrecht definiert nicht, in welchen Fällen davon auszugehen ist, dass eine einfuhrabgabenpflichtige Ware der zollamtlichen Überwachung iSd Art. 203 Abs. 1 ZK entzogen wurde. Nach der ständigen Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofes umfasst der Begriff der Entziehung aus der zollamtlichen Überwachung nach Art. 203 Abs. 1 ZK jede Handlung oder Unterlassung, die dazu führt, dass die zuständige Zollbehörde auch nur zeitweise am Zugang zu einer unter zollamtlicher Überwachung stehenden Ware und der Durchführung der in Art. 37 Abs. 1 ZK vorgesehenen Prüfungen gehindert wird (vgl. das Urteil des EuGH vom 12. Februar 2004, Rs. C-337/01 , "Hamann International GmbH Spedition + Logistik", mwN).
Art. 865 ZK-DVO enthält Beispiele für das Entziehen aus der zollamtlichen Überwachung (vgl. das Urteil des EuGH vom 1. Februar 2001, Rs. C-66/99 , "D. Wandel GmbH"). Die Regelung beinhaltet drei verschiedene Handlungen, die zur Folge haben, dass der Ware fälschlicherweise der Status einer Gemeinschaftsware zuerkannt wird, darunter auch die Zollanmeldung. Es ist dies "eine besonders intelligente Form des Entziehens", die nicht nur bewirkt, dass die konkrete zollamtliche Überwachungstätigkeit eingestellt wird, sondern auch, dass eine Ware ausgeführt wird, die als angemeldete Gemeinschaftsware das Rückwarenprivileg genießt und jederzeit abgabenfrei in das Zollgebiet der Gemeinschaft verbracht und in den freien Verkehr übergeführt werden kann. Die Ausfuhranmeldung mit dem Verfahrenscode 1000 dient sogar als Rückwarennachweis (vgl. Witte, Zollkodex4, Rz 14 zu Art. 203).
Im Sonderfall des Art. 865 ZK-DVO entsteht die Zollschuld nach Art. 203 Abs. 1 ZK mit dem Zeitpunkt des Zuerkennens des zollrechtlichen Status der Gemeinschaftsware (Witte, a. a.O., Rz 15 zu Art. 203).
Der Abgabenvorschreibung, für welche die belangte Behörde im Beschwerdefall eine Erstattung iSd Art. 236 ZK gewährte, lag unstrittig der Sachverhalt zu Grunde, dass eine Drittlandware, welche zur vorübergehenden Verwendung in das Zollgebiet der Gemeinschaft eingeführt worden war, vor Ablauf der Verwendungsfrist irrtümlich zur Ausfuhr (statt zur Wiederausfuhr) angemeldet wurde. Indem die Ware fälschlicherweise den zollrechtlichen Status einer Gemeinschaftsware zuerkannt erhielt, wurde sie aber der zollamtlichen Überwachung entzogen. Dadurch entstand die Zollschuld nach Art. 203 ZK. Bei der Entstehung der Zollschuld nach Art. 203 ZK kommt es - anders als die belangte Behörde in ihrer Gegenschrift vermeint - nicht darauf an, ob von der Möglichkeit der Rückwarenbefreiung tatsächlich Gebrauch gemacht wurde oder werden konnte (vgl. das hg. Erkenntnis vom 18. September 2007, Zlen. 2004/16/0256 bis 0264).
In Art. 236 ZK ist der Grundfall des Erstattungs/Erlassrechts geregelt, nämlich dass die buchmäßig erfassten (und ggf. bereits entrichteten) Abgaben und die materiellrechtlich geschuldeten Abgaben nicht übereinstimmen. Abgaben werden materiellrechtlich nicht geschuldet zB wegen eines Schreib- oder Rechenfehlers bei der buchmäßigen Erfassung oder der Mitteilung an den Beteiligten, aber auch in den vom Beteiligten eingereichten Unterlagen, wegen eines Fehlers bei der Bemessung des Zollwerts oder der Tarifierung, wegen Nichtbeachtens einer Abgabenbefreiung, Mitteilung einer Abgabenschuld an eine Person, die nicht Abgabenschuldner geworden ist oder weil die Abgabenschuld bereits erloschen ist (Art. 233 ZK). Aber auch der Fall der rechtsgrundlosen Zahlung gehört dazu. Die gesetzliche Abgabenschuld ist unabhängig vom Inhalt abgegebener Zollanmeldungen; sie beruht allein auf Tatbestandsmerkmalen der einschlägigen Rechtsvorschriften (vgl. Witte, a.a.O, Rz 1 und 4 zu Art. 236).
In seinem Urteil vom 20. Oktober 2005, Rs. C-247/04 ("Transport Maatschappij Traffic BV"), hat der EuGH ausgeführt, dass Einfuhr- und Ausfuhrabgaben dann iSd Art. 236 ZK gesetzlich geschuldet sind, wenn eine Zollschuld unter den in Titel VII Kapitel 2 ZK ("Entstehen der Zollschuld") festgelegten Voraussetzungen entstanden ist und der Betrag dieser Abgaben durch Anwendung des Zolltarifs der Europäischen Gemeinschaften gemäß den Vorschriften des Titels II ZK ("Bemessungsgrundlagen für die Einfuhr- und Ausfuhrabgaben sowie für sonstige im Warenverkehr vorgesehene Maßnahmen") bestimmt werden konnte. Titel VII Kapitel 2 ZK wird aus den Bestimmungen des Art. 201 bis 216 ZK gebildet. Nach dem genannten Urteil bleibt der Betrag der Einfuhr- und Ausfuhrabgaben iSd Art. 236 ZK gesetzlich geschuldet, auch wenn er nicht gemäß Art. 221 Abs. 1 ZK mitgeteilt wurde.
Daraus ergibt sich für den Beschwerdefall, dass der gegenständliche Abgabenbetrag iSd Art. 236 ZK gesetzlich geschuldet war, und zwar unabhängig davon, ob er dem Abgabenschuldner richtigerweise auf der Grundlage des Art. 203 ZK oder fälschlicherweise auf jener des Art. 204 ZK mitgeteilt wurde.
Damit erweist sich aber eine der beiden Voraussetzungen des Art. 236 ZK, nämlich dass der Abgabenbetrag nicht gesetzlich geschuldet war, als nicht gegeben. Die belangte Behörde hat somit in Verkennung der Rechtslage den Erlass der Abgaben nach Art. 236 ZK gewährt. Damit hat sie ihren Bescheid mit inhaltlicher Rechtswidrigkeit belastet.
Der angefochtene Bescheid war daher gemäß § 42 Abs. 2 Z 1 VwGG wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufzuheben.
Wien, am 18. Oktober 2007
Lizenziert vom RIS (ris.bka.gv.at - CC BY 4.0 DEED)