Normen
GebG 1957 §15 Abs1;
GebG 1957 §15;
GebG 1957 §16 Abs1 Z1 lita;
GebG 1957 §17 Abs2;
GebG 1957 §15 Abs1;
GebG 1957 §15;
GebG 1957 §16 Abs1 Z1 lita;
GebG 1957 §17 Abs2;
Spruch:
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
Die Beschwerdeführerinnen haben dem Bund Aufwendungen in der Höhe von EUR 381,90 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Am 12. April 2002 unterzeichneten die Beschwerdeführerinnen als Verpächterinnen und Vertreter der C & C OEG als Pächterin eine mit "Pachtvertrag" überschriebene Urkunde über die Verpachtung eines Gastgewerbebetriebes, welcher im Eigentum der Beschwerdeführerinnen stand. Diese Urkunde hat (auszugsweise) folgenden Inhalt:
"1.) Pachtgegenstand
...
1.2 Die Verpächter verpachten hiemit den vorbezeichneten Gastgewerbebetrieb an den Pächter und dieser pachtet ihn nach den Regeln des vorliegenden Vertrages.
Festgehalten wird, dass zum Pachtgegenstand die gesamten
Räumlichkeiten im Parterre - mit Ausnahme der Rezeption - sowie im
ersten Stock die im Plan dargestellten Räume I, II, III, IV,
Vorraum und Bad gehören. Weiters zum Pachtgegenstand gehört die
Mitbenützung nachstehender Räumlichkeiten und Flächen: ... In den
beiliegenden Grundrissplänen sind die zur Alleinbenützung
überlassenen Räumlichkeiten und Flächen rot, die zur Mitbenützung
stehenden Flächen gelb und die nicht zum Pachtgegenstand zählenden
Flächen blau gekennzeichnet. ... Als mitverpachtet gilt weiters
der Kundenstock und der goodwill des Unternehmens, sowie das im Eigentum der Verpächter stehende Inventar laut beiliegender, einen integrierenden Bestandteil dieses Vertrages bildenden Inventarliste; ...
...
2.) Beginn und Dauer:
2.1 Das Pachtverhältnis beginnt am 01.06.2002 und wird auf unbestimmte Zeit abgeschlossen. Die Verpächter verzichten auf eine Aufkündigung des Pachtverhältnisses für die Dauer von zehn Jahren, der Pächter jedoch auf die Dauer von fünf Jahren, jeweils ab Beginn des Pachtverhältnisses. ...
...
3.) Pachtzins, Betriebskosten und Wertsicherung:
3.1 Der Pachtzins beträgt für den Zeitraum vom
01.06.2002 bis 30.04.2003 pauschal netto EUR 1.750,-- monatlich,
danach netto EUR 2.180,-- monatlich. Sämtliche Pachtzinsraten sind
monatlich im Vorhinein bis zum 1. eines jeden Monates ... fällig.
...
3.3 Der Pächter ist verpflichtet, gleichzeitig mit dem
Pachtzins ein Akonto in der Höhe von EUR 450,-- monatlich für die
Betriebskosten zu bezahlen, ...
...
3.5 Der Pachtzins ist auf Grundlage des ...
allmonatlich verlautbarten Verbraucherindex 1996 oder eines an dessen Stelle tretenden Index wertgesichert zu halten. ...
...
- 11.) Kaution:
Der Pächter ist verpflichtet, bis längstens 01.05.2002 den Verpächtern eine Kaution ... von EUR 8.720,-- ... zu übergeben.
...
- 12.) Sonstiges:
...
Die Vertragsteile bestätigen, dass ... keine mündlichen Nebenabreden bestehen und dass Änderungen und Ergänzungen dieses Vertrages nur wirksam sind, wenn sie schriftlich erfolgen.
..."
Weiters enthält die Urkunde ausführliche Regelungen betreffend Betriebspflicht, Betriebswohnung, Gewährleistungsansprüche, Benützung und Erhaltung des Pachtgegenstandes sowie Schneeräumung, bauliche Veränderungen, Unterverpachtung und Auflösung des Vertrages.
Die Vertragsparteien unterfertigten in der Folge unter Beifügung des Datums 27. August 2002 eine mit "Inventarliste als integrierender Bestandteil des Pachtvertrages vom 12. April 2004" überschriebene Urkunde, in welcher nach Aufzählung der Inventargegenstände bestätigt wurde:
"Gesamtes Inventar in sehr gutem Zustand und betriebsbereit übergeben."
Am 11. September 2002 wurden drei von den Vertragsparteien unterfertigte Ausfertigungen des "Pachtvertrages" gemeinsam mit den Lageplänen und der "Inventarliste" dem Finanzamt Villach vorgelegt. Dieses brachte den Vermerk über die erfolgte Gebührenanzeige an und leitete die für das Finanzamt bestimmte Ausfertigung an das Finanzamt Klagenfurt zur Gebührenbemessung weiter.
Mit Bescheid vom 24. September 2002 setzte das Finanzamt für den Bestandvertrag die Gebühr gemäß § 33 TP 5 Abs. 1 Z 1 GebG in Höhe von EUR 2.886,60 fest.
In einem weiteren Bescheid vom 24. September 2002 setzte das Finanzamt im Zusammenhang mit dem Bestandvertrag die "Gebühr für Gleichschriften" mit EUR 5.773,20 fest.
Die Beschwerdeführerinnen erhoben gegen die letztgenannte Gebührenvorschreibung Berufung und brachten darin vor, das Finanzamt gehe zu Unrecht davon aus, dass der Pachtvertrag am 12. April 2002 errichtet worden und die Anmeldung zur Gebührenbemessung verspätet erfolgt sei. Aus Punkt 1.2 des "Pachtvertrages" ergebe sich jedoch, dass die "Inventarliste" einen integrierenden Bestandteil dieses Vertrages bilde. Daher liege erst bei Errichtung, Datierung und Unterfertigung der "Inventarliste" eine Urkunde im Sinne des Gebührengesetzes vor. Dies sei erst am 27. August 2002 möglich gewesen, weil wesentliche Fahrnisse, die in der Inventarliste genannt seien, bis zum Abschluss eines gerichtlichen Vergleichs (mit einer Brauerei) streitverfangen gewesen seien. Vertragskonsens über das Inventar sei somit erst zu diesem Zeitpunkt vorgelegen. Da die Urkunde über den Pachtvertrag nicht vom 12. April 2002, sondern vom 12. April 2002 und 27. August 2002 stamme, sei die Vertragsanzeige innerhalb der Monatsfrist erfolgt, sodass eine Gebühr für Gleichschriften nicht festzusetzen sei.
Nach Ergehen einer abweisenden Berufungsvorentscheidung wies die belangte Behörde mit dem angefochtenen Bescheid die Berufung als unbegründet ab. Begründend führte sie aus, unstrittig sei, dass der Pachtvertrag als Rechtsgeschäft gültig zu Stande gekommen sei. Die Vertragsparteien hätten eine Willenseinigung darüber erzielt, dass der Gastgewerbebetrieb für eine gewisse Zeit gegen das vereinbarte Entgelt ge- bzw. verpachtet werde. Sie hätten in der Vertragsurkunde (vom 12. April 2002) das Bestandobjekt ausführlich und detailliert, sogar unter Beifügung von Lageplänen, umschrieben, den Beginn und die Dauer des Pachtverhältnisses sowie den Bestandzins samt Nebenkosten der Höhe und den Entrichtungsmodalitäten nach präzise festgelegt. Ihren Willen, den Bestandvertrag genau in dieser Form abschließen zu wollen, hätten die Parteien durch die beiderseitige Unterfertigung am Ende der Urkunde dokumentiert. Datiert sei die Vertragsurkunde, direkt über den Unterschriften, mit 12. April 2002. Es könne kein Zweifel am gültigen Zustandekommen des Pachtvertrages an diesem Tag bestehen. In der Vertragsurkunde fänden sich keine Hinweise darauf, dass sich etwa bei Nichtbeilegung der Inventarliste Änderungen hinsichtlich der Gewährleistung oder der Höhe des Pachtzinses ergeben sollten oder gar das Pachtverhältnis als nicht zu Stande gekommen anzusehen wäre. Es gebe auch keine Abreden für den Fall, dass bestimmte Inventargegenstände nicht in der Liste enthalten wären. Die Liste vermittle insbesondere auf Grund der Schlussbemerkung vielmehr den Eindruck, dass damit bloß die vollständige und ordnungsgemäße Übernahme der darin angeführten Gegenstände hätte dokumentiert werden sollen. Mündliche Nebenabreden lägen nach der eindeutigen Vertragsbestimmung nicht vor. Selbst wenn sich aus dem Vorbringen der Beschwerdeführerinnen das Vorliegen einer (aufschiebenden) Bedingung ableiten ließe, wäre für die Beschwerdeführerinnen nichts gewonnen, weil derartige Nebenabreden nach § 17 Abs. 4 GebG auf die Entstehung der Gebührenschuld ohne Einfluss seien. Mit der einleitenden Formulierung in Punkt 1.2 der Urkunde, wonach "die Verpächter hiermit ... verpachten" würden, hätten die Vertragsparteien zum Ausdruck gebracht, dass die Willenseinigung und somit das Rechtsverhältnis spätestens im Zeitpunkt der Unterfertigung der Urkunde und nicht zu einem irgendwann in der Zukunft liegenden Zeitpunkt hätte zu Stande kommen sollen. Auch wäre die Verpflichtung, bis spätestens 1. Mai 2002 eine Kaution zu übergeben, ohne rechtsgültigen Pachtvertrag unverständlich. Genauso seien auch die Vertragsbestimmungen betreffend den Beginn des Bestandverhältnisses mit 1. Juni 2002, die Höhe des vereinbarten Pachtzinses ab 1. Juni 2002 sowie die Festlegung des Indexwertes für den Monat Juni 2002 als Basis für die verabredete Wertsicherung des Bestandzinses zu sehen und zu bewerten. Es sei somit vom 12. April 2002 als Zeitpunkt der Entstehung der Gebührenschuld auszugehen und damit nach § 33 TP 5 Abs. 5 Z 1 GebG der 17. Juni 2002 (Anm.: der 15. Juni sei ein Samstag gewesen) als Fälligkeitstag anzusehen. Weder bis zum 17. Juni 2002 noch später sei eine Selbstberechnung der Gebühren durch die Beschwerdeführerinnen als Bestandgeberinnen und eine Anmeldung mittels amtlichem Vordruck erfolgt. Dem Finanzamt sei es daher verwehrt geblieben, für die zwei Gleichschriften die in § 25 Abs. 6 GebG vorgesehene Begünstigung anzuwenden. Auch die Begünstigung des § 25 Abs. 2 GebG könne nicht zur Anwendung gelangen, weil die Vorlage an das Finanzamt am 11. September 2002 außerhalb der im Gesetz vorgesehenen Frist stattgefunden habe.
Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde, in welcher Rechtswidrigkeit des Inhalts geltend gemacht wird. Die Beschwerdeführerinnen erachten sich in ihrem Recht verletzt, gemäß § 25 Abs. 2 GebG die Hundertsatzgebühr nur einmal zu entrichten.
Der Verwaltungsgerichtshof hat in einem gemäß § 12 Abs. 1 Z 2 VwGG gebildeten Senat erwogen:
Gemäß § 15 Abs. 1 GebG sind Rechtsgeschäfte nur dann gebührenpflichtig, wenn über sie eine Urkunde errichtet wird.
Gemäß § 16 Abs. 1 Z 1 lit. a GebG entsteht die Gebührenschuld bei zweiseitig verbindlichen Rechtsgeschäften, wenn die Urkunde über das Rechtsgeschäft im Inland errichtet wird und die Urkunde von den Vertragsteilen unterzeichnet wird, im Zeitpunkt der Unterzeichnung.
Werden über ein Rechtsgeschäft mehrere Urkunden errichtet, so unterliegt nach § 25 Abs. 1 GebG jede dieser Urkunden der festen und den Hundertsatzgebühren.
Gemäß § 25 Abs. 2 leg. cit. idF BGBl. I Nr. 28/1999, ist dann, wenn von einer Urkunde Gleichschriften (Duplikate, Triplikate usw.) ausgefertigt werden, die Hundertsatzgebühr auf Grund jener Gleichschriften nur einmal zu entrichten, die dem Finanzamt bis zum 15. Tag des auf den Kalendermonat, in dem die Gebührenschuld entstanden ist, zweitfolgenden Monats vorgelegt werden. Das Finanzamt hat auf allen Gleichschriften zu bestätigen, dass die betreffende Schrift eine Gleichschrift ist und die Gebühr für eine Gleichschrift und mit welchem Betrag in Stempelmarken entrichtet oder die Gebührenanzeige erstattet wurde.
Gegenstand der Gebühr ist das Rechtsgeschäft, während die Errichtung der Urkunde nur die Voraussetzung bzw. Bedingung ist, bei deren Vorliegen das Rechtsgeschäft gebührenpflichtig wird (vgl. die bei Fellner, Kommentar zum Gebührengesetz 1957, Tz 38 zu § 15 genannte hg. Rechtsprechung).
Soweit die Urkundenerrichtung nicht bereits Voraussetzung für das Zustandekommen des Rechtsgeschäftes ist (rechtserzeugende Urkunde), kann ein Schriftstück (als Urkunde) nur dann eine Gebührenpflicht auslösen, wenn es Beweis zu machen geeignet ist (vgl. z.B. das hg. Erkenntnis vom 14. Jänner 1991, Zl. 90/15/0040). Dazu muss die Urkunde 1. unterzeichnet sein und
2. alle wesentlichen Merkmale des Rechtsgeschäftes enthalten, wobei gemäß § 17 Abs. 2 GebG auch ein Verweis auf andere Schriftstücke, die Angaben über das Rechtsgeschäft enthalten, genügt (vgl. die bei Fellner, Kommentar zum Gebührengesetz 1957, Tz 47 f zu § 15 genannte hg. Rechtsprechung).
Unbestritten ist, dass in Zusammenhang mit dem gegenständlichen Rechtsgeschäft zwei von den Parteien unterfertigte Urkunden errichtet wurden, nämlich der "Pachtvertrag" vom 12. April 2002 und die "Inventarliste" vom 27. August 2002.
Die Beschwerdeführerinnen vertreten die Auffassung, der Bestandvertrag sei erst mit Unterzeichnung der Inventarliste, auf welche im "Pachtvertrag" vom 12. April 2002 ausdrücklich Bezug genommen worden sei, zu Stande gekommen, sodass die Entstehung der Gebührenschuld erst mit diesem Zeitpunkt angenommen werden kann.
Die belangte Behörde ist zu Recht davon ausgegangen, dass die am 12. April 2002 beurkundete und unterschriebene umfangreiche Vereinbarung bereits alle wesentlichen Merkmale des zwischen den Beschwerdeführerinnen und der C & C OEG abgeschlossenen Rechtsgeschäfts, wie Bestandgegenstand, Bestanddauer, Entgelt, usw. enthält. Es kann nicht als rechtswidrig erachtet werden, wenn die belangte Behörde daraus und aus dem unbestrittenen Umstand, dass den Urkunden vom 12. April 2002 bzw. 27. August 2002 keine Hinweise auf Folgen einer allfälligen Nichterstellung der Inventarliste (oder der Nichtaufnahme bestimmter Gegenstände in dieselbe) zu entnehmen sind, geschlossen hat, dass die Erstellung bzw. Nichterstellung der "Inventarliste" nach dem Willen der Vertragsparteien für die Gültigkeit des Vertrages unerheblich gewesen ist. Auch der von der belangten Behörde ins Treffen geführte Wortlaut des Punktes 1.2 ("Die Verpächter verpachten hiemit…"), die Kautionsübergabe bis 1. Mai 2002, der Beginn des Bestandverhältnisses und der Zahlungen des Pachtzinses ab 1. Juni 2002 sowie die Wertsicherung desselben auf der Basis Juni 2002 sprechen dafür, dass nach dem Willen der Vertragsparteien das Rechtsgeschäft bereits mit Unterzeichnung des "Pachtvertrages" vom 12. April 2000 zu Stande gekommen ist und es sich bei der "Inventarliste" bloß um eine Konkretisierung eines Teilbereiches desselben gehandelt hat. Entgegen dem Beschwerdevorbringen kann aus dem bloßen Umstand, dass die "Inventarliste" nach dem Wortlaut des "Pachtvertrages" einen integrierenden Bestandteil desselben bildet, allein noch nicht abgeleitet werden, dass der Bestandvertrag erst mit der Erstellung der Inventarliste abgeschlossen worden wäre. Es kann den Beschwerdeführerinnen auch darin nicht gefolgt werden, dass die dargelegte "Betrachtungsweise den Verkehrserfordernissen und letztlich auch den Grundwertungen, die dem Gebührengesetz zu Grunde liegen, völlig widerspricht", waren doch die Beschwerdeführerinnen durch den Umstand, dass die Inventarliste noch nicht erstellt worden war, nicht daran gehindert, den Pachtvertrag vom 12. April 2000 samt Gleichschriften dem Finanzamt innerhalb der Frist nach § 25 Abs. 2 GebG vorzulegen.
Da die Beschwerde keine Rechtswidrigkeit des angefochtenen Bescheides aufzuzeigen vermochte, war die Beschwerde gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.
Die Kostenentscheidung gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. II Nr. 333/2003.
Wien, am 28. Februar 2007
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