VwGH 2002/14/0120

VwGH2002/14/012017.1.2007

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Steiner und die Hofräte Mag. Heinzl, Dr. Sulyok, Dr. Fuchs und Dr. Robl als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Pfau, über die Beschwerde des W B in S, vertreten durch Dr. Karl Wagner, Rechtsanwalt in 4780 Schärding, Unterer Stadtplatz 4, gegen den Bescheid der Finanzlandesdirektion für Oberösterreich (Berufungssenat I) vom 7. August 2002, Zl. RV 877/1-6/2000, betreffend u.a. Einkommensteuer für 1999, zu Recht erkannt:

Normen

LiebhabereiV 1993;
LiebhabereiV 1993;

 

Spruch:

Der angefochtene Bescheid wird, soweit er die Einkommensteuer für 1999 betrifft, wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufgehoben.

Der Bund hat dem Beschwerdeführer Aufwendungen in der Höhe von EUR 1.171,20 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Der Beschwerdeführer begann neben seiner nichtselbständigen Tätigkeit als EDV-Systementwickler im November 1999 mit der Tätigkeit als Warenpräsentator der A GmbH (in der Folge auch A-Vertreter). Für das Jahr 1999 erklärte der Beschwerdeführer diesbezüglich als Einnahmen aus Gewerbebetrieb bei Provisionseinnahmen von S 2.247,-- einen Verlust in Höhe von rund S 45.000,--.

Anlässlich der Veranlagung des Beschwerdeführers zur Einkommensteuer für das Jahr 1999 wurde diese Tätigkeit als Liebhaberei eingestuft und ein Verlustausgleich mit den Einkünften des Beschwerdeführers aus nichtselbständiger Arbeit nicht zugelassen. Begründend wurde ausgeführt, die Erfahrung zeige, dass diese Tätigkeit vor Erzielung eines positiven Gesamtüberschusses wieder eingestellt werde.

In der dagegen erhobenen Berufung trat der Beschwerdeführer der Ansicht des Finanzamtes entgegen, er werde die Betätigung vor Erzielung eines Gesamtüberschusses einstellen. Es sei zwar für das Jahr 2000 bei Provisionseinnahmen von S 50.000,-- noch ein Verlust von S 20.000,-- zu erwarten, im Jahr 2001 werde aber bei Provisionseinnahmen von S 80.000,-- schon ein Gewinn von S 15.000,-

-, im Jahr 2002 bei Provisionseinnahmen von S 120.000,-- ein Gewinn von S 20.000,-- und im Jahr 2003 bei Provisionseinnahmen in Höhe von S 160.000,-- ein Gewinn von S 25.000,-- erwartet.

Nach Durchführung weiterer Ermittlungen gab die belangte Behörde der Berufung in diesem Punkt keine Folge. Unter Bezugnahme auf das Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 22. Februar 2000, 96/14/0038, ging sie davon aus, dass der vorliegende Fall mit dem vom Verwaltungsgerichtshof entschiedenen Fall sachverhaltsmäßig vergleichbar sei. Anzumerken sei zwar, dass die konkreten Reiseaufwendungen für einen Privatgeschäftsvermittler der A GmbH "vergleichsweise niedrig" seien, trotzdem seien aber in den ersten beiden Jahren "entsprechend hohe Verluste" in Relation zum Umsatz aufgelaufen. Im Jahr 2000 sei bei Einnahmen von rund S 61.000,-- ein Verlust von rund S 15.000,-- erklärt worden und im Jahr 2001 sei bei Provisionseinnahmen von rund S 51.000,-- ein Gewinn von S 12.518,--

erzielt worden. Die in der Berufung angestellte Prognose für 2001 hätte nicht erreicht werden können. Der Umsatz in diesem Jahr sei gegenüber dem Jahr 2000 schon gesunken und es hätte auch nicht der erwartete, sondern nur ein geringerer Gewinn erzielt werden können. Die "optimistische Prognose aus der Berufung ist offensichtlich" nicht erreichbar. Würde auch in den Folgejahren jedes Jahr der im Jahr 2001 erzielte Gewinn erzielt, so ergebe sich nach insgesamt erstmals sieben Jahren Tätigkeit ein geringfügiger Gesamtgewinn. Dies bedeute, dass die bisher aufgelaufenen Verluste erst nach insgesamt sieben Jahren ausgeglichen würden. Letztlich wäre die Tätigkeit dann sieben Jahre ohne substantiellen Ertrag ausgeübt worden. Nach allgemeiner Lebenserfahrung, den "Erfahrungen des Senates in anderen Fällen und nach den Ausführungen des Verwaltungsgerichtshofes (vgl. das oben zitierte Erkenntnis) ist davon auszugehen, dass die Tätigkeit vor Erzielen eines Gesamtgewinnes beendet werden wird".

Der Verwaltungsgerichtshof hat über die dagegen erhobene Berufung erwogen:

Die belangte Behörde stellt nicht in Abrede, dass im Beschwerdefall eine Tätigkeit im Sinne des § 1 Abs. 1 Liebhabereiverordnung 1993 (im Folgenden: LVO) vorliegt. Nach § 2 Abs. 2 LVO liegen innerhalb der ersten drei Kalenderjahre ab Beginn einer Betätigung im Sinne des § 1 Abs. 1 jedenfalls Einkünfte vor (Anlaufzeitraum). Ein Anlaufzeitraum darf nicht angenommen werden, wenn nach den Umständen des Einzelfalls damit zu rechnen ist, dass die Betätigung vor dem Erzielen eines Gesamtgewinnes (Gesamtüberschusses) beendet wird.

In dem von der belangten Behörde für ihren Standpunkt herangezogenen Verwaltungsgerichtshoferkenntnis vom 22. Februar 2000, 96/14/0038, VwSlgNr 7484/F, hat der Gerichtshof vor dem Hintergrund des damals gegebenen Sachverhaltes unter anderem zum Ausdruck gebracht, der belangten Behörde könne nicht entgegen getreten werden, wenn sie zu dem Schluss gelangt ist, die Tätigkeit eines A-Vertreters sei objektiv gesehen nicht geeignet, Gewinne zu erzielen. Unter Berücksichtigung des Umstandes, dass im damals entschiedenen Beschwerdefall die vom Beschwerdeführer erzielten Umsätze geringer waren als seine Reiseaufwendungen, hielt der Verwaltungsgerichtshof daher die Beurteilung der damals belangten Behörde für zutreffend, der Beschwerdeführer werde seine Tätigkeit als A-Vertreter vor dem Erzielen eines Gesamtgewinnes beenden. Dass diese Beurteilung nicht unbesehen auf andere Fälle eines A-Vertreters übertragen werden kann, hielt der Verwaltungsgerichtshof im Erkenntnis vom 2. März 2006, 2006/15/0018, fest.

Dass im Beschwerdefall ein vergleichbarer Sachverhalt vorliegt, trifft schon deshalb nicht zu, weil der Beschwerdeführer bereits im dritten Jahr seiner diesbezüglichen Tätigkeit tatsächlich einen Gewinn erzielt hat. Dass die Erzielung eines solchen Gewinnes durch außergewöhnliche Verhältnisse verursacht worden sei, hat die belangte Behörde nicht dargetan. Unter diesen Umständen ist aber die Annahme, eine entsprechende Tätigkeit sei objektiv nicht geeignet, Gewinne zu erzielen, verfehlt. Hinzu kommt, dass die belangte Behörde im angefochtenen Bescheid einräumt, dass der Beschwerdeführer für einen Privatgeschäftsvermittler der A GmbH "vergleichsweise niedrige" Reiseaufwendungen hatte. Auch diesbezüglich unterscheidet sich der Beschwerdefall somit von dem, dem Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 22. Februar 2000 zu Grunde liegenden Fall entscheidend, weil kein Zweifel bestehen kann, dass ein Fall, bei welchem allein die Reiseaufwendungen die Umsätze übersteigen, eine andere Beurteilung erfordert, als ein Fall, in welchem die Reiseaufwendungen "vergleichsweise niedrig" sind. Die belangte Behörde hat in diesem Zusammenhang unberücksichtigt gelassen, dass der Beschwerdeführer nach dem Inhalt der Verwaltungsakten zum Beispiel für das Jahr 2000 Reiseaufwendungen von wenig mehr als 10 % der erklärten Provisionseinnahmen (und für 2001 noch wesentlich weniger) geltend gemacht hat.

Die belangte Behörde zeigt aber auch mit ihrem Hinweis, der Beschwerdeführer habe die in der Berufung angeführten Prognosewerte für das Jahr 2001 nicht erreicht, keine schlüssige Begründung für die Annahme auf, der Beschwerdeführer würde seine Betätigung vor dem Erreichen eines Gesamtgewinnes beenden. Zwar ist es richtig, dass der Beschwerdeführer im Jahr 2001 die prognostizierten Provisionserträge um rund S 30.000,-- und den prognostizierten Gewinn um rund S 2.500,-- verfehlte. Der Beschwerdeführer verfehlte aber auch im Jahr 2000 die prognostizierten Werte, allerdings insofern, als er an Stelle der prognostizierten Provisionserträge von S 50.000,-- solche von mehr als 60.000,-- und an Stelle eines prognostizierten Verlustes von S 20.000,-- lediglich einen solchen von rund S 15.000,-- erzielte. Insgesamt erzielte der Beschwerdeführer somit in den Jahren 2000 und 2001 hinsichtlich des Gewinnes einen besseren Wert als er prognostiziert hatte und im Jahr 2001 gegenüber dem Jahr 2000 - bei geringeren Provisionserträgen - einen Gewinn an Stelle eines Verlustes.

Vor diesem Hintergrund ist die Annahme der belangten Behörde, der Beschwerdeführer hätte seine Geschäftserfolge gegenüber dem Jahr 2001 nicht mehr steigern können, unschlüssig. Nicht nachvollziehbar ist auch die darauf, dass der Beschwerdeführer somit erst nach insgesamt sieben Jahren einen Gesamtgewinn erzielen könne, gestützte Folgerung, der Beschwerdeführer würde "nach allgemeiner Lebenserfahrung" und nach nicht näher dargestellten "Erfahrungen des Senates in anderen Fällen" die in Rede stehende Tätigkeit vor Erreichen eines Gesamtgewinnes beenden.

Die Begründung des angefochtenen Bescheides ist daher insgesamt nicht geeignet, dessen Spruch zu tragen. Der angefochtene Bescheid war daher wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften gemäß § 42 Abs. 2 Z. 3 lit. c VwGG aufzuheben.

Die Kostenentscheidung gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. II Nr. 333/2003.

Wien, am 17. Jänner 2007

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