Normen
ZPO §64 Abs1 idF 2004/I/128;
ZPO §64 Abs1 idF 2004/I/128;
Spruch:
Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.
Der Bund hat dem Beschwerdeführer Aufwendungen in der Höhe von EUR 1.171,20 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Mit Beschluss vom 14. Juni 1994 hat das Bezirksgericht Innere Stadt Wien dem Beschwerdeführer die beantragte Verfahrenshilfe unter Beigebung eines Rechtsanwaltes für die Hereinbringung des Unterhaltes zu Gunsten der betreibenden Partei (Beschwerdeführer) auf Grund des Vergleiches vom 9. März 1994 vor dem Bezirksgericht Innere Stadt Wien sowie für allfällige aus der Exekutionsführung entspringende Zivilverfahren bewilligt.
Der Beschwerdeführer stellte den am 6. Juni 2005 beim Bezirksgericht Innere Stadt Wien eingelangten Antrag auf Forderungsexekution nach § 294a EO und Fahrnisexekution für eine auf Grund eines Vergleiches gegebene vollstreckbare Kapitalforderung von EUR 1.258,21. In diesem Antrag wurde auf die bereits gewährte Verfahrenshilfe vom 14. Juni 1994 hingewiesen.
Mit Zahlungsauftrag vom 30. November 2005 schrieb der Kostenbeamte dem Beschwerdeführer die Pauschalgebühr gemäß TP 4 lit. a GGG von EUR 58,-- samt Einhebungsgebühr von EUR 7,-- vor.
In dem dagegen eingebrachten Berichtigungsantrag brachte der Beschwerdeführer vor, er genieße auf Grund des Beschlusses vom "29. Juni 1994", welcher auch wiederholt vorgelegt worden sei, Verfahrenshilfe im vollen Ausmaß und sei damit von der Entrichtung der vorgeschriebenen Gerichtsgebühr befreit.
Mit dem angefochtenen Bescheid gab die belangte Behörde dem Berichtigungsantrag keine Folge. Dies im Wesentlichen mit der Begründung, die auf Grund der gewährten Verfahrenshilfe bestehende Gebührenfreiheit gelte nur für das Verfahren, für das sie bewilligt worden sei und für das Rechtsmittelverfahren. Auf das Exekutionsverfahren erstrecke sie sich nur dann, wenn zwischen dem Abschluss des Verfahrens und der Einleitung der Exekution nicht mehr als ein Jahr verstrichen sei. Die mit Beschluss vom 14. Juni 1994 gewährte Verfahrenshilfe könne daher für das gegenständliche Exekutionsverfahren nicht wirksam sein.
Gegen diesen Bescheid richtet sich die Beschwerde, mit der sowohl Rechtswidrigkeit des Inhaltes als auch Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften geltend gemacht wird. Der Beschwerdeführer erachtet sich in seinem Recht auf Nichtvorschreibung der Gerichtsgebühren infolge Bewilligung der Verfahrenshilfe verletzt.
Die belangte Behörde legte die Verwaltungsakten vor und erstattete eine Gegenschrift mit dem Antrag auf kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
Die Verfahrenshilfe kann gemäß § 64 Abs. 1 ZPO, in der Fassung vor der Zivilverfahren-Novelle 2004 BGBl. I Nr. 128, für einen bestimmten Rechtsstreit und ein spätestens innerhalb eines Jahrs nach Abschluss des Rechtsstreites eingeleitetes Vollstreckungsverfahren die folgenden Begünstigungen umfassen: ...
Diese Bestimmung hat in der Fassung der Novelle BGBl. I Nr. 128/2004 folgenden Inhalt:
"Die Verfahrenshilfe kann für einen bestimmten Rechtsstreit und ein nach Abschluss des Rechtsstreits eingeleitetes Vollstreckungsverfahren die folgenden Begünstigungen umfassen: ..."
Nach den Übergangsbestimmungen zu dieser Novelle trat die Neufassung am 1. Dezember 2004 in Kraft. Der Inhalt der gewährten Begünstigungen richtet sich nach Art. XVI Abs. 3 zweiter Satz der Zivilverfahrens-Novelle 2004 - mit Ausnahme des § 64 Abs. 1 Z 5 ZPO - ab diesem Zeitpunkt auch dann nach den Bestimmungen in der Fassung dieses Bundesgesetzes, wenn die Verfahrenshilfe schon vor dem Inkrafttreten bewilligt worden ist.
Die belangte Behörde hat sich in der Begründung des angefochtenen Bescheides auf die Bestimmung des § 64 Abs. 1 ZPO in der Fassung vor der Novelle BGBl. I Nr. 128/2004 gestützt und dabei übersehen, dass seit dem Inkrafttreten der genannten Novelle die zeitliche Einschränkung einer bewilligten Verfahrenshilfe für eingeleitete Vollstreckungsverfahren nicht mehr besteht. Für das im Juni 2005 vom Beschwerdeführer eingeleitete Vollstreckungsverfahren war durch den Beschluss des Bezirksgerichtes Innere Stadt Wien vom 14. Juni 1994 die Verfahrenshilfe bewilligt.
Aus diesem Grund ist der angefochtene Bescheid, der solches verneinte und deswegen Gerichtsgebühren gemäß TP 4 GGG samt Einhebungsgebühr vorschrieb, rechtswidrig.
In der Gegenschrift verweist die belangte Behörde darauf, dass das Bezirksgericht Innere Stadt Wien mit Beschluss vom 10. Juni 2005 die Verfahrenshilfe in dem Vollstreckungsverfahren "unter Hinweis auf § 64 Abs. 1 ZPO abgewiesen" habe.
Nach dem Inhalt der vorgelegten Akten war vom Beschwerdeführer ein neuerlicher Verfahrenshilfeantrag gar nicht gestellt worden, sodass diese Entscheidung über die "Abweisung" der Verfahrenshilfe ohne Antrag ergangen wäre. Unter Hinweis auf § 64 Abs. 1 ZPO hätte - nach der alten Rechtslage - die Anerkennung der im Jahre 1994 bewilligten Verfahrenshilfe im Vollstreckungsverfahren versagt werden können. Für die "Abweisung" eines - im Beschwerdefall gar nicht - gestellten Antrages war § 64 Abs. 1 ZPO jedenfalls keine taugliche Rechtsgrundlage. Vielmehr hätte ein gestellter neuerlicher Antrag auf Bewilligung der Verfahrenshilfe auf das Vorliegen der Voraussetzungen geprüft werden müssen. Eine neuerliche Entscheidung in dieser bereits entschiedenen Verfahrenshilfesache wäre somit aus mehreren Gründen rechtswidrig gewesen.
Mit dem Beschluss vom 10. Juni 2005 über die "Abweisung" der Verfahrenshilfe wurde die mit Beschluss des Bezirksgerichtes Innere Stadt Wien vom 14. Juni 1994 bewilligte Verfahrenshilfe nicht beseitigt.
Der angefochtene war daher aus diesen Erwägungen gemäß § 42 Abs. 2 Z 1 VwGG wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufzuheben.
Die Kostenentscheidung gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. II Nr. 333/2003. Wien, am 7. September 2004
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