VwGH 2006/10/0149

VwGH2006/10/01499.8.2006

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Mizner und die Hofräte Dr. Stöberl und Mag. Nussbaumer-Hinterauer als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Hofer, über den Antrag des WJ in W, vertreten durch Dr. Herbert Pochieser, Rechtsanwalt in 1070 Wien, Schottenfeldgasse 2-4/II/23, auf Wiederaufnahme des mit Beschluss vom 31. Mai 2006, Zl. 2005/10/0225 abgeschlossenen Säumnisbeschwerdeverfahrens, den Beschluss gefasst:

Normen

AVG §67b Z3;
VwGG §27 Abs1;
VwGG §27;
AVG §67b Z3;
VwGG §27 Abs1;
VwGG §27;

 

Spruch:

Dem Antrag wird nicht stattgegeben.

Begründung

Der Antragsteller erhob zu Zl. 2005/10/0225 Säumnisbeschwerde mit der Behauptung, der Unabhängige Verwaltungssenat Wien als belangte Behörde habe über den von ihm am 5. November 2004 gestellten Devolutionsantrag betreffend einen am 5. November 2004 gestellten Antrag auf Gewährung von Krankenhilfe nicht entschieden. Diese Säumnisbeschwerde wurde vom Verwaltungsgerichtshof mit Beschluss vom 31. Mai 2006 zurückgewiesen, da die belangte Behörde bereits vor Erhebung der Säumnisbeschwerde über den Antrag des Beschwerdeführers bescheidmäßig abgesprochen gehabt habe. Dies ergebe sich schon aus den zu Zl. 2006/10/0049, Zl. 2006/10/0056 und Zl. VH 2005/10/0089, protokollierten Beschwerden und Anträgen des Beschwerdeführers. Diesen sei jeweils der auf Grund des Devolutionsantrages des Beschwerdeführers ergangene Bescheid der belangten Behörde vom 24. Oktober 2005 betreffend seinen Antrag auf Gewährung von Krankenhilfe bzw. Kostenübernahme für Zahnbehandlung vom 5. November 2004 angeschlossen gewesen; es sei darin auch auf die Zustellung dieses Bescheides am 4. November 2005 hingewiesen worden.

Mit dem vorliegenden Antrag wird die Wiederaufnahme des genannten Verfahrens begehrt. Der Antragsteller bringt vor, die Zurückweisung der Säumnisbeschwerde sei unter Verletzung des Parteiengehörs erfolgt, da ihm die Gegenschrift der belangten Behörde nicht übermittelt worden sei. Wäre ihm die Gegenschrift zugestellt worden, hätte er im Zuge eines damit zwingend einhergehenden Vorhalteverfahrens vorgebracht, dass kein rechtswirksamer Bescheid erlassen worden sei, sondern nur ein so genannter "Nichtbescheid". Er sei im Verfahren betreffend die Verletzung der Entscheidungspflicht durch die Behörde erster Instanz vor der belangten Behörde bereits durch den auch in diesem Verfahren auftretenden Rechtsanwalt vertreten gewesen, sodass eine rechtswirksame Zustellung nur an diesen hätte stattfinden können. Die Säumnis sei durch die Zustellung an ihn selbst nicht beseitigt worden. Er beantrage daher nach Durchführung einer öffentlichen mündlichen Verhandlung die Wiederaufnahme des Verfahrens gemäß § 47 Abs. 1 Z. 4 VwGG, da das Parteiengehör verletzt worden sei. Bei Gewährung des Gehörs hätte der Verwaltungsgerichtshof anders entschieden.

Gemäß § 45 Abs. 1 Z. 4 VwGG ist die Wiederaufnahme eines durch Erkenntnis oder Beschluss abgeschlossenen Verfahrens zu bewilligen, wenn im Verfahren vor dem Gerichtshof den Vorschriften über das Parteiengehör nicht entsprochen wurde und anzunehmen ist, dass sonst das Erkenntnis oder der Beschluss anders gelautet hätte.

Der Antragsteller erblickt die Verletzung des Parteiengehörs durch den Verwaltungsgerichtshof in dem Umstand, dass ihm (im Säumnisbeschwerdeverfahren) die Gegenschrift der belangten Behörde nicht zur Äußerung zugestellt worden sei. Er verkennt dabei, dass die dem Zurückweisungsbeschluss vom 31. Mai 2006 zu Grunde liegende Annahme, die belangte Behörde sei in der betreffenden Verwaltungsangelegenheit bereits vor der Erhebung der Säumnisbeschwerde (am 29. Dezember 2005) ihrer Entscheidungspflicht nachgekommen, nicht etwa auf den Darlegungen der Gegenschrift, sondern auf eigenem Vorbringen des Antragstellers beruht. Dieser hatte nämlich, wie schon im Zurückweisungsbeschluss dargelegt, bereits vor Erhebung der Säumnisbeschwerde, nämlich am 14. Dezember 2005, zur Erhebung der (Bescheid-)Beschwerde gegen den die betreffende Verwaltungsangelegenheit abschließenden Bescheid die Bewilligung der Verfahrenshilfe beantragt, wobei er die Bescheidzahl und das Datum der Fertigung (mit 24.10.2005) bezeichnete und ausdrücklich auf die "Zustellung gemäß (Post)Zustellgesetz" am 4. 11. 2005 hinwies ( der in der Folge vorgelegte Bescheid datiert vom 24.10.2005 und ist seiner Zustellverfügung zufolge an den Antragsteller "zu Handen Rechtsanwalt Dr. Pochieser" gerichtet). Bei dieser Sachlage wird mit dem oben wiedergegebenen Vorbringen des Antragstellers nicht aufgezeigt, dass - wie behauptet, in Gestalt der Unterlassung der Zustellung der Gegenschrift und einer Aufforderung zur Äußerung dazu - eine Verletzung des Parteiengehörs vorläge.

Die erstmals im Wiederaufnahmsantrag aufgestellte Behauptung des Antragstellers, es liege ein "Nichtbescheid" vor, weil der Bescheid dem Antragsteller selbst und nicht dem bereits im Verwaltungsverfahren bevollmächtigten anwaltlichen Vertreter zugestellt worden sei, erweist sich aber auch als nicht geeignet, im Sinne des § 45 Abs. 1 Z. 4 VwGG die Annahme zu begründen, dass das Erkenntnis oder der Beschluss anders gelautet hätte. Selbst in dem vom Antragsteller behaupteten Fall wäre nämlich im Zeitpunkt der Einbringung der Säumnisbeschwerde keine Säumnis der belangten Behörde vorgelegen: Diese hatte ihren Bescheid nämlich am 24. Oktober 2005 gegenüber der Stadt Wien (Magistratsabteilung 15) erlassen. Dieser kommt gemäß § 67b Z. 3 AVG im Verfahren auf Grund eines Devolutionsantrages Parteistellung zu. Im Mehrparteienverfahren ist ein Bescheid erlassen worden, wenn er wenigstens gegenüber einer der Parteien ordnungsgemäß erlassen wurde. Die Säumnisbeschwerde ist diesfalls unzulässig. Dies gilt auch dann, wenn der Bescheid jener Partei des Verwaltungsverfahrens nicht wirksam zugestellt wurde, die die Säumnisbeschwerde erhob (vgl. z.B. die hg. Beschlüsse vom 29. Dezember 2004, Zl. 2003/11/0239 und vom 24. Februar 2004, Zl. 2003/05/0184). Es kann daher dahingestellt bleiben, ob eine wirksame Zustellung des Bescheides an den Antragsteller erfolgte.

Es wurde hier somit weder das Parteiengehör des Antragstellers verletzt noch hätte die Einräumung desselben zu einer anderen Entscheidung geführt.

Gemäß § 45 Abs. 3 VwGG ist über den Antrag auf Wiederaufnahme des Verfahrens in nicht öffentlicher Sitzung zu entscheiden.

Dem Wiederaufnahmsantrag war daher nicht stattzugeben. Wien, am 9. August 2006

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