VwGH 2006/05/0156

VwGH2006/05/015631.7.2006

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident DDr. Jakusch und die Hofräte Dr. Kail und Dr. Hinterwirth als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Gubesch, in der Beschwerdesache des Martin Ridler in Innsbruck, vertreten durch Dr. Herwig Fuchs, Rechtsanwalt in 6020 Innsbruck, Maximilianstraße 19/IV, gegen den Bescheid der Tiroler Landesregierung vom 3. April 2006, Zl. Ib-17390/1, betreffend die Untersagung einer öffentlichen Veranstaltung (mitbeteiligte Partei: Marktgemeinde Telfs), den Beschluss gefasst:

Normen

B-VG Art131 Abs1 Z1;
VeranstaltungsG Tir 2003 §7 Abs2;
VwGG §28 Abs1 Z4;
VwGG §34 Abs1;
B-VG Art131 Abs1 Z1;
VeranstaltungsG Tir 2003 §7 Abs2;
VwGG §28 Abs1 Z4;
VwGG §34 Abs1;

 

Spruch:

Die Beschwerde wird zurückgewiesen.

Begründung

Aus der Beschwerde und dem mit der Beschwerde vorgelegten angefochtenen Bescheid ergibt sich nachstehender Sachverhalt:

Der Beschwerdeführer meldete im Juni 2002 bei der mitbeteiligten Marktgemeinde unter Verwendung eines Formulars, welches auf § 13 Tiroler Veranstaltungsgesetz verweist, eine Veranstaltung an. An der Adresse Andreas-Hofer-Straße 8 sollte eine "Musik/Tanz/Kulturveranstaltung", organisiert für ca. 700 Personen, ab 19. Juli, 17.00 Uhr, bis 21. Juli (2002) stattfinden. Am 1. Juli 2002 wurde dem Beschwerdeführer die Bescheinigung ausgestellt, dass diese Anmeldung erfolgte. Mit Bescheid des Bürgermeisters der mitbeteiligten Marktgemeinde vom 8. Juli 2002 (lt. angefochtenem Bescheid: 12. Juli) wurde die Veranstaltung unter Hinweis auf § 14 Abs. 1 lit. d Tiroler Veranstaltungsgesetz untersagt. Die Untersagung hätte sich auf neue Tatsachen und eine spezielle Empfehlung der Sicherheitsdirektion des Landes Tirol gestützt. Gegen diesen Bescheid erhob der Beschwerdeführer am 18. Juli 2002 Berufung, am 25. Juli 2005 stellte er einen Devolutionsantrag an den Gemeinderat der mitbeteiligten Marktgemeinde. Mit Bescheid vom 3. Jänner 2006 wies der Gemeinderat der mitbeteiligten Gemeinde die Berufung als unbegründet ab.

Mit dem angefochtenen Bescheid wies die belangte Behörde eine dagegen erhobene Vorstellung als unbegründet ab. Sie stellte fest, dass auf Grund diverser Vorkommnisse bei ähnlichen Veranstaltungen im Zusammenhang mit dem Missbrauch von Sucht- und Rauschmitteln von der Sicherheitsdirektion für das Bundesland Tirol am 11. Juli 2002 die Empfehlung ergangen sei, die angemeldete Veranstaltung zu untersagen. Grundlage für diese Empfehlung sei insbesondere der Bericht des Gendarmerieposten Hopfgarten über eine vergleichbare Veranstaltung gewesen, bei der bei Kontrollen bei 35 Personen Suchtmittel vorgefunden worden waren. Auf Grund dieser Informationen hielt die Vorstellungsbehörde die Wertung der Gemeinde, dass eine Gefährdung der Jugendschutzinteressen bei Durchführung dieser Veranstaltung vorliege, für gerechtfertigt.

In seiner dagegen erhobenen Beschwerde erachtet sich der Beschwerdeführer "in seinem gesetzlich gewährleisteten Recht auf Durchführung einer Veranstaltung nach den Bestimmungen des Veranstaltungsrechtes verletzt", wobei im Sachverhalt der Beschwerde ausschließlich von der im Juni 2002 angemeldeten, für die Zeit vom 19. Juli 2002 bis 21. Juli 2002 vorgesehenen Veranstaltung die Rede ist. Er beantragt, der Verwaltungsgerichtshof wolle den Bescheid "ersatzlos beheben". Er bringt insbesondere vor, es sei unzulässig, die Veranstaltung in Hopfgarten mit der von ihm geplanten Veranstaltung zu vergleichen. Er habe eine Reihe von Beweismitteln zum Beweis dafür angeboten, dass der Konsum der psychodelischen Musik nicht an den Genuss von Drogen gebunden sei. Er hätte geplant, den Veranstaltungsort in einem eingezäunten Gelände abzuhalten, Sicherheitskräfte zur dauernden und umfassenden Kontrolle der Besucher einzustellen, einen Mülldienst einzurichten und alles zu tun, dass die Veranstaltung auch in lärmmäßiger Hinsicht zu keinen Beanstandungen führe. Mit der Exekutive hätte er intensiv zusammen gearbeitet, um einer allfälligen Drogengefahr zu begegnen. Der Veranstaltungsbehörde wäre es offen gestanden, entsprechende Auflagen zu erteilen.

Die Beschwerde ist nicht zulässig.

Die Berufungsentscheidung stammt vom 3. Jänner 2006; zufolge der Übergangsbestimmung in § 33 Abs. 1 Tiroler Veranstaltungsgesetz 2003, LGBl. Nr. 86/2003 (TVG) ist auf öffentliche Veranstaltungen dieses Gesetz anzuwenden; bezüglich der zum Zeitpunkt des Inkrafttretens dieses Gesetzes anhängigen Verfahren wurde vorgesehen, dass diese von den nach diesem Gesetz zuständigen Behörden weiterzuführen sind. Eine abweichende Regelung bezüglich der Untersagung angemeldeter Veranstaltungen enthielten die folgenden Absätze des § 33 TVG nicht. Die Berufungsbehörde hatte daher das TVG anzuwenden.

Veranstaltungen mit der hier angegebenen Besucheranzahl sind gemäß § 6 Abs. 1 TVG zwei Wochen vor Beginn der Veranstaltung anzumelden; die Behörde hat die Veranstaltung nach § 7 Abs. 2 TVG unter anderem dann zu untersagen, wenn bestimmte Voraussetzungen vorliegen bzw. nicht vorliegen; hier kam § 3 Abs. 1 lit. b TVG (Veranstaltungen dürfen weder das Leben oder die Gesundheit von Menschen noch die Sicherheit von Sachen gefährden) oder § 3 Abs. 1 lit. d TVG (Veranstaltungen dürfen keine Störung der öffentlichen Ruhe, Ordnung und Sicherheit oder eine Verletzung sonstiger öffentlicher Interessen, insbesondere solcher des Jugendschutzes, erwarten lassen) in Betracht.

Im Beschwerdefall wurde eine Veranstaltung untersagt, die zwischen dem 19. Juli und dem 21. Juli 2002 hätte stattfinden sollen. In Anbetracht dieses Zeitraumes ist zu prüfen, ob die Prozessvoraussetzungen einer Verwaltungsgerichtshofbeschwerde vorliegen.

Der Verwaltungsgerichtshof hatte in seinem Erkenntnis vom 19. Dezember 1990, Zl. 90/03/0247, einen Fall zu beurteilen, in dem es um die Abweisung eines Ansuchens zur Durchführung von Außenlandungen und Außenabflügen (Publikumsrundflüge mit einem Hubschrauber) am 13. und 14. Oktober 1990 ging; Die Verwaltungsgerichtshofbeschwerde war am 2. November 1990 beim Verwaltungsgerichtshof eingelangt. Wörtlich wurde in diesem Erkenntnis ausgeführt:

"Gemäß Art. 131 Abs. 1 Z. 1 B-VG kann gegen den Bescheid einer Verwaltungsbehörde nach Erschöpfung des Instanzenzuges wegen Rechtswidrigkeit Beschwerde erheben, wer durch den Bescheid in seinen Rechten verletzt zu sein behauptet. Gemäß § 28 Abs. 1 Z. 4 VwGG hat die Beschwerde die bestimmte Bezeichnung des Rechtes, in dem der Beschwerdeführer verletzt zu sein behauptet (Beschwerdepunkte), zu enthalten. Gemäß § 34 Abs. 1 VwGG sind Beschwerden, denen unter anderem der Mangel der Berechtigung zu ihrer Erhebung entgegensteht, ohne weiteres Verfahren in nichtöffentlicher Sitzung mit Beschluss zurückzuweisen. Die Beschwerdeberechtigung (Beschwerdelegitimation) ist somit Voraussetzung für eine Sachentscheidung nach § 42 Abs. 1 VwGG.

Nach ständiger Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ist für die Beurteilung der Beschwerdelegitimation ausschlaggebend, ob der Beschwerdeführer nach der Lage des Falles durch den bekämpften Bescheid - ohne Rücksicht auf dessen Gesetzmäßigkeit - überhaupt in einem subjektiven Recht verletzt sein kann. Fehlt die Möglichkeit einer Rechtsverletzung in der Sphäre des Beschwerdeführers, so ermangelt diesem die Beschwerdeberechtigung. Die Rechtsverletzungsmöglichkeit wird immer dann zu verneinen sein, wenn es für die Rechtsstellung des Beschwerdeführers keinen Unterschied macht, ob der Bescheid einer Verwaltungsbehörde aufrecht bleibt oder aufgehoben wird (vgl. dazu ...).

Die Rechtsverletzungsmöglichkeit muss aber nicht nur im Zeitpunkt der Erlassung des angefochtenen Bescheides, sondern auch (noch) im Zeitpunkt der Beschwerdeerhebung gegeben sein. Dass Änderungen der Sach- (oder) Rechtslage zwischen der Erlassung des angefochtenen Bescheides und der Beschwerdeerhebung für die unabhängig von der Rechtswidrigkeit des angefochtenen Bescheides - für die die Sach- und Rechtslage zum Zeitpunkt der Erlassung des angefochtenen Bescheides maßgeblich ist - zu prüfende Möglichkeit der behaupteten Rechtsverletzung von Relevanz sind, dafür spricht nicht nur der Wortlaut des Art. 131 Abs. 1 B-VG (arg.: ".... verletzt zu sein"), sondern auch die Bestimmung des § 33 Abs. 1 VwGG, der zu entnehmen ist, dass der Gesetzgeber das Rechtsschutzbedürfnis auch für das verwaltungsgerichtliche Verfahren als Prozessvoraussetzung versteht. Führt nämlich die Klaglosstellung des Beschwerdeführers in jeder Lage des Verfahrens zu dessen Einstellung, so ist anzunehmen, dass eine Beschwerde von vornherein als unzulässig betrachtet werden muss, wenn eine der Klaglosstellung vergleichbare Lage bereits bei der Einbringung der Beschwerde vorliegt. Eine derartige Beschwerde ist mangels Rechtsschutzbedürfnis zurückzuweisen. Das Rechtsschutzbedürfnis besteht bei einer Bescheidbeschwerde im objektiven Interesse des Beschwerdeführers an der Beseitigung des angefochtenen, ihn beschwerenden Verwaltungsaktes. Ein Rechtsschutzbedürfnis ist aber unter anderem zu verneinen, wenn die Erreichung des Verfahrenszieles für den Beschwerdeführer ohne objektiven Nutzen ist, wenn die in der Beschwerde aufgeworfenen Rechtsfragen sohin nur (mehr) theoretische Bedeutung besitzen (vgl. ...)."

In jenem Fall hatte sich die Beschwerdeführerin in ihrem "Recht auf Durchführung von Außenlandungen ...." verletzt erachtet. Der Gerichtshof führte aus, dass der Beschwerdepunkt nur bezogen auf die angemeldete Frist verstanden werden kann, dass sich die Beschwerdeführerin also im Recht auf Erteilung einer Bewilligung für die Durchführung von Außenlandungen am 13. und 14. Oktober 1990 verletzt erachtete. Wenn diese Frist bei Erhebung der Verwaltungsgerichtshofbeschwerde bereits abgelaufen war, mangelte es an einer Rechtsverletzungsmöglichkeit und damit am Rechtsschutzbedürfnis. Die Rechtsstellung der Beschwerdeführerin hätte sich durch die Aufhebung des angefochtenen Bescheides nicht geändert, weil auch im Falle der Aufhebung es der Behörde verwehrt gewesen wäre, die angestrebte Bewilligung mangels gesetzlicher Ermächtigung rückwirkend zu erteilen.

Gleiche Ausführungen finden sich im hg. Erkenntnis vom 27. Februar 1989, Zl. 89/03/0200; in jenem Fall erachtete sich der Beschwerdeführer in seinem Recht auf Erteilung einer luftfahrtbehördlichen Bewilligung für das Ablassen eines Pflanzenschutzmittels verletzt, wobei die Bewilligung spätestens für den Termin 23. Juni 1989 erteilt werden sollte, die Beschwerde wurde am 19. Juli 1989 erhoben. Auch in jenem Fall wurde eine Rechtsverletzungsmöglichkeit und damit ein Rechtsschutzbedürfnis des Beschwerdeführers verneint und die Beschwerde aus diesem Grund zurückgewiesen.

Verwiesen sei schließlich noch auf den zurückweisenden Beschluss vom 20. Jänner 1992, Zl. 92/18/0013, in dem es um die Bewilligung der Verlängerung der wöchentlichen Arbeitszeit für die Zeit bis 31. Dezember 1991 ging, welche Frist im Zeitpunkt der Erhebung der Verwaltungsgerichtshof-Beschwerde bereits abgelaufen war. Unter Hinweis auf den oben zitierten Beschluss vom 27. Februar 1991 wurde ausgeführt, dass es an einer Rechtsverletzungsmöglichkeit der Beschwerdeführerin und damit am Rechtsschutzbedürfnis mangelt.

Der hier vorliegende Beschwerdefall erlaubt keine andere Beurteilung: Selbst durch eine Aufhebung des hier angefochtenen Bescheides der Vorstellungsbehörde und eine Aufhebung des Berufungsbescheides durch die Vorstellungsbehörde, würde sich an der Rechtsstellung des Beschwerdeführers nichts ändern, weil die für einen bestimmten Zeitraum gewünschte Veranstaltung nicht mehr durchführbar ist; das vom Beschwerdeführer im Beschwerdepunkt geltend gemachte Recht ist nicht wiederherstellbar, weshalb es am Rechtsschutzbedürfnis mangelt. Der Verwaltungsgerichtshof ist zu einer rein abstrakten Prüfung der Rechtmäßigkeit eines Bescheides nicht berufen; ein Rechtsschutzbedürfnis ist dann zu verneinen , wenn die Erreichung des Verfahrenszieles für den Beschwerdeführer ohne objektiven Nutzen ist und wenn die in der Beschwerde aufgeworfenen Rechtsfragen daher nur (mehr) theoretische Bedeutung besitzen (hg. Beschluss vom 13. Dezember 1991, Zl. 91/18/0214 mwN).

Somit war auch die vorliegende Beschwerde mangels Berechtigung zu ihrer Erhebung gemäß § 34 Abs. 1 VwGG ohne weiteres Verfahren in nichtöffentlicher Sitzung mit Beschluss zurückzuweisen.

Wien, am 31. Juli 2006

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