VwGH 2006/05/0020

VwGH2006/05/002017.3.2006

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident DDr. Jakusch und die Hofräte Dr. Kail, Dr. Pallitsch, Dr. Hinterwirth und Dr. Moritz als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Fritz, über die Beschwerde des Ing. Harald Strassner in Pöttsching, vertreten durch Dr. Sepp Holzmüller, Rechtsanwalt in 2700 Wiener Neustadt, Bahngasse 8, gegen den Bescheid der Burgenländischen Landesregierung vom 13. Dezember 2005, Zl. 5-BB-100-278/1-44, betreffend Aussetzung eines Verfahrens gemäß § 38 AVG zu Recht erkannt:

Normen

AVG §13 Abs1;
AVG §38;
AVG §39 Abs2;
AVG §68 Abs1;
UVPG 2000 §2 Abs1;
UVPG 2000 §3 Abs7;
UVPG 2000 §39 Abs1;
UVPG 2000 §39 Abs2;
UVPG 2000 §39;
UVPG 2000 §3a Abs1;
UVPG 2000 §3a Abs2;
UVPG 2000 §3a Abs3;
UVPG 2000 §40 Abs1;
UVPG 2000 Anh1;
VwGG §34 Abs1 impl;
AVG §13 Abs1;
AVG §38;
AVG §39 Abs2;
AVG §68 Abs1;
UVPG 2000 §2 Abs1;
UVPG 2000 §3 Abs7;
UVPG 2000 §39 Abs1;
UVPG 2000 §39 Abs2;
UVPG 2000 §39;
UVPG 2000 §3a Abs1;
UVPG 2000 §3a Abs2;
UVPG 2000 §3a Abs3;
UVPG 2000 §40 Abs1;
UVPG 2000 Anh1;
VwGG §34 Abs1 impl;

 

Spruch:

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Begründung

Der Beschwerde und dem dieser Beschwerde angeschlossenen, angefochtenen Bescheid ist folgender Sachverhalt zu entnehmen:

Mit Bescheid der Bezirkshauptmannschaft Mattersburg vom 14. Juni 2002 wurde das Ansuchen des Beschwerdeführers vom 21. März 2002 zur Errichtung eines Bioschweinestalls auf Grundstücken der Gemeinde Pöttsching, für welche die Widmung "Grünland" ausgewiesen ist, gemäß § 18 Abs. 4 Burgenländisches Baugesetz wegen Widerspruchs zum Burgenländischen Raumplanungsgesetz abgewiesen. Der dagegen erhobenen Berufung des Beschwerdeführers wurde mit Bescheid der Burgenländischen Landesregierung vom 1. August 2002 Folge gegeben, der bekämpfte erstinstanzliche Bescheid gemäß § 66 Abs. 2 AVG behoben und die Angelegenheit zur neuerlichen Verhandlung und Entscheidung an die Bezirkshauptmannschaft Mattersburg zurückverwiesen. Die Bezirkshauptmannschaft Mattersburg hat in der Folge nicht fristgerecht über den Antrag des Beschwerdeführers entschieden.

Mit Bescheid der Burgenländischen Landesregierung vom 10. März 2004 wurde der Devolutionsantrag des Beschwerdeführers vom 14. November 2002 als unbegründet abgewiesen, weil die Verfahrensverzögerung nicht auf ein überwiegendes Verschulden der Behörde zurückzuführen sei. Mit Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 18. Jänner 2005, Zl. 2004/05/0120, wurde dieser Bescheid über Beschwerde der auch hier beschwerdeführenden Partei wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben. Der Verwaltungsgerichtshof vertrat die Rechtsauffassung, dass der Bezirkshauptmannschaft Mattersburg als Baubehörde erster Instanz ein überwiegendes Verschulden an der Verfahrensverzögerung anzulasten ist.

Im Rahmen der in der Folge von der belangten Behörde am 21. Juni 2005 durchgeführten mündlichen Verhandlung hat der Vertreter der Burgenländischen Landesumweltanwaltschaft einen Antrag auf Einleitung eines Feststellungsverfahrens gemäß § 3 Abs. 7 des Umweltverträglichkeitsprüfungsgesetzes 2000-UVP-G 2000 gestellt. Die belangte Behörde als im Baubewilligungsverfahren zuständige Behörde hat hierauf unverzüglich das zuständige Hauptreferat III-Naturschutz der Abteilung V des Amtes der Burgenländischen Landesregierung von der Antragstellung informiert. Dieses hat ein Feststellungsverfahren nach dem UVP-G 2000 eingeleitet. In diesem Verfahren wurde ein Gutachten eines Amtssachverständigen für Geruchsfragen eingeholt, welches dem Beschwerdeführer am 27. September 2005 zugestellt wurde. Die belangte Behörde führte als Baubehörde am 11. Oktober 2005 eine weitere mündliche Verhandlung durch.

Mit dem nunmehr angefochtenen Bescheid hat die belangte Behörde gemäß § 38 AVG das anhängige Baubewilligungsverfahren zur Errichtung des Bio-Schweinestalles bis zur Entscheidung der UVP-Behörde über den Feststellungsantrag der Landesumweltanwaltschaft ausgesetzt. Für die Baubehörde sei im gegenständlichen Fall wesentlich, ob das verfahrensgegenständliche Baubewilligungsansuchen einer Genehmigung nach dem UVP-G 2000 bedürfe. Da ein Feststellungsverfahren bei der zuständigen UVP-Behörde anhängig sei, bilde die Beantwortung dieser Frage die Lösung einer wesentlichen Vorfrage für die Baubehörde hinsichtlich ihrer Zuständigkeit. Nur für den Fall, dass die Bestimmungen des UVP-G 2000 für die gegenständliche Anlage nicht anwendbar seien, sei die belangte Behörde als Baubehörde zuständig, andernfalls seien die materiell-rechtlichen Genehmigungsbestimmungen des Burgenländischen Baugesetzes 1997 von der UVP-Behörde in einem konzentrierten Verfahren mitanzuwenden. Insoweit wäre die Baubehörde auch an die Entscheidung der UVP-Behörde gebunden.

Das nach dem UVP-G 2000 eingeleitete Feststellungsverfahren wurde bis zur Erlassung des angefochtenen Bescheides nicht abgeschlossen.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde. Der Beschwerdeführer macht Rechtswidrigkeit des Inhaltes geltend. Die Behörde habe ihre Zuständigkeit von Amts wegen wahrzunehmen. Bis zur Erlassung des angefochtenen Bescheides habe die belangte Behörde keinerlei Anlass gefunden, ihre Zuständigkeit in Zweifel in ziehen. Selbst nach dem Antrag des Umweltanwaltes in der mündlichen Bauverhandlung vom 27. Jänner 2005 auf Überprüfung des Bauprojektes, ob dieses den Bestimmungen des UVP-G 2000 unterliege, und auf Einleitung eines Feststellungsverfahrens gemäß § 3 Abs. 7 UVP-G 2000 habe die belangte Behörde ihre Zuständigkeit nicht in Zweifel gezogen. Erst nach einer weiteren Bauverhandlung sei das Bauverfahren gemäß § 38 AVG unterbrochen worden. Die Frage der Zuständigkeit sei jedoch kein Anwendungsfall des § 38 AVG.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

§ 3 Abs. 7 UVP-G 2000 hat folgenden Wortlaut:

"(7) Die Behörde hat auf Antrag des Projektwerbers/der Projektwerberin, einer mitwirkenden Behörde oder des Umweltanwaltes festzustellen, ob für ein Vorhaben eine Umweltverträglichkeitsprüfung nach diesem Bundesgesetz durchzuführen ist und welcher Tatbestand des Anhanges 1 oder des § 3a Abs. 1 bis 3 durch das Vorhaben verwirklicht wird. Diese Feststellung kann auch von Amts wegen erfolgen. Die Entscheidung ist in erster oder zweiter Instanz jeweils innerhalb von sechs Wochen mit Bescheid zu treffen. Parteistellung haben der Projektwerber/die Projektwerberin, die mitwirkenden Behörden, der Umweltanwalt und die Standortgemeinde. Vor der Entscheidung ist das wasserwirtschaftliche Planungsorgan zu hören. Der wesentliche Inhalt der Entscheidung einschließlich der wesentlichen Entscheidungsgründe sind von der Behörde in geeigneter Form kundzumachen oder zur öffentlichen Einsichtnahme aufzulegen. Die Standortgemeinde kann gegen die Entscheidung Beschwerde an den Verwaltungsgerichtshof erheben. Der Umweltanwalt und die mitwirkenden Behörden sind von der Verpflichtung zum Ersatz von Barauslagen befreit."

Die im Beschwerdefall maßgebliche Bestimmung des § 39 UVP-G 2000 betreffend die Behörden lautet:

"Behörden

§ 39. (1) Für die Verfahren nach dem ersten und zweiten Abschnitt ist die Landesregierung zuständig. Die Zuständigkeit der Landesregierung erstreckt sich auf alle Ermittlungen, Entscheidungen und Überwachungen nach den gemäß § 5 Abs. 1 betroffenen Verwaltungsvorschriften und auf Änderungen gemäß § 18b. Sie erfasst auch die Vollziehung der Strafbestimmungen. Die Landesregierung kann mit der Durchführung des Verfahrens, einschließlich Verfahren gemäß § 45, ganz oder teilweise die Bezirksverwaltungsbehörde betrauen und diese auch ermächtigen, in ihrem Namen zu entscheiden. Gesetzliche Mitwirkungs- und Anhörungsrechte werden dadurch nicht berührt.

(2) In Verfahren nach dem zweiten Abschnitt beginnt die Zuständigkeit der Landesregierung mit der Rechtskraft einer Entscheidung gemäß § 3 Abs. 7, dass für ein Vorhaben eine Umweltverträglichkeitsprüfung nach diesem Bundesgesetz durchzuführen ist, oder sonst mit dem Antrag auf ein Vorverfahren gemäß § 4 oder, wurde kein solcher Antrag gestellt, mit Antragstellung gemäß § 5. Ab diesem Zeitpunkt ist in den Angelegenheiten gemäß Abs. 1 die Zuständigkeit der nach den Verwaltungsvorschriften sonst zuständigen Behörden auf die Mitwirkung an der Vollziehung dieses Bundesgesetzes eingeschränkt. Die Zuständigkeit der Landesregierung endet zu dem in § 22 bezeichneten Zeitpunkt."

Gegenstand eines Verfahrens nach § 3 Abs. 7 UVP-Gesetz 2000 ist die Feststellung der UVP-Pflicht eines Vorhabens nach Maßgabe der eingereichten Projektsunterlagen (vgl. hiezu das hg. Erkenntnis vom 28. Juni 2005, Zl. 2004/05/0032). Eine rechtskräftige Feststellung nach § 3 Abs. 7 UVP-G 2000 erzeugt Bindung für alle relevanten Verfahren. Eine Feststellung nach dieser Gesetzesstelle kann über Antrag oder auch von Amts wegen erfolgen (vgl. hiezu das hg. Erkenntnis vom 7. September 2004, Zl. 2003/05/0218).

In der Beschwerde wird nicht bestritten, dass sich das über Antrag der Burgenländischen Umweltanwaltschaft gemäß § 3 Abs. 7 UVP-G 2000 eingeleitete Feststellungsverfahren der Burgenländischen Landesregierung auf das Projekt bezieht, welches auch Grundlage des vom Beschwerdeführer eingeleiteten Baubewilligungsansuchens ist.

Das Feststellungsverfahren gemäß § 3 Abs. 7 UVP-G 2000 dient insbesondere auch zur Lösung von Kompetenzkonflikten zwischen verschiedenen (Genehmigungs)-Behörden (vgl. hiezu Köhler/Schwarzer, Umweltverträglichkeitsprüfungsgesetz, Rz. 15 zu § 3), im Beschwerdefall also der Klärung der Frage, ob die Baubehörde oder die Umweltbehörde für das vorliegende Verfahren weiterhin zur Entscheidung zuständig ist.

Die belangte Behörde hat ihre Entscheidung auf § 38 AVG gestützt. Diese Bestimmung hat folgenden Wortlaut.

"Sofern die Gesetze nicht anderes bestimmen, ist die Behörde berechtigt, im Ermittlungsverfahren auftauchende Vorfragen, die als Hauptfragen von anderen Verwaltungsbehörden oder von Gerichten zu entscheiden wären, nach der über die maßgebenden Verhältnisse gewonnenen eigenen Anschauung zu beurteilen und diese Beurteilung ihrem Bescheid zu Grunde zu legen. Sie kann aber auch das Verfahren bis zur rechtskräftigen Entscheidung der Vorfrage aussetzen, wenn die Vorfrage schon den Gegenstand eines anhängigen Verfahrens bei der zuständigen Behörde bildet oder ein solches Verfahren gleichzeitig anhängig gemacht wird."

Mit der Einleitung des Feststellungsverfahrens gemäß § 3 Abs. 7 UVP-G 2000, das mit einem Bescheid abzuschließen ist, an dessen Ergebnis - wie oben dargestellt - die Baubehörde als zuständige Fachbehörde gebunden ist, entstand für die belangte Behörde bezüglich der Beurteilung ihrer Entscheidungsbefugnis über den Baubewilligungsantrag des Beschwerdeführers eine ähnliche Verfahrenslage, wie sie § 38 zweiter Satz AVG zu Grunde liegt, die Gegenstand der Entscheidung im bereits anhängigen Feststellungsverfahren bei der zuständigen UVP-Behörde ist. Da die hier maßgebliche Rechtsfrage, ob für ein Vorhaben eine Umweltverträglichkeitsprüfung nach dem UVP-G 2000 durchzuführen ist und welcher Tatbestand des Anhanges 1 oder des § 3a Abs. 1 bis 3 nach diesem Gesetz durch das Vorhaben verwirklicht wird, in einem besonderen, gesetzlich angeordneten Feststellungsverfahren zu klären ist, in welchem die belangte Behörde (nur) mitwirkende Behörde (d.s. gemäß § 2 Abs. 1 UVP-G 2000 Behörden, die nach den Verwaltungsvorschriften für die Genehmigungen oder Überwachung des Vorhabens zuständig wären, wenn für das Vorhaben nicht eine Umweltverträglichkeitsprüfung nach diesem Bundesgesetz durchzuführen wäre) und nicht entscheidungsbefugte Behörde ist, war sie in sinngemäßer Anwendung des § 38 zweiter Satz AVG berechtigt, das vom Beschwerdeführer eingeleitete Baubewilligungsverfahren auszusetzen (vgl. Raschauer, Umweltverträglichkeitsprüfung und Genehmigungsverfahren in Zfr 1992, 100 ff). Der Beschwerdeführer ist daher durch die Aussetzung des Baubewilligungsverfahrens bis zur Entscheidung der Behörde gemäß § 39 UVP-G 2000 über den auf § 3 Abs. 7 leg. cit. gestützten Feststellungsantrag der Burgenländischen Landesumweltanwaltschaft in keinen Rechten verletzt. Daran ändert auch nichts, dass im Beschwerdefall die Burgenländische Landesregierung in erster Instanz sowohl im Baubewilligungs- als auch im Feststellungsverfahren nach § 3 Abs. 7 UVP-G 2000 zuständig ist. Gemäß § 40 Abs. 1 UVP-G 2000 ist nämlich in Angelegenheiten des ersten und zweiten Abschnittes des UVP-G 2000, also inbesondere in Verfahren, in denen eine Umweltverträglichkeitsprüfung durchzuführen ist, der Umweltsenat zuständig.

Da somit schon der Inhalt der Beschwerde erkennen lässt, dass die behauptete Rechtswidrigkeit des angefochtenen Bescheides nicht vorliegt, war die Beschwerde

ohne weiteres Verfahren in nichtöffentlicher Sitzung gemäß § 35 VwGG als unbegründet abzuweisen.

Wien, am 17. März 2006

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