VwGH 2006/03/0033

VwGH2006/03/00334.5.2006

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Sauberer und die Hofräte Dr. Handstanger und Dr. Lehofer als Richter, im Beisein des Schriftführers Dr. Zeleny, über die Beschwerde des GC in L, vertreten durch Mag. Dr. Rudolf Gürtler, Mag. Dr. Kathrin Gürtler und Mag. Nikolaus Reisner, Rechtsanwälte in 1010 Wien, Seilergasse 3, gegen den Bescheid der Niederösterreichischen Landesregierung vom 28. Dezember 2005, Zl. LF1-J-104/076-2002, betreffend Entziehung der Jagdkarte, zu Recht erkannt:

Normen

JagdG NÖ 1974 §132 Abs1;
JagdG NÖ 1974 §132 Abs10;
JagdG NÖ 1974 §61 Abs1 Z12;
JagdG NÖ 1974 §62;
JagdRallg;
JagdG NÖ 1974 §132 Abs1;
JagdG NÖ 1974 §132 Abs10;
JagdG NÖ 1974 §61 Abs1 Z12;
JagdG NÖ 1974 §62;
JagdRallg;

 

Spruch:

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Der Beschwerdeführer hat dem Land Niederösterreich Aufwendungen in der Höhe von EUR 381,90 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Mit dem im Instanzenzug ergangenen angefochtenen Bescheid wurde die Jagdkarte des Beschwerdeführers für ungültig erklärt und die Ausstellung einer Jagdkarte für die Dauer von einem Jahr verweigert.

Begründend führte die belangte Behörde im Wesentlichen aus, dass über den Beschwerdeführer von der Bezirkshauptmannschaft Mistelbach mit Straferkenntnis vom 31. Oktober 2001 gemäß § 135 Abs 1 Z 25 iVm § 2 Abs 2 und § 135 Abs 1 Z 17 iVm § 83 Abs 1 NÖ Jagdgesetz 1974 (NÖ JG) eine Geldstrafe in der Höhe von S 8.000,-- verhängt worden sei, weil er am 14. Oktober 2000 an einem näher bezeichneten Ort im Genossenschaftsjagdgebiet G. bei nicht ausreichendem Büchsenlicht einen aufhabenden Hirschen geschossen habe, wodurch ein sicheres Ansprechen des Wildes zu diesem Zeitpunkt nicht gewährleistet gewesen sei; er habe somit nicht in einer als weidgerecht anerkannten Weise die Jagd ausgeübt und gegen die Weidgerechtigkeit verstoßen (Spruchpunkt 1 des Straferkenntnisses). Weiters habe er als Jagdgast (Jagdausübender) durch den Abschuss eines aufhabenden Hirschen die auf Grund des Abschussplanes 2000 der Rotwildgemeinschaft H. genehmigte Abschussanzahl von vier Hirschen um einen Hirschen unbegründet überschritten (Spruchpunkt 2 des Straferkenntnisses).

Die Berufung des Beschwerdeführers gegen dieses Straferkenntnis sei vom Unabhängigen Verwaltungssenat im Land Niederösterreich abgewiesen worden; der Beschwerdeführer habe dagegen Beschwerde an den Verwaltungsgerichtshof erhoben, der diesen Bescheid mit Erkenntnis vom 31. Jänner 2005, Zl 2002/03/0115, wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufgehoben habe. Daraufhin habe der Unabhängige Verwaltungssenat im Land Niederösterreich das Verfahren fortgesetzt und mit Bescheid vom "2. Dezember 2005" (richtig: 6. Oktober 2005) die Berufung des Beschwerdeführers neuerlich abgewiesen.

Gemäß § 61 Abs 1 Z 12 NÖ JG sei (ua) Personen, die wegen einer Übertretung dieses Gesetzes bestraft worden seien, wenn durch diese Übertretung gegen die Weidgerechtigkeit verstoßen worden sei, die Ausstellung der Jagdkarte zu verweigern; die Verweigerung oder Entziehung habe gemäß § 61 Abs 2 NÖ JG mindestens auf ein Jahr zu erfolgen.

Das Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Mistelbach vom 31. Oktober 2001 sei durch Abweisung der Berufung mit der Erlassung der Entscheidung des Unabhängigen Verwaltungssenates im Land Niederösterreich vom 6. Oktober 2005 rechtskräftig geworden. Der Tatbestand des § 61 Abs 1 Z 12 iVm Abs 2 NÖ JG sei dadurch verwirklicht.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften und Rechtswidrigkeit seines Inhaltes geltend machende Beschwerde mit dem Antrag, ihn kostenpflichtig aufzuheben. Die belangte Behörde legte die Akten des Verwaltungsverfahrens vor und erstattete eine Gegenschrift mit dem Antrag auf kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde.

Der Verwaltungsgerichtshof hat in einem gemäß § 12 Abs 1 Z 2 VwGG gebildeten Senat erwogen:

1. Die maßgeblichen Bestimmungen der §§ 61 und 62 NÖ JG lauten (auszugsweise) wie folgt:

"§ 61 Verweigerung der Jagdkarte

(1) Die Ausstellung der Jagdkarte ist Personen zu verweigern:

...

12. die wegen einer Übertretung dieses Gesetzes, einer Natur- oder Tierschutzbestimmung bestraft worden sind, wenn durch diese Übertretung gegen die Weidgerechtigkeit verstoßen wurde oder die Tat sonst in verabscheuungswürdiger Weise begangen wurde, oder Personen, die wiederholt wegen anderer Übertretungen des Jagdgesetzes, einer Natur- oder Tierschutzbestimmung bestraft worden sind, für längstens fünf Jahre ab Rechtskraft der letzten Bestrafung,

...

(2) Die Verweigerung oder Entziehung der Jagdkarte hat mindestens auf ein Jahr zu erfolgen. Die Bezirksverwaltungsbehörde hat dem NÖ Landesjagdverband unter Angabe des Vor- und Zunamens, des Geburtsdatums und der Wohnadresse mitzuteilen, daß die Jagdkarte verweigert oder entzogen wurde.

§ 62 Entzug der Jagdkarte

Wenn Tatsachen, derentwegen die Ausstellung einer Jagdkarte zu verweigern ist, erst nach der Ausstellung eintreten oder der Behörde, welche die Jagdkarte ausgestellt hat, nachträglich bekannt werden, ist diese Behörde verpflichtet, die Jagdkarte für ungültig zu erklären und unter Festsetzung der Entziehungsdauer einzuziehen. Für ungültig erklärte Jagdkarten sind unverzüglich der Ausstellungsbehörde vorzulegen, welche sie deutlich als ungültig zu kennzeichnen hat."

Der Beschwerdeführer erachtet sich durch den angefochtenen Bescheid in seinem "gemäß §§ 61 und 62 NÖJG 1974 gewährleisteten Recht, wonach eine Verweigerung bzw. Entziehung der Jagdkarte nur dann zu erfolgen hat, wenn die zu Grunde liegende Übertretung der Weidgerechtigkeit nicht nur im ordentlichen, sondern auch im außerordentlichen Rechtsweg vor den Höchstgerichten rechtskräftig festgestellt ist, verletzt." Durch den angefochtenen Bescheid sei eine im außerordentlichen Rechtsweg noch nicht abschließend geklärte Vorfrage als Entscheidungsgrundlage für den nunmehr angefochtenen Jagdkartenentzug herangezogen worden.

Zu diesem Vorbringen ist festzuhalten, dass zum Zeitpunkt der Erlassung des angefochtenen Bescheides der Bescheid des Unabhängigen Verwaltungssenates im Land Niederösterreich vom 6. Oktober 2005, mit dem die Berufung des Beschwerdeführers gegen das Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Mistelbach abgewiesen wurde, bereits rechtskräftig erlassen war. Die Erhebung einer Beschwerde an den Verwaltungsgerichtshof durch den Beschwerdeführer ändert nichts daran, dass damit für die belangte Behörde eine sie gemäß § 38 AVG bindende Vorfragenentscheidung vorlag; eine allfällige Aufhebung des im Verwaltungsstrafverfahrens ergangenen Bescheides könnte lediglich in einem späteren Wiederaufnahmeverfahren gemäß § 69 Abs 1 Z 3 AVG von Bedeutung sein (vgl dazu die bei Walter/Thienel, Die österreichischen Verwaltungsverfahrensgesetze, Band I, 2. Aufl. E 72 zu § 38 AVG angeführte hg Rechtsprechung).

2. Der Beschwerdeführer bringt weiters vor, dass das Delikt eines unzulässigen Abschusses geahndet worden sei, sodass es "durch die ergänzende Beurteilung als Verstoß gegen die Weidgerechtigkeit" zu einer unzulässigen Doppelbestrafung komme.

Dieses Vorbringen bezieht sich nach seinem Wortlaut offenbar darauf, dass der Beschwerdeführer im Verwaltungsstrafverfahren einer Verwaltungsübertretung sowohl nach § 135 Abs 1 Z 17 NÖ JG (vorsätzliche Überschreitung der Abschusszahl) als auch nach § 135 Abs 1 Z 25 iVm § 2 Abs 2 NÖ JG (Zuwiderhandeln gegen das Gebot der weidgerechten Jagdausübung) für schuldig erkannt wurde. Es betrifft damit nicht das beschwerdegegenständliche Verfahren über den Entzug der Jagdkarte, sodass schon aus diesem Grunde nicht weiter darauf einzugehen ist; im Übrigen ist festzuhalten, dass die Behandlung der vom Beschwerdeführer gegen den im Verwaltungsstrafverfahren ergangenen Bescheid des Unabhängigen Verwaltungssenates im Land Niederösterreich vom 6. Oktober 2005 erhobenen Beschwerde vom Verwaltungsgerichtshof mit Beschluss vom 28. März 2006, Zl 2005/03/0236, abgelehnt wurde.

Soweit das Vorbringen über die Doppelbestrafung auch dahingehend zu verstehen sein sollte, dass die verfahrensgegenständliche Entziehung der Jagdkarte als weitere Bestrafung - zusätzlich zu der Bestrafung wegen Übertretung des NÖ JG - angesprochen werden sollte, so ist darauf hinzuweisen, dass es sich bei der Entziehung der Jagdkarte nicht um eine Strafe, sondern um eine Administrativentscheidung handelt (vgl das zum Vorarlberger Jagdgesetz ergangene hg Erkenntnis vom 26. Mai 1999, Zl 99/03/0046).

3. Der Beschwerdeführer macht schließlich geltend, dass es die belangte Behörde unterlassen habe, im gegenständlichen Verfahren den beim Amt der Niederösterreichischen Landesregierung eingerichteten Landesjagdbeirat zu befassen, der zur fachlichen Beratung der Landesregierung in Angelegenheiten der Jagd berufen sei. Im Bereich des Landesjagdbeirates wäre bekannt gewesen, dass es "in der gegenständlichen Verwaltungsstrafsache" zur neuerlichen Anrufung des Verwaltungsgerichtshofes gekommen sei. Wenn dem Landesjagdbeirat auch keine Entscheidungsbefugnis zukomme, so sei er gemäß § 132 Abs 10 NÖ JG zumindest zu hören, sodass eine Befassung dieses Fachorgans vorzunehmen gewesen wäre.

Gemäß § 132 Abs 1 NÖ JG ist zur fachlichen Beratung der Landesregierung in Angelegenheiten der Jagd ein Landesjagdbeirat zu bestellen; dieser ist gemäß § 132 Abs 10 NÖ JG in allen Fragen, die fachliche Angelegenheiten der Jagd berühren, zu hören.

Im vorliegenden Fall hatte die Jagdbehörde gemäß §§ 61 und 62 NÖ JG über die Entziehung der Jagdkarte auf Grund einer erfolgten Bestrafung nach dem NÖ JG zu entscheiden. Bei der Beurteilung, ob der Jagdkarteninhaber wegen einer Übertretung der in § 61 Abs 1 Z 12 NÖ JG genannten Art bestraft wurde, handelt es sich nicht um eine fachliche Angelegenheit der Jagd, in der die belangte Behörde den Landesjagdbeirat zu hören hätte (vgl das zu einer vergleichbaren Bestimmung des Burgenländischen Jagdgesetzes ergangene hg Erkenntnis vom 21. September 1994, Zl 93/03/0246).

4. Die Beschwerde war daher gemäß § 42 Abs 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.

Der Ausspruch über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG iVm der VwGH-Aufwandersatzverordnung 2003, BGBl II Nr 333.

Wien, am 4. Mai 2006

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