Normen
AlVG 1977 §10 Abs1 Z3 idF 2004/I/077;
AlVG 1977 §9 Abs1;
AlVG 1977 §10 Abs1 Z3 idF 2004/I/077;
AlVG 1977 §9 Abs1;
Spruch:
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
Der Beschwerdeführer hat dem Bund (Bundesminister für Wirtschaft und Arbeit) Aufwendungen in der Höhe von EUR 381,90 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Der Notstandshilfe beziehende Beschwerdeführer erhielt von der für ihn zuständigen regionalen Geschäftsstelle des Arbeitsmarktservice ein mit 19. Jänner 2005 datiertes Schreiben mit folgendem Inhalt:
"Wir freuen uns, Sie zur Vorauswahl für folgendes Stellenangebot einladen zu können:
Für den Raum Wr. Neustadt und den Raum St. Pölten werden je 4 Verkaufsberater/innen oder Werbeberater/innen ab sofort gesucht.
Sie verfügen über Kreativität und haben Freude am Verkauf und sind eine kommunikative Persönlichkeit? Sie haben ein sicheres Auftreten, persönliches Engagement, einen eigenen PKW und wollen diese Stärken mit Einsatzfreude auch beruflich nutzen? M. GmbH ist eine Firma die sich auf die Verkaufsförderung von Unternehmen spezialisiert hat. Sie bietet Ihnen die Möglichkeit als Verkaufs- und Werbeberater/in im Marketing- und Medienbereich in Ihrer Region mit einzigartigen, innovativen und bereits erfolgreichen Werbeträgerprodukten Ihre neue und interessante Karriere zu starten. M. unterstützt Sie mit einer Top Medien- und Verkäuferausbildung, einem Back-Office und permanenter, partnerschaftlicher Betreuung.
Falls Sie an dieser Stelle Interesse haben, bewerben Sie sich bitte persönlich am 03.02.2005 um 09:00 Uhr beim AMS Wr. Neustadt, Neunkirchnerstraße 36, 2700 Wiener Neustadt; oder ebenfalls am 03.02.2005 um 13:00 Uhr beim AMS St. Pölten, Daniel Gran-Straße 10, 3100 St. Pölten.
Auftragsnummer: 2612805
Bitte bringen Sie dieses Schreiben zur Vorauswahl mit.
Für Fragen und Beratung steht Ihnen S., Wiener Neustadt, unter Telefon (02622) 21670 gerne zur Verfügung.
Wir wünschen Ihnen viel Erfolg bei dieser Vorauswahl."
Auf diesen Schreiben wurde ein Text folgenden Inhalts kopiert:
"Starten Sie mit uns in die Selbständigkeit Top-Unternehmen sucht engagierte Verkaufsberater/innen für eine 'Herzliche Idee' die mit Einsatzwillen in ihrem Gebiet außergewöhnlich gute Verdienstmöglichkeiten haben! Interessiert? Bitte wenden Sie sich an Hrn. S., M ..."
Bei einer am 11. Februar 2005 bei der erstinstanzlichen Behörde wegen des Nichtzustandekommens der eben genannten Beschäftigung aufgenommenen Niederschrift gab der Beschwerdeführer unter anderem an:
"Ich habe mich bereits bei der Fa. M. beworben. Da dies auf selbständiger Basis gewesen wäre, bin ich nicht zur Jobbörse erschienen."
Mit Bescheid vom 25. Februar 2005 hat die erstinstanzliche Behörde den Verlust des Anspruchs des Beschwerdeführers auf Notstandshilfe für die Zeit vom 3. Februar bis zum 16. März 2005 ausgesprochen. Nach der Begründung habe der Beschwerdeführer durch sein Verhalten (Nichtteilnahme an der Jobbörse der Fa. M.) eine mögliche Beseitigung seiner Arbeitslosigkeit vereitelt.
In der gegen diesen Bescheid erhobenen Berufung brachte der Beschwerdeführer unter anderem vor, er habe sich
"nach Durchsicht der Jobinserate im Kurier und Internet selbständig mit der Firma M. (Hr. S.) in Verbindung gesetzt und im Gespräch wurde mir bestätigt, dass Verkaufsberater nur auf selbständiger Basis gesucht werden. Selbständigkeit kommt für mich nicht in Frage.
Mit dem angefochtenen Bescheid gab die belangte Behörde der Berufung keine Folge.
In der Begründung gab sie die einschlägige Rechtslage wieder und stellte den Gang des Verwaltungsverfahrens dar. Festgestellt wurde folgender Sachverhalt:
"Der (Beschwerdeführer) hat die Lehre als Großhandelskaufmann abgeschlossen und war ca. 25 Jahre im Außendienst beschäftigt. Sein letztes Dienstverhältnis war in der Zeit vom 12.08.2002 bis 31.12.2002 und er bezieht zuletzt seit 01.01.2003 Notstandshilfe.
Im Betreuungsplan vom 04.11.2004 wurde er über die Bestimmung des § 10 AlVG aufgeklärt.
Am 19.01.2005 wurde ihm die Beschäftigung als Verkaufs- oder Werbeberater bei der Firma M. GmbH in Rannersdorf mit kollektivvertragsmäßiger Entlohnung und zum sofortigen Arbeitsantritt zugewiesen. Mit Einladungsschreiben wurde er für die Vorauswahl am 03.02.2005, welche er im Rahmen einer Jobbörse beim Arbeitsmarktservice Wr. Neustadt oder beim Arbeitsmarktservice St. Pölten stattfand, geladen. Das Einladungsschreiben enthält die Formulierung 'Falls Sie an dieser Stelle Interesse haben, bewerben Sie sich bitte persönlich am 03.02.2005 um 09:00 Uhr beim Arbeitsmarktservice Wr. Neustadt oder ebenfalls am 03.02.2005 um 13:00 Uhr beim Arbeitsmarktservice St. Pölten. Für Fragen und Beratung steht Ihnen Frau S., Wr. Neustadt unter der Telefonnummer (02622 21670) gerne zur Verfügung.'
Der (Beschwerdeführer) ist jedoch nicht zu dieser Jobbörse erschienen. Niederschriftlich am 11.02.2005 hiezu befragt, gab der (Beschwerdeführer) an, keine Einwände gegen die Zumutbarkeit der Beschäftigung zu haben und dass er sich bei der Firma M. bereits beworben habe. Da diese Beschäftigung auf selbständiger Basis gewesen sei, sei er nicht zur Jobbörse erschienen.
Festgestellt wurde weiters, dass es sich bei dem Stellenangebot im Rahmen des Inserates in der Tageszeitung und im Rahmen der Jobbörse um zwei unterschiedliche Stellenangebote handelt. Zum Einen suchte die Firma einen Mitarbeiter für selbständige Tätigkeit und zum Anderen einen Mitarbeiter für ein Angestelltenverhältnis. Bei der Jobbörse ging es um die Stelle im Rahmen eines Angestelltenverhältnisses."
In rechtlicher Hinsicht führte die belangte Behörde aus, die zugewiesene Beschäftigung als Verkaufs- oder Werbeberater habe den Zumutbarkeitskriterien des § 9 AlVG entsprochen. Es handle sich um eine Beschäftigung im Rahmen eines Angestelltenverhältnisses und nicht um eine Beschäftigung auf selbständiger Basis. Der Beschwerdeführer habe dadurch, dass er am 3. Februar 2005 nicht zur Jobbörse gekommen sei, in deren Rahmen die Vorauswahl für die besagte Stelle getroffen worden sei, das Zustandekommen des konkret angebotenen Beschäftigungsverhältnisses vereitelt. Selbst wenn in dem Schreiben vom 19. Jänner 2005 von einer Einladung die Rede sei, hätte der Beschwerdeführer dieser zum Beweis seiner Arbeitswilligkeit jedenfalls nachkommen müssen. Er hätte auch zur Frage, ob es sich bei der im Inserat um den genannten Schreiben angebotenen Beschäftigung um dieselbe wie in der Einladung handle, mit dem Arbeitsmarktservice Kontakt aufnehmen müssen. Der Beschwerdeführer habe den Tatbestand des § 10 AlVG erfüllt; berücksichtigungswürdige Gründe für eine Nachsicht lägen nicht vor.
Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende, Rechtswidrigkeit des Inhaltes und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften geltend machende Beschwerde.
Die belangte Behörde hat die Akten des Verwaltungsverfahrens vorgelegt und eine Gegenschrift erstattet, in der sie die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde beantragt.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
Gemäß § 9 Abs. 1 AlVG ist arbeitswillig, wer (unter anderem) bereit ist, eine durch die regionale Geschäftsstelle des Arbeitsmarktservice vermittelte zumutbare Beschäftigung anzunehmen oder von einer sonst sich bietenden Arbeitsmöglichkeit Gebrauch zu machen und von sich aus alle gebotenen Anstrengungen zur Erlangung einer Beschäftigung zu unternehmen, soweit dies entsprechend den persönlichen Fähigkeiten zumutbar ist.
Nach § 10 Abs. 1 Z. 3 AlVG in der hier zeitraumbezogen anzuwendenden Fassung der Novelle BGBl. Nr. 77/2004 (vgl. § 79 Abs. 78 AlVG) verliert ein Arbeitsloser, der sich weigert, eine ihm von der regionalen Geschäftsstelle zugewiesene zumutbare Beschäftigung anzunehmen oder die Annahme einer solchen Beschäftigung vereitelt, für die Dauer der Weigerung, mindestens jedoch für die Dauer der auf die Pflichtverletzung gemäß Z. 1 bis 4 folgenden sechs Wochen den Anspruch auf Arbeitslosengeld.
Diese Bestimmung ist gemäß § 38 AlVG auch auf die Notstandshilfe sinngemäß anzuwenden.
Das Nichtzustandekommen eines den Zustand der Arbeitslosigkeit beendenden (zumutbaren) Beschäftigungsverhältnisses kann vom Arbeitslosen auf zwei Wegen verschuldet (d.h. dessen Zustandekommen vereitelt) werden: Nämlich dadurch, dass der Arbeitslose ein auf die Erlangung des Arbeitsplatzes ausgerichtetes Handeln erst gar nicht entfaltet (Unterlassen der Vereinbarung eines Vorstellungstermines, Nichtantritt der Arbeit, etc.), oder aber, dass er den Erfolg seiner (nach außen zu Tage tretenden) Bemühungen durch ein Verhalten, welches nach allgemeiner Erfahrung geeignet ist, den potentiellen Dienstgeber von der Einstellung des Arbeitslosen abzubringen, zunichte macht.
Bei der Beurteilung, ob ein bestimmtes Verhalten eines Vermittelten als Vereitelung im Sinne des § 10 Abs. 1 AlVG zu qualifizieren ist, kommt es zunächst darauf an, ob dieses Verhalten für das Nichtzustandekommen des Beschäftigungsverhältnisses ursächlich war. Ist die Kausalität zwischen dem Verhalten des Vermittelten und dem Nichtzustandekommen des Beschäftigungsverhältnisses zu bejahen, dann muss geprüft werden, ob der Vermittelte vorsätzlich gehandelt hat, wobei bedingter Vorsatz (dolus eventualis) genügt (vgl. z.B. das Erkenntnis vom 4. Juli 1995, Zl. 95/08/0099). Ein bloß fahrlässiges Handeln, also die Außerachtlassung der gehörigen Sorgfalt, reicht zur Verwirklichung des Tatbestandes nicht hin (vgl. das Erkenntnis vom 20. Oktober 1992, Zl. 92/08/0042).
Es kann im Beschwerdefall auf sich beruhen, ob die Zuweisung eines Arbeitslosen zu einer "Jobbörse" eine Zuweisung im Sinne des § 9 AlVG wäre und daher an sich unter der Sanktion des § 10 AlVG stünde, weil im Beschwerdefall unter der Bezeichnung "Jobbörse" ohnehin eine Vermittlung zu einem konkret bezeichneten potentiellen Arbeitgeber an einem bestimmten, dem Beschwerdeführer genau bezeichneten (wenngleich offenbar auch anderen Arbeitslosen zugänglichen) Vorstellungstermin erfolgte.
Auch kann auf sich beruhen, ob der Beschwerdeführer - wie er behauptet - sich schon auf grund eines Inserates bei dem genannten Unternehmen vorgestellt hat und ihm dabei bestätigt worden ist, dass Verkaufsberater "auf selbständiger Basis" gesucht würden:
abgesehen davon, dass der Beschwerdeführer weder im Verwaltungsverfahren, noch in seiner Beschwerde Hinweise darauf gegeben hat, wann sich die von ihm behauptete Kontaktaufnahme ereignet hat, berechtigte dies den Beschwerdeführer noch nicht, ohne vorherige Kontaktaufnahme mit dem AMS (Name des Sachbearbeiters und Telefonnummer waren in seiner Zuweisung für allfällige Rücksprachen enthalten) zur Klärung seiner allfälligen Zweifel, auf welcher rechtlichen Grundlage die in Aussicht gestellte Beschäftigung erfolgen sollte, dem Vorstellungstermin gleichsam auf eigene Faust fernzubleiben.
Er muss daher gegen sich gelten lassen, wenn die belangte Behörde in der Folge festgestellt hat, dass das genannte Unternehmen zwar im Wege eines Inserates Mitarbeiter auf der Basis einer selbständigen Erwerbstätigkeit gesucht, im Wege des AMS jedoch eine andere freie Stelle im Rahmen eines Angestelltendienstverhältnisses angeboten hat. Der Beschwerdeführer zieht diese Feststellung zwar in seiner Beschwerde in Zweifel, beruft sich dazu aber nur auf "die Inserate", die "zweifelsfrei" zeigen würden, dass es sich um ein und dieselbe Stelle gehandelt habe. Insoweit ist ihm entgegenzuhalten, dass er in seinem Vorbringen mangels näherer zeitlicher Angaben, die schon im Verfahren vor der belangten Behörde zu erbringen gewesen wären, nicht einmal einen zeitlichen Zusammenhang mit der zugewiesenen Stelle darlegt und es einem potentiellen Arbeitgeber im übrigen auch freistünde, eine ursprünglich nur auf der Basis eines freien Dienstvertrages im Wege eines Inserates angebotenen Stelle, im Wege des AMS - naheliegenderweise - nunmehr als Dienstverhältnis anzubieten. Das Vorbringen des Beschwerdeführers ist daher von vornherein nicht geeignet, die Untauglichkeit der Zuweisung und damit die Unzumutbarkeit des Vorstellungsgespräches darzutun.
Es ist angesichts der vom Beschwerdeführer im Übrigen nicht bestrittenen Zumutbarkeit der angebotenen Stelle und seiner Weigerung, dem ihm unter den gegebenen Umständen auch zumutbaren Vorstellungsgespräch nachzukommen, der Tatbestand des § 10 Abs. 1 AlVG erfüllt, ohne dass zu untersuchen ist, ob im Falle der Wahrnehmung des Vorstellungsgespräches ein Beschäftigungsverhältnis zustande gekommen wäre (vgl. das Erkenntnis vom 26. März 1996, Zl. 94/08/0087).
Die Beschwerde erweist sich daher insgesamt als unbegründet, weshalb sie gemäß § 42 Abs. 1 VwGG abzuweisen war.
Die Entscheidung über den Aufwandersatz beruht auf den §§ 47 ff VwGG iVm der VwGH-Aufwandersatzverordnung 2003, BGBl. II Nr. 333.
Wien, am 20. September 2006
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