VwGH 2005/08/0076

VwGH2005/08/007620.12.2006

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Müller und die Hofräte Dr. Strohmayer, Dr. Köller, Dr. Moritz und Dr. Lehofer als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Müller, über die Beschwerde des A in W, vertreten durch Mag. Barbara Reichl-Bischoff, Rechtsanwalt in 1010 Wien, Mahlerstraße 11, gegen den auf Grund eines Beschlusses des Ausschusses für Leistungsangelegenheiten ausgefertigten Bescheid der Landesgeschäftsstelle des Arbeitsmarktservice Wien vom 8. Februar 2005, Zl. LGSW/Abt.3-AlV/1218/56/2005-163, betreffend Verlust des Anspruches auf Notstandshilfe, zu Recht erkannt:

Normen

AlVG 1977 §10 Abs1;
AlVG 1977 §9 Abs1;
AlVG 1977 §10 Abs1;
AlVG 1977 §9 Abs1;

 

Spruch:

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Der Beschwerdeführer hat dem Bund (Bundesminister für Wirtschaft und Arbeit) Aufwendungen in der Höhe von EUR 381,90 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Mit Schreiben der regionalen Geschäftsstelle des Arbeitsmarktservice Huttengasse vom 25. November 2004 wurde der Beschwerdeführer zur Vorauswahl für ein Stellenangebot (Büroangestellter eines Versicherungsmaklers in 1130 Wien; Aufgabengebiet: Betreuung von Privatkunden, Schadens- und Vertragsbearbeitung, Anbotserstellung; Anforderungen:

kaufmännische Ausbildung, sehr gute MS-Office-Anwendungskenntnisse und Internet, gutes Auftreten, Erfahrung im Bereich der Kundenbetreuung, Versicherungskenntnisse von Vorteil; Arbeitszeit: 38,5 Wochenstunden; Büroöffnungszeiten: 8:30 Uhr bis 18:00 Uhr) eingeladen. Seine aussagekräftigen Bewerbungsunterlagen (Lebenslauf, Dienstzeugnisse und Foto) möge er an das Arbeitsmarktservice Währinger Gürtel, Frau W., senden.

Laut einer mit dem Beschwerdeführer vor der regionalen Geschäftsstelle des Arbeitsmarkservice Huttengasse aufgenommenen Niederschrift vom 21. Dezember 2004 habe sich der Beschwerdeführer erst am 20. Dezember 2004 bei der regionalen Geschäftsstelle des Arbeitsmarktservice Währinger Gürtel zur Vorauswahl beworben, da er den Vorstellungsvorschlag übersehen habe, weil dieser nur eine Seite gehabt habe. Außerdem hätte der Beschwerdeführer am 6. Dezember 2004 mit einem vermittlungsunterstützenden Kurs beginnen sollen, was aber wegen Überbuchung nicht möglich gewesen sei. Er habe gehofft, im Rahmen dieses Kurses seine Bewerbungsunterlagen optimieren zu können. Für die Bewerbung sei ihm im Übrigen kein konkreter Termin vorgeschrieben worden. Er habe sich nur umgehend bewerben sollen, nach seiner Ansicht sei die Bewerbung am 20. Dezember 2004 durchaus umgehend gewesen.

Mit Bescheid der regionalen Geschäftsstelle des Arbeitsmarktservice Huttengasse vom 14. Jänner 2005 wurde der Beschwerdeführer des Anspruches auf Notstandshilfe für den Zeitraum vom 10. Dezember 2004 bis 20. Jänner 2005 gemäß § 38 iVm § 10 AlVG für verlustig erklärt. Begründend wurde ausgeführt, der Beschwerdeführer habe das Zustandekommen einer zugewiesenen zumutbaren Beschäftigung vereitelt. Berücksichtigungswürdige Gründe für eine Nachsicht lägen nicht vor.

Der Beschwerdeführer erhob Berufung, in der er ausführte, dass ihm keine Terminvorschreibung oder Frist vorgegeben gewesen sei. Daher habe er keinerlei Perspektive gehabt, bis wann er sich bewerben solle oder müsse.

Mit dem in Beschwerde gezogenen Bescheid wurde der Berufung des Beschwerdeführers keine Folge gegeben. Begründend wurde im Wesentlichen ausgeführt, am 25. November 2004 sei dem Beschwerdeführer eine Beschäftigung als Versicherungsmakler zugewiesen worden. Die Vorauswahl sei vom Arbeitsmarktservice Währinger Gürtel durchgeführt worden. In dem persönlich ausgefolgten Vermittlungsvorschlag sei der Beschwerdeführer aufgefordert worden, sich dort zu bewerben. Mit dem Berater sei vereinbart worden, dass er sich unverzüglich bewerbe und die Bestätigung hierüber innerhalb von zwei Wochen übermittle. Dies sei in den internen Aufzeichnungen des Arbeitsmarktservice schriftlich festgehalten. Eine Bewerbung innerhalb von zwei Wochen sei jedoch nicht erfolgt. Am 20. Dezember 2004 habe sich der Beschwerdeführer beworben, die Stelle sei jedoch bereits vergeben gewesen. Der Beschwerdeführer habe durch Unterlassen eines auf Erlangung eines Arbeitsplatzes ausgerichteten Handelns das Zustandekommen eines Beschäftigungsverhältnisses vereitelt. Die Angaben in der Niederschrift und der Berufung widersprächen einander, sodass ihnen wenig Glauben geschenkt werden könne. Selbst wenn der Beschwerdeführer tatsächlich die Fristsetzung nicht wahrgenommen hätte, wäre es an ihm gelegen, sich so schnell als möglich zu bewerben, um auch tatsächlich sicher zu gehen, dass die Stelle nicht schon vergeben ist. Sein Verhalten lasse jedoch an der Absicht, endgültig die Arbeitslosigkeit beenden zu wollen, zweifeln. Er habe durch seine späte Bewerbung (einen Monat nach Erhalt des Vermittlungsvorschlages) in Kauf genommen, dass die Stelle bereits vergeben ist und ein Dienstverhältnis nicht zustande kommt. Berücksichtungswürdige Gründe für eine Nachsicht lägen nicht vor.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde mit dem Begehren, ihn wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften kostenpflichtig aufzuheben.

Die belangte Behörde legte die Akten des Verwaltungsverfahrens vor und erstattete eine Gegenschrift mit dem Antrag, die Beschwerde kostenpflichtig als unbegründet abzuweisen.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Gemäß § 9 Abs. 1 AlVG in den hier zeitraumbezogen maßgebenden Fassungen BGBl. I Nr. 103/2001 und Nr. 77/2004 ist arbeitswillig, wer unter anderem bereit ist, eine durch die regionale Geschäftsstelle vermittelte zumutbare Beschäftigung anzunehmen.

Wenn der Arbeitslose sich weigert, eine ihm von der regionalen Geschäftsstelle zugewiesene zumutbare Beschäftigung anzunehmen oder er die Annahme einer solchen Beschäftigung vereitelt, verliert er gemäß § 10 Abs. 1 AlVG in den hier zeitraumbezogen maßgebenden Fassungen BGBl. Nr. 201/1996 und BGBl. I Nr. 77/2004 für die Dauer der Weigerung, jedenfalls aber für sechs Wochen, den Anspruch auf Arbeitslosengeld.

Der Beschwerdeführer bestreitet nicht, dass er aufgefordert worden ist, sich unverzüglich beim Arbeitsmarktservice Währinger Gürtel zu bewerben. Er führt aber aus, dass für diese Bewerbung keine Frist von zwei Wochen in Vormerkung genommen worden sei. Die zweiwöchige Frist habe sich darauf bezogen, dass der Beschwerdeführer "der Erstbehörde" binnen 14 Tagen nach der Bewerbung Meldung über die erfolgte Bewerbung hätte erstatten müssen. Er verweist des weiteren darauf, dass es nur konsequent gewesen sei, dass er einen Kurs, der am 6. Dezember 2004 hätte beginnen sollen, einzuarbeiten gedacht und sich daher erst am 20. Dezember 2004 beworben habe. Die Ernsthaftigkeit der Bewerbung hätte dadurch vom Beschwerdeführer erhärtet werden sollen. Der Kurs sei aus Gründen, die nicht in der Sphäre des Beschwerdeführers gelegen seien, nicht zustande gekommen. Die belangte Behörde habe auch nicht begründet, weshalb eine Bewerbung innerhalb von nicht einmal vier Wochen nicht ausreichend sei. Auf Grund seiner Ausbildung sei der Beschwerdeführer für die Tätigkeit als Versicherungsmakler auch nicht geeignet.

Dem hg. Erkenntnis vom 25. Mai 2005, Zl. 2004/08/0237, auf dessen Begründung gemäß § 43 Abs. 2 zweiter Satz VwGG verwiesen wird, lag ein Fall zu Grunde, bei dem der Arbeitslose über einen Zeitraum von mehr als zwei Wochen ab Kenntnisnahme von einer Beschäftigungsmöglichkeit keinerlei Anstrengung unternommen hat, die Arbeitsstelle zu erlangen. Auch in diesem Fall ist es um eine Bewerbung beim Arbeitsmarktservice im Zuge eines sogenannten Vorauswahlverfahrens gegangen. Der Verwaltungsgerichtshof kam zu dem Schluss, dass angesichts des Verstreichens eines derart langen Zeitraumes der belangten Behörde kein Vorwurf zu machen ist, wenn sie auf den Mangel an Arbeitswilligkeit geschlossen hat.

Auch im vorliegenden Fall ist die Vorgangsweise des Beschwerdeführers als Vereitelung im Sinne des § 10 Abs. 1 AlVG zu werten. Trotz Kenntnis der Bewerbungsmöglichkeit hat der Beschwerdeführer nämlich eine zwei Wochen bei weitem überschreitende Zeit verstreichen lassen, ehe er sich beworben hat.

Eine schlüssige Begründung für diese Vorgangsweise hat der Beschwerdeführer auch im vorliegenden Fall nicht gegeben: Der vermittlungsunterstützende Kurs könnte nämlich keinesfalls eine Begründung für das Verhalten des Beschwerdeführers bieten. Einerseits war dem Beschwerdeführer, wie auch aus einem im Akt erliegenden Computerausdruck hervorgeht, seit 6. Dezember 2004 bekannt, dass er diesen Kurs nicht besuchen kann. Dennoch hat sich der Beschwerdeführer erst am 20. Dezember 2004 beworben. Andererseits hätte der Kurs auch bei seinem Zustandekommen eine längere Zeit in Anspruch genommen, sodass der Beschwerdeführer jedenfalls davon hätte ausgehen müssen, dass die Möglichkeit besteht, dass die zur Verfügung stehende Stelle bei einem Abwarten der Lernerfolge nicht mehr unbesetzt ist. Angesichts der Möglichkeit einer Bewerbung hätte sich der Beschwerdeführer vielmehr jedenfalls sofort bewerben müssen, auch wenn diese Bewerbung gegebenenfalls nicht zum Ziel geführt hätte. Indem der Beschwerdeführer dies jedoch unterlassen hat, hat er den Vereitelungstatbestand des § 10 Abs. 1 AlVG erfüllt.

Soweit der Beschwerdeführer vorbringt, dass er für die gegenständliche Tätigkeit als "Versicherungsmakler" nicht geeignet sei, kann dahingestellt bleiben, ob bloß ein Büroangestellter oder, wie die belangte Behörde im angefochtenen Bescheid darlegt, ein Versicherungsmakler gesucht wurde, da der Beschwerdeführer in seiner Berufung selbst von der Stelle eines Versicherungsvertreters ausgegangen ist, im Verwaltungsverfahren aber nicht vorgebracht hat, für eine solche Stelle nicht geeignet zu sein.

Die Beschwerde erweist sich daher insgesamt als unbegründet, weshalb sie gemäß § 42 Abs. 1 VwGG abzuweisen war.

Die Entscheidung über den Aufwandersatz beruht auf den §§ 47 ff VwGG iVm der Verordnung BGBl. II Nr. 333/2003.

Wien, am 20. Dezember 2006

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