VwGH 2005/04/0026

VwGH2005/04/002615.9.2006

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Vizepräsident Dr. W. Pesendorfer und die Hofräte Dr. Rigler, Dr. Bayjones, Dr. Grünstäudl und Dr. Kleiser als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Weiss, über die Beschwerde der X AG in W, vertreten durch Dr. Waneck/Dr. Kunze, Rechtsanwaltspartnerschaft in 1010 Wien, Schellinggasse 5, gegen den Bescheid des Landeshauptmannes von Oberösterreich vom 6. Dezember 2004, Ge-442911/6-2004-Z, betreffend gewerbliche Betriebsanlage, nach der am 15. September 2006 durchgeführten mündlichen Verhandlung, und zwar nach Anhörung des Vortrages des Berichters sowie der Ausführungen des Vertreters der Beschwerdeführerin und der belangten Behörde, zu Recht erkannt:

Normen

AVG §58 Abs2;
AVG §60;
FrischfleischHygieneV 1994 §15a idF 2003/II/401;
FrischfleischHygieneV 1994 §17 Abs1;
GewO 1994 §74 Abs2;
GewO 1994 §77 Abs1;
GewO 1994 §77 Abs2;
GewO 1994 §77;
VwGG §42 Abs2 Z3 litb;
VwGG §42 Abs2 Z3 litc;
VwRallg;
AVG §58 Abs2;
AVG §60;
FrischfleischHygieneV 1994 §15a idF 2003/II/401;
FrischfleischHygieneV 1994 §17 Abs1;
GewO 1994 §74 Abs2;
GewO 1994 §77 Abs1;
GewO 1994 §77 Abs2;
GewO 1994 §77;
VwGG §42 Abs2 Z3 litb;
VwGG §42 Abs2 Z3 litc;
VwRallg;

 

Spruch:

Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufgehoben.

Der Bund hat der Beschwerdeführerin Aufwendungen in der Höhe von EUR 2.327,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Mit dem vor dem Verwaltungsgerichtshof angefochtenen Bescheid des Landeshauptmannes von Oberösterreich vom 6. Dezember 2004 wurde der Beschwerdeführerin gemäß den §§ 74 Abs. 2 iVm 77 GewO 1994 sowie gemäß den §§ 93 Abs. 2 iVm § 92 Abs. 2 letzter Satz ArbeitnehmerInnenschutzgesetz (ASchG) die gewerbebehördliche Genehmigung für die Errichtung und den Betrieb eines Lebensmittelnahversorgungsmarktes in einem näher bezeichneten Standort in B unter Vorschreibung näher bezeichneter Auflagen erteilt.

Auflage B13. lautet wie folgt (Anonymisierung durch den Verwaltungsgerichtshof):

"Es müssen Vorrichtungen - geschlossenes Andocksystem - für die hygienische Entladung vorhanden sein. Aus hygienischen Gründen ist für umhülltes oder unverpacktes Fleisch (Schweinehälften, Rinderviertel) ein geschlossenes Andocksystem erforderlich, um eine Kontamination durch Gase, Staub, Regen, Ungeziefer, Vögel usw. auszuschließen. Eine hygienisch einwandfreie Entladung wäre im gegenständlichen Neubau nur dann möglich, wenn die Andockschleuse mit Rohrbahn direkt über den Fleischzerlegeraum in den Kühlraum erfolgt. Bei einer Anlieferung (laut Plan) über den Frischdienstraum erfolgt zweifelsohne eine Kontamination des Fleisches. Das in den Schlachthöfen unter strengsten hygienischen Auflagen und auch von den bei der Firma 'X' beschäftigten TierärztInnen strengstens kontrollierte Fleisch würde dann im X-Frischdienstraum einer Kontamination ausgesetzt."

Begründend führte die belangte Behörde im angefochtenen Bescheid zu dieser Auflage aus, die Frischfleisch-Hygieneverordnung enthalte entgegen dem Vorbringen der Beschwerdeführerin keine Mengenschwelle von 5 t, ab der eine Andockschleuse für die Fleischanlieferung vorgesehen sei. Der veterinärmedizinische Amtssachverständige habe in seiner gutachterlichen Stellungnahme vom 15. Juli 2004 ausgeführt, bei der gleichzeitigen Anlieferung von Fleischwaren (Schweinehälften, Rinderviertel) und anderen Produkten (z.B. Kartoffeln, Kraut usw.) über das Frischdienstlager könne es leicht zur hygienisch nachteiligen Beeinflussung der Fleischwaren kommen, weshalb die Beibehaltung dieser Auflage erforderlich sei. Der Umstand, dass bei anderen Verkaufsmärkten der Beschwerdeführerin eine solche Andockschleuse nicht vorgeschrieben worden sei, sei unbeachtlich.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde.

Die belangte Behörde legte die Akten des Verwaltungsverfahrens vor und erstattete eine Gegenschrift, in der die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde beantragt wird.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

1. Die Beschwerdeführerin erachtet sich durch den angefochtenen Bescheid in ihrem Recht auf Genehmigung der beantragten Betriebsanlage ohne die mit Auflage B 13. vorgeschriebenen Andockschleuse für die Frischfleischanlieferung verletzt.

Sie bringt im Wesentlichen vor, in allen anderen vergleichbaren Lebensmittelnahversorgungsmärkten der Beschwerdeführerin erfolge die Fleischanlieferung mittels Kühl-LKW durch die jeweiligen Lieferanten. Die Tierkörperteile (Schweinehälften und Rinderviertel) würden vom LKW abgeladen und auf Fleischhaken hängend über eine Rohrbahn in den Kühlraum transportiert. Laut Plan führe die Rohrbahn in der beantragten Betriebsanlage auf dem an sich kürzesten Weg über den Frischdienstraum in den Fleischzerlegeraum und von dort in den Kühlraum der Fleischabteilung. Das Fleisch werde - wie aus den Einreichunterlagen hervorgehe - in den dafür vorgesehenen Räumlichkeiten der Betriebsanlage zerlegt, verpackt und in den angrenzenden Verkaufsräumlichkeiten ausschließlich an Letztverbraucher verkauft. Auf Grund von internen Dienstanweisungen fänden Lieferungen von Frischfleisch und anderen Produkten, von denen eine hygienisch nachteilige Beeinflussung für Frischfleisch ausgehen könnte, nicht gleichzeitig statt. Der somit gewählte Transportweg sei der an sich kürzeste Weg in den Fleischkühlraum. Auf diese Weise erfolge auch in allen anderen genehmigten Lebensmittelnahversorgungsmärkten der Beschwerdeführerin die Frischfleischanlieferung, ohne dass Andockschleusen vorgeschrieben worden seien. Dies stünde im Einklang mit dem eingerichteten Eigenkontrollsystem im Sinne eines "HACCP"-Konzeptes.

Die zur Verarbeitung gelangende Menge Frischfleisch liege deutlich unter 5 t pro Woche. Die Frischfleisch-Hygieneverordnung differenziere hinsichtlich der betrieblichen Hygieneanforderungen nach der pro Woche verarbeiteten Fleischmenge, sodass für den gegenständlichen Lebensmittelnahversorgungsmarkt die Bestimmungen des 9. Hauptstückes der Frischfleisch-Hygieneverordnung betreffend "Fleischbearbeitungsräume von Kleinverkaufsstellen" anzuwenden seien: Aus § 17 Abs. 3 Frischfleisch-Hygieneverordnung ergebe sich, dass Fleisch jedenfalls auch im Freien und durch Räumlichkeiten, die nicht den Anforderungen des § 17 Abs. 1 leg. cit. entsprächen, transportiert werden dürfe, sofern durch geeignete Maßnahmen ein entsprechender Schutz des angelieferten Frischfleisches gewährleistet sei. Aus diesen Überlegungen ergebe sich weiters, dass für die Anlieferung von Frischfleisch für Fleischbearbeitungsräume von Kleinverkaufsstellen jedenfalls ein geschlossenes Andocksystem nicht vorgesehen und auch nicht erforderlich sei. Selbst wenn der Anlieferungsbereich bis zum Fleischbearbeitungsraum nicht die Mindestanforderungen des § 17 Abs. 1 leg. cit. erfüllen sollte, könnte durch andere geeignete Maßnahmen iS der Frischfleisch-Hygieneverordnung - insbesondere der Bestimmung des § 17 - entsprochen werden. Für den Amtssachverständigen für Veterinärmedizin komme offenbar als einzige Vorkehrung für eine hygienische Entladung ein geschlossenes Andocksystem in Frage. Eine andere geeignete Maßnahme sei das Umhüllen des Fleisches für die Zeit des Transportes vom LKW in den Fleischbearbeitungsraum. Die Beschwerdeführerin habe bereits in ihrer Berufung festgehalten, dass für den Fall einer möglichen nachteiligen Beeinflussung des Frischfleisches der jeweilige Lieferant für eine entsprechende Umhüllung des Fleisches zu sorgen habe. Durch eine derartige Maßnahme sei jedenfalls § 17 Abs. 3 der Frischfleisch-Hygieneverordnung entsprochen. Die Vorschreibung einer Andockschleuse sei daher "rechtlich nicht gedeckt".

Als Verfahrensfehler macht die Beschwerdeführerin überdies geltend, es wäre ersichtlich gewesen, dass eine Andockschleuse für Fleischbearbeitungsräume von Kleinverkaufsstellen nicht vorgesehen sei, wenn die belangte Behörde Feststellungen über die zu verarbeitende Fleischmenge sowie über die Art des Betriebes getroffen hätte.

2. Gemäß § 74 Abs. 2 Z 1 GewO 1994 dürfen gewerbliche Betriebsanlagen nur mit Genehmigung der Behörde errichtet oder betrieben werden, wenn sie wegen der Verwendung von Maschinen und Geräten, wegen ihrer Betriebsweise, wegen ihrer Ausstattung oder sonst (u. a.) geeignet sind, das Leben oder die Gesundheit des Gewerbetreibenden, der nicht den Bestimmungen des ArbeitnehmerInnenschutzgesetzes, BGBl. Nr. 450/1994, in der jeweils geltenden Fassung, unterliegenden mittätigen Familienangehörigen, der Nachbarn oder der Kunden, die die Betriebsanlage der Art des Betriebes gemäß aufsuchen, oder das Eigentum oder sonstige dingliche Rechte der Nachbarn zu gefährden.

Gemäß § 77 Abs. 1 GewO 1994 ist die Betriebsanlage zu genehmigen, wenn nach dem Stand der Technik (§ 71a) und dem Stand der medizinischen und der sonst in Betracht kommenden Wissenschaften zu erwarten ist, dass überhaupt oder bei Einhaltung der erforderlichenfalls vorzuschreibenden bestimmten geeigneten Auflagen die nach den Umständen des Einzelfalles voraussehbaren Gefährdungen im Sinne des § 74 Abs. 2 Z 1 vermieden und Belästigungen, Beeinträchtigungen oder nachteilige Einwirkungen im Sinne des § 74 Abs. 2 Z 2 bis 5 auf ein zumutbares Maß beschränkt werden.

Die §§ 15a Abs. 1 und 17 Abs. 1 und 3 der auf Grund des Fleischuntersuchungsgesetzes erlassenen Verordnung des Bundesministers für Gesundheit, Sport und Konsumentenschutz über die Hygiene bei der Gewinnung, Bearbeitung, Lagerung und beim Transport von frischem Fleisch, BGBl. Nr. 396/1994 in der Fassung BGBl. II Nr. 401/2003 (Frischfleisch-Hygieneverordnung) lauten:

"§ 15a. (1) Zerlegungsbetriebe, die nicht Bestandteil eines Schlachtbetriebes (der keine Ausnahmen nach § 15 in Anspruch nimmt) sind und die ihre Erzeugnisse ausschließlich im Inland in Verkehr bringen und deren wöchentliche Produktion an entbeintem Fleisch nicht mehr als fünf Tonnen (oder eine entsprechende Menge Fleisch mit Knochen) beträgt, müssen hinsichtlich der baulichen Erfordernisse sowie hinsichtlich der Anlagen und Einrichtungsgegenstände den Bedingungen des § 16 Abs. 1 entsprechen; von den anderen in dieser Verordnung genannten Bestimmungen müssen sie nur § 7, § 8 Abs. 5 erster Satz, § 8 Abs. 8, § 9 Abs. 1 (mit der Maßgabe, dass die Räumlichkeiten dem § 16 Abs. 1 entsprechen), § 9 Abs. 3 (mit der Maßgabe, dass die Arbeitsräume und der Kühlraum dem § 16 Abs. 1 entsprechen), § 9 Abs. 4, § 9 Abs. 5 (ausgenommen der zweite Satz), § 9 Abs. 6 und 7, § 10 (ausgenommen Abs. 4 letzter Satz), § 11 Abs. 1 zweiter Satz, § 11 Abs. 2, § 12 Abs. 2, 3, 4 und 5, § 13 Abs. 1 und § 14 Abs. 1 (ausgenommen die Bestimmungen über die Verplombung der Transportmittel), § 14 Abs. 2 Z 1 sowie § 14 Abs. 3, 4, 5, 7 und 8 einhalten.

...

9. HAUPTSTÜCK

Fleischbearbeitungsräume von Kleinverkaufsstellen

§ 17. (1) Zerlegungsbetriebe (einschließlich landwirtschaftliche Betriebe hinsichtlich Zerlegung), die den Betriebsumfang gemäß § 15a nicht überschreiten und das Fleisch ausschließlich für den an Ort und Stelle oder in angrenzenden Verkaufsräumlichkeiten stattfindenden Direktverkauf an Letztverbraucher oder an Einrichtungen oder Betriebe gemäß § 1 Abs. 2 zerlegen, lagern und gegebenenfalls umhüllen und verpacken, unterliegen hinsichtlich der baulichen Erfordernisse sowie hinsichtlich der Anlagen und Einrichtungsgegenstände nur folgenden Bestimmungen dieser Verordnung: § 16 Abs. 1 Z 1, Z 2, Z 3 (sofern kein anderes, geeignetes Desinfektionsverfahren angewendet wird), Z 4, Z 5 (mit der Ausnahme, dass hölzerne Hackstöcke verwendet werden dürfen, sofern sie einen einwandfreien hygienischen Zustand aufweisen), Z 6, Z 7, Z 8 erster Satz, Z 9 erster Satz, Z 10, Z 11, Z 12 erster bis einschließlich fünfter Satz. § 1 Abs. 2 bleibt hievon unberührt.

...

(3) Die Anlieferung zum Betrieb, in den Arbeitsraum und in den Verkaufsraum hat so zu erfolgen, dass das Fleisch beim Transport im Freien und durch Räumlichkeiten, die nicht den Bestimmungen nach Abs. 1 entsprechen, durch geeignete Maßnahmen geschützt ist und die vorgeschriebenen Temperaturen nicht überschritten werden."

3. Die Beschwerdeführerin führt zunächst zu Recht an, § 17 Frischfleisch-Hygieneverordnung sehe keine Andockschleuse für die Anlieferung von Frischfleisch vor. Der von ihr aber daraus gezogene Schluss, eine derartige Andockschleuse dürfe aus diesem Grund nicht auf Grundlage des § 77 Abs. 1 GewO 1994 vorgeschrieben werden, übersieht, dass die Behörde nach dieser Bestimmung - wohl unter Beachtung des Standes der Technik, der medizinischen und der sonst in Betracht kommenden Wissenschaften - jene Auflagen vorzuschreiben hat, die zur Erreichung der sich aus § 74 Abs. 2 GewO 1994 ergebenden Schutzzwecke notwendig sind (vgl. hiezu die bei Grabler/Stolzlechner/Wendl, Gewerbeordnung2 (2003), 561, Rz. 10 wiedergegebene hg. Rechtsprechung).

Aus diesem Grund kann es dahingestellt bleiben, ob die vorliegend vorgeschriebene Andockschleuse eine in § 17 Frischfleisch-Hygieneverordnung angeführte geeignete Maßnahme ist bzw. inwieweit sich die Beschwerdeführerin nach dieser Bestimmung auf andere geeignete Maßnahmen berufen könnte. Folglich kommt es auch nicht auf den Betriebsumfang der vorliegenden Betriebsanlage iSd § 17 Abs. 1 iVm § 15a dieser Verordnung an, sodass die Beschwerdeführerin keinen relevanten Verfahrensmangel geltend macht, wenn sie rügt, die belangte Behörde habe keine Feststellungen über die zu verarbeitende Fleischmenge bzw. über die Art des Betriebes getroffen.

4. Ob die im vorliegenden Fall strittige Vorschreibung einer Andockschleuse gemäß § 77 Abs. 1 GewO 1994 zur Erreichung der sich aus § 74 Abs. 2 GewO 1994 ergebenden Schutzzwecke notwendig war, hatte die Behörde auf Grundlage der von ihr herangezogenen Sachverständigengutachten zu beurteilen. Im vorliegenden Fall hat die Behörde die zur Vermeidung einer Gefährdung des Lebens und der Gesundheit von Kunden (vgl. hiezu die bei Grabler/Stolzlechner/Wendl, Gewerbeordnung2 (2003), 529, Rz. 23 wiedergegebene hg. Rechtsprechung) vorgeschriebene Auflage auf ein Gutachten des Amtssachverständigen für Veterinärmedizin gestützt.

Auflagen sind nach § 77 Abs. 1 GewO 1994 (u.a.) nur zulässig, wenn sie im Hinblick auf die nach dieser Bestimmung i.V.m. § 74 Abs. 2 zu schützenden Interessen erforderlich sind. Ausgehend von dem in § 77 Abs. 1 GewO 1994 gebrauchten Wort "erforderlichenfalls" hat der Verwaltungsgerichtshof in ständiger Rechtsprechung dargelegt, dass dem Betriebsinhaber nicht strengere (ihn stärker belastende) Maßnahmen vorgeschrieben werden dürfen, als zur Wahrung der in § 77 Abs. 1 und 2 GewO 1994 angeführten Schutzzwecke notwendig ist (vgl. das hg. Erkenntnis vom 21. Dezember 2004, Zl. 2002/04/0169, mwN).

Die Beschwerdeführerin hat im Hinblick auf die Erforderlichkeit der vorliegenden Auflage bereits in ihrer Berufung gegen den erstinstanzlichen Bescheid der BH darauf hingewiesen, dass es "österreichweit derzeit ca. 950 (...)Filialen gebe, bei denen die Fleischanlieferung über das Frischdienstlager auf kürzestem Wege in den Fleischkühlraum" (ohne das geforderte "geschlossenes Andocksystem") erfolge und für den Fall, dass (wie vom Amtssachverständigen als Begründung dieser Auflage angeführt) "aus Gründen von Staub oder Regen eine Umhüllung des angelieferten Frischfleisches tatsächlich notwendig sein" sollte, darauf hingewiesen, dass eine solche Umhüllung durch den Lieferanten erfolge.

In seiner daraufhin von der belangten Behörde eingeholten Stellungnahme verwies der Amtssachverständige lediglich darauf, dass seine "Vor-Ort-Erfahrungen" dennoch zeigten, dass es bei der gleichzeitigen Anlieferung von Fleischwaren und anderen Produkten über das Frischdienstlager "leicht zur hygienischenachteiligen Beeinflussung der Fleischwaren" kommen könne, und legte nahe, die Fleischanlieferung in allen 950 Filialen der Beschwerdeführerin "nach dem HACCP-Konzept kritisch" zu überprüfen. Eine Begründung, warum das geforderte "geschlossene Andocksystem" auch bei umhülltem Fleisch vorzusehen sei, wurde vom Amtssachverständigen nicht angegeben und findet sich auch nicht in der Begründung des angefochtenen Bescheides.

In der mündlichen Verhandlung vor dem Verwaltungsgerichtshof führte der Vertreter der belangten Behörde mehrere Umstände zur Begründung dieser Auflage auch bei umhülltem Fleisch an (Fleischlieferung durch verschiedene Fleischlieferanten; Qualitätskontrolle am offenen Kühlwagen, die dazu führe, dass das Fleisch nur unzureichend umhüllt werde bzw. die Umhüllung erst am Kühlwagen vorgenommen werde; Vermeidung der Verunreinigung durch Autoabgase), gestand aber auch zu, diese Umstände seien vom Amtssachverständigen nicht im Verfahren angeführt worden und somit nicht aktenkundig.

Da die belangte Behörde die verfahrensgegenständliche Auflage sohin nicht auf entsprechende sachverständige Ausführungen stützen konnte, aus denen ersichtlich gewesen wäre, warum die Auflage iS der oben angeführten Rechtsprechung zur Wahrung der in § 77 Abs. 1 und 2 GewO 1994 angeführten Schutzzwecke notwendig sei, hat sie den (gesamten) angefochtenen Bescheid mit Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften belastet (vgl. zur Untrennbarkeit von Genehmigungsbescheid und Auflagen die bei Grabler/Stolzlechner/Wendl, aaO, 570, Rz. 18 zu § 77 GewO 1994 angeführte hg. Rechtsprechung).

Dieser war daher gemäß § 42 Abs. 2 Z 3 lit. b und c VwGG aufzuheben.

5. Die Kostenentscheidung beruht im Rahmen des gestellten Begehrens auf den §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der VwGH-Aufwandersatzverordnung 2003, BGBl. II Nr. 333.

Wien, am 15. September 2006

Lizenziert vom RIS (ris.bka.gv.at - CC BY 4.0 DEED)

Stichworte