VwGH 2005/01/0845

VwGH2005/01/084521.3.2006

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Gruber und die Hofräte Dr. Blaschek, Dr. Pelant, Dr. Kleiser und Mag. Nedwed als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Matt, über die Beschwerde des K J in W, geboren 1982, vertreten durch Dr. Stefan Kovacsevich, Rechtsanwalt in 1030 Wien, Jacquingasse 35, gegen den Bescheid des unabhängigen Bundesasylsenates vom 6. Oktober 2005, Zl. 260.885/0-V/15/05, betreffend §§ 7, 8 Abs. 1 und 2 Asylgesetz 1997 (weitere Partei: Bundesministerin für Inneres), zu Recht erkannt:

Normen

AsylG 1997 §23;
AsylG 1997 §7;
AsylG 1997 §8;
AsylG 1997 §23;
AsylG 1997 §7;
AsylG 1997 §8;

 

Spruch:

Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufgehoben.

Der Bund hat dem Beschwerdeführer Aufwendungen in der Höhe von EUR 991,20 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Der Beschwerdeführer, ein Staatsangehöriger von Gambia, reiste seinen Angaben zufolge im April 2004 in das Bundesgebiet ein und beantragte am 21. April 2004 Asyl. Bei der Einvernahme vor dem Bundesasylamt am 23. Dezember 2004 gab er zu seinen Fluchtgründen im Wesentlichen an, sein Bruder, ein Soldat und Leibwächter des gambischen Präsidenten Yahya Jammeh, sei in den Verdacht geraten, einen Staatsstreich zu planen. Aus diesem Grund seien er und der Beschwerdeführer, der sich im Haus seines Bruders aufgehalten habe, am 26. Juni 2000 um 23.00 Uhr festgenommen worden. Dabei sei der Beschwerdeführer geschlagen und anschließend zur Behandlung der erlittenen Verletzungen in ein Krankenhaus gebracht worden, von wo ihm in der Folge die Flucht gelungen sei.

Das Bundesasylamt wies den Asylantrag des Beschwerdeführers mit Bescheid vom 14. Mai 2005 gemäß § 7 Asylgesetz 1997 (AsylG) ab, erklärte die Zurückweisung, Zurückschiebung oder Abschiebung des Beschwerdeführers nach Gambia gemäß § 8 Abs. 1 AsylG für zulässig und wies den Beschwerdeführer gemäß § 8 Abs. 2 AsylG aus dem österreichischen Bundesgebiet aus.

Die dagegen erhobene Berufung des Beschwerdeführers wies die belangte Behörde mit dem angefochtenen Bescheid - nach Durchführung einer Berufungsverhandlung - gemäß § 7 AsylG ab (Spruchpunkt 1.), erklärte die Zurückweisung, Zurückschiebung oder Abschiebung des Beschwerdeführers nach Gambia gemäß § 8 Abs. 1 AsylG für zulässig (Spruchpunkt 2.) und wies den Beschwerdeführer gemäß § 8 Abs. 2 AsylG aus dem österreichischen Bundesgebiet nach Gambia aus (Spruchpunkt 3.). Der Beschwerdeführer habe - so die belangte Behörde - die behaupteten Fluchtgründe aus näher dargestellten beweiswürdigenden Überlegungen nicht glaubhaft machen können. Eine aktuelle Verfolgungsgefahr aus einem in der Genfer Flüchtlingskonvention angeführten Grund sei bei ihm daher nicht gegeben. Auch liege keine aktuelle Bedrohung im Sinne von § 8 Abs. 1 AsylG in Verbindung mit § 57 Abs. 1 und 2 FrG vor und greife die Ausweisung des Beschwerdeführers - mangels vorhandener familiärer Bindungen in Österreich - nicht in sein Privat- und Familienleben ein.

Über die gegen diesen Bescheid erhobene Beschwerde, die sich unter anderem gegen die Beweiswürdigung der Asylbehörden wendet, hat der Verwaltungsgerichtshof nach Aktenvorlage durch die belangte Behörde erwogen:

Die belangte Behörde begründete die Abweisung des Asylantrages des Beschwerdeführers ausschließlich damit, dass seinen Angaben zu den Fluchtgründen keine Glaubwürdigkeit zukomme. Ihre diesbezügliche Beweiswürdigung hält jedoch einer Schlüssigkeitsprüfung nicht stand. So leitete die belangte Behörde die Unglaubwürdigkeit des Beschwerdeführers aus einigen Nebenumständen seiner Aussage ab (mangelndes Wissen über die Laufbahn und die Tätigkeit seines Bruders; Umstände der Flucht), ohne jedoch den entscheidenden Kern seiner Fluchtgeschichte, nämlich die Verhaftung als Folge des Vorwurfes an den Bruder, einen Staatsstreich vornehmen zu wollen, einer näheren Prüfung unterzogen zu haben. Dabei hat es die belangte Behörde vor allem unterlassen, den realen Hintergrund der vom Beschwerdeführer vorgetragenen Geschichte in ihre Überlegungen einzubeziehen (vgl. dazu etwa den AI - Jahresbericht 2001 betreffend Gambia; weiters die "Country Reports on Human Rights Practices- 2000" des US Department of State) und die Glaubwürdigkeit seiner Behauptungen auch im Vergleich zu den diese Ereignisse betreffenden Berichten zu messen (vgl. zu diesem Erfordernis etwa zuletzt das hg. Erkenntnis vom 26. Jänner 2006, 2004/01/0556, mwN).

Der angefochtene Bescheid war daher gemäß § 42 Abs. 2 Z 3 lit. b und c VwGG wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufzuheben.

Der Spruch über den Aufwandersatz gründe sich auf die §§ 47 ff VwGG iVm der VwGH-Aufwandersatzverordnung 2003.

Wien, am 21. März 2006

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