VwGH 2005/01/0040

VwGH2005/01/004014.12.2006

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Gruber und die Hofräte Dr. Blaschek, Dr. Pelant, Dr. Kleiser und Mag. Nedwed als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Matt, über die Beschwerden 1. der Z B, geboren 1971, 2. der N B, geboren 1995 und 3. der E B, geboren 1994, alle in Wels und alle vertreten durch Dr. Friedrich Schwarzinger und Mag. Nikolaus Weiser, Rechtsanwälte in 4600 Wels, Johannisgasse 3/III, gegen die Bescheide des unabhängigen Bundesasylsenates je vom 10. Jänner 2005, Zlen. 250.927/0-IV/11/04 (ad 1.), 250.929/0-IV/11/04 (ad 2.) und 250.928/0-IV/11/04 (ad 3.), jeweils betreffend § 14 Asylgesetz 1997 (weitere Partei: Bundesministerin für Inneres), zu Recht erkannt:

Normen

AsylG 1997 §14 Abs1 idF 2003/I/101;
AsylG 1997 §14 Abs1 Z2;
AsylG 1997 §42 Abs6 idF 2003/I/101;
AsylG 1997 §44 Abs1 idF 2003/I/101;
VwGG §42 Abs2 Z1;
AsylG 1997 §14 Abs1 idF 2003/I/101;
AsylG 1997 §14 Abs1 Z2;
AsylG 1997 §42 Abs6 idF 2003/I/101;
AsylG 1997 §44 Abs1 idF 2003/I/101;
VwGG §42 Abs2 Z1;

 

Spruch:

Die angefochtenen Bescheide werden wegen Rechtswidrigkeit ihres Inhaltes aufgehoben.

Der Bund hat den beschwerdeführenden Parteien Aufwendungen in der Höhe von jeweils EUR 991,20 (insgesamt daher EUR 2.973,60) binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Die beschwerdeführenden Parteien (die Erstbeschwerdeführerin ist die Mutter der Zweit- und der Drittbeschwerdeführerin) sind Staatsangehörige von Serbien und Montenegro (nunmehr Serbien), stammen aus dem Kosovo und gehören der albanischen Volksgruppe an. Sie stellten am 21. Dezember 1999 Asylerstreckungsanträge, bezogen auf den asylberechtigten Ehegatten bzw. Vater.

Das Bundesasylamt gab mit Bescheid vom 12. Jänner 2000 diesen Asylerstreckungsanträgen statt, gewährte gemäß § 11 Abs. 1 AsylG den beschwerdeführenden Parteien durch Erstreckung in Österreich Asyl und stellte gemäß § 12 AsylG fest, dass ihnen kraft Gesetzes die Flüchtlingseigenschaft zukomme.

Mit Bescheiden des Bundesasylamtes jeweils vom 16. Juni 2004 wurde den beschwerdeführenden Parteien jeweils das "mit Bescheid vom 20.01.2000" (richtig und erkennbar gemeint: 12. Jänner 2000) gewährte Asyl gemäß § 14 Abs. 1 Z 2 AsylG aberkannt und jeweils festgestellt, dass den beschwerdeführenden Parteien die Flüchtlingseigenschaft nicht mehr zukomme.

Mit den (unter 1. bis 3. genannten, nunmehr) angefochtenen Bescheiden der belangten Behörde je vom 10. Jänner 2005 wurden die Berufungen der beschwerdeführenden Parteien "gemäß § 14 AsylG" abgewiesen.

Begründend führte die belangte Behörde in diesen Bescheiden übereinstimmend aus, dem § 44 Abs. 1 AsylG in der Fassung BGBl. I Nr. 101/2003 zufolge sei das Asylgesetz 1997 in der Fassung BGBl. I Nr. 126/2002 deshalb anzuwenden, weil der gegenständliche Asylantrag vor dem (in der genannten Bestimmung angeführten) 30. April 2004 gestellt wurde. Der Tatbestand des § 14 Abs. 1 Z 2 AsylG (idF BGBl. I Nr. 126/2002) sei vorliegend erfüllt, weil mit Bescheid des unabhängigen Bundesasylsenates vom 21. April 2004 dem Ehegatten der Erstbeschwerdeführerin bzw. dem Vater der Zweit- und Drittbeschwerdeführerin rechtskräftig das Asyl aberkannt worden sei.

Gegen diese Bescheide richten sich die vorliegenden Beschwerden der Erst- bis Drittbeschwerdeführerin, deren Behandlung der Verwaltungsgerichtshof wegen ihres persönlichen und sachlichen Zusammenhanges verbunden und worüber er erwogen hat:

§ 42 Abs. 6 Asylgesetz 1997 (in der bis 31. Dezember 2005 in Geltung gestandenen Fassung BGBl. I Nr. 101/2003) lautete:

"9. Abschnitt

Schlussbestimmungen

Zeitlicher Geltungsbereich

...

(6) Die §§ 1 Z 3 bis Z 7, 2, 3 Abs. 3, 4, 4a, 5, 5a, 6, 8, 10, 11, 12, 13a, 14 Abs. 1, 3 und 4, 15, 16, 17, 18, 19, 20 Abs. 1, 21, 22, 23, 24, 24a, 24b, 25 Abs. 2 bis 4, 26, 27, 29, 30, 31, 32, 32a, 34a, 34b, 35 Abs. 1, 36 Abs. 2, 3, 4a und 5, 36a, 36b, 36c, 37, 37a, 37b, 38 Abs. 9, 39 Abs. 2 und 3, 39a, 40 Abs. 3 und 4, 40a, 42 Abs. 6, 44, 44a und 46 in der Fassung BGBl. I Nr. 101/2003 treten mit 1. Mai 2004 in Kraft."

§ 44 Abs. 1 Asylgesetz 1997 (in der bis 31. Dezember 2005 in Geltung gestandenen Fassung BGBl. I Nr. 101/2003) lautete:

"Übergangsbestimmungen

§ 44. (1) Verfahren zur Entscheidung über Asylanträge und Asylerstreckungsanträge, die bis zum 30. April 2004 gestellt wurden, werden nach den Bestimmungen des Asylgesetzes 1997, BGBl. I Nr. 76/1997 in der Fassung des Bundesgesetzes BGBl. I Nr. 126/2002 geführt."

Die belangte Behörde hat die Rechtslage verkannt. Zufolge § 42 Abs. 6 AsylG trat die Bestimmung des § 14 Abs. 1, 3 und 4 AsylG idF BGBl. I Nr. 101/2003 am 1. Mai 2004 in Kraft; diese Fassung war daher (schon vom Bundesasylamt und jedenfalls im Berufungsverfahren) von der belangten Behörde in dem gegenständlichen Verfahren über die Asylaberkennung anzuwenden. Dem in den angefochtenen Bescheiden herangezogenen § 14 Abs. 1 Z 2 AsylG in der Fassung BGBl. I Nr. 126/2002 wurde mit 1. Mai 2004 (durch die Novelle BGBl. I Nr. 101/2003) derogiert; diese (für die angefochtenen Bescheide tragende) Bestimmung war daher nicht (mehr) anzuwenden. Anzumerken ist in diesem Zusammenhang, dass der Tatbestand des § 14 Abs. 1 Z 2 AsylG (wonach Asyl von Amts wegen mit Bescheid abzuerkennen ist, wenn Asyl durch Erstreckung gewährt wurde, der hiefür maßgebliche Grund weggefallen ist und kein anderer Grund für Asylerstreckung besteht) in dem seit 1. Mai 2004 in Geltung gestandenen § 14 Abs. 1 AsylG fehlte (es einen solchen besonderen Tatbestand für die Aberkennung von Asyl durch Erstreckung nicht mehr gab, sondern nur mehr den diesbezüglich nicht differenzierenden § 14 Abs. 1 Z 1 AsylG idF BGBl. I Nr. 101/2003).

Insoweit die belangte Behörde ihre zur anzuwendenden Rechtslage vertretene Auffassung auf § 44 Abs. 1 AsylG (idF der Novelle BGBl. I Nr. 101/2003) stützte, hat sie verkannt, dass in dem vorliegenden (bei ihr anhängig gewesenen) Berufungsverfahren nicht über Asylanträge oder Asylerstreckungsanträge, sondern über die Asylaberkennung in einem von Amts wegen eingeleiteten Verfahren zu entscheiden war. Da ein solches Verfahren nicht als Verfahren zur Entscheidung über Asylanträge und Asylerstreckungsanträge verstanden werden kann und dafür keine (besondere) Übergangsbestimmung besteht, bleibt es demnach bei der Regelung des § 42 Abs. 6 AsylG.

Die angefochtenen Bescheide waren daher gemäß § 42 Abs. 2 Z 1 VwGG wegen Rechtswidrigkeit ihres Inhaltes aufzuheben.

Der Ausspruch über den Aufwandersatz beruht auf den §§ 47 ff VwGG iVm der VwGH-Aufwandersatzverordnung 2003.

Wien, am 14. Dezember 2006

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