Normen
FrG 1997 §33 Abs1;
FrG 1997 §37 Abs1;
EMRK Art8 Abs2;
VwGG §42 Abs2 Z3 litb;
VwGG §42 Abs2 Z3 litc;
FrG 1997 §33 Abs1;
FrG 1997 §37 Abs1;
EMRK Art8 Abs2;
VwGG §42 Abs2 Z3 litb;
VwGG §42 Abs2 Z3 litc;
Spruch:
Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufgehoben.
Der Bund hat dem Beschwerdeführer Aufwendungen in der Höhe von EUR 991,20 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Mit dem zitierten, im Instanzenzug ergangenen Bescheid wies die belangte Behörde den Beschwerdeführer, einen Staatsangehörigen von Serbien und Montenegro, gemäß § 33 Abs. 1 des Fremdengesetzes 1997 - FrG, BGBl. I Nr. 75, aus dem Bundesgebiet aus.
Zur Begründung dieser Maßnahme führte sie im Wesentlichen aus: Der Beschwerdeführer sei mit seiner Frau und den drei minderjährigen Kindern am 1. April 2002 illegal in das Bundesgebiet eingereist und habe einen Asylantrag gestellt. Hinsichtlich seines Asylantrages sei ein "negativer § 7- und § 8 Bescheid" ergangen. Die Asylerstreckungsanträge seiner Ehefrau und seiner Kinder seien abgewiesen worden. Sein derzeitiger Aufenthalt in Österreich sei rechtswidrig, weshalb eine Ausweisung nach § 33 Abs. 1 FrG zulässig sei.
Seine Ehefrau sei mit Bescheid vom 24. März 2004 ebenfalls aus dem Bundesgebiet ausgewiesen worden. Da auch seine Ehefrau und seine drei Kinder Österreich verlassen werden müssen und keine sonstigen Familienangehörigen im Bundesgebiet aufhältig seien, greife die Ausweisung in sein Privat- und Familienleben nicht ein. Die in der Berufung angeführten gesundheitlichen Probleme seiner Ehefrau, welche durch ihre Vergewaltigung im Kosovo im Jahr 1998 verursacht worden wären, sowie die zu befürchtende Verschlechterung ihres psychischen Zustandes bei einer etwaigen Rückkehr in den Kosovo stellten Gründe dar, die im Verfahren nach § 75 FrG zur Feststellung der Unzulässigkeit der Abschiebung in einen bestimmten Staat zu berücksichtigen seien. Diese Gründe seien jedoch nicht geeignet, die Ausweisung gemäß § 37 Abs. 1 FrG nicht als dringend geboten erscheinen zu lassen. Den die Einreise und den Aufenthalt von Fremden regelnden Normen komme aus der Sicht des Schutzes und der Aufrechterhaltung der öffentlichen Ordnung nämlich ein hoher Stellenwert zu. Der Beschwerdeführer habe keine Möglichkeit, seinen Aufenthalt vom Inland her zu legalisieren.
Der Verwaltungsgerichtshof hat nach Vorlage der Verwaltungsakten seitens der belangten Behörde erwogen:
Der Beschwerdeführer bestreitet nicht, dass er seit Beendigung seines Asylverfahrens über keine Aufenthaltsberechtigung für Österreich verfüge. Demnach bestehen keine Bedenken gegen die behördliche Ansicht, dass der Ausweisungstatbestand des § 33 Abs. 1 FrG erfüllt sei.
Wie im Beschwerdeverfahren gegen die Ausweisung der Ehefrau des Beschwerdeführers (Zl. 2004/21/0191, erledigt mit Erkenntnis vom heutigen Tag) rügt auch hier die Beschwerde, dass sich die belangte Behörde mit dem Vorbringen über die zu befürchtende Verschlechterung des psychischen Zustandes der Ehefrau des Beschwerdeführers bei einer etwaigen Rückkehr in den Kosovo und die daraus folgende extreme seelische Belastung der Familienmitglieder nicht auseinandergesetzt habe. Sie benötige ständige ärztliche Betreuung und Medikamente. Eine Behandlung ihrer Krankheit könne nur in Österreich erfolgen, weil sich ihr Gesundheitszustand auf Grund der schlechten Erfahrung in ihrer Heimat verschlechtern würde und neuerlich Selbstmordgefahr bestünde.
Der Ansicht der belangten Behörde, dass wegen der Ausweisung auch der Ehefrau des Beschwerdeführers kein Eingriff in das Privat- und Familienleben des Beschwerdeführers erfolge, ist schon deswegen der Boden entzogen, weil der Ausweisungsbescheid gegenüber der Ehefrau des Beschwerdeführers mit Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften behaftet ist und deshalb mit Erkenntnis vom heutigen Tag aufgehoben wurde. In diesem Erkenntnis hat der Verwaltungsgerichtshof dargelegt, dass die geltend gemachten Umstände die Ehefrau des Beschwerdeführers betreffend entgegen der Ansicht der belangten Behörde im Rahmen des § 37 Abs. 1 FrG zu beurteilen gewesen wären.
Bei Anwendung des § 37 Abs. 1 FrG ist das öffentliche Interesse an der Beendigung eines unrechtmäßigen Aufenthaltes nicht stets höher zu bewerten als die privaten und familiären Interessen des betroffenen Fremden. Eine derartige Auslegung würde der genannten Bestimmung jeden Anwendungsbereich entziehen, was dem Gesetzgeber nicht unterstellt werden kann. Ist gemäß § 37 Abs. 1 FrG die Erlassung einer Ausweisung nur zulässig, wenn dies zur Erreichung der im Art. 8 Abs. 2 EMRK genannten Ziele dringend geboten ist, so bedeutet dies, dass die Ausweisung zur Erreichung zumindest eines dieser Ziele ein "zwingendes soziales Bedürfnis" im Sinn der Rechtsprechung des EGMR darstellen muss (vgl. das hg. Erkenntnis vom 27. Jänner 2004, Zl. 2002/21/0214). Ob die Ausweisung des Beschwerdeführers im Sinn eines "zwingenden sozialen Bedürfnisses" zulässig ist, kann wegen des Fehlens entsprechender Feststellungen nicht beurteilt werden. Aus den im seine Ehefrau betreffenden Erkenntnis dargelegten Gründen wird die belangte Behörde zu prüfen haben, ob ein gemeinsames Familienleben des Beschwerdeführers und seiner Frau in ihrem Heimatstaat - unter der Annahme, dass eine Ausreise oder Abschiebung nur dorthin möglich ist - zumutbar ist.
Wegen des Fehlens der erforderlichen Feststellungen war der angefochtene Bescheid wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften gemäß § 42 Abs. 2 Z 3 lit. b und c VwGG aufzuheben.
Die Kostenentscheidung beruht auf den §§ 47 ff VwGG iVm der VwGH-Aufwandersatzverordnung 2003.
Wien, am 28. März 2006
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