VwGH 2004/14/0091

VwGH2004/14/009126.7.2006

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Steiner und die Hofräte Mag. Heinzl, Dr. Fuchs, Dr. Zorn und Dr. Robl als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Pfau, über die Beschwerde des M K in Ö, vertreten durch Dr. Andreas Fink und Dr. Peter Kolb, Rechtsanwälte in 6460 Imst, Sirapuit 7, gegen den Bescheid des unabhängigen Finanzsenates, Außenstelle Innsbruck, vom 7. Juli 2004, RV/0047- I/03, betreffend u.a. Einkommensteuer 1993 bis 1998, zu Recht erkannt:

Normen

EStG 1988 §4 Abs1;
EStG 1988 §4 Abs1;

 

Spruch:

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Der Beschwerdeführer hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von EUR 381,90 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Der Beschwerdeführer betreibt als Einzelunternehmer einen Rauchfangkehrerbetrieb. Bis einschließlich 1995 ermittelte er den Gewinn nach § 4 Abs. 1 EStG, ab 1996 nach § 4 Abs. 3 EStG. In den Streitjahren 1993 bis 1998 schwankten die Umsätze zwischen 2,78 Mio. S und 5,53 Mio. S.

Im Zuge einer den Zeitraum 1993 bis 1997 umfassenden abgabenbehördlichen Prüfung stellte der Prüfer fest, die vom Beschwerdeführer mit Kaufvertrag vom 28. Juni 1993 erworbene und in der Nähe seines Betriebes gelegene Eigentumswohnung habe dieser steuerlich als Dienstnehmerwohnung behandelt. Nach Ansicht des Prüfers stelle diese aber kein Betriebsvermögen dar. Im Einzelnen führte der Betriebsprüfer im BP-Bericht vom 3. November 1998 (Tz 24) aus, der Arbeitnehmer M. sei ein Freund des Beschwerdeführers und seit Anfang 1993 dessen Dienstnehmer. Der Beschwerdeführer habe im Zuge der abgabenbehördlichen Prüfung vorgebracht, M. habe sich als ausgezeichnete Arbeitskraft erwiesen und sich bei den Kunden großer Beliebtheit erfreut. Als M. (ein deutscher Staatsbürger) nach der Trennung von seiner Freundin nach einer Wohnung gesucht habe, sei ihm der Beschwerdeführer behilflich gewesen. Es hätte sich die Möglichkeit ergeben, eine günstige Wohnung (ca. 86 m2 um S 1,180.000,--) von der Eigentümerin V. R. zu kaufen. M. sei als deutscher Staatsbürger nach der seinerzeitigen Rechtslage nicht in der Lage gewesen, Eigentum an der Wohnung zu erwerben. Der Beschwerdeführer und M. hätten daher vereinbart, dass der Beschwerdeführer als Käufer auftrete. Da die Anschaffung der Wohnung im besonderen Interesse des M. gelegen sei, sei von diesem zur Finanzierung des Kaufpreises ein Darlehen in Höhe des Kaufpreises zur Verfügung gestellt worden, wofür monatliche Zinszahlungen geleistet worden seien (S 2.500,-- pro Monat), die wiederum der Höhe der Mietzahlungen (S 2.500,-- pro Monat) entsprochen hätten. Dem Betrieb des Beschwerdeführers sei sohin die jährliche AfA (S 16.928,--) als Aufwand verblieben. Die Beteiligten seien davon ausgegangen, dass der Beschwerdeführer die Wohnung zum seinerzeitigen Einstandspreis an M. veräußere, sobald M. rechtlich in der Lage sei, diese zu erwerben.

Nach Ansicht des Betriebsprüfers liege kein Betriebsvermögen vor, in Anbetracht der gegebenen Umsatzhöhe und der Tatsache, dass der Beschwerdeführer keinem anderen Dienstnehmer eine Wohnung zur Verfügung stelle, könne die Wohnung nicht zu Betriebsausgaben führen. Auch die Höhe des Mietentgeltes und der vereinbarten Zinsen sei als unüblich anzusehen. Weiters liege nach der zugrundeliegenden Vereinbarung zwischen dem Beschwerdeführer und M. die Anschaffung der Wohnung vor allem in besonderem Interesse des M., zumal die Vorgangsweise nur gewählt worden sei, weil zum Zeitpunkt der Anschaffung der Wohnung einem deutschen Staatsbürger der Erwerb einer Eigentumswohnung aus grundverkehrsrechtlichen Gründen nicht möglich gewesen sei.

Für die Behandlung der in Rede stehenden Eigentumswohnung seien folgende Vereinbarungen von Bedeutung:

Der Verwaltungsgerichtshof hat über die gegen diesen Bescheid erhobene Beschwerde erwogen:

Strittig ist im gegenständlichen Fall, ob die vom Beschwerdeführer gekaufte Eigentumswohnung notwendiges Betriebsvermögen seines Rauchfangkehrerbetriebes darstellt.

Das notwendige Betriebsvermögen umfasst jene Wirtschaftsgüter, die objektiv erkennbar zum unmittelbaren Einsatz im Betrieb bestimmt sind und ihm auch tatsächlich dienen (vgl. Hofstätter/Reichel, § 4 Abs. 1 EStG 1988, Tz 25 mit Hinweis auf die hg. Rechtsprechung).

Wohnungen, die dauerhaft Dienstnehmern überlassen werden, stellen insbesondere dann Betriebsvermögen dar, wenn die Wohnungsüberlassung Teil der Entlohnung des Dienstnehmers ist, ausnahmsweise auch dann, wenn wegen der Wohnungsnot im Nahebereich des Betriebes die Bereitstellung einer Mietwohnung erforderlich ist, um Dienstnehmer zu akquirieren (vgl. Hofstätter/Reichel, a. a.O., Tz 135 "Arbeitnehmerwohnungen"). Eine Eigentumswohnung muss, soll sie dem notwendigen Betriebsvermögen zugeordnet werden, durch ihre tatsächliche Verwendung, also die Überlassung an den Mieter, dem Betrieb dienen. Nimmt es auf das Betriebsgeschehen keinen Einfluss, ob die Eigentumswohnung einem außenstehenden Dritten oder einem Dienstnehmer vermietet wird, ergibt sich aus dem bloßen Umstand der Vermietung an einen Dienstnehmer noch kein betrieblicher Nutzen (vgl. das hg. Erkenntnis vom 21. Februar 2001, 2000/14/0158).

In der Beschwerde wird vorgebracht, im gegenständlichen Fall sei die Personalsituation im Betrieb des Beschwerdeführers entsprechend zu berücksichtigen. Die Personalsuche des Beschwerdeführers über Inserate sei praktisch ohne jedwede Resonanz geblieben. Vor dem Hintergrund dieses Personalbedarfes und der erfolglosen Personalsuche könne kein ernsthafter Zweifel am Vorliegen weitaus überwiegender betrieblicher Erwägungen bestehen, wenn der Beschwerdeführer bereit sei, einem für geeignet erachteten Interessenten, den er schlussendlich in der Person des ihm schon länger bekannten M. gefunden habe, eine Dienstnehmerwohnung zur Verfügung zu stellen. Die belangte Behörde vertrete die Auffassung, die Maßnahme sei nicht geeignet gewesen, M. für längere Zeit an den Betrieb des Beschwerdeführers zu binden, da die höherwertige Berufsausbildung des M. einer dauerhaften Tätigkeit als Kaminkehrerhelfer entgegen gestanden sei. Die belangte Behörde habe weiters auch deshalb eine private Veranlassung angenommen, weil einzig der Dienstnehmer M. eine Dienstwohnung erhalten habe und der Wohnungsüberlassung die spezifische im gegenständlichen Fall gegebene Vertragsgestaltung zu Grunde liege. Der Beschwerdeführer halte dem entgegen, die Ausführungen der belangten Behörde seien durch den tatsächlichen Verbleib des Dienstnehmers M. im Betrieb des Beschwerdeführers widerlegt. M. habe sein Dienstverhältnis erst im Juni 2001, sohin nach acht Jahren und fünf Monaten beendet. Die belangte Behörde bleibe jedwede Begründung dafür schuldig, warum der Beschwerdeführer trotz mangelnder finanzieller Mittel und konkreten Bedarfs allen Dienstnehmern eine Wohnmöglichkeit hätte verschaffen müssen, um eine betriebliche Veranlassung des Erwerbes der streitgegenständlichen Wohnung darzutun. Es sei nicht nachvollziehbar, dass die belangte Behörde die telefonische Anfrage eines Interessenten, welcher die Arbeitstätigkeit als Wochenpendler hätte ausüben wollen, weil er an einem entfernt gelegenen Ort verehelicht sei, und die Tatsache, dass der Beschwerdeführer diese telefonische Anfrage nicht weiter verfolgt habe, weil er einem Dienstverhältnis mit diesem Interessenten keine "Aussicht auf Bestand" zugemessen habe, in ihre Überlegungen einbeziehe. Die konkrete Gestaltung der Verträge im Zusammenhang mit der Überlassung der Eigentumswohnung unterstreiche nach Ansicht des Beschwerdeführers die betriebliche Sinnhaftigkeit der Wohnungsüberlassung. Die Gestaltung eröffne dem Beschwerdeführer die Möglichkeit, praktisch ohne wirtschaftliches Risiko und ohne finanziellen Aufwand dem Wunsch des Dienstnehmers M. auf Überlassung einer Dienstwohnung nachzukommen und damit einen vertrauenswürdigen Dienstnehmer zu gewinnen bzw. zu halten. Es entbehre jeder Grundlage, wenn die belangte Behörde dem Beschwerdeführer außerbetriebliche Erwägungen unterstellt habe. Die unüblich niedrige Verzinsung des Darlehens und das Fehlen einer Besicherung hätten dem Beschwerdeführer nur zum Vorteil gereicht. Die Endfälligkeit von Darlehen sei nicht als ungewöhnlich anzusehen. Die Gefahr der Nutzung der Wohnung durch M. ohne aufrechtes Dienstverhältnis sei durch die tatsächliche Dauer des Dienstverhältnisses widerlegt. Im Zeitpunkt des Ankaufes der Wohnung durch den Beschwerdeführer sei in keiner Weise absehbar gewesen, ob und in welcher Weise eine Umsetzung der gemeinschaftsrechtlich geforderten "Niederlassungsfreiheit" erfolgen werde.

Mit diesem Vorbringen wird eine Rechtswidrigkeit des angefochtenen Bescheides nicht dargetan:

Die Beschwerdebehauptung, im Zeitpunkt des Ankaufes der Wohnung sei noch nicht absehbar gewesen, ob und in welcher Weise eine Umsetzung der "Niederlassungsfreiheit" erfolgen werde, wendet sich gegen die Feststellung der belangten Behörde, die gegenständliche Gestaltung sei u.a. deshalb gewählt worden, weil es M. mangels österreichischer Staatsbürgerschaft im Jahre 1993 noch verwehrt gewesen sei, das Eigentum an einer Wohnung in Österreich zu erwerben, es aber damals bereits absehbar gewesen sei, dass M. nach einigen Jahren zum Eigentumserwerb berechtigt sein werde. Dem Beschwerdevorbringen hält die belangte Behörde in ihrer Gegenschrift zu Recht entgegen, dass das EWR-Abkommen (siehe BGBl. 1993/909) bereits am 2. Mai 1992 unterzeichnet worden und von diesem Zeitpunkt an die Verwirklichung der Arbeitnehmerfreizügigkeit absehbar gewesen ist. Im Tiroler Grundverkehrsgesetz 1993, LGBl. für Tirol 1993/82, ausgegeben am 28. September 1993, findet sich bereits in § 3 (zum Inkrafttreten dieser Bestimmung siehe § 41 Abs. 2) die Regelung, wonach die einschränkenden Bestimmungen jenes Gesetzes über den Erwerb von Rechten an Grundstücken durch Ausländer u.a. nicht gelten, wenn solche Rechte durch Personen im Rahmen der Freizügigkeit der Arbeitnehmer nach Art. 28 des EWR-Abkommens erworben werden. Zudem spricht auch der Umstand, dass in der schriftlichen Optionseinräumung vom 28. Juni 1993 ausdrücklich festgehalten ist, dass die Option innerhalb von drei Monaten ab jenem Zeitpunkt auszuüben ist, "in dem der Kauf dieser Eigentumswohnung durch einen deutschen Staatsbürger rechtlich möglich ist", für die Absehbarkeit der Änderungen der grundverkehrsrechtlichen Regelungen.

Die belangte Behörde hat im Hinblick auf das Gesamtbild der Verhältnisse den Erwerb der in Rede stehenden Eigentumswohnung als privat veranlasst angesehen und angenommen, dass die Wohnung nicht objektiv erkennbar zum Einsatz im Betrieb bestimmt gewesen sei und ihm auch nicht diene. Darin kann ihr aus folgenden Gründen nicht entgegen getreten werden:

Die in Rede stehende Eigentumswohnung ist von M. ausgewählt und vom Beschwerdeführer, der mit M. befreundet ist, angekauft worden. Die Geldmittel zur Finanzierung des Kaufpreises stammten von M., der sie (ebenfalls) teilweise fremdfinanzieren musste. M. hat die Geldmittel dem Beschwerdeführer darlehensweise überlassen. Der Beschwerdeführer hat die Wohnung unbefristet M. vermietet, wobei das Mietverhältnis in keiner Weise davon abhängig gemacht wurde, ob M. (noch) Dienstnehmer des Beschwerdeführers ist oder nicht. Zwar wurde für die Überlassung der Nutzung der Wohnung ein Mietzins und wurden für die Darlehensgewährung Darlehenszinsen vereinbart. Mietzins und Darlehenszins wurden aber in derselben Höhe festgelegt (S 2.500,-- pro Monat, wertgesichert nach dem Verbraucherpreisindex, was die belangte Behörde zu Recht als eine für Darlehenszinsen völlig unübliche Vereinbarung gewertet hat), sodass sich die Zahlungen (von Miete und Darlehenszins) in wirtschaftlicher Betrachtung aufheben. M. ist eine Option zum Kauf der Wohnung zu jenem Preis, den der Beschwerdeführer aufwendet hat, eingeräumt worden. Die Verpflichtung zur Rückzahlung des Darlehens ist im Wege der Verrechnung mit dem von M. (nach Wahrnehmen des Optionsrechts) zu leistenden Kaufpreis zu tilgen, eine andere Form der Darlehenstilgung ist nicht vorgesehen. Der Beschwerdeführer ist nicht im Grundbuch eingetragen worden; im Grundbuch ist nach dem Kauf der Wohnung durch M. unmittelbar dieser als Eigentümer eingetragen worden.

Im Hinblick auf diese Art der Gestaltung bestehen keine Bedenken dagegen, dass die belangte Behörde von einer privaten Veranlassung des Ankaufs der Eigentumswohnung bzw vom Fehlen einer betrieblichen Widmung der Wohnung ausgegangen ist. Weder im Verwaltungsverfahren noch in der Beschwerde wird eine objektiv erkennbare betriebliche Widmung aufgezeigt. Es ist von vornherein auf Grund der Vertragsgestaltung festgelegt, dass dem Beschwerdeführer letztlich keine Kosten entstehen. Solcherart liegt aber auch keine Zuwendung an den Dienstnehmer vor; eine solche als Teil der Dienstnehmerentlohnung zu beurteilende Zuwendung hätte für eine betriebliche Widmung sprechen können. Die gewählte Gestaltung bindet den Dienstnehmer nicht an den Betrieb des Beschwerdeführers. Zudem befindet sich der Betrieb des Beschwerdeführers in unmittelbarer Nähe zu Ballungszentren, sodass genügend Wohnmöglichkeiten für Dienstnehmer vorhanden sind und deren Entscheidung, ein Dienstverhältnis zum Beschwerdeführer zu begründen, nicht davon abhängt, ob sie auf eigene Kosten eine Wohnung, die (vorübergehend) im außerbücherlichen Eigentum des Beschwerdeführers stehen soll, finanzieren dürfen. Die belangte Behörde hat daher zu Recht angenommen, dass sich eine objektiv erkennbare betriebliche Widmung auch daraus nicht ergibt, dass der Dienstnehmer an den Betrieb gebunden worden wäre. Für diese Annahme der belangten Behörde spricht auch, dass nach den zu Grunde liegenden Vereinbarungen M., hätte er das Dienstverhältnis vor der Optionsausübung zum Ankauf der Wohnung beendet, die Wohnung unverändert hätte weiter benutzen dürfen. Dass M. dann tatsächlich über mehrere Jahre Dienstnehmer des Beschwerdeführers geblieben ist, ändert daran - entgegen der Ansicht des Beschwerdeführers - nichts.

Den Umstand, dass der Beschwerdeführer - trotz Personalnot - seinen anderen Dienstnehmern keine Dienstwohnung angeboten hat, und zwar insbesondere auch nicht jenem Interessenten, der als Wochenpendler hätte tätig werden wollen, sodass er mit diesem Interessenten kein Dienstverhältnis eingegangen ist, weil er damit gerechnet habe, dass ein solches Dienstverhältnis wegen des entfernt gelegenen Familienwohnsitzes nicht über einen längeren Zeitraum Bestand haben könne, durfte die belangte Behörde zur Abrundung des Bildes als weiteres Indiz gegen eine objektiv erkennbare Widmung für betriebliche Zwecke frei von Rechtswidrigkeit heranziehen.

Die Beschwerde erweist sich daher als unbegründet und war somit gemäß § 42 Abs. 1 VwGG abzuweisen.

Die Kostenentscheidung gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG iVm der Verordnung BGBl. II Nr. 333/2003.

Wien, am 26. Juli 2006

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