Normen
BAO §192;
VwRallg;
ZollRDG 1994 §87 Abs1 Z1;
ZollRDV 1994 §19 Z1;
BAO §192;
VwRallg;
ZollRDG 1994 §87 Abs1 Z1;
ZollRDV 1994 §19 Z1;
Spruch:
Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufgehoben.
Der Bund hat dem Beschwerdeführer Aufwendungen in der Höhe von EUR 991,20 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen. Das Mehrbegehren wird abgewiesen.
Begründung
Mit dem im Instanzenzug ergangenen angefochtenen Bescheid wurde dem Beschwerdeführer Zoll in Höhe von S 63.297,-- (EUR 4.599,97), Einfuhrumsatzsteuer in Höhe von S 139.254,-- (EUR 10.119,98) sowie eine Abgabenerhöhung in Höhe von S 16.663,-- (EUR 1.210,95) vorgeschrieben.
Begründend wurde im Wesentlichen ausgeführt, der Beschwerdeführer, ein selbstständiger Kaufmann, habe am 6. August 1998 in Linz einen Pkw der Marke Porsche 911 Carrera Coupe auf Grund der nachgewiesenen Ausfuhr des Fahrzeuges nach Ungarn umsatzsteuerfrei erworben.
Am 26. Juli 1999 sei dieser Pkw im externen gemeinschaftlichen Versandverfahren mit Versandschein T1 von Ungarn kommend vom Zollamt Nickelsdorf nach Linz befördert worden.
Mit Schreiben vom 12. August 1999 habe der Beschwerdeführer hinsichtlich dieses Fahrzeuges die Abgabenbefreiung als Übersiedlungsgut beantragt.
Am 17. August 1999 habe das Hauptzollamt Linz einen an den Beschwerdeführer gerichteten Grundlagenbescheid, mit welchem für den Pkw gemäß Art. 184 ZK iVm §§ 2 Abs. 1, 87 Abs. 1 Nr. 1 und Abs. 3 ZollR-DG und Art. 2 Zollbefreiungsverordnung (ZollBefrVO) die Abgabenbefreiung als Übersiedlungsgut gewährt worden sei, erlassen. Am selben Tag sei beim Hauptzollamt Linz unter Vorlage des Grundlagenbescheides die Überführung in den zoll- und steuerrechtlich freien Verkehr und die Beendigung des externen gemeinschaftlichen Versandverfahrens erfolgt.
Im Zuge einer späteren Überprüfung durch das Hauptzollamt Linz sei hervorgekommen, dass der Beschwerdeführer den gegenständlichen Pkw laut seiner Einnahmen-Ausgaben-Rechnung für 1999 zu 70 % für betriebliche Zwecke, nämlich im Rahmen seines beim Finanzamt Urfahr unter einer bestimmten Steuernummer veranlagten Unternehmens, verwendet habe.
Mit Bescheid vom 15. Jänner 2001 habe das Hauptzollamt Linz daher gemäß Art. 204 Abs. 1 Buchstabe b und Abs. 3 ZK iVm § 2 Abs. 1 ZollR-DG Zoll und Einfuhrumsatzsteuer vorgeschrieben.
Mit Berufungsvorentscheidung vom 2. März 2001 sei die dagegen erhobene Berufung als unbegründet abgewiesen worden, wogegen der Beschwerdeführer Beschwerde erhoben habe.
Auch für die belangte Behörde ergebe sich eindeutig, dass das Fahrzeug zum Betriebsvermögen seines Unternehmens gehöre und überwiegend gewerblich verwendet werde. Nach Art. 5 Buchstabe d ZollBefrVO seien gewerblich genutzte Gegenstände, außer tragbare Instrumente und Geräte für handwerkliche und freiberufliche Tätigkeiten, von der Befreiung ausgeschlossen. Dabei komme es auf ein bestimmtes Ausmaß der gewerblichen Nutzung nicht an. Zu dem im Rahmen der Berufungsverhandlung vorgebrachten Einwand, wonach der Beschwerdeführer den Pkw in Ungarn ebenfalls für private und berufliche Zwecke benutzt habe, werde bemerkt, dass die teilweise berufliche Verwendung in Ungarn nicht angezweifelt werde. Der Behauptung des Beschwerdeführers, nach Art. 5 Buchstabe d ZollBefrVO seien alle beweglichen Werkzeuge, Geräte und Gegenstände von der Ausnahmeregelung umfasst, werde entgegen gehalten, dass sowohl der deutsche als auch der englische Text eindeutig darauf abzielten, ausschließlich tragbare Gegenstände der beschriebenen Art zu begünstigen. Bei einem Pkw handle es sich nicht um einen tragbaren Gegenstand. Es werde als erwiesen erachtet, dass der Beschwerdeführer wegen gewerblicher Verwendung des Fahrzeuges ab 4. April 1999 schon zum Zeitpunkt der Überführung in den freien Verkehr eine der für die Gewährung der Einfuhrabgabenfreiheit zwingend erforderliche Voraussetzungen der nichtgewerblichen Nutzung des Fahrzeuges nicht erfüllt habe. Dadurch habe er den Tatbestand des Art. 204 Abs. 1 Buchstabe b ZK verwirklicht. Es sei die Zollschuld gemäß Art. 204 Abs. 2 ZK im Zeitpunkt der Überführung in den freien Verkehr entstanden. Da diese Art der Verfehlung in der erschöpfenden Liste der zu heilenden Zuwiderhandlungen in Art. 859 ZK-DVO nicht aufgeführt sei, bestehe auch keine Heilungsmöglichkeit im Sinne des Art. 204 Abs. 1 letzter Halbsatz ZK.
Der Beschwerdeführer erhob dagegen zunächst Beschwerde vor dem Verfassungsgerichtshof. Mit Beschluss vom 24. Februar 2003, B 1228/02, lehnte dieser die Behandlung der Beschwerde ab und trat sie auf Antrag des Beschwerdeführers mit Beschluss vom 14. April 2003 an den Verwaltungsgerichtshof zur Entscheidung ab.
Gegen diesen Bescheid richtet sich die Beschwerde, mit der Rechtswidrigkeit des Inhaltes und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften geltend gemacht wird. Der Beschwerdeführer erachtet sich in seinem Recht, dass ihm keine "Eingangsabgabeschuld" und keine Abgabenerhöhung vorgeschrieben werde, verletzt.
Die belangte Behörde legte die Verwaltungsakten vor und erstattete eine Gegenschrift, in der sie die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde beantragt.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
Gemäß § 2 Abs. 1 ZollR-DG gelten ua. das in § 1 genannte gemeinschaftliche Zollrecht und das ZollR-DG auch für die Erhebung von sonstigen Eingangs- und Ausgangsabgaben.
Die Verordnung (EWG) Nr. 918/83 des Rates vom 28. März 1983 über das gemeinschaftliche System der Zollbefreiungen (im Folgenden: ZollBefrVO) legt nach ihrem Art. 1 Abs. 1 Fälle fest, in denen auf Grund besonderer Umstände bei der Überführung von Waren in den zollrechtlich freien Verkehr Befreiung ua. von Eingangsabgaben gewährt wird.
Nach § 87 Abs. 1 Z 1 ZollR-DG iVm § 19 Z 1 ZollR-DVO hat die Feststellung der Einfuhrabgabenfreiheit bei Übersiedlungsgut von natürlichen Personen, die ihren gewöhnlichen Wohnsitz aus einem Drittland in die Gemeinschaft verlegen, mit gesonderter Entscheidung zu erfolgen, soweit es sich um motorisierte Beförderungsmittel handelt oder der Antrag durch den Beteiligten vor Begründung des gewöhnlichen Wohnsitzes im Zollgebiet gestellt wird. Es handelt sich dabei um einen Feststellungsbescheid (Grundlagenbescheid), der auch gegenüber den Behörden Bindungswirkung entfaltet (vgl. Ritz, BAO3, Tz 1 und 3 zu § 192).
Gemäß Art. 8 Abs. 1 ZK wird eine begünstigende Entscheidung zurückgenommen, wenn sie auf Grund unrichtiger oder unvollständiger Tatsachen ergangen ist und
- dem Antragsteller die Unrichtigkeit oder Unvollständigkeit der Tatsachen bekannt war oder vernünftigerweise hätte bekannt sein müssen und
- sie auf Grund der richtigen und vollständigen Tatsachen nicht hätte ergehen dürfen.
Nach Abs. 2 leg. cit. wird die Rücknahme der Entscheidung den Personen bekannt gegeben, an die sie gerichtet war.
Nach Abs. 3 leg. cit. gilt die Rücknahme ab dem Zeitpunkt, zu dem die zurückgenommene Entscheidung ergangen ist.
Nach ständiger Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes muss die Begründung eines Bescheides erkennen lassen, welchen Sachverhalt die Behörde ihrer Entscheidung zu Grunde gelegt hat und aus welchen Erwägungen sie zur Ansicht gelangt ist, dass dieser Sachverhalt vorliegt und dem Tatbestand der angewendeten Norm entspricht oder nicht entspricht (vgl. das hg. Erkenntnis vom 27. Juli 1994, Zlen. 91/13/0222, 0223). Somit stellt die Pflicht, einen Bescheid schlüssig zu begründen, keinen Selbstzweck dar. Ein Begründungsmangel führt daher nur dann zur Bescheidaufhebung, wenn er entweder die Parteien des Verwaltungsverfahrens an der Verfolgung ihrer Rechte oder den Verwaltungsgerichtshof an der Überprüfung des angefochtenen Bescheides auf seine inhaltliche Rechtmäßigkeit hindert (vgl. das hg. Erkenntnis vom 22. Dezember 1993, Zl. 90/13/0160).
Nach dem Vorbringen des Beschwerdeführers steht im Beschwerdefall der Vorschreibung der Eingangsabgaben die Rechtskraft des Grundlagenbescheides entgegen.
Der angefochtene Bescheid enthält keine Feststellungen zum konkreten Inhalt des Grundlagenbescheides vom 17. August 1999, mit welchem dem Beschwerdeführer die Abgabenbefreiung für Übersiedlungsgut gewährt wurde, sodass nicht ersichtlich ist, in welchem Umfang dieser Bescheid Bindungswirkungen entfalten konnte. Auch fehlen Feststellungen darüber, ob und wann dieser Bescheid gemäß Art. 8 ZK von der Abgabenbehörde zurückgenommen wurde und in welcher Form dies erfolgt ist. Auch in den von der belangten Behörde vorgelegten Verwaltungsakten findet sich weder der genannte Grundlagenbescheid noch ein Bescheid, mit welchem eine Rücknahme des Grundlagenbescheides ausgesprochen worden wäre. Dem Verwaltungsgerichtshof ist es somit verwehrt, den angefochtenen Bescheid dahingehend zu überprüfen, ob die Bindungswirkung des Grundlagenbescheides der Abgabenvorschreibung vom 15. Jänner 2001 entgegengestanden ist.
Der angefochtene Bescheid war daher bereits aus diesem Grunde wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften gemäß § 42 Abs. 2 Z 3 lit. c VwGG aufzuheben.
Hinsichtlich der vom Beschwerdeführer gerügten Verletzung verfassungsrechtlich gewährleisteter Rechte ist auf den Beschluss vom 24. Februar 2003, B 1228/02, hinzuweisen.
Die Kostenentscheidung gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. II Nr. 333/2003. Das Mehrbebehren betreffend die Zuerkennung des im Verfahren vor dem Verfassungsgerichtshof aufgetretenen Beschwerdeaufwandes war abzuweisen, weil hiefür keine Rechtsgrundlage besteht (vgl. das hg. Erkenntnis vom 11. Juni 2001, Zl. 98/02/0054). Ein Kostenersatzbegehren betreffend die Pauschalgebühr nach § 24 Abs. 3 Z 2 VwGG wurde nicht gestellt.
Wien, am 18. Mai 2006
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