Normen
EStG 1988 §16 Abs1 Z4;
EStG 1988 §16 Abs1;
EStG 1988 §18 Abs1 Z2 idF 1996/201;
EStG 1988 §20 Abs1 Z2;
EStG 1988 §25 Abs1 Z3 lita;
EStG 1988 §4 Abs4;
VwRallg;
EStG 1988 §16 Abs1 Z4;
EStG 1988 §16 Abs1;
EStG 1988 §18 Abs1 Z2 idF 1996/201;
EStG 1988 §20 Abs1 Z2;
EStG 1988 §25 Abs1 Z3 lita;
EStG 1988 §4 Abs4;
VwRallg;
Spruch:
Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.
Der Bund hat dem Beschwerdeführer Aufwendungen in der Höhe von 1.171,20 EUR binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Der Beschwerdeführer, ein Steuerberater, erklärte in seiner Einkommensteuererklärung für 1997 neben hier nicht interessierenden Einkünften aus Vermietung und Verpachtung Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit. Dabei machte er Werbungskosten in Höhe von 112.442 S geltend, welche er in einer Beilage zur Einkommensteuererklärung mit der Bezeichnung "Sozialversicherung der gewerblichen Wirtschaft" näher beschrieb.
Mit dem angefochtenen Bescheid setzte die belangte Behörde die Einkommensteuer für 1997 im Instanzenzug fest und erkannte von den geltend gemachten Pflichtbeiträgen an die Sozialversicherungsanstalt der gewerblichen Wirtschaft Beiträge in Höhe von 47.301,54 S nicht als Werbungskosten bei den Einkünften aus nichtselbständiger Arbeit an. Der Beschwerdeführer habe Folgendes vorgebracht:
Er sei geschäftsführender Gesellschafter der K. GmbH, einer Wirtschaftstreuhandgesellschaft, von welcher er seine nichtselbständigen Bezüge erhalte. Die V. GmbH, eine Tochtergesellschaft einer Schweizer Aktiengesellschaft, zähle zu den Klienten der K. GmbH. Der Beschwerdeführer sei ersucht worden, in der V. GmbH die handelsrechtliche Funktion eines Geschäftsführers (aus Gründen der Kontrolle über den zweiten Geschäftsführer) formal wahrzunehmen. In Bezug auf die von der belangten Behörde nicht anerkannten Sozialversicherungsbeiträge sei die Versicherungspflicht durch die Geschäftsführungsfunktion des Beschwerdeführers bei der V. GmbH entstanden. Seine formale Funktion als Geschäftsführer der V. GmbH sei ausschließlich beruflich motiviert und stehe direkt im Zusammenhang mit seiner nichtselbständigen Tätigkeit bei der K. GmbH. Eine private Veranlassung sei keineswegs gegeben. Einkünfte seien dem Beschwerdeführer aus der Geschäftsführertätigkeit bei der V. GmbH niemals zugeflossen.
Nach Wiedergabe des § 16 Abs. 1 Z 4 lit. a EStG 1988 führte die belangte Behörde aus, für die Beurteilung von Aufwendungen eines Abgabepflichtigen als Werbungskosten sei eine einkunftsquellenbezogene Betrachtung anzustellen. Auch Sozialversicherungsbeiträge müssten überhaupt einer Einkunftsquelle zuordenbar sein, um als Werbungskosten abgesetzt werden zu können. Im Beschwerdefall unterscheide die belangte Behörde zwischen der Tätigkeit des Beschwerdeführers im Rahmen seines Dienstverhältnisses mit der K. GmbH einerseits und seiner - unentgeltlichen - Geschäftsführertätigkeit für die V. GmbH andererseits. Die in Rede stehenden Sozialversicherungsbeiträge stünden im Zusammenhang mit der Geschäftsführertätigkeit für die V. GmbH und könnten daher nicht zu Werbungskosten bei den Einkünften aus dem Dienstverhältnis mit der K. GmbH führen. Würde die Geschäftsführungsfunktion in der V. GmbH zu Einkünften führen, wären die in Rede stehenden Sozialversicherungsbeiträge bei diesen zu berücksichtigen. Da die Geschäftsführertätigkeit für die V. GmbH aber unentgeltlich erfolgt sei, stelle diese Betätigung keine Einkunftsquelle, sondern bloß eine Quelle von Aufwendungen dar, weshalb die dadurch bedingten Aufwendungen keine einkommensteuerliche Berücksichtigung finden könnten.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
Gemäß § 16 Abs. 1 EStG 1988 sind Werbungskosten die Aufwendungen oder Ausgaben zur Erwerbung, Sicherung oder Erhaltung der Einnahmen. Werbungskosten sind bei der Einkunftsart abzuziehen, bei der sie erwachsen sind. Werbungskosten sind nach § 16 Abs. 1 Z 4 lit. a leg. cit. auch Beiträge des Versicherten zur Pflichtversicherung in der gesetzlichen Sozialversicherung.
Nach § 18 Abs. 1 Z 2 EStG 1988 in der für das Streitjahr 1997 anzuwendenden Fassung des Strukturanpassungsgesetzes 1996, BGBl. Nr. 201, sind u.a. Beiträge und Versicherungsprämien zu einer freiwilligen Kranken-, Unfall- oder Pensionsversicherung bei der Ermittlung des Einkommens als Sonderausgaben abzuziehen, soweit sie nicht Betriebsausgaben oder Werbungskosten sind.
Gemäß § 25 Abs. 1 Z 3 lit. a EStG 1988 zählen zu den Einkünften aus nichtselbständiger Arbeit Pensionen aus der gesetzlichen Sozialversicherung.
Beiträge zu Personenversicherungen sind - abgesehen vom Fall des § 16 Abs. 1 Z 4 EStG 1988 - nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch bei einer gewissen betrieblichen Mitveranlassung grundsätzlich als Aufwendungen der privaten Lebensführung nicht als Betriebsausgaben oder Werbungskosten absetzbar (vgl. etwa die hg. Erkenntnisse vom 23. Jänner 2002, 98/13/0183, und vom 27. Februar 2002, 96/13/0101, VwSlg. 7.683/F).
Im Beschwerdefall handelt es sich um die in § 16 Abs. 1 Z 4 EStG 1988 genannten Beiträge zur Pflichtversicherung in der gesetzlichen Sozialversicherung.
Die belangte Behörde trennte die Geschäftsführertätigkeit des Beschwerdeführers für die V. GmbH einerseits und eine nicht näher beschriebene nichtselbständig ausgeübte Tätigkeit des Beschwerdeführers für die K. GmbH andererseits und verneinte die Eigenschaft der in Rede stehenden Beiträge zur Sozialversicherung als Werbungskosten deshalb, weil die von ihr getrennt gesehene Geschäftsführertätigkeit zu keinen aus dieser Tätigkeit fließenden (schon gar nicht die in Rede stehenden, als Werbungskosten geltend gemachten Beiträge übersteigenden) Einnahmen und sohin zu keinen positiven Einkünften geführt habe.
Der Beschwerdeführer trägt - im Wesentlichen wie im Verwaltungsverfahren - vor, die V. GmbH sei von der in der Schweiz ansässigen V. AG als Tochtergesellschaft gegründet worden. Seine Dienstgeberin, die K. GmbH, eine Wirtschaftstreuhandgesellschaft, habe als zukünftige Steuerberatungsgesellschaft (der V. GmbH) fungieren sollen. Im Zuge des Beratungsverhältnisses (der V. GmbH) mit der K. GmbH habe er als "Gründungshelfer" fungieren und auch dem ersten Geschäftsführer als zweiter Geschäftsführer zur Seite gestellt werden und diesen vertreten sollen. Der Beschwerdeführer stehe in einem Dienstverhältnis zur K. GmbH, von welcher er seine Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit beziehe. Es sei gängige Praxis der K. GmbH gewesen, dass deren leitende Angestellte auch die "Formal-Funktionen" bei Klienten annehmen, um dadurch die Klienten stärker zu binden. Der Beschwerdeführer hat schon im Verwaltungsverfahren vorgebracht, die V. GmbH sei eine Klientin der Dienstgeberin des Beschwerdeführers, der K. GmbH, gewesen, die der Beschwerdeführer im Rahmen seiner Tätigkeit für die K. GmbH laufend beraten und betreut habe.
Das Vorbringen des Beschwerdeführers, er habe die von der belangten Behörde als eigenständig gesehene Tätigkeit als Geschäftsführer der V. GmbH in seiner Eigenschaft als Dienstnehmer der K. GmbH, der Steuerberaterin der V. GmbH, gesetzt, durfte die belangte Behörde nicht mit dem Hinweis auf die hg. Erkenntnisse vom 23. Mai 2000, 99/14/0301, und vom 26. Juli 2000, 2000/14/0084, abtun. Jenen Erkenntnissen lagen Beschwerdefälle zu Grunde, in denen die Tätigkeit der Beschwerdeführer im Rahmen eines Dienstverhältnisses einerseits und die Tätigkeit im Rahmen einer Vereinigung, die den wirtschaftlichen und beruflichen Interessen der Dienstnehmer einer bestimmten Fachrichtung förderlich ist, andererseits zu unterscheiden waren. Dem Beschwerdefall liegt aber nicht eine Tätigkeit des Beschwerdeführers im Rahmen einer Art Interessensvertretung der Branche seines Dienstgebers, sondern eine Tätigkeit im Rahmen einer konkreten Klientenbetreuung zu Grunde. Daher liegt es nahe, dass die Tätigkeit des Beschwerdeführers als Geschäftsführer im Rahmen seines Dienstverhältnisses mit der K. GmbH, nämlich als Teil seiner im Dienstverhältnis ausgeübten Steuerberatungstätigkeit, übernommen wurde.
Aber selbst wenn die Tätigkeit des Beschwerdeführers als Geschäftsführer der V. GmbH nicht mit den aktuellen Einkünften des Beschwerdeführers im Zusammenhang stehen sollte, wäre zu beachten, dass die in der Geschäftsführertätigkeit begründeten Beiträge zur Pflichtversicherung in der gesetzlichen Sozialversicherung, soweit sie in der Folge zu pensionsartigen Bezügen und somit zu späteren Einkünften nach § 25 Abs. 1 Z 3 lit. a EStG 1988 führen werden, in verfassungskonformer Auslegung als der freiwilligen Weiterversicherung in der gesetzlichen Pensionsversicherung vergleichbare Beiträge anzusehen und daher als Sonderausgaben nach § 18 Abs. 1 Z 2 EStG 1988 zu behandeln sind (vgl. das hg. Erkenntnis vom 20. April 2006, 2004/15/0038). Dies hat die belangte Behörde verkannt.
Der angefochtene Bescheid war daher wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes gemäß § 42 Abs. 2 Z 1 VwGG aufzuheben.
Die Kostenentscheidung gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG iVm der Verordnung, BGBl. II Nr. 333/2003.
Wien, am 22. November 2006
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