Normen
SHG Tir 1973 §1 Abs3;
SHG Tir 1973 §4 Abs1;
SHG Tir 1973 §7 Abs1;
SHG Tir 1973 §7 Abs2;
SHV Tir 1974 §1 lita;
SHV Tir 1974 §4 Abs1 lita Z2;
SHG Tir 1973 §1 Abs3;
SHG Tir 1973 §4 Abs1;
SHG Tir 1973 §7 Abs1;
SHG Tir 1973 §7 Abs2;
SHV Tir 1974 §1 lita;
SHV Tir 1974 §4 Abs1 lita Z2;
Spruch:
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
Der Beschwerdeführer hat dem Land Tirol Aufwendungen in der Höhe von EUR 381,90 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Mit dem im Instanzenzug ergangenen Bescheid der Tiroler Landesregierung vom 2. August 2003 (in der Fassung des Berichtigungsbescheides vom 23. September 2003) wurde dem Beschwerdeführer für den Zeitraum vom 1. April bis zum 30. April 2003
1. Sozialhilfe in Form von Lebensunterhalt in der Höhe von EUR 121,02 und
2. Sozialhilfe in Form von Miete in der Höhe von EUR 235,45 und Heizkosten in der Höhe von EUR 43,55 gewährt.
Begründend wurde nach Darstellung des Verfahrensganges und der angewendeten Rechtsvorschriften im Wesentlichen ausgeführt, der Beschwerdeführer beziehe Notstandshilfe von Seiten des AMS in der Höhe von EUR 261,90. An Miete (inklusive Betriebskosten) habe er monatlich EUR 335,45 zu bezahlen. Für den Monat April 2003 habe er eine Mietzinsbeihilfe in der Höhe von EUR 100,-- erhalten. Die Stromrechnung des Beschwerdeführers für den Monat April 2003 habe EUR 67,-- betragen; 65 % davon seien nach dem Ergebnis der Ermittlungen der Erstbehörde als Heizungskosten zu veranschlagen. Seit 28. April 2003 sei der mj. Jakob H., ein Sohn des Beschwerdeführers, mit Hauptwohnsitz beim Beschwerdeführer gemeldet. Tatsächlich sei er jedoch laut einer Bestätigung des Amtes für Jugendwohlfahrt der Stadt Innsbruck bereits seit 26. April 2003 beim Beschwerdeführer wohnhaft. Der mj. Jakob H. habe bis einschließlich 30. April 2003 seitens des OLG einen Unterhaltsvorschuss in der Höhe von EUR 159,88 erhalten. Die alleinige Obsorge für den mj. Jakob H. liege bis dato allerdings bei der Mutter, die den vom Beschwerdeführer für ihn gestellten Sozialhilfeantrag - trotz Aufforderung durch die Behörde - nicht nachträglich genehmigt habe.
Die dem Beschwerdeführer zustehenden Sozialhilfeleistungen zur Deckung seines Aufwandes für Ernährung (Lebensunterhalt) errechneten sich durch Gegenüberstellung seiner finanziellen Mittel und seines konkreten Lebensbedarfes. An eigenen Mitteln des Beschwerdeführers seien dabei die im April vom AMS bezogenen Leistungen in Höhe von EUR 261,90 anzurechnen. Der erforderliche durchschnittliche Lebensunterhalt werde dagegen durch den in § 4 Abs. 1 lit. a der Tiroler Sozialhilfeverordnung (TSHV) normierten Sozialhilferichtsatz für Alleinstehende in Höhe von EUR 398,90 für 25 Tage (= EUR 326,97) sowie den Sozialhilferichtsatz für Haushaltsvorstände in der Höhe von EUR 341,30 für 5 Tage (= EUR 55,95), somit EUR 382,92 schematisiert. Der Richtsatz für Haushaltsvorstände sei anzuwenden, weil der mj. Jakob H. seit 26. April 2003 effektiv beim Beschwerdeführer wohnhaft sei und für diesen bis Ende April 2003 ein Unterhaltsvorschuss geleistet worden sei, der dessen Sozialhilfebedürftigkeit ausschließe. Somit habe der Beschwerdeführer nach Abzug seiner eigenen Mittel (Notstandshilfe durch das AMS) einen sozialhilferechtlichen Bedarf für Lebensunterhalt in Höhe von EUR 121,02 (EUR 382,92 - EUR 261,90 = EUR 121,02).
Der Bedarf für Unterkunft sei vom Richtsatz nicht erfasst und stelle daher einen gesondert zu veranschlagenden Bedarf dar. Zur Deckung des Aufwandes für Unterkunft und Beheizung sei gemäß § 4 Abs. 1 lit. b TSHV eine Beihilfe in Höhe der tatsächlichen Kosten zu gewähren, wobei aber die vom Beschwerdeführer bezogene Mietzinsbeihilfe abzuziehen sei. Somit ergäbe sich ein Mietaufwand in Höhe von EUR 235,45 zuzüglich der Kosten für Heizung in der Höhe von EUR 43,55, insgesamt somit EUR 279,--.
Den Forderungen des Beschwerdeführers nach zusätzlichen Aushilfen zur Erfüllung seiner Unterhaltsverpflichtungen sei nicht zu entsprechen, zumal ihn selbst eine Exekution der mit den Beschlüssen der Bezirksgerichte Innsbruck und Schwaz festgesetzten Unterhaltsbeiträge nicht in eine Notlage im Sinne des TSHG führen könnte. Die Leistungen aus der Sozialhilfe könnten gemäß § 2 Abs. 5 TSHG nämlich weder gepfändet noch verpfändet werden. Eine Leistung von Sozialhilfe für den mj. Jakob H. komme - abgesehen davon, dass kein rechtswirksamer Antrag vorliege - nicht in Betracht, zumal der Sozialhilferichtsatz für sonstige Familienangehörige in Höhe von EUR 132,70 durch die Unterhaltsvorschussleistung seitens des OLG in Höhe von EUR 159,88 jedenfalls gedeckt gewesen sei und daher keine Notlage vorliege.
Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde.
Die belangte Behörde legte die Akten des Verwaltungsverfahrens vor und erstattete eine Gegenschrift, in der sie die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde beantragte.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
Gemäß § 1 Abs. 1 des im Beschwerdefall anzuwendenden Tiroler Sozialhilfegesetzes (TSHG) ist Sozialhilfe staatliche Hilfe zur Führung eines menschenwürdigen Lebens.
Sozialhilfe ist gemäß § 1 Abs. 2 TSHG nach den Bestimmungen dieses Gesetzes Personen zu gewähren, die sich in einer Notlage befinden.
In einer Notlage im Sinne des Gesetzes befindet sich gemäß § 1 Abs. 3 TSHG,
a) wer den Lebensunterhalt für sich nicht oder nicht ausreichend aus eigenen Kräften und Mitteln beschaffen kann und ihn auch nicht von anderen Personen oder Einrichtungen erhält, bzw.
b) wer außergewöhnliche Schwierigkeiten in seinen persönlichen, familiären oder sozialen Verhältnissen - besonderen Lebenslagen - nicht selbst oder mit Hilfe anderer Personen oder Einrichtungen bewältigen kann.
Sozialhilfe ist gemäß § 2 Abs. 1 TSHG auf Antrag oder von
Amts wegen zu gewähren.
Die Sozialhilfe umfasst gemäß § 3 TSHG
- a) die Hilfe zur Sicherung des Lebensunterhaltes,
- b) die Hilfe in besonderen Lebenslagen,
- c) die Übernahme der Kosten einer einfachen Bestattung.
Der Lebensunterhalt umfasst gemäß § 4 Abs. 1 TSHG den Aufwand für die gewöhnlichen Bedürfnisse, wie Unterkunft, Nahrung, Bekleidung, Körperpflege, Hausrat, Beheizung, sowie den Aufwand für die persönlichen Bedürfnisse. Zu den persönlichen Bedürfnissen gehört auch die Pflege der Beziehungen zur Umwelt und die Teilnahme am kulturellen Leben in angemessenem Ausmaß.
Die Sozialhilfe kann gemäß § 7 Abs. 1 TSHG in Form von Geldleistungen, Sachleistungen oder persönlicher Hilfe gewährt werden.
Das Ausmaß der Sozialhilfe ist gemäß § 7 Abs. 2 TSHG im Einzelfall unter Berücksichtigung eines zumutbaren Einsatzes der eigenen Kräfte und Mittel zu bestimmen.
Gemäß § 7 Abs. 6 TSHG hat die Landesregierung durch Verordnung nähere Vorschriften über die Form und das Ausmaß der Sozialhilfe zu erlassen. Hiebei sind unter Berücksichtigung der Lebenshaltungskosten in Tirol für die Bemessung des Lebensunterhaltes Richtsätze festzusetzen.
Gemäß § 1 der Tiroler Sozialhilfeverordnung, LGBl. Nr. 68/1974, in der Fassung LGBl. Nr. 117/2002, (TSHV) umfasst die Hilfe zur Sicherung des Lebensunterhaltes Maßnahmen zur Deckung des Aufwandes für
a) Ernährung, Körper- und Gesundheitspflege, Instandhaltung der Bekleidung, Beleuchtung, Kleinhausrat, Reinigung, Bildung und Erholung in einem für den Hilfe Suchenden angemessenen Ausmaß, Benützung von Verkehrsmitteln und sonstige kleinere Bedürfnisse des täglichen Lebens,
- b) Unterkunft,
- c) Bekleidung und Beheizung.
Soweit die Hilfe zur Sicherung des Lebensunterhaltes in Form von Geldleistungen gegeben wird, sind unter Anrechnung der gemäß § 7 TSHG einzusetzenden eigenen Kräfte und Mittel zu gewähren:
a) Zur Deckung des Aufwandes im Sinne des § 1 lit. a monatliche Leistungen bis zu folgenden Höchstbeträgen (Richtsätze):
1. für Alleinstehende | ........................................ | EUR 398,90 |
2. für Haushaltsvorstände | ........................................ | EUR 341,30 |
3. für Haushaltsangehörige ohne Anspruch auf Familienbeihilfe | ........................................ | EUR 237,40 |
4. für sonstige Familienangehörige | ........................................ | EUR 132,70. |
b) Zur Deckung des Aufwandes für Unterkunft eine Beihilfe in Höhe der tatsächlichen Kosten.
c) Zur Deckung des Aufwandes für Beheizung und Bekleidung in Höhe der tatsächlichen Kosten.
Leistungen nach Abs. 1 lit. a sind gemäß § 4 Abs. 2 TSHV im Mai und Oktober eines jeden Jahres doppelt zu gewähren.
Dem angefochtenen Bescheid liegt die Auffassung zu Grunde, eine Gegenüberstellung der dem Beschwerdeführer im April 2003 zur Verfügung gestandenen finanziellen Mittel und seines in den Richtsätzen der TSHV schematisierten Lebensbedarfes zunächst als Alleinstehender und ab 26. April 2003 als Haushaltsvorstand ergäbe in Ansehung der Sicherung des Lebensunterhaltes im Sinne des § 1 lit. a TSHV einen Sozialhilfebedarf von EUR 121,02.
Der Beschwerdeführer hält dagegen, es könne der (niedrigere) Richtsatz für Haushaltsvorstände nur dann herangezogen werden, wenn für die sonstigen Haushaltsangehörigen ein zusätzlicher Betrag im Sinne des § 4 Abs. 1 lit. a Z. 3 bzw. Z. 4 TSHV gewährt werde oder dem Kind die entsprechenden Mittel tatsächlich zur Verfügung stünden. Sonst würde der Beschwerdeführer weniger erhalten als ein Alleinstehender, obwohl er zusätzlich noch für ein Kind sorgen müsse. Der mj. Jakob H. sei beim Beschwerdeführer zwar seit 26. April 2003 wohnhaft. Der vom OLG Innsbruck geleistete Unterhaltsvorschuss sei jedoch nicht ihm, sondern der Kindesmutter ausbezahlt worden. Dieser Betrag dürfe daher nicht berücksichtigt werden; er lindere die bestehende Notlage nicht.
Wohl aber hätten die Unterhaltsverpflichtungen des Beschwerdeführers für den mj. Peter H. und die mj. Lea A. berücksichtigt werden müssen. Der Beschwerdeführer müsse auf Grund der seine Unterhaltsverpflichtungen festsetzenden Beschlüsse der Bezirksgerichte Innsbruck und Schwaz vorrangig diese Verpflichtungen erfüllen, widrigenfalls er exekutive Schritte und strafrechtliche Verfolgung zu gewärtigen habe. Der Verlust der Wohnung, die Gefährdung des Wohles seines Sohnes, eine Verschlechterung seiner Chancen auf dem Arbeitsmarkt etc. seien die weiteren Folgen. Diese Situation stelle zweifellos eine Notlage im Sinne des TSHG dar, zumal der Beschwerdeführer gezwungen werde, die aus dem Titel Lebensunterhalt erhaltenen Beträge für marginale Unterhaltszahlungen zu verwenden, um den "völligen Existenzkollaps" zu verhindern.
Der Beschwerdeführer bestreitet nicht, vom 26. April 2003 an in Haushaltsgemeinschaft mit seinem mj. Sohn Jakob H. gelebt zu haben. Wenn die belangte Behörde daher seinen Unterhaltsbedarf während dieses Zeitraumes an Hand des Richtsatzes für Haushaltsvorstände im Sinne des § 4 Abs. 1 lit. a Z. 2 TSHV ermittelte, so ist das nicht als rechtswidrig zu beanstanden. Die Anwendung des Richtsatzes für Haushaltsvorstände ist im Gegensatz zur Auffassung des Beschwerdeführers nämlich nicht auf den Fall beschränkt, dass der im gemeinsamen Haushalt lebende Familienangehörige gleichfalls sozialhilfebedürftig ist. Vielmehr geht der Verordnungsgeber davon aus, dass die gemeinsame Haushaltsführung bei bestimmten (gemeinsam zu deckenden) Bedürfnissen Einsparungen ermöglicht und solcherart der Bedarf des Hilfe bedürftigen Haushaltsvorstandes gegenüber jenem des Hilfe bedürftigen Alleinstehenden herabgesetzt ist (vgl. das hg. Erkenntnis vom 16. November 1993, Zl. 92/08/0146, sowie Feil, Österreichisches Sozialhilferecht (1989), S 440). Auf die Sozialhilfebedürftigkeit des mj. Jakob H. kommt es im vorliegenden Zusammenhang nicht an.
Betreffend die Berücksichtigung von Unterhaltsverpflichtungen des Beschwerdeführers wird gemäß § 43 Abs. 2 VwGG auf die Entscheidungsgründe des hg. Erkenntnisses vom heutigen Tage, Zl. 2003/10/0256, verwiesen.
Die sich somit als unbegründet erweisende Beschwerde war gemäß § 42 Abs. 1 VwGG abzuweisen.
Die Entscheidung über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. II Nr. 333/2003.
Wien, am 16. Oktober 2006
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