Normen
UStG 1994 §1 Abs1 Z1;
UStG 1994 §4 Abs3;
UStG 1994 §1 Abs1 Z1;
UStG 1994 §4 Abs3;
Spruch:
Der angefochtene Bescheid wird, soweit er die Umsatzsteuerfestsetzung Februar bis Dezember 1999 betrifft, wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufgehoben. Im Übrigen wird die Beschwerde als unbegründet abgewiesen.
Der Bund hat der Beschwerdeführerin Aufwendungen in der Höhe von 1.171,20 EUR binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Die Beschwerdeführerin betreibt einen Telefonmehrwertdienst sowie eine Begleitagentur "Escortservice".
Im Zuge einer Prüfung der Aufzeichnungen gemäß § 151 BAO in der Fassung des BG BGBl. Nr. 151/1980 ("Umsatzsteuersonderprüfung") über die Monate Februar 1999 bis Mai 2000 stellte die Prüferin fest, dass Kunden bei der Inanspruchnahme des Escortservice ein von der Beschwerdeführerin festgelegtes Entgelt laut Tarifliste zahlten. Dieses Entgelt beinhalte einen 45 %-igen Provisionsanteil für die Beschwerdeführerin und einen 55 %-igen "Escortanteil" für die Begleitperson. Im Rechenwerk der Beschwerdeführerin sei nur der 45 %-ige Provisionsanteil verbucht und der 55 %-ige Escortanteil als durchlaufender Posten behandelt worden. Die Aufspaltung eines einheitlichen wirtschaftlichen Vorganges in seine Einzelleistungen sei unzulässig. Für die Feststellung, ob ein Vermittlungsgeschäft vorliege, sei das Außenverhältnis maßgeblich. Die Beschwerdeführerin werde bezüglich des gesamten Entgeltes dem Kunden gegenüber tätig. Deshalb sei das gesamte Entgelt als Escortserviceentgelt der Versteuerung zu unterziehen.
Aufgrund der Feststellungen der Prüferin setzte das Finanzamt die Umsatzsteuer für die Monate Februar 1999 bis Mai 2000 sowie Säumniszuschläge fest.
Die Beschwerdeführerin berief "gegen die Bescheide über die Festsetzung der Umsatzsteuer für die Zeiträume 1-12/1999" sowie gegen die Säumniszuschläge mit der Begründung, sie habe "die als Vermittler angebotenen Leistungen eindeutig in fremdem Namen sowie auf fremde Rechnung" erbracht und nur den Provisionsanteil zu versteuern.
In einer der Beschwerdeführerin vorgehaltenen Stellungnahme führte die Betriebsprüferin u.a. aus, dass die Beschwerdeführerin neben dem Telefonmehrwertdienst als weitere Dienstleistung auch ein "Escortservice" anbiete. Die Begleitpersonen ("boys") müssten bei Aufnahme ihrer Tätigkeit für die Beschwerdeführerin eine Provisionsvereinbarung unterfertigen, welche genaue Rahmenbedingungen enthalte. Bei der Inanspruchnahme des Escortservices werde vom "Gast" ein von der Beschwerdeführerin in einer "Agenturtarifliste" festgelegtes Entgelt bar oder bargeldlos bezahlt. Bei Barzahlung kassiere der anonym bleibende Escort den gesamten Tarifpreis. Betriebsintern werde der Betrag in einen Provisionsanteil und einen Entgeltanteil für den Escort mittels Gutschriftenabrechnung aufgeteilt. Laut Provisionsvereinbarung zwischen dem Escort und der Beschwerdeführerin enthalte das Entgelt einen 45 %-igen Provisionsanteil für die Beschwerdeführerin und einen 55-%-igen "Escortanteil" für die Begleitperson des "Gastes". Die vorgelegten Honorarnoten (mit USt) und Gutschriftsnoten (ohne USt) bezögen sich nur auf die Verrechnung zwischen der "Agentur" (Beschwerdeführerin) und dem Escort, nicht aber zum Kunden. Das Entgelt werde vorweg auf ein von der Beschwerdeführerin genanntes Bankkonto gutgeschrieben und erst später werde in Form von Gutschriften der Escortanteil abgebucht. Die Beschwerdeführerin werde bezüglich des gesamten Entgelts dem Kunden gegenüber tätig.
Dazu brachte die Beschwerdeführerin in einem ergänzenden Schriftsatz vor, die Behandlung des vereinnahmten Honoraranteils als durchlaufender Posten setze eine unmittelbare Rechtsbeziehung zwischen den Zahlern ("Gast" = Kunde des Escorts) und den Anspruchsberechtigten (Escorts) voraus. Diese Voraussetzung sei gegeben, weil nur zwischen dem Gast und dem Escort ein unmittelbarer Leistungsaustausch erfolge. Die Bezahlung der Leistung erfolge vom Gast immer direkt an den Escort. Nur wenn der Gast mit Kreditkarte zahle, übernehme die Agentur für den Escort das Inkasso bei der Kartengesellschaft, weil die Escorts regelmäßig über keine Kreditkartenverträge verfügten. Dieser Umstand ändere nichts an der Einheitlichkeit der Leistung, die der Escort dem Gast erbringe. Das Unternehmerrisiko liege beim Escort. Es liege allein bei diesem, ob er den vermittelten Auftrag ausführe oder nicht.
Mit dem angefochtenen Bescheid wies die belangte Behörde die Berufung betreffend Umsatzsteuer Jänner 1999 mit der Begründung zurück, dass für dieses Monat keine Umsatzsteuer festgesetzt worden sei. Die Berufung gegen die Bescheide betreffend die Umsatzsteuerfestsetzung Februar bis Dezember 1999 wies die belangte Behörde als unbegründet ab.
Nach Wiedergabe der gesetzlichen Bestimmungen des § 21 Abs. 3 und des § 4 Abs. 1 und 3 UStG 1994 führte die belangte Behörde aus, Voraussetzung für die Annahme eines durchlaufenden Postens sei ein äußerlich erkennbares Handeln im fremden Namen und für fremde Rechnung. Der Zahlende müsse wissen, dass der Unternehmer die Zahlung nicht für sich, sondern für einen Dritten vereinnahme. Im vorliegenden Fall bleibe der Escort dem Gast gegenüber immer anonym, trete nicht im eigenen Namen auf und stelle keine Rechnung im eigenen Namen aus. Der Escort erbringe eine von der Beschwerdeführerin "beworbene und vermittelte" Dienstleistung. Auf der Homepage der Beschwerdeführerin (www. ... .com) werde die Funktion der Beschwerdeführerin gegenüber dem Escort wie folgt beschrieben: "Wir bewerben den Service international, beraten und betreuen die Kunden und stehen den Escorts in allen den Job betreffenden Fragen zur Verfügung." Bei der Inanspruchnahme des Escortservice werde vom Gast ein von der Beschwerdeführerin festgelegtes Entgelt gezahlt. Der Kunde habe das gesamte Entgelt aufzuwenden, um die sonstige Leistung zu erhalten. Die interne Abrechnung zwischen der Beschwerdeführerin und den Escorts trete den Kunden gegenüber nicht in Erscheinung. Deshalb sei die Voraussetzung für die Behandlung des 55 %-igen Escortanteils als durchlaufender Posten nicht gegeben.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
Der Umsatzsteuer unterliegen gemäß § 1 Abs. 1 Z 1 UStG 1994 die Lieferungen und sonstigen Leistungen, die ein Unternehmer im Inland gegen Entgelt im Rahmen seines Unternehmens ausführt.
Der Umsatz wird gemäß § 4 Abs 1 UStG 1994 im Falle des § 1 Abs. 1 Z 1 UStG 1994 nach dem Entgelt bemessen. Entgelt ist alles, was der Empfänger einer Lieferung oder sonstigen Leistung aufzuwenden hat, um die Lieferung oder sonstige Leistung zu erhalten. Nicht zum Entgelt gehören gemäß § 4 Abs. 3 UStG 1994 die Beträge, die der Unternehmer im Namen und für Rechnung eines anderen vereinnahmt und verausgabt (durchlaufende Posten).
Die Beschwerdeführerin wurde durch den angefochtenen Bescheid, soweit damit die Berufung gegen den Bescheid betreffend "Umsatzsteuerfestsetzung 1/99" zurückgewiesen wurde, nicht verletzt. Die Beschwerde war daher in diesem Umfang gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.
Leistungen im umsatzsteuerrechtlichen Sinn sind jenem Unternehmer zuzurechnen, der sie im eigenen Namen erbringt (vgl. etwa Doralt/Ruppe, Steuerrecht I7, 422f). Dies gilt unabhängig davon, ob der Unternehmer das unternehmerische Risiko aus dem Geschäft trägt, ob er also auf eigene oder auf fremde Rechnung tätig wird. Selbst wenn der Unternehmer für einen Dritten tätig wird, dies aber nicht offenlegt, liegen zwei Umsatzgeschäfte vor: Der Dritte leistet an den Unternehmer, dieser leistet weiter an den Abnehmer. Entscheidend dafür, ob der Unternehmer im eigenen oder im fremden Namen tätig wird, ist sein Auftreten nach außen (vgl. die hg. Erkenntnisse vom 15. Januar 1990, 87/15/0157, VwSlg 6.471/F, und vom 31. Oktober 2001, 97/13/0066).
Im Beschwerdefall ist entscheidend, welche Leistung die Beschwerdeführerin dem jeweiligen Kunden erbracht hatte, welche Leistung sie mit ihm vereinbart hatte und er mit Entrichtung des Entgeltes an den Escort (bar oder durch Kreditkarte mit einem auf die Beschwerdeführerin lautenden Beleg) abgelten wollte.
Die belangte Behörde setzt voraus, dass die Leistung der Beschwerdeführerin im "Zurverfügungstellen eines Escorts" bestehe und die Beschwerdeführerin dem Escort im Innenverhältnis eine Vergütung zahle. Demgegenüber bringt die Beschwerdeführerin vor, dass sie einen Escort "bewerbe und vermittle", dieser für seine Leistung ein Entgelt erhalte und davon eine Provision an die Beschwerdeführerin zahle bzw. diese eine Provision davon einbehalte.
Die belangte Behörde führte andererseits selbst aus, der Escort erbringe "eine von der Beschwerdeführerin beworbene und vermittelte Dienstleistung". Dies spricht dagegen, dass die Beschwerdeführerin gegenüber den Kunden hinsichtlich des gesamten Entgelts eine sonstige Leistung erbringe und sich dabei eines Erfüllungsgehilfen bediene.
Für die Beantwortung der Frage, welche Leistung die Beschwerdeführerin den Kunden erbrachte, ob eine solche Leistung im "Bewerben und Vermitteln" bestand oder ob sie den Kunden eine Leistung anbot, zu deren Erfüllung sie sich der Escorts bediente, wären Feststellungen über das Auftreten der Beschwerdeführerin gegenüber den Kunden erforderlich gewesen. Feststellungen darüber, wie sich dieses Außenverhältnis zwischen der Beschwerdeführerin und den Kunden tatsächlich gestaltete, fehlen im angefochtenen Bescheid jedoch.
Auch hinsichtlich der Frage, wie die Kontaktaufnahme zwischen den Kunden und den Escorts erfolgte, und welche Rolle die angesprochene Homepage und vor allem die Beschwerdeführerin dabei spielte, blieb der Sachverhalt in wesentlichen Punkten ergänzungsbedürftig.
Aus diesen Gründen war der angefochtene Bescheid gemäß § 42 Abs 2 Z 3 lit b VwGG wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufzuheben.
Die Kostenentscheidung gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG iVm der Verordnung BGBl. II Nr. 333/2003.
Wien, am 25. Jänner 2006
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