Normen
AVG §59 Abs1;
GewO 1994 §74 Abs2;
GewO 1994 §77 Abs1;
VwGG §42 Abs2 Z1;
VwRallg;
AVG §59 Abs1;
GewO 1994 §74 Abs2;
GewO 1994 §77 Abs1;
VwGG §42 Abs2 Z1;
VwRallg;
Spruch:
Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.
Der Bund hat den Beschwerdeführern Aufwendungen in der Höhe von EUR 1.172,88 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Mit Bescheid der Bezirkshauptmannschaft Zell am See vom 5. März 2001 wurde der mitbeteiligten Partei die gewerbebehördliche Genehmigung für die Errichtung und den Betrieb einer Fleisch- und Wurstproduktion mit Detailverkaufsbereich und Nebenanlagen (Heizung mit Dampferzeugung, Lüftung, Kälteanlagen, Drucklufterzeugung) am näher bezeichneten Standort nach Maßgabe der eingereichten (und im Einzelnen angegebenen) Pläne und Beschreibungen unter Vorschreibung einer Reihe von Auflagen erteilt.
Die Punkte 4, 5, 6, 11, 19, 21, 33 und 35 dieser Auflagen lauten:
"...
4. Die Anlieferung mittels dem im Projekt beschriebenen Kühlkästen-Lkw darf ausschließlich während der Tagzeit, dh von 6.00 - 22.00 Uhr stattfinden. In der Nachtzeit ist das Drehtor im Bereich der Gstraße grundsätzlich geschlossen zu halten. Die Auslieferungen bei der südlichen Anpassrampe mit den dort vorhandenen Klein-Lkw's bzw Pkw's darf nur über das Schiebetor an der Südwestseite stattfinden.
5. In der Nachtzeit dürfen auf dem Betriebsgelände die Kühlgeräte an den Fahrzeugen nicht eingeschaltet werden.
6. In der Nachtzeit dürfen keine Rückfahrbewegungen mit Fahrzeugen, die mit einem Rückfahrwarner ausgestattet sind, durchgeführt werden.
...
11. Beim Rückkühler am Dach darf in der Zeit von 21:00 bis 06:00 Uhr ein Lärmpegel von 39 dB(A) nicht überschritten werden.
...
19. Während der Betriebszeit sind die Türen und Fenster des Produktionsbereiches grundsätzlich geschlossen zu halten. Ein Öffnen der Türen ist nur zum Betreten und Verlassen der Betriebsanlage zulässig.
20. Falls bei der Betriebsanlage eine Außenbeleuchtung situiert wird, ist diese so auszuführen, dass eine Blendwirkung für den öffentlichen Verkehr sowie eine Beeinträchtigung für die Nachbarn nicht stattfinden kann.
1. (= 21.) Die innenliegenden Räume, welche nicht von der geplanten mechanischen Lüftungsanlage erfasst werden, sind wirksam zu lüften. Dies betrifft z.B. im Obergeschoss die Archivräume, den Ablageraum, den Reinigungsraum, 2 Toiletten und den Büromaschinenraum, oder im Erdgeschoss das Getränkelager, Lagerräume etc.
...
13. (= 33.) Zu- und Ablieferungen von und zur Betriebsanlage dürfen ausschließlich in den Tagesstunden erfolgen, d.h. im Zeitraum von 06:00 bis 22:00.
...
15. (=35.) Eine Emissionsmessung entsprechend den einschlägigen technischen Richtlinien zur Bestimmung des Schadstoffmassenstromes an organischem Kohlenstoff und der Abluftgeschwindigkeit im Abgas der Räucheranlagen ist durch eine hiezu befugte Person oder Anstalt bzw. hiezu staatlich befugte oder autorisierte Person oder akkreditierten Anstalt durchführen zu lassen.
Diese Werte sind bei gleichzeitigem Betrieb aller sechs Räucheranlagen zu bestimmen. Weiterhin ist die Einhaltung der Abluftgeschwindigkeit bei Betrieb von nur einer Räucheranlage nachzuweisen.
Die Emissionsmessung hat in jenem Betriebszustand zu erfolgen, in welchem die Anlage vorwiegend betrieben wird; d.h. mit typischen Fleisch- und Wurstwaren. Die Ergebnisse dieser Emissionsmessung sind samt Angaben zu den Messverfahren (mit Nachweisgrenzen der Messverfahren, Messunsicherheit und Angaben zur Qualitätssicherung), besonderen Auffälligkeiten oder Störungen, zum Betriebszustand der Räucheranlagen, des Abgas-Volumenstromes und der Abgastemperatur, als Emissionsmessbericht schriftlich der Behörde bis längstens 31.10.2002 zu übermitteln.
..."
Gegen diesen Bescheid erhoben (u.a.) die Beschwerdeführer Berufung.
Mit Berufungsvorentscheidung vom 15. Mai 2001 wurde von der Bezirkshauptmannschaft Zell am See - unter Spruchpunkt II. - die Berufung der Beschwerdeführer abgewiesen und die Auflagen des Bescheides vom 5. März 2001 bezeichnet sowie die Auflagen Punkte 5. und 6. "konkretisiert".
Die Beschwerdeführer erhoben gegen diese Berufungsvorentscheidung "Berufung".
Auf Grund dieses Vorlageantrages der Beschwerdeführer wurde mit dem vor dem Verwaltungsgerichtshof angefochtenen Bescheid die Berufung (u.a.) der Beschwerdeführer als unbegründet abgewiesen.
Zur Begründung wird - auf das Wesentlichste zusammengefasst - ausgeführt, die Widmungskonformität einer Betriebsanlage zähle nicht mehr zu den (gewerberechtlichen) Genehmigungsvoraussetzungen. Der an sich zutreffende Einwand der betriebskausalen Lärmereignisse in der Nacht durch den Lkw-Zu- und -Abfahrtsverkehr und durch akustische Warnsignale, die beim Rückwärtsfahren der Lkw's abgegeben würden, sei durch die Auflagen ausreichend berücksichtigt worden, indem An- und Ablieferungszeiten nur von 6.00 Uhr bis 22.00 Uhr erlaubt, das Rückwärtsfahren von Lkw's mit Rückfahrwarner untersagt und der Betrieb der Kühlaggregate in der Nachtzeit verboten worden sei. Der Auflagenkatalog sei nicht deshalb unbestimmt, weil sich die ziffernmäßige Bezeichnung überschneide; die Bestimmtheit von Auflagen orientiere sich ausschließlich am Inhalt und nicht an der ziffernmäßigen Bezeichnung.
Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde.
Die belangte Behörde legte die Akten des Verwaltungsverfahrens vor und erstattete eine Gegenschrift mit dem Antrag auf kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
Gemäß § 77 Abs. 1 GewO 1994 ist die Betriebsanlage zu genehmigen, wenn nach dem Stand der Technik (§ 71a) und dem Stand der medizinischen und der sonst in Betracht kommenden Wissenschaften zu erwarten ist, dass überhaupt oder bei Einhaltung der erforderlichenfalls vorzuschreibenden bestimmten geeigneten Auflagen die nach den Umständen des Einzelfalles voraussehbaren Gefährdungen im Sinne des § 74 Abs. 2 Z. 1 GewO 1994 vermieden und Belästigungen, Beeinträchtigungen oder nachteilige Einwirkungen im Sinne des § 74 Abs. 2 Z. 2 bis 5 GewO 1994 auf ein zumutbares Maß beschränkt werden.
In der Beschwerde werden Bedenken - und zwar unter dem Gesichtspunkt der erforderlichen Bestimmtheit - hinsichtlich der oben wiedergegebenen Auflagen geltend gemacht.
Nach ständiger Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes müssen Auflagen, die zur Herstellung der Genehmigungsfähigkeit der Betriebsanlage vorgeschrieben werden, bestimmt und geeignet sein, was voraussetzt, dass sie einerseits dem Verpflichteten jederzeit die Grenzen seines Verhaltens und damit die Einhaltung der Auflagen zweifelsfrei erkennen lassen und andererseits die Möglichkeit der jederzeitigen aktuellen Überprüfung der Einhaltung der Auflagen gegeben ist (vgl. etwa das hg. Erkenntnis vom 14. April 1999, Zl. 98/04/0225).
Die Beschwerdeführer sind im Recht, wenn sie eine Verletzung des Konkretisierungsgebotes in der Verwendung des (einschränkenden) Wortes "grundsätzlich" in den Auflagen 4. und 19. erblicken. Wenn der Verwaltungsgerichtshof im Erkenntnis vom 2. Juni 1976, Zlen. 640/74, 686/75 ff, durch eine mit den Worten "im Allgemeinen" eingeleitete Auflage eine Verletzung der Konkretisierungspflicht erblickte, so kann nichts Anderes für den vorliegenden Fall gelten. Auch durch die Verwendung des Wortes "grundsätzlich" - ohne nähere Konkretisierung des Ausnahmefalles - sind die Auflagen 4. und 19. nicht so klar gefasst, dass sie den Verpflichteten jederzeit die Grenzen seines Verhaltens und damit die Einhaltung der Auflagen zweifelsfrei erkennen lassen .
Im Zusammenhang mit der Auflage 4. ist im Übrigen anzumerken, dass die Beschwerdeführer eine Rechtswidrigkeit nicht aufzeigen, wenn sie meinen, die Auflagen 4. und 5. bzw. 6. und 33. würden einander widersprechen; weil dann, wenn tatsächlich keine Zu- und Ablieferungen im Zeitraum von 22.00 Uhr bis 6.00 Uhr stattfinden sollten, die Fahrzeuge auch nicht rückwärts gefahren und auch keine Kühlgeräte an den Fahrzeugen eingeschaltet werden könnten. Von den Beschwerdeführern wird dabei übersehen, dass es sich, wie die belangte Behörde in ihrer Gegenschrift plausibel vermerkt, um Fahrzeuge handeln kann, die vor 22.00 Uhr (bereits) angeliefert hatten.
Auch trifft das Bedenken nicht zu, durch die Bestimmung, wonach beim Rückkühler am Dach in der Zeit von 21.00 Uhr bis 6.00 Uhr ein Lärmpegel von 39 dB(A) nicht überschritten werden darf, werde wegen der bloßen Vorschreibung eines bestimmten Immissionshöchstausmaßes das Bestimmtheitserfordernis des § 77 GewO 1994 verletzt. Wird - wie hier - in einer Auflage eine schalldämmende Maßnahme mit einem bestimmten Schalldämmmaß vorgeschrieben, so ist es Aufgabe des diese Maßnahme durchführenden Unternehmens, eine solche Ausführung zu wählen, dass das vorgeschriebene Schalldämmmaß jedenfalls erreicht wird (vgl. das hg. Erkenntnis vom 30. Juni 2004, Zl. 2002/04/0044, und die dort zitierte Vorjudikatur).
Wenn die Beschwerdeführer hinsichtlich der Auflage 21. rügen, es gehe nicht hervor, wie die innenliegenden Räume zu lüften seien, obwohl dies wesentlich gewesen wäre, um etwaige Lärmbelästigungen durch die Lüftungsanlagen hintanzuhalten, so sind sie wiederum im Recht. Nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes (vgl. das hg. Erkenntnis vom 23. Mai 1995, Zl. 95/04/0035) widerspricht es nämlich dem Erfordernis der Bestimmtheit von Auflagen, wenn dem Konsenswerber aufgetragen wird, "wirksame" Maßnahmen zu ergreifen, ohne diese Maßnahmen näher zu konkretisieren, wobei es dem Konsenswerber überlassen bleibt, welche Maßnahmen er im Einzelnen für "wirksam" hält und ergreift.
Im Ergebnis im Recht sind die Beschwerdeführer aber auch, wenn sie sich gegen die Auflage 35 wenden. Die Beschwerdeführer haben bereits in ihrer Berufung geltend gemacht, dass die Auflagen (hinsichtlich Emissionsmessung) offensichtlich dazu dienen sollten, eine unzumutbare Geruchsbelästigung bei den Nachbarn zu unterbinden, eine Emissionsmessung allein jedoch, ohne genaue Vorschreibung der Einhaltung bestimmter Grenzwerte, jedoch keine geeignete Auflage sein kann. Das diesbezügliche Berufungsvorbringen wird im angefochtenen Bescheid übergangen, sodass nicht nachvollziehbar ist, ob mit dieser Auflage tatsächlich eine unzumutbare Geruchsbelästigung bei den Nachbarn unterbunden werden soll und unter diesem Gesichtspunkt die in Frage stehende Auflagenvorschreibung im Sinne des Beschwerdevorbringens ausreichend bestimmt und geeignet ist.
Der angefochtene Bescheid war daher in Ansehung der geltend gemachten Beschwerdepunkte schon aus den dargestellten Gründen wegen (prävalierender) Rechtswidrigkeit seines Inhaltes - mangels Teilbarkeit - zur Gänze gemäß § 42 Abs. 2 Z. 1 VwGG aufzuheben, ohne dass auf das weitere Beschwerdevorbringen einzugehen war.
Die Kostenentscheidung gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der VwGH-Aufwandersatzverordnung 2003, BGBl. II Nr. 333, insbesondere auch auf deren Art. III Abs. 2. Die Umrechnung beruht auf § 3 Abs. 2 Z. 2 Eurogesetz, BGBl. I Nr. 72/2000.
Wien, am 24. Februar 2006
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