VwGH 2005/18/0620

VwGH2005/18/062030.11.2005

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Zeizinger und die Hofräte Dr. Rigler, Dr. Handstanger, Dr. Enzenhofer und Dr. Strohmayer als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Stummer, über die Beschwerde der L, geboren 1959, vertreten durch Dr. Herbert Grün, Rechtsanwalt in 1060 Wien, Gumpendorferstraße 5, gegen den Bescheid der Sicherheitsdirektion für das Bundesland Wien vom 18. Juli 2005, Zl. SD 1286/04, betreffend Aufhebung eines unbefristeten Aufenthaltsverbots, zu Recht erkannt:

Normen

FrG 1997 §36 Abs1;
FrG 1997 §36 Abs2 Z1;
FrG 1997 §36 Abs2 Z7;
FrG 1997 §37 Abs1;
FrG 1997 §37 Abs2;
FrG 1997 §38;
FrG 1997 §44;
StGB §130;
StGB §70;
FrG 1997 §36 Abs1;
FrG 1997 §36 Abs2 Z1;
FrG 1997 §36 Abs2 Z7;
FrG 1997 §37 Abs1;
FrG 1997 §37 Abs2;
FrG 1997 §38;
FrG 1997 §44;
StGB §130;
StGB §70;

 

Spruch:

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Begründung

I.

1. Mit dem im Instanzenzug ergangenen Bescheid der Sicherheitsdirektion für das Bundesland Wien (der belangten Behörde) vom 18 Juli 2005 wurde der Antrag der Beschwerdeführerin, einer Staatsangehörigen von Serbien und Montenegro, auf Aufhebung des über sie mit Bescheid der Bundespolizeidirektion Wien vom 18. Februar 2004 gemäß § 36 Abs. 1 iVm Abs. 2 Z. 1 und Z. 7 Fremdengesetz 1997 - FrG, BGBl. I Nr. 75, verhängten unbefristeten Aufenthaltsverbots gemäß § 44 leg. cit. abgewiesen.

Gegen die Beschwerdeführerin sei bereits mit Bescheid der Erstbehörde vom 15. April 2002 gemäß § 36 Abs. 1 iVm Abs. 2 Z. 7 FrG ein Aufenthaltsverbot für die Dauer von fünf Jahren erlassen worden.

Am 2. Jänner 2004 sei die Beschwerdeführerin, nachdem sie zwei Wochen zuvor illegal nach Österreich zurückgekehrt wäre, festgenommen und in der Folge am 13. Februar 2004 wegen §§ 15, 127, 130 erster Fall, 229 Abs. 1 StGB zu einer unbedingten Freiheitsstrafe von zwölf Monaten rechtskräftig verurteilt worden. Die Beschwerdeführerin habe am 8. April 2000, am 9. April 2003 und am 2. Jänner 2004, im letzten Fall gemeinsam mit einer Strafunmündigen, bei diversen Bekleidungsgeschäften Kleidungsstücke gestohlen und im Herbst 2002 eine Kreditkarte und eine Bankomatkarte eines anderen vorsätzlich unterdrückt. Die Beschwerdeführerin sei polizeilich nicht gemeldet, nicht kranken- und sozialversichert und mittellos. Aus diesen Gründen sei das gegenständliche Aufenthaltsverbot erlassen worden.

Im vorliegenden Antrag habe die Beschwerdeführerin vorgebracht, als Roma wegen ihrer Probleme mit serbischen Mitbürgern nicht in ihre Heimat zurückkehren zu können. Sie hätte keine Aussicht auf Ausbildung oder Arbeit und keinen Bezug zur ihrem Herkunftsland. Sie würde mit ihrer Tochter in Wien wohnen. Ihre Familie lebte seit 20 Jahren in Österreich. Ihre Gatte würde sich in Frankreich aufhalten, seinen Lebensmittelpunkt jedoch in Wien haben. Die letzten 13 Jahre hätte sie in Österreich immer gearbeitet.

Voraussetzung für die Aufhebung eines Aufenthaltsverbots sei, dass seit der Erlassung wesentliche Änderungen eingetreten seien. Solche Änderungen seien von der Beschwerdeführerin nicht geltend gemacht worden. Erst in der Berufung habe sie eingewendet, es wäre ihr mittlerweile auf Grund der Haft das Unrecht ihrer Taten bewusst geworden. Um diesen Gesinnungswandel zu dokumentieren, hätte es der Einholung eines kriminalpsychologischen Gutachtens und ihrer Einvernahme bedurft.

Die Beschwerdeführerin behaupte nicht, dass sich in ihren privaten und familiären Lebensumständen seit Erlassung des Aufenthaltsverbots Änderungen ergeben hätten. Die Richtigkeit der diesbezüglichen Feststellungen im Aufenthaltsverbotsbescheid könnten im Rahmen des gegenständlichen Verfahrens nicht überprüft werden. Die einzig geltend gemachte Änderung sei die behauptete Einsicht in den Unrechtsgehalt der Straftaten auf Grund des verspürten Haftübels. Diese Behauptung reiche keinesfalls hin, um die von der Beschwerdeführerin ausgehende Gefahr als eingeschränkt oder weggefallen zu betrachten. Im Zeitpunkt der Stellung des gegenständlichen Antrages habe sich die Beschwerdeführerin noch in Strafhaft befunden. Erst seit 4. Oktober 2004 sei sie wieder auf freiem Fuß. Von einer ausreichend langen Zeit des Wohlverhaltens in Freiheit könne daher keine Rede sein. Diese Gefährdungsprognose sei aus fremdenpolizeilicher und nicht aus kriminalpsychologischer Sicht zu treffen. Eine Entscheidung zu Gunsten der Beschwerdeführerin sei daher nicht möglich.

2. Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde mit dem Begehren, ihn wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes oder Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufzuheben.

II.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

1. Gemäß § 44 FrG ist ein Aufenthaltsverbot auf Antrag oder von Amts wegen aufzuheben, wenn die Gründe, die zu seiner Erlassung geführt haben, weggefallen sind. Nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes kann ein solcher Antrag nur dann zum Erfolg führen, wenn sich seit Erlassung des Aufenthaltsverbots die dafür maßgebenden Umstände zu Gunsten des Fremden geändert haben, wobei im Rahmen der Entscheidung über einen solchen Antrag auch auf die nach der Verhängung des Aufenthaltsverbots eingetretenen und gegen die Aufhebung dieser Maßnahme sprechenden Umstände Bedacht zu nehmen ist. Bei der Beurteilung nach § 44 FrG ist maßgeblich, ob eine Gefährlichkeitsprognose im Grund des § 36 Abs. 1 FrG dergestalt (weiterhin) zu treffen ist, dass die Aufrechterhaltung des Aufenthaltsverbots erforderlich ist, um eine vom Fremden ausgehende erhebliche Gefahr im Bundesgebiet abzuwenden, und ob die Aufrechterhaltung dieser Maßnahme im Grund der §§ 37 und 38 FrG zulässig ist. Darüber hinaus hat die Behörde bei dieser Entscheidung das ihr in § 36 Abs. 1 leg. cit. eingeräumte Ermessen zu üben. Weiters kann bei der Entscheidung über die Aufhebung eines Aufenthaltsverbots die Rechtmäßigkeit des Bescheides, mit dem das Aufenthaltsverbot erlassen wurde, nicht mehr überprüft werden. (Vgl. zum Ganzen etwa das hg. Erkenntnis vom 22. Jänner 2002, Zl. 2001/18/0146.)

2.1. In der Beschwerde wird im Wesentlichen vorgebracht, dass sich die Gesinnung der Beschwerdeführerin auf Grund des verspürten Haftübels geändert habe. Dazu hätte die belangte Behörde die Beschwerdeführerin als Partei einvernehmen und ein kriminalpsychologisches Gutachten einholen müssen.

Weiters verweist die Beschwerdeführerin darauf, dass sie seit über 20 Jahren in Wien lebe, mit ihrer Tochter ein Haus bewohne, die letzten 13 Jahre gearbeitet habe und auch ihr Gatte in Wien seinen Lebensmittelpunkt habe. Überdies befinde sich auch der Stiefbruder der Beschwerdeführerin in Österreich. Sie sei durch den Aufbau eines Freundeskreises auch sozial integriert. Die Aufrechterhaltung des Aufenthaltsverbots stelle daher einen unzulässigen Eingriff in das Privat- und Familienleben dar.

2.2. An Umständen, die erst nach Erlassung des Aufenthaltsverbots eingetreten sind und auf die daher von der Behörde nicht bereits anlässlich der Verhängung der aufenthaltsbeendenden Maßnahme hätte Bedacht genommen werden müssen, behauptet die Beschwerdeführerin somit nur, dass sich ihre Gesinnung geändert habe (und daher keine Gefahr der Begehung weiterer strafbarer Handlungen bestehe).

Die Beschwerdeführerin hat seit April 2000 mehrere Diebstähle und Urkundenunterdrückungen begangen. Aus der Verurteilung gemäß § 130 erster Fall StGB ergibt sich, dass sie dabei gewerbsmäßig vorgegangen ist. Sie hatte also die Absicht, sich durch die wiederkehrende Begehung strafbarer Handlungen eine fortlaufende Einnahme zu verschaffen (§ 70 StGB).

Im Hinblick darauf ist die Ansicht der belangte Behörde unbedenklich, dass die von der Beschwerdeführerin ausgehende Gefahr nur dann als in relevantem Ausmaß gemindert angesehen werden könnte, wenn sich die Beschwerdeführerin über einen längeren Zeitraum wohl verhalten hätte. Ein bloß behaupteter oder auch von einem Psychologen festgestellter Gesinnungswandel, der sich noch nicht über einen relevanten Zeitraum bewährt hat, reicht in einem Fall wie dem vorliegenden hingegen nicht aus. Die Unterlassung der Einvernahme der Beschwerdeführerin und der Einholung eines psychologischen Gutachtens zur Frage des behaupteten Gesinnungswandels stellt daher keinen Verfahrensmangel dar.

Die Beschwerdeführerin wurde unstrittig erst am 4. Oktober 2004 aus der Strafhaft entlassen. Der seither in Freiheit verbrachte Zeitraum von etwas mehr als neun Monaten ist jedenfalls viel zu kurz, um auf einen nachhaltigen Gesinnungswandel schließen zu können, der die Aufhebung des Aufenthaltsverbots im Grund der §§ 36 Abs. 1, 37 Abs. 1 oder 37 Abs. 2 FrG bzw. im Rahmen des der Behörde eingeräumten Ermessens rechtfertigen könnte.

3. Da nach dem Gesagten bereits der Beschwerdeinhalt erkennen lässt, dass die behauptete Rechtsverletzung nicht vorliegt, war die Beschwerde gemäß § 35 Abs. 1 VwGG ohne weiteres Verfahren in nichtöffentlicher Sitzung als unbegründet abzuweisen.

Wien, am 30. November 2005

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