VwGH 2005/12/0015

VwGH2005/12/001523.2.2005

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Höß und die Hofräte Dr. Zens und Dr. Pfiel als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Lamprecht, in der Beschwerdesache des Mag. L in H, vertreten durch Dr. Johann Angermann, Rechtsanwalt in 1010 Wien, Wollzeile 25/27, gegen die Erledigung des Bundesministers für Verkehr, Innovation und Technologie vom 14. April 2004, Zl. 2066/1-CS5/04, betreffend Versetzung in den Ruhestand in Verbindung mit einem Karenzurlaub nach § 22a des Bundesbediensteten-Sozialplangesetzes, den Beschluss gefasst:

Normen

AVG §56;
AVG §58 Abs1;
BB-SozPG 1997 §22a;
VwGG §34 Abs1;
AVG §56;
AVG §58 Abs1;
BB-SozPG 1997 §22a;
VwGG §34 Abs1;

 

Spruch:

Die Beschwerde wird zurückgewiesen.

Begründung

Der Beschwerdeführer steht als bei der belangten Behörde verwendeter Ministerialrat in einem öffentlich-rechtlichen Dienstverhältnis zum Bund.

Mit Bescheid der belangten Behörde vom 29. September 2002 wurde der Beschwerdeführer gemäß § 22a Abs. 1 des Bundesbediensteten-Sozialplangesetzes (BB-SozPG), BGBl. I Nr. 138/1997, mit seiner Zustimmung für den Zeitraum vom 1. Juli 2003 bis zum 31. Juli 2006 unter Entfall seiner Bezüge beurlaubt (karenziert). Ebenso wurde ausgesprochen, dass er mit Ablauf dieses Karenzurlaubes gemäß § 15 Abs. 1 des Beamten-Dienstrechtsgesetzes 1979 (BDG 1979), BGBl. Nr. 333, iVm § 22a BB-SozPG seine Versetzung in den Ruhestand bewirkt habe. Dieser Bescheid ist unangefochten in Rechtskraft erwachsen.

Die angefochtene, nicht als Bescheid bezeichnete Erledigung lautet wie folgt:

"Sehr geehrter Herr Ministerialrat!

Gemäß § 22a Abs. 1 des Bundesbediensteten-Sozialplangesetzes - BB-SozPG, in der Fassung der 2. Dienstrechts-Novelle 2001, BGBl. I Nr. 155, wurden Sie mit Ihrer Zustimmung für den Zeitraum vom 1. Juli 2003 bis 31. Juli 2006 unter Entfall der Bezüge beurlaubt (karenziert).

Mit Ablauf dieses Karenzurlaubes haben Sie gemäß § 15 Abs. 1 des Beamten-Dienstrechtsgesetzes 1979 - BDG 1979, BGBl. Nr. 333, in Verbindung mit § 22a BB-SozPG Ihre Versetzung in den Ruhestand bewirkt.

Aufgrund einer mit 1. Jänner 2004 erfolgten Gesetzesänderung tritt gemäß § 25 Abs. 4 BB-SozPG, in der Fassung BGBl. I Nr. 71/2003, für einen am 1. Jänner 2004 in einem Karenzurlaub vor Ruhestandsversetzung befindlichen Beamten an die Stelle des in seiner Erklärung festgelegten Monatsletzten derjenige Monatsletzte, zu dem der Beamte frühestmöglich seine Versetzung in den Ruhestand durch Erklärung (§ 15, allenfalls in Verbindung mit § 236c Abs. 1 BDG 1979) bewirken kann. Dies gilt nicht, wenn sich dadurch ein früheres als das in der Erklärung bezeichnete Datum des Ausscheidens aus dem Dienststand ergeben würde.

Gemäß § 15 in Verbindung mit § 236c BDG 1979, in der Fassung BGBl. I Nr. 71/2003, kann ein in der Zeit vom 2. Jänner 1945 bis 1. April 1945 geborener Beamter seine Versetzung in den Ruhestand durch Erklärung frühestens mit Ablauf des Monats bewirken, in dem der Beamte seinen 749. Lebensmonat vollendet.

Ihre Ruhestandsversetzung erfolgt daher gemäß der o.a. Bestimmung mit Ablauf des Monates, in dem Sie Ihren

749. Lebensmonat vollenden, das ist mit 30. Juni 2007.

Weiters wird darauf hingewiesen, dass gemäß § 25 Abs. 4a BB-SozPG i.d.g.F. die Zeit des Karenzurlaubes ab demjenigen Monatsersten, zu dem Sie sich aufgrund Ihrer Erklärung bereits im Ruhestand befunden hätten, das ist ab 1. August 2006, nicht mehr für zeitabhängige Rechte anzurechnen ist."

Dagegen hat der Beschwerdeführer zunächst die zu B 856/04 protokollierte, mit einem Antrag auf Weidereinsetzung in den vorigen Stand verbundene Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof erhoben, der jedoch mit Beschluss vom 6. Dezember 2004 deren Behandlung abgelehnt und die Beschwerde dem Verwaltungsgerichtshof zur Entscheidung abgetreten hat.

Gemäß Art. 131 Abs. 1 Z. 1 B-VG kann gegen den Bescheid einer Verwaltungsbehörde wegen Rechtswidrigkeit Beschwerde erheben, wer durch den Bescheid in seinen Rechten verletzt zu sein behauptet, nach Erschöpfung des Instanzenzuges.

Zur Frage des Bescheidcharakters einer nicht als Bescheid bezeichneten Erledigung hat ein verstärkter Senat des Verwaltungsgerichtshofes mit Beschluss vom 15. Dezember 1977, Zlen. 934 und 1223/73, Slg. N.F. Nr. 9458/A, ausgeführt:

"Enthält eine an eine bestimmte Person gerichtete Erledigung die Bezeichnung der Behörde, den Spruch und die Unterschrift oder auch die Beglaubigung, dann ist das Fehlen der ausdrücklichen Bezeichnung als Bescheid für den Bescheidcharakter der Erledigung unerheblich. Auf die ausdrückliche Bezeichnung als Bescheid kann aber nur dann verzichtet werden, wenn sich aus dem Spruch eindeutig ergibt, dass die Behörde nicht nur einen individuellen Akt der Hoheitsverwaltung gesetzt hat, sondern auch, dass sie normativ, also entweder rechtsgestaltend oder rechtsfeststellend, eine Angelegenheit des Verwaltungsrechtes entschieden hat. Der normative Inhalt muss sich aus der Formulierung der behördlichen Erledigung, also in diesem Sinn auch aus der Form der Erledigung, ergeben. Die Wiedergabe einer Rechtsansicht, von Tatsachen, der Hinweis auf Vorgänge des Verfahrens, Rechtsbelehrungen u.dgl. können nicht als verbindliche Erledigung, also nicht als Spruch im Sinne des § 58 Abs. 1 AVG, gewertet werden.

Der Verwaltungsgerichtshof hat schon in seiner bisherigen Judikatur den rechtsverbindlichen Inhalt einer behördlichen Erledigung als für die Bescheidqualität der Erledigung wesentlich gewertet und unter dieser Voraussetzung die ausdrückliche Bezeichnung als Bescheid nicht als wesentlich angesehen. Ergibt sich aus dem Wortlaut der behördlichen Erledigung, insbesondere aus der Verwendung der Verfahrensgesetze und der Verwaltungsvorschriften für jedermann eindeutig, dass ein rechtsverbindlicher Abspruch vorliegt, dann ist ungeachtet des Fehlens der ausdrücklichen Bezeichnung als Bescheid ein solcher als gegeben anzunehmen. Der mit der Bestimmung des § 58 Abs. 1 AVG angestrebte Zweck, nämlich durch die ausdrückliche Bezeichnung als Bescheid für den Betroffenen Klarheit und damit Rechtssicherheit zu schaffen, ist erreicht, wenn die Bestimmung über den Spruch des Bescheides in eindeutiger Form eingehalten und verwirklicht ist. Die ausdrückliche Bezeichnung als Bescheid ist jedoch nicht in jedem Fall entbehrlich. Verwaltungsbehörden (im organisatorischen Sinn) können auch rechtsgeschäftliche Erklärungen abgeben, wobei aus dem Inhalt der Erklärung noch nicht eindeutig geschlossen werden kann, ob es sich um rechtsgeschäftliche Erklärungen oder um rechtsverbindliche Anordnungen im Bereich des öffentlichen Rechts handelt. Ferner sind behördliche Erledigungen nicht nur in Bescheidform zu erlassen (vgl. Verfahrensanordnungen, Dienstaufträge oder organisatorische Maßnahmen). Insbesondere in jedem Fall, in dem der Inhalt einer Erledigung oder einer behördlichen Erledigung Zweifel über den Bescheidcharakter entstehen lässt, ist die ausdrückliche Bezeichnung für den Bescheidcharakter der Erledigung essenziell. Nur dann, wenn der Inhalt einer behördlichen Erledigung, also ihr Wortlaut und ihre sprachliche Gestaltung, keinen Zweifel darüber aufkommen lassen, dass die Behörde die Rechtsform des Bescheides gewählt hat, ist die ausdrückliche Bezeichnung als Bescheid nach der für sich allein gesehen unabdingbaren Norm des § 58 Abs. 1 AVG für das Vorliegen eines Bescheides nicht wesentlich."

An eine behördliche Erledigung, die nicht ausdrücklich als Bescheid bezeichnet ist, muss hinsichtlich der Wertung als Bescheid nach ihrem Inhalt ein strenger Maßstab angelegt werden (vgl. das hg. Erkenntnis vom 30. Mai 1988, Zl. 87/12/0103, sowie den hg. Beschluss vom 24. Juni 1998, Zl. 97/12/0181).

Die im Beschwerdefall zu beurteilende Erledigung der belangten Behörde ist nicht als Bescheid bezeichnet und nicht bescheidmäßig gegliedert. Die in Beschwerde gezogene Ruhestandsversetzung zu einem späteren Termin wird in der angefochtenen Erledigung nicht normativ angeordnet, sondern lediglich die Änderung der Rechtslage durch BGBl. I Nr. 71/2003 dargestellt. Ihrem Inhalt nach stellt sich die Erledigung daher als bloße Mitteilung über die Änderung der Gesetzeslage und die sich daraus für den Zeitpunkt der Ruhestandsversetzung für den Beschwerdeführer ergebenden Folgen dar. Für diese Einstufung als bloße Belehrung (Bekanntgabe einer Gesetzesänderung) spricht auch der Umstand, dass die belangte Behörde zu einem späteren Zeitpunkt in dieser Angelegenheit einen als solchen bezeichneten Bescheid erlassen hat.

Der Bescheidcharakter der angefochtenen Erledigung ist somit zu verneinen. Die Beschwerde war daher schon deshalb gemäß § 34 Abs. 1 VwGG zurückzuweisen.

Wien, am 23. Februar 2005

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