Normen
AsylG 1997 §7;
AsylG 1997 §8;
AVG §58 Abs2;
AVG §60;
AVG §66 Abs4;
AsylG 1997 §7;
AsylG 1997 §8;
AVG §58 Abs2;
AVG §60;
AVG §66 Abs4;
Spruch:
Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufgehoben.
Der Bund hat dem Beschwerdeführer Aufwendungen in der Höhe von EUR 991,20 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Der Beschwerdeführer, seinen Behauptungen zufolge ein Staatsangehöriger von Georgien und am 11. März 2003 in das Bundesgebiet eingereist, beantragte die Gewährung von Asyl. Diesen Antrag begründete er vor dem Bundesasylamt im Wesentlichen damit, dass er wegen der Tötung eines Mannes durch eine mit ihm befreundete Person der Blutrache der Familie des Verstorbenen ausgesetzt sei; man habe bereits das Haus seiner Mutter angezündet und seinen Vater "halb tot" geschlagen. Würde man ihn finden, würde man ihn sofort umbringen. Bei der Familie des Getöteten handle es sich um eine sehr einflussreiche Familie, die "überall Verwandte und Bekannte in Kutaisi und Tbilisi" habe. Er (Beschwerdeführer) habe sich deswegen auch nicht zur Polizei getraut.
Mit Bescheid vom 13. November 2003 wies das Bundesasylamt den Asylantrag des Beschwerdeführers gemäß § 7 AsylG ab. Außerdem sprach es aus, dass die Zurückweisung, Zurückschiebung oder Abschiebung des Beschwerdeführers nach Georgien gemäß § 8 AsylG zulässig sei. Diesem Bescheid liegt zu Grunde, dass das Vorbringen des Beschwerdeführers unglaubwürdig sei (so ausdrücklich im Rahmen der Erwägungen zur Entscheidung nach § 8 AsylG); es sei "unplausibel", dass der Beschwerdeführer Blutrache zu befürchten habe, weil er weder unmittelbarer noch mittelbarer Täter sei. Selbst unter der Annahme jedoch - so das Bundesasylamt weiter -, dass man am Beschwerdeführer Rache nehmen wolle, könne er bei den staatlichen Behörden seines Heimatstaates Schutz finden. Schließlich bestünden keine Hinweise darauf, dass er von der Familie des Mordopfers tatsächlich in ganz Georgien gefunden werden könnte.
Der Beschwerdeführer erhob Berufung. Darin wies er darauf hin, dass sich das Bundesasylamt nicht mit seinen Angaben über bereits stattgefundene Verfolgungshandlungen gegen seine Familie auseinander gesetzt habe, dass die Erwägungen über staatlichen Schutz seine Darstellung über den großen Einfluss der Familie des Getöteten außer Acht ließen und schließlich, dass sich das Bundesasylamt, insoweit es ihn auf eine interne Fluchtalternative verweise, nicht mit den dafür erforderlichen Voraussetzungen beschäftigt habe.
Die belangte Behörde wies die Berufung gemäß §§ 7, 8 AsylG ab und erklärte, sich hinsichtlich festgestellten Sachverhalts, Beweiswürdigung und rechtlicher Beurteilung vollinhaltlich den zutreffenden Ausführungen der Erstbehörde anzuschließen.
Über die gegen diesen Bescheid erhobene Beschwerde hat der Verwaltungsgerichtshof erwogen:
In der Begründung des bekämpften Bescheides ist zweimal davon die Rede, dass das Bundesasylamt das Vorbringen des Beschwerdeführers für glaubwürdig erachtet habe. Das ist, wie sich aus der obigen Darstellung des erstinstanzlichen Bescheides ergibt, aktenwidrig. Bezeichnenderweise führt die belangte Behörde an anderer Stelle aus, dass schon die Erstbehörde zu Recht die Unglaubwürdigkeit des Vorbringens des Beschwerdeführers dargetan habe, womit sich der bekämpfte Bescheid freilich auch als widersprüchlich erweist.
Davon abgesehen kann - um an die eben erwähnte Einschätzung der belangten Behörde anzuknüpfen - der Auffassung, das Bundesasylamt habe eine schlüssige Beweiswürdigung vorgenommen, nicht beigetreten werden. Wie der Beschwerdeführer schon in seiner Berufung richtig aufgezeigt hat, lassen die erstinstanzlichen Erwägungen, es sei "unplausibel", dass der Beschwerdeführer seitens der Verwandten des Getöteten Blutrache zu befürchten habe, nämlich völlig außer Acht, dass gemäß den Angaben des Beschwerdeführers bereits Verfolgungshandlungen gegen ihn bzw. seine Familie (Niederbrennen des Hauses seiner Mutter, Misshandlung seines Vaters) gesetzt worden seien. Nicht zuletzt von daher wäre es Aufgabe der belangten Behörde gewesen, näher auf die Berufung des Beschwerdeführers einzugehen und sich mit dieser im bekämpften Bescheid argumentativ auseinander zu setzen. Indem die belangte Behörde demgegenüber über eine bloß abstrakte Behandlung der Berufung hinaus nur auf den erstinstanzlichen Bescheid verwies, hat sie im Ergebnis ein ihr nicht zukommendes Ablehnungsrecht ausgeübt (vgl. zu einem ähnlich gelagerten Fall das hg. Erkenntnis vom 27. September 2005, Zl. 2005/01/0401). Dass die belangte Behörde eine Berufungsverhandlung durchführte, vermag daran nichts zu ändern, zumal einerseits die dabei erfolgte Einvernahme des Beschwerdeführers gemäß dem in den Verwaltungsakten erliegenden Verhandlungsprotokoll keine substantielle Beschäftigung mit seinem Fluchtvorbringen erkennen lässt und andererseits behördliche Überlegungen zum "Ergebnis" der Berufungsverhandlung im bekämpften Bescheid nicht zu finden sind. Wenn dort demgegenüber der Sache nach darauf hingewiesen wird, dass kein Sachverhalt vorliege, der das Vorbringen von neuen Tatsachen und Beweismittel in der Berufung im Sinn des § 32 Abs. 1 AsylG idF der AsylG-Novelle 2003 erlaube, so ist der Vollständigkeit halber noch darauf hinzuweisen, dass einer Bezugnahme auf diese Bestimmung schon § 44 Abs. 1 AsylG (in der genannten Fassung) entgegensteht (vgl. insoweit das hg. Erkenntnis vom 26. Juli 2005, Zl. 2005/20/0278).
Zusammenfassend ergibt sich damit, dass die belangte Behörde ihren Bescheid in mehrfacher Hinsicht mit Verfahrensfehlern belastet hat. Er war daher gemäß § 42 Abs. 2 Z 3 lit. a, b und c VwGG wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufzuheben.
Der Spruch über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG iVm der VwGH-Aufwandersatzverordnung 2003.
Wien, am 13. Dezember 2005
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