VwGH 2004/18/0378

VwGH2004/18/037818.1.2005

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Zeizinger und die Hofräte Dr. Rigler, Dr. Handstanger, Dr. Enzenhofer und Dr. Strohmayer als Richter, im Beisein des Schriftführers Dr. Trefil, über die Beschwerde des H in W, geboren 1968, vertreten durch Mag. Nadja Lorenz, Rechtsanwältin in 1070 Wien, Kirchengasse 19, gegen den Bescheid des Bundesministers für Inneres vom 13. Oktober 2004, Zl. 135.134/2-III/4/04, betreffend Niederlassungsbewilligung, zu Recht erkannt:

Normen

AuslBG §12 Abs8 idF 2002/I/126;
AuslBG §24 idF 2002/I/126;
FrG 1997 §13 Abs1;
FrG 1997 §13 Abs3;
FrG 1997 §14 Abs2a;
FrG 1997 §18 Abs1 Z1 idF 2002/I/126;
FrG 1997 §89 Abs1a;
FrGDV 1997/II/418 §4 Abs2 Z11 idF 2002/II/364;
AuslBG §12 Abs8 idF 2002/I/126;
AuslBG §24 idF 2002/I/126;
FrG 1997 §13 Abs1;
FrG 1997 §13 Abs3;
FrG 1997 §14 Abs2a;
FrG 1997 §18 Abs1 Z1 idF 2002/I/126;
FrG 1997 §89 Abs1a;
FrGDV 1997/II/418 §4 Abs2 Z11 idF 2002/II/364;

 

Spruch:

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Begründung

I.

1. Mit dem im Instanzenzug ergangenen Bescheid des Bundesministers für Inneres (der belangten Behörde) wurde der Antrag des nach seinem Vorbringen staatenlosen Beschwerdeführers vom 29. März 2001 auf Erteilung einer Erstniederlassungsbewilligung zum Zweck der Aufnahme einer selbständigen Erwerbstätigkeit gemäß §§ 14 Abs. 3, 18 Abs. 1a, 19 Abs. 1 und 22 Fremdengesetz 1997 - FrG, BGBl. I Nr. 75, iVm § 24 Ausländerbeschäftigungsgesetz - AuslBG, BGBl. Nr. 218/1975, abgewiesen.

Der Beschwerdeführer sei zuletzt im Besitz einer Aufenthaltserlaubnis für den Aufenthaltszweck "Student" mit einer Gültigkeitsdauer bis 31. März 2001 gewesen. Am 29. März 2001 habe er den gegenständlichen Antrag auf Erteilung einer Niederlassungsbewilligung zur Aufnahme einer selbständigen Erwerbstätigkeit eingebracht. Die Erteilung einer Erstniederlassungsbewilligung für selbständig Erwerbstätige komme nach der FrG-Novelle 2002 nur mehr für den Aufenthaltszweck "Schlüsselkraft - selbständig, § 18 Abs. 1 Z. 1 FrG" in Betracht. Die vom Beschwerdeführer vorgelegten Unterlagen seien daher an die Landesgeschäftsstelle des Arbeitsmarktservice Wien zur Erstattung eines Gutachtens gemäß § 24 AuslBG übermittelt worden. Nach dem von dieser Landesgeschäftsstelle am 8. Juli 2003 erstellten Gutachten sei die vom Beschwerdeführer beabsichtigte Tätigkeit als Betreiber eines Gastgewerbes nicht als selbständige Schlüsselkraft zu qualifizieren. Nach den Ausführungen in diesem Gutachten liege kein nachhaltiger Transfer von Investitionskapital vor; die Schaffung von Arbeitsplätzen sei nicht erkennbar. Die Führung des Lokals sei ausschließlich im einzelbetrieblichen bzw. persönlichen Interesse gelegen; ein gesamtwirtschaftlicher Nutzen liege nicht vor.

Demgegenüber habe der Beschwerdeführer in seiner Stellungnahme vom 29. Juli 2003 ausgeführt, dass sein Betrieb in eine Marktnische eingetreten und es gelungen wäre, im ersten Halbjahr 2003 einen Umsatz von EUR 10.000,-- zu erzielen. Weiters hätte er eine Arbeitnehmerin zur Vollbeschäftigung eingestellt.

Die belangte Behörde sei im Hinblick auf die "seinerzeitige Judikatur der Höchstgerichte" zu § 5 Abs. 2 Aufenthaltsgesetz nicht an die Ansicht der Landesgeschäftsstelle des Arbeitsmarktservice gebunden, dass die vom Beschwerdeführer angestrebte selbständige Erwerbstätigkeit nicht als die einer Schlüsselkraft angesehen werden könne.

Unter Berücksichtigung der Aktenlage, des Inhalts des Gutachtens der Landesgeschäftsstelle und der Stellungnahme des Beschwerdeführers stehe fest, dass der Beschwerdeführer persönlich haftender Gesellschafter einer KEG sei. Die Tätigkeit dieser KEG diene primär dazu, den Arbeitsplatz des Beschwerdeführers zu schaffen und zu sichern. In dieser angestrebten Tätigkeit könne kein gesamtwirtschaftlicher Nutzen erblickt werden. Es sei weder ein Transfer von Investitionskapital nach Österreich, noch eine nachhaltige Schaffung von Arbeitsplätzen, noch eine qualifizierte Leistung ersichtlich. Die Tätigkeit des Beschwerdeführers entspreche daher nicht der einer Schlüsselkraft.

2. Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde mit dem Begehren, ihn wegen Rechtswidrigkeit seines Inhalts oder Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufzuheben.

II.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

1. Die hier maßgeblichen gesetzlichen Bestimmungen haben folgenden Wortlaut:

FrG in der Fassung BGBl. I Nr. 126/2002:

"§ 13. (1) Aufenthaltstitel werden für einen bestimmten Aufenthaltszweck erteilt; der Betroffene hat eine nach den maßgeblichen Gesetzen hiefür erforderliche Berechtigung vor der Erteilung nachzuweisen.

...

(3) Fremde können während der Gültigkeitsdauer des Aufenthaltstitels den Zweck ihres Aufenthaltes ohneweiters ändern, wenn der ihnen erteilte Aufenthaltstitel auch für den nunmehrigen Aufenthaltszweck erteilt hätte werden können. Eine solche Änderung ist der Behörde ohne unnötigen Aufschub bekanntzugeben; hiebei ist die Zulässigkeit dieser Änderung nach den hiefür maßgeblichen Gesetzen darzulegen.

§ 14. ...

(2a) Verfügt der Antragsteller über einen Aufenthaltstitel gemäß § 7 Abs. 4 Z. 1, ist der Antrag auf Erteilung eines weiteren Aufenthaltstitels im Inland nur dann zulässig, wenn ein Schul- oder Studiennachweis erbracht wird oder der Antragsteller nach erfolgreichem Abschluss seiner Schul- oder Studienausbildung oder auf Grund seiner besonderen Fähigkeiten die Anforderungen an eine Schlüsselkraft (§ 2 Abs. 5 AuslBG und § 24 AuslBG) erfüllt.

...

§ 18. (1) Die Bundesregierung hat im Einvernehmen mit dem Hauptausschuss des Nationalrates mit Verordnung für jeweils ein Jahr die Anzahl der Niederlassungsbewilligungen festzulegen, die

1. Schlüsselkräften (§§ 2 Abs. 5 und 12 Abs. 8 AuslBG) und deren Ehegatten und minderjährigen unverheirateten Kindern

...

höchstens erteilt werden dürfen ...

§ 89. ...

(1a) Entscheidungen im Zusammenhang mit Niederlassungsbewilligungen für Schlüsselkräfte (§ 18 Abs. 1 Z 1, § 18 Abs. 1a) trifft der Landeshauptmann gemäß den Vorschriften der §§ 12 und 24 AuslBG unverzüglich, längstens jedoch binnen sechs Wochen ab Einbringung des Antrages. Von der Einholung einer schriftlichen Mitteilung der regionalen Geschäftsstelle (§ 12 Abs. 4 AuslBG) oder eines Gutachtens der Landesgeschäftsstelle (§ 24 AuslBG) des Arbeitsmarktservice ist abzusehen, wenn der Antrag gemäß § 10 Abs. 1 oder § 14 Abs. 2 abzuweisen oder gemäß § 22 Abs. 2 zurückzuweisen ist. Erwächst die negative Entscheidung der regionalen Geschäftsstelle des Arbeitsmarktservice über die Zulassung als Schlüsselkraft (§ 12 Abs. 5 AuslBG) in Rechtskraft, so ist das Verfahren über den Antrag auf Erteilung einer Niederlassungsbewilligung als Schlüsselkraft formlos einzustellen. Ist das Gutachten der Landesgeschäftsstelle des Arbeitsmarktservice (§ 24 AuslBG) negativ, so hat der Landeshauptmann den Antrag ohne weiteres abzuweisen. Der Landeshauptmann kann, wenn dies im Interesse der Einfachheit, Zweckmäßigkeit oder Sparsamkeit der Verwaltung gelegen ist, die Bezirksverwaltungsbehörde mit Verordnung ermächtigen, alle oder bestimmte Fälle in seinem Namen zu entscheiden.

..."

AuslBG in der Fassung BGBl. I Nr. 126/2002:

"§ 12. ...

(8) Die Zulassung von selbständigen Schlüsselkräften erfolgt gemäß den Vorschriften des § 89 Abs. 1a FrG und des § 24.

§ 24. Die nach der beabsichtigten Niederlassung der selbständigen Schlüsselkraft zuständige Landesgeschäftsstelle des Arbeitsmarktservice hat binnen drei Wochen das im Rahmen des fremdenrechtlichen Zulassungsverfahrens gemäß § 89 Abs. 1a FrG erforderliche Gutachten über den gesamtwirtschaftlichen Nutzen der Erwerbstätigkeit, insbesondere hinsichtlich des damit verbunden Transfers von Investitionskapital und/oder der Schaffung und Sicherung von Arbeitsplätzen zu erstellen. Vor der Erstellung dieses Gutachtens ist das Landesdirektorium anzuhören."

2.1. Der Beschwerdeführer bringt vor, er sei (vor Inkrafttreten des FrG) im Besitz einer Bewilligung nach dem Aufenthaltsgesetz für den Zweck "Student" gewesen. Da er - wie sich aus dem gegenständlichen Antrag ergebe - eine Niederlassungsbewilligung benötige, habe diese Aufenthaltsbewilligung bei Inkrafttreten des FrG nach der Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes als Niederlassungsbewilligung weiter gegolten. Beim vorliegenden Antrag auf Erteilung einer Niederlassungsbewilligung zum Zweck der selbständigen Erwerbstätigkeit handle es sich daher entgegen der Ansicht der belangten Behörde nicht um einen Erstantrag.

2.2. Diesem Vorbringen ist entgegen zu halten, dass der Beschwerdeführer zuletzt unstrittig über eine bis zum 31. März 2001 gültige Aufenthaltserlaubnis zum Zweck des Studiums verfügt hat. Für den vorliegenden Antrag auf Erteilung einer Niederlassungsbewilligung im Anschluss an diese Aufenthaltserlaubnis sind daher die Übergangsregelungen betreffend die Erteilung eines Aufenthaltstitels in Anschluss an eine Bewilligung nach dem Aufenthaltsgesetz nicht relevant.

3.1. Der Beschwerdeführer gesteht zu, dass es sich bei seinem Antrag - sollte er nicht als Antrag auf Erteilung einer weiteren Niederlassungsbewilligung qualifiziert werden können - um einen solchen auf Erteilung einer Niederlassungsbewilligung zum Zweck "Schlüsselkraft selbständig, § 18 Abs. 1 Z. 1 FrG" (§ 4 Abs. 2 Z. 11 der Fremdengesetz-Durchführungsverordnung 1997, BGBl. II Nr. 418 idF BGBl. II Nr. 364/2002) handelt.

Er bringt dazu vor, dass er gleich zu Beginn seiner selbständigen Tätigkeit eine Vollzeitarbeitskraft beschäftigt und im ersten Halbjahr 2003 einen Umsatz von EUR 10.000,-- erzielt habe. Sein Betrieb schaffe daher sehr wohl neue Arbeitsplätze.

3.2. Aus § 24 AuslBG ergibt sich, dass für die Beurteilung, ob eine - beabsichtigte - selbständige Tätigkeit zur Stellung als "Schlüsselkraft" führt, primär der gesamtwirtschaftliche Nutzen der Erwerbstätigkeit maßgeblich ist. Bei der Beurteilung, ob ein derartiger gesamtwirtschaftlicher Nutzen vorliegt, ist insbesondere zu berücksichtigen, ob mit der Erwerbstätigkeit ein Transfer von Investitionskapital verbunden ist und ob die Erwerbstätigkeit der Schaffung und Sicherung von Arbeitsplätzen dient.

Der Beschwerdeführer bestreitet nicht, dass seine selbständige Erwerbstätigkeit nicht mit einem Transfer von Investitionskapital nach Österreich verbunden ist.

Die KEG, deren persönlich haftender Gesellschafter der Beschwerdeführer ist, betreibt ein gastgewerbliches Unternehmen, das nach dem Beschwerdevorbringen im ersten Halbjahr 2003 einen Umsatz von EUR 10.000,-- erzielte und bei Aufnahme des Betriebs eine Vollzeitarbeitskraft beschäftigte. Selbst wenn man unterstellt, dass diese Vollzeitarbeitskraft auch noch im hier relevanten Zeitpunkt der Erlassung des angefochtenen Bescheides beschäftigt war, kann nicht davon gesprochen werden, dass einem gastgewerblichen Betrieb mit einem Umsatz von nur EUR 10.000,-- im Halbjahr (das entspricht EUR 1.666,-- pro Monat) wegen der Schaffung und Sicherung von Arbeitsplätzen ein für die Stellung des Gewerbetreibenden als "Schlüsselkraft" maßgeblicher gesamtwirtschaftlicher Nutzen zukommt. Andere Umstände, die auf das Vorliegen eines gesamtwirtschaftlichen Nutzens schließen ließen, ergeben sich weder aus dem angefochtenen Bescheid noch aus dem Beschwerdevorbringen.

4. Da der Beschwerdeführer die für die begehrte Erstniederlassungsbewilligung zum Zweck "Schlüsselkraft selbständig" zwingend erforderliche Voraussetzung der - angestrebten - Stellung als "Schlüsselkraft" nicht erfüllt, hat die belangte Behörde dem Antrag zu Recht nicht stattgegeben.

5. Da somit bereits der Beschwerdeinhalt erkennen lässt, dass die behauptete Rechtsverletzung nicht vorliegt, war die Beschwerde gemäß § 35 Abs. 1 VwGG ohne weiteres Verfahren in nichtöffentlicher Sitzung als unbegründet abzuweisen.

Wien, am 18. Jänner 2005

Lizenziert vom RIS (ris.bka.gv.at - CC BY 4.0 DEED)

Stichworte