Normen
HGB §13;
HGB §15;
HGB §13;
HGB §15;
Spruch:
Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.
Der Bund (Bundesminister für soziale Sicherheit, Generationen und Konsumentenschutz) hat dem Beschwerdeführer Aufwendungen in der Höhe von EUR 991,20 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen. Das Mehrbegehren wird abgewiesen.
Begründung
Mit Bescheid der mitbeteiligten Gebietskrankenkasse vom 3. September 2002 wurde der Beschwerdeführer verpflichtet, einen Betrag von EUR 28.388,30 zuzüglich Verzugszinsen seit 1. Juli 2002 in der sich nach § 59 Abs. 1 ASVG jeweils ergebenden Höhe, berechnet von EUR 24.998,34, zu bezahlen.
Begründend wurde im Wesentlichen ausgeführt, dass das Unternehmen C. Limited der Tiroler Gebietskrankenkasse Sozialversicherungsbeiträge in der Höhe von EUR 28.388,30 schulde.
Der Haftungsbetrag stelle sich wie folgt dar:
Die Dienstnehmerbeiträge der oben bezeichneten Beitragsmonate seien aus den vom Dienstgeber bzw. dessen Steuerberater selbst erstellten Beitragsnachweisungen ermittelt worden. Die Einbringlichmachung der Beiträge sei bei der Primärschuldnerin nicht möglich gewesen. Die bezeichneten Beiträge seien nicht an dem im ASVG vorgesehenen Fälligkeitstermin einbezahlt worden. Die eingeleiteten Fahrnisexekutionen seien mangels pfändbarer Gegenstände ergebnislos geblieben. Insgesamt mussten zur Einbringlichmachung der Beiträge drei Fahrnisexekutionen eingeleitet werden. Der am 10. Dezember 2001 beim Landesgericht Innsbruck eingebrachte Konkursantrag sei am 25. Juli 2002 mangels hinreichenden Vermögens abgewiesen worden. Der Beschwerdeführer sei im Zeitraum vom 20. September 1999 bis zum 12. März 2002 im Firmenbuch des Landesgerichtes Innsbruck als Geschäftsführer eingetragen und daher zur Vertretung des Beitragsschuldners und auch zur ordnungsgemäßen Abwicklung der Obliegenheiten des Dienstgebers der Tiroler Gebietskrankenkasse gegenüber berufen gewesen. Im Rahmen der Vertretungsmacht als Geschäftsführer sei er verpflichtet gewesen, die Sozialversicherungsbeiträge bei Fälligkeit zu entrichten. Da die Beiträge für sieben Monate nicht termingerecht bezahlt worden seien, liege eine fahrlässige Verletzung der Sorgfaltspflicht vor.
Den gegen diesen Bescheid der mitbeteiligten Gebietskrankenkasse erhobenen Einspruch des Beschwerdeführers hat die belangte Behörde mit dem nunmehr angefochtenen Bescheid als unbegründet abgewiesen. Es sei unbestritten geblieben, dass die in Rede stehende Beitragsnachrechnung auf Meldevergehen zurückzuführen sei. Dem vom Beschwerdeführer in seinem Einspruch erstatteten Vorbringen, dass er de facto nie als Geschäftsführer für die Primärschuldnerin tätig geworden sei und es sich bei seiner Eintragung als Geschäftsführer der Primärschuldnerin im Firmenbuch des Landesgerichtes Innsbruck um ein Versehen gehandelt habe, sei seitens der Einspruchsbehörde entgegenzuhalten, dass auf Grund des im Akt befindlichen Firmenbuchauszuges feststehe, dass der Beschwerdeführer auf Grund des Gesellschaftsvertrages vom 20. September 1999 das Unternehmen C. Limited, Zweigniederlassung K, seit 20. September 1999 als Geschäftsführer selbständig vertreten habe. Dem Vorbringen des Beschwerdeführers, dass ihm erst Ende 2001 bekannt geworden sei, dass er als Geschäftsführer im Firmenbuch eingetragen sei, wurde nicht gefolgt, da sich bereits aus der vom Einspruchswerber unterfertigten Musterzeichnung, welche am 22. Jänner 2001 notariell beglaubigt worden sei, ergebe, dass der Beschwerdeführer als Geschäftsführer für das Unternehmen C. Limited, Zweigniederlassung K, zeichne. Dem Beschwerdeführer sei zur Frage der (schuldhaften) Pflichtverletzung der einem Geschäftsführer auferlegten sozialversicherungsrechtlichen Pflichten mehrmals Gelegenheit geboten worden, seinen Standpunkt darzustellen bzw. Entlastungsgründe vorzubringen. Dazu habe der Beschwerdeführer lediglich vorgebracht, dass er nicht Geschäftsführer der Beitragsschuldnerin gewesen und versehentlich als Geschäftsführer im Firmenbuch eingetragen worden sei. Auf Grund der Tatsache, dass der Beschwerdeführer für den verfahrensgegenständlichen Zeitraum im Firmenbuch als Geschäftsführer des Unternehmens C. Limited, Zweigniederlassung K, zweifelsfrei eingetragen gewesen sei, könne das Vorbringen des Beschwerdeführers mangelndes Verschulden an der Nichtentrichtung der aushaftenden Dienstnehmerbeiträge nicht erkennen lassen. Gegen die Höhe des vorgeschriebenen Beitrages habe der Beschwerdeführer keine Einwendungen erhoben.
Gegen diesen Bescheid richtet sich die Rechtswidrigkeit des Inhaltes sowie Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften geltend machende Beschwerde mit dem Antrag, ihn kostenpflichtig aufzuheben.
Die belangte Behörde legte die Akten des Verwaltungsverfahrens vor, nahm von der Erstattung einer Gegenschrift Abstand und beantragte die Abweisung der Beschwerde. Die mitbeteiligte Gebietskrankenkasse erstattete eine Gegenschrift mit dem Antrag auf Abweisung der Beschwerde.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
Gemäß § 67 Abs. 10 ASVG haften (u.a.) die zur Vertretung juristischer Personen berufenen Personen im Rahmen ihrer Vertretungsmacht neben den durch sie vertretenen Beitragsschuldnern für die von diesen zu entrichtenden Beiträge insoweit, als die Beiträge infolge schuldhafter Verletzung der den Vertretern auferlegten Pflichten nicht eingebracht werden können.
Der Beschwerdeführer macht zusammenfassend geltend, dass es im vorliegenden Beschwerdefall nicht um die Frage gehe, ob ein vertretungsbefugtes Organ die gegenständlichen Haftungen zu verantworten habe, sondern vielmehr darum, ob der Beschwerdeführer ein solches "vertretungsbefugtes Organ" gewesen sei. Er sei jedoch nie ein zur Vertretung berufenes Organ der C. Limited gewesen, die diesbezügliche Firmenbucheintragung sei irrtümlich erfolgt. In einem gegen ihn geführten Strafverfahren sei er zudem von der wider ihn erhobenen Anklage, er habe "als zur Vertretung befugtes Organ der Firma (C) Limited, nämlich als Geschäftsführer, in der Zeit von Mai 2001 bis Juli 2001 sowie von Oktober 2001 bis Dezember 2001 in K die Beiträge seiner Dienstnehmer zur Sozialversicherung einbehalten und der Tiroler Gebietskrankenkasse als berechtigtem Sozialversicherungsträger vorsätzlich vorenthalten," freigesprochen worden. Der Freispruch sei erfolgt, weil der Beschwerdeführer bei der C. Limited nie die Funktion eines vertretungsbefugten Organs innegehabt habe. Es habe zudem auch nicht festgestellt werden können, dass dem Beschwerdeführer jemals die Verantwortung für die Einzahlung dieser Beiträge vom vertretungsbefugten Organ auferlegt worden wäre.
Die belangte Behörde hat sich mit dem bereits im Verfahren vor der mitbeteiligten Gebietskrankenkasse sowie im Einspruch erstatteten Vorbringen des Beschwerdeführers, er sei nicht Geschäftsführer der C. Limited und damit auch nicht im Sinne des § 67 Abs. 10 ASVG zur Vertretung dieser Gesellschaft berufen gewesen, nur insoferne auseinander gesetzt, als sie ausgeführt hat, dass auf Grund des Firmenbuchauszuges feststehe, dass der Beschwerdeführer als Geschäftsführer selbständig vertrete. Die belangte Behörde ging damit erkennbar davon aus, dass die Publizitätswirkung der Eintragung im Firmenbuch im Sinne des § 15 HGB auch für die hier verfahrensgegenständliche Haftung für Beitragsschuldigkeiten gemäß § 67 Abs. 10 ASVG gegeben und eine Prüfung der tatsächlichen Vertretungsbefugnis des Beschwerdeführers daher nicht erforderlich sei.
Dem ist jedoch entgegenzuhalten, dass § 15 HGB nur für den geschäftlichen Verkehr gilt, nicht jedoch auch für den Bereich des Verwaltungsrechts (vgl. die hg. Erkenntnisse vom 6. Juli 1981, Slg. 5.611/F, und vom 5. Juni 1984, Slg. 11.460/A), insbesondere auch nicht des Sozialversicherungsrechts (vgl. das hg. Erkenntnis vom 7. November 1980, Zl. 1384/76).
Im vorliegenden Fall war Beitragsschuldnerin eine Private Limited Company nach britischem Recht, deren österreichische Zweigniederlassung gemäß § 13 HGB im Firmenbuch eingetragen war. Die Beitragsschulden der C. Limited sowie die Uneinbringlichkeit der Beiträge wurden vom Beschwerdeführer nicht bestritten; im Hinblick auf die Niederlassung in Österreich bestehen auch unter Berücksichtigung des § 53 Abs. 3 lit. b ASVG (vgl. dazu das hg. Erkenntnis vom 26. Jänner 2005, Zl. 2002/08/0165) keine Bedenken gegen die Person der Beitragsschuldnerin. Die Vertretungsrechte der Organe einer ausländischen Gesellschaft entspringen grundsätzlich ausländischem Recht (vgl. Burgstaller in Jabornegg, HGB, Rz 15 zu § 13 mwH). Im Verwaltungsverfahren wurde die Gründungsurkunde sowie die Satzung der C. Limited vorgelegt. Der Beschwerdeführer hat behauptet, im Sinne der Satzung der C. Limited "secretary", nicht aber (vertretungsbefugter) "director" gewesen zu sein; die Eintragung als selbständig vertretungsbefugter Geschäftsführer sei irrtümlich erfolgt. Nach diesem - von der belangten Behörde nicht geprüften - Vorbringen wäre die Eintragung im Firmenbuch im Widerspruch zu den sich aus den Gesellschafterbeschlüssen ergebenden Vertretungsbefugnis gestanden.
Vor diesem Hintergrund durfte sich die belangte Behörde nicht mit dem bloßen Hinweis darauf begnügen, der Beschwerdeführer sei deshalb als zur Vertretung nach außen berufen anzusehen, weil aus dem Firmenbuchauszug hervorgehe, dass er die C. Limited selbständig vertrete (vgl. zur Eintragung von Organen einer Private Limited Company nach britischem Recht auch den Beschluss des Obersten Gerichtshofes vom 15. Juli 1999, SZ 72/121).
Da sich die belangte Behörde auf Basis ihrer Rechtsansicht, dass die Vertretungsbefugnis auch im Sinne des § 67 Abs. 10 ASVG bereits auf Grund der Eintragung des Beschwerdeführers als selbständig vertretungsbefugter Geschäftsführer im Firmenbuch feststehe, nicht mit dem konkreten Vorbringen des Beschwerdeführers, er sei - entgegen dem Firmenbuchstand - nicht zur Vertretung nach außen berufen gewesen, auseinander gesetzt hat, hat sie den angefochtenen Bescheid mit inhaltlicher Rechtswidrigkeit belastet, sodass dieser gemäß § 42 Abs. 2 Z. 1 VwGG aufzuheben war.
Von der beantragten Durchführung einer Verhandlung vor dem Verwaltungsgerichtshof konnte gemäß § 39 Abs. 1 Z. 6 VwGG abgesehen werden.
Aus Gründen der Verfahrensökonomie wird darauf hingewiesen, dass sich die von der belangten Behörde festgestellte Haftung des Beschwerdeführers ausdrücklich auch auf Beitragsschulden der C. Limited bezog, die sich aus einem Ordnungsbeitrag, Verzugszinsen gemäß § 59 ASVG, sowie Exekutionskosten ergeben. Nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes trifft die Haftung für Verzugszinsen und Nebengebühren im Sinne des § 83 ASVG den Beschwerdeführer nur im Rahmen des § 67 Abs. 10 ASVG. Für die Entrichtung dieser Nebengebühren fehlt es aber an einer spezifisch sozialversicherungsrechtlichen Verpflichtung des Geschäftsführers im Sinne des Erkenntnisses eines verstärkten Senates vom 12. Dezember 2000, Slg. Nr. 15.528/A.
Der Ausspruch über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG i.V.m. der VwGH-Aufwandersatzverordnung 2003, BGBl. II Nr. 333. Das Mehrbegehren war abzuweisen, da in dem zugesprochenen Pauschbetrag für Schriftsatzaufwand von EUR 991,20 die Mehrwertsteuer bereits enthalten ist. Das auf den Ersatz der Beschwerdegebühr gerichtete Begehren war im Hinblick auf die auch vor dem Verwaltungsgerichtshof geltende sachliche Gebührenfreiheit gemäß § 110 ASVG abzuweisen.
Wien, am 15. März 2005
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