Normen
AVG §52;
AVG §7 Abs1;
B-VG Art20 Abs1;
GewO 1994 §366 Abs1 Z3 Fall2;
GewO 1994 §81 Abs1;
EMRK Art6;
VStG §51e;
AVG §52;
AVG §7 Abs1;
B-VG Art20 Abs1;
GewO 1994 §366 Abs1 Z3 Fall2;
GewO 1994 §81 Abs1;
EMRK Art6;
VStG §51e;
Spruch:
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
Der Beschwerdeführer hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von EUR 381,90 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Mit Spruchpunkt 1. des Straferkenntnisses der Bezirkshauptmannschaft Bregenz (BH) vom 17. Oktober 2002 wurde der Beschwerdeführer wie folgt schuldig erkannt:
"Sie haben es in Ihrer Eigenschaft als handelsrechtlicher Geschäftsführer mit selbständiger Vertretungsbefugnis der K. Produktions GmbH, welche persönlich haftende Gesellschafterin der K. Produktions GmbH & Co ist und somit als gemäß § 9 VStG verantwortliches zur Vertretung nach außen berufenes Organ der K. Produktions GmbH & Co, H, zu verantworten, dass am Betriebsstandort in H nach einer genehmigungspflichtigen Änderung der behördlich genehmigten betrieblichen Abwasserreinigungsanlage diese entgegen dem Bescheid der Bezirkshauptmannschaft Bregenz vom 30.06.1998, Zl II-1301-0064/1998 betrieben wurde.
Im obig angeführten Bescheid der Bezirkshauptmannschaft Bregenz wurde die tägliche CSB-Abbaukapazität der betrieblichen Abwasserreinigungsanlage mit 2.200 kg/Tag festgesetzt. Die Abwasserreinigungsanlage wurde jedoch entgegen diesem Bescheid betrieben, indem im Zeitraum vom 03.12.2001, 09.00 Uhr bis 04.12.2001, 09.00 Uhr, 299 m3 Betriebswasser mit einem CSB-Gehalt von 10,800 mg/l (dies entspricht einer CSB-Zulauffracht von rund 3.230 kg) sowie vom 04.12.2001, 09.00 Uhr bis 05.12.2001, 09.00 Uhr, 307 m3 Betriebswasser mit einem CSB-Gehalt von
12.800 mg/l (dies entspricht einer CSB-Zulauffracht von rund 3.930 kg) in die betriebliche Abwasserreinigungsanlage zugeleitet wurden.
Für diese genehmigungspflichtige Änderung der Betriebsweise (Überschreitung der CSB-Abbaukapazität von 2.200 kg/Tag um knapp das 1,5-fache bis knapp 1,8-fache) lag keine gewerbebehördliche Genehmigung vor.
Die Genehmigungspflicht der geänderten Betriebsweise ergibt sich durch eine stark geruchsbelastende Abluft, welche durch die erhöhte Zuleitung zu Stande kam und zu einer Geruchsbelästigung der vorhandenen Nachbarn führte."
Deshalb wurde über den Beschwerdeführer wegen Verletzung des § 366 Abs. 1 Z. 3 zweiter Fall i.V.m. § 81 Abs. 1 GewO 1994 i.V.m. dem Bescheid der BH vom 30. Juni 1998 gemäß § 366 Abs. 1 GewO 1994 eine Geldstrafe in der Höhe von EUR 2.000,-- (Ersatzfreiheitsstrafe von 184 Stunden) verhängt.
Mit dem angefochtenen Bescheid wurde dieser Spruchpunkt mit der Maßgabe bestätigt, dass es in der Tatbildumschreibung statt "Die Genehmigungspflicht der geänderten Betriebsweise ergibt sich durch eine stark geruchsbelastende Abluft, welche durch die erhöhte Zuleitung zustande kam und zu einer Geruchsbelästigung der vorhandenen Nachbarn führte" zu lauten hat: "Durch die erwähnte Änderung der Betriebsanlage konnten Geruchsbelästigungen der Nachbarn nicht ausgeschlossen werden" und wurde weiters der Tatort mit "S..straße 12" und die Strafnorm mit "§ 366 Abs 1 Einleitungssatz Gewerbeordnung" präzisiert. Begründend führte die belangte Behörde im Wesentlichen aus, der Beschwerdeführer sei handelsrechtlicher Geschäftsführer jener GmbH, welche persönlich haftende Gesellschafterin der Betreiberin einer Abwasserreinigungsanlage im Betriebsareal der Stärke- und Dextrosefabrik in H sei. Die Errichtung und der Betrieb der Abwasserreinigungsanlage sei mit Bescheid der BH vom 30. Juni 1998 u. a. gewerbebehördlich genehmigt worden und sei nach dieser Genehmigung für eine CSB-Fracht von 2.200 kg CSB/Tag ausgelegt. Eine Kontrolle des gewässerschutztechnischen Amtssachverständigen auf Grund von Beschwerden der Nachbarschaft habe ergeben, dass der betrieblichen Abwasserreinigungsanlage eine CSB-Zulauffracht (am 3. Dezember 2001) von rund 3.230 kg und (am 4. Dezember 2001) von rund 3.930 kg zugeleitet worden sei. Durch die betreffende Änderung der Betriebsanlage könnten Belästigungen der Nachbarn durch Geruch nicht ausgeschlossen werden, wie auch die im Tatzeitraum erfolgten Beschwerden von Anrainern "wegen eines faulig-fäkalischen Geruches" zeigen würden. Im Verfahren habe der gewässerschutztechnische Sachverständige dargetan, dass die Abwasserreinigungsanlage auf die Verarbeitung einer täglichen CSB-Fracht von 2.200 kg ausgelegt sei und der Betrieb der Anlage mit CSB-Frachten von 3.230 kg und 3.930 kg unweigerlich zu Fäulnisprozessen in den Bioreaktoren der Abwasserreinigungsanlage und zur Emission stark geruchsbelasteter Abluft geführt habe. Auf Grund dieses Sachverhaltes stehe fest, dass das Tatbild des § 366 Abs. 1 Z. 3 zweiter Fall GewO 1994 objektiv erfüllt sei. Der Beschwerdeführer sei - da die gewerbetreibende K. Produktions GmbH keinen gewerberechtlichen Geschäftsführer bestellt habe - als handelsrechtlicher Geschäftsführer der näher bezeichneten GmbH für die gegenständliche Verwaltungsübertretung verantwortlich und habe, da er entsprechende Kontrollmaßnahmen hinsichtlich der Firmenbeschäftigten nicht einmal behauptet habe, Fahrlässigkeit zu vertreten. Gegenstand der gewerbebehördlichen Genehmigung sei nicht die Einleitung der Betriebsabwässer in den Bodensee, sondern die Errichtung und der Betrieb einer Abwasserreinigungsanlage im Betriebsareal. Daher könne der Auffassung des Beschwerdeführers nicht gefolgt werden, wonach der Bescheid der BH vom 30. Juni 1998 deshalb nicht konsumiert worden sei, da die gereinigten Abwässer nicht direkt in den Bodensee eingeleitet würden. So würden die Abwässer zwar in die öffentliche Kanalisationsanlage eingeleitet werden, jedoch sei die gegenständliche Betriebsanlage tatsächlich betrieben worden, indem Abwässer der Firma K. (vor)gereinigt worden seien.
Gegen diesen Bescheid erhob der Beschwerdeführer Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof (VfGH), welcher die Beschwerde mit Beschluss vom 8. Oktober 2003, B 932/03-3, ablehnte und mit Beschluss vom 20. November 2003, B 932/03-7, dem Verwaltungsgerichtshof gemäß Art. 144 Abs. 3 B-VG zur Entscheidung abtrat.
Die belangte Behörde legte die Akten des Verwaltungsstrafverfahrens vor und erstattete eine Gegenschrift mit dem Antrag, die Beschwerde kostenpflichtig abzuweisen.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
1. Der Beschwerdeführer erachtet sich in seiner vor dem Verwaltungsgerichtshof ergänzten Beschwerde in seinem Recht verletzt, "nicht ohne Vorliegen der rechtlichen Voraussetzungen und damit unschuldig bestraft zu werden". Er bringt hiezu vor, der Vertreter des Beschwerdeführers habe die Vertagung der für 8. Mai 2003 anberaumten mündlichen Verhandlung beantragt, welche von der belangten Behörde jedoch ohne Angabe von Gründen nicht vorgenommen worden sei. Da es sich beim Betrieb des Beschwerdeführers um einen extrem komplexen Betrieb handle und der Vertreter des Beschwerdeführers diesen seit acht Jahren ständig und in allen einschlägigen Verfahren vertreten habe, könne ein Substitut den Vertreter des Beschwerdeführers "niemals adäquat vertreten". Die begründungslose Verweigerung der Vertagung der Verhandlung habe den Beschwerdeführer in seinem Recht auf ein faires Verfahren und auf eine bestmögliche Verteidigung verletzt. Zudem habe der Beschwerdeführer den "E 5" der belangten Behörde (gemeint wohl: das betreffende Mitglied der belangten Behörde) abgelehnt, jedoch finde sich kein Hinweis im angefochtenen Bescheid, wie über diesen Ablehnungsantrag entschieden worden sei. Diese Vorgangsweise unterstreiche die Befangenheit des betreffenden Mitgliedes der belangten Behörde, sodass es sich insgesamt bei der mündlichen Verhandlung am 8. Mai 2003 um keine faire Verhandlung im Sinne des Art. 6 EMRK, des AVG und des VStG gehandelt habe.
Der von der belangten Behörde beigezogene Amtssachverständige werde durch die zuständigen Behörden in allen gewerbe- und wasserrechtlichen Verfahren für den Betrieb des Beschwerdeführers beigezogen. So sei der Sachverständige auch im vorliegenden Fall bereits bei der Ermittlung des strafbaren Sachverhaltes gegen den Beschwerdeführer "führend mittätig" gewesen und habe "die Strafanzeige erstellt und unterfertigt". Auf Grund seiner Stellung als Landesbeamter des Landes Vorarlberg sei der äußere Anschein der Unbefangenheit dieses Sachverständigen ausgeschlossen. Eine derartige Mischverwendung des Sachverständigen sei mit Art. 6 EMRK unvereinbar und widerspreche nach verfassungsrechtlichen Gesichtspunkten auch den Unabhängigkeitsanforderungen an ein Gericht. Aus diesen Gründen habe der Beschwerdeführer im Verfahren vor der belangten Behörde die Bestellung eines unabhängigen neutralen Sachverständigen beantragt, welche ihm grundlos verweigert worden sei. Dadurch seien die in der EMRK verankerten Grundsätze der Waffengleichheit und des Prinzips der Kontradiktorietät, welche zum Wesenskern eines fairen Verfahrens gehörten, verletzt worden.
Zuletzt bringt der Beschwerdeführer vor, die Auffassung der belangten Behörde, der Beschwerdeführer habe die gewerberechtliche Genehmigung vom 30. Juni 1998 konsumiert, während er die wasserrechtliche Genehmigung vom selben Tag nicht konsumiert habe, sei denkunmöglich. Beide Genehmigungen seien ausdrücklich mit der Zielsetzung der direkten Einleitung der Abwässer in den Bodensee erteilt worden. Da unbestritten sei, dass eine Direkteinleitung der Abwässer in den Bodensee nie erfolgt sei, hätte die belangte Behörde das Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft auch hinsichtlich des Spruchpunktes 1. beheben müssen.
2. Gemäß § 366 Abs. 1 Z. 3 GewO 1994 begeht eine Verwaltungsübertretung, die mit Geldstrafe bis zu EUR 3.600,-- zu bestrafen ist, wer eine genehmigte Betriebsanlage ohne die erforderliche Genehmigung ändert oder nach der Änderung betreibt (§ 81).
3. Mit der Behauptung, die mündliche Verhandlung vom 8. Mai 2003 sei gesetzwidrig zu diesem Termin durchgeführt worden, vermag der Beschwerdeführer eine Rechtswidrigkeit des angefochtenen Bescheides nicht aufzuzeigen. Denn selbst wenn die belangte Behörde diese mündliche Verhandlung entgegen den entsprechenden Vorschriften des § 51e VStG durchgeführt haben sollte, würde dies nur dann zur Aufhebung des angefochtenen Bescheides führen, wenn der Beschwerdeführer die Relevanz dieses Verfahrensmangels dargetan hätte (vgl. das hg. Erkenntnis vom 20. Dezember 1993, Zl. 93/02/0227, mit weiteren Nachweisen). Eine solche Relevanz ist allerdings im Beschwerdefall nicht erkennbar, da die Beschwerde zu dieser Frage kein Vorbringen enthält und (im Zusammenhang mit der Notwendigkeit der beantragten Vertagung) auch nicht ersichtlich ist, warum alleine der Vertreter des Beschwerdeführers eine entsprechende Verteidigung des Beschwerdeführers gewährleisten könne. Insbesondere ergibt sich dies auch aus dem Vorbringen über die "Komplexität" des Verfahrens nicht. Gleiches gilt für das Vorbringen der Befangenheit des diese Verhandlung leitenden Mitgliedes der belangten Behörde, da auch dieser allfällige Verfahrensmangel vom Verwaltungsgerichtshof nur im Falle seiner Wesentlichkeit im Sinn des § 42 Abs. 2 Z. 3 lit. c VwGG aufgegriffen werden kann, was jedoch im Falle der rechtlichen Unbedenklichkeit des angefochtenen Bescheides auszuschließen ist (vgl. die bei Walter/Thienel, Verwaltungsverfahren I2 (1998), 168, E 43 zu § 7 AVG wiedergegebene hg. Rechtsprechung).
4. Der Beschwerdeführer rügt weiters eine "Misch- und Sukzessivverwendung" des von der belangten Behörde herangezogenen Amtssachverständigen.
Hiezu hat schon der Verfassungsgerichtshof im zitierten Beschluss vom 8. Oktober 2003 ausgeführt, die Beschwerde verkenne dabei, dass der Amtssachverständige im Verwaltungsstrafverfahren keine privilegierte Stellung besitzt, da die Verwaltungsstrafbehörden erforderlichenfalls andere Sachverständige beiziehen können, und daher im Beschwerdefall keine dem Erkenntnis VfSlg. 10.701/1985 vergleichbare Rechtslage bestehe (dort hatte § 48 LMG 1975 die Bestellung des Bediensteten der anzeigenden Bundesanstalt zum Sachverständigen in einem Strafverfahren vorgegeben, das sein Gutachten ausgelöst hat). Die Beiziehung anderer Sachverständiger habe sich aber im Beschwerdefall als nicht notwendig erwiesen, zumal der Beschwerdeführer auch sonst nichts vorgebracht habe, was geeignet gewesen wäre, Zweifel an der Richtigkeit des Gutachtens des Amtssachverständigen zu erwecken. Daher sei eine Verletzung des verfassungsgesetzlich gewährleisteten Rechtes auf ein faires Verfahren nach Art. 6 EMRK nicht gegeben (vgl. zu allem den Beschluss des Verfassungsgerichtshofes vom 8. Oktober 2003,
B 932/03-3, mwN). Hinzu kommt, dass der Amtssachverständige bei der Erstattung seines Gutachtens ausschließlich der Wahrheit verpflichtet und hinsichtlich des Inhaltes seines Gutachtens an keine Weisungen gebunden ist (vgl. das Erkenntnis des Verfassungsgerichtshofes vom 22. Juni 2002, VfSlg. 16.567, sowie das hg. Erkenntnis vom 21. November 2001, Zl. 98/04/0075) und im Übrigen nur sachliche Bedenken gegen die Richtigkeit des Gutachtens zur Aufhebung des Bescheides führen könnten (vgl. das hg. Erkenntnis vom 23. September 2004, Zl. 2002/07/0149, mwN). Eine Unrichtigkeit des Amtssachverständigengutachtens wurde jedoch nicht aufgezeigt und ist auch nicht hervorgekommen.
5. Soweit die Beschwerde schlussendlich vorbringt, die gewerbebehördliche Betriebsanlagengenehmigung der BH vom 30. Juni 1998 sei nicht "konsumiert" worden, da keine Abwässer in den Bodensee geleitet würden, so tut sie damit eine Rechtswidrigkeit des angefochtenen Bescheides nicht dar. Der Beschwerdeführer bestreitet nicht, dass es sich bei der in Rede stehenden Abwasserreinigungsanlage um jene handelt, die den Gegenstand des Genehmigungsbescheides vom 30. Juni 1998 bildet. Dass im Tatzeitraum die daraus anfallenden Abwässer entgegen der Projektbeschreibung in diesem Bescheid nicht direkt in den Bodensee eingeleitet wurden, ändert nichts daran, dass diese Anlage in der dem Beschwerdeführer zur Last gelegten, geänderten Weise und damit im Widerspruch zum Genehmigungsbescheid vom 30. Juni 1998 betrieben wurde (vgl. im Übrigen zur Prüfung des Vorliegens einer Übertretung des § 366 Abs. 1 Z 3 iVm § 81 GewO 1994 das hg. Erkenntnis vom 25. Februar 2004, Zl. 2002/04/0013, mwN).
6. Die sich somit als unbegründet erweisende Beschwerde war gemäß § 42 Abs. 1 VwGG abzuweisen.
Von der beantragten mündlichen Verhandlung vor dem Verwaltungsgerichtshof konnte gemäß § 39 Abs. 2 Z. 6 VwGG Abstand genommen werden. Der Anforderung des Art. 6 EMRK wurde im vorliegenden Fall durch die Durchführung einer öffentlichen mündlichen Verhandlung vor der belangten Behörde, einem Tribunal im Sinn der EMRK, Genüge getan (vgl. nochmals das zitierte hg. Erkenntnis vom 23. September 2004, mwN).
Die Entscheidung über den Aufwandersatz beruht auf den §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der VwGH-Aufwandersatzverordnung 2003, BGBl. II Nr. 333.
Wien, am 21. Dezember 2005
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