VwGH 2002/18/0230

VwGH2002/18/02303.5.2005

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Zeizinger und die Hofräte Dr. Rigler, Dr. Handstanger, Dr. Enzenhofer und Dr. Strohmayer als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Stummer, über die Beschwerde des R, geboren 1968, vertreten durch Mag. Helmut Kröpfl, Rechtsanwalt in 8380 Jennersdorf, Neumarkt/Raab 262, gegen den Bescheid der Sicherheitsdirektion für das Bundesland Burgenland vom 5. September 2002, Zl. III-20/02, betreffend Versagung eines Reisepasses, zu Recht erkannt:

Normen

PaßG 1992 §14 Abs1 Z3 litf idF 1995/507;
PaßG 1992 §15;
SGG §12 Abs1;
SGG §12 Abs3 Z3;
SMG 1997 §28 Abs6;
VwGG §42 Abs2 Z1;
PaßG 1992 §14 Abs1 Z3 litf idF 1995/507;
PaßG 1992 §15;
SGG §12 Abs1;
SGG §12 Abs3 Z3;
SMG 1997 §28 Abs6;
VwGG §42 Abs2 Z1;

 

Spruch:

Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.

Der Bund hat dem Beschwerdeführer Aufwendungen in der Höhe von EUR 1.171,20 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

I.

1. Mit dem im Instanzenzug ergangenen Bescheid der Sicherheitsdirektion für das Bundesland Burgenland (der belangten Behörde) vom 5. September 2002 wurde dem Beschwerdeführer gemäß § 14 Abs. 1 Z. 3 lit. f des Passgesetzes 1992 - PassG, BGBl. Nr. 839, idF BGBl. Nr. 507/1995, die Ausstellung eines Reisepasses versagt.

Der Beschwerdeführer sei in Spanien mit rechtskräftigem Urteil des Landgerichtes Cadiz vom 4. April 1991 zu einer Freiheitsstrafe in der Dauer von sechs Jahren verurteilt worden. Dieser Verurteilung sei zu Grunde gelegen, dass er am 26. Oktober 1990 im Zollbezirk von Algeciras/Spanien von Beamten der Guardia Civil beim Lenken eines Mietwagens betreten worden sei, in dem 18.435 g Haschisch im Wert von

"4.175.875 Mio. Peseten" versteckt gewesen seien. Er habe dieses Suchtgift auf die (iberische) Halbinsel schaffen wollen, um es mit Gewinn zu verkaufen.

Mit rechtskräftiger Strafverfügung des Bezirksgerichtes Schärding vom 5. Februar 1998 sei der Beschwerdeführer nach dem Suchtmittelgesetz 1997 mit einer Geldstrafe in der Höhe von ATS 2.700,-- bestraft worden. Er habe am 14. November 1997 bei seiner Einreise nach Österreich versucht, 29,5 g Cannabisharz und 54,1 g Cannabiskraut aus Deutschland einzuführen. In seiner Einvernahme am 14. November 1997 habe er angegeben, dass er das Suchtgift deshalb nach Österreich hätte schmuggeln wollen, weil er süchtig wäre und das Haschisch unbedingt benötigen würde. In seiner Berufung habe der Beschwerdeführer ausgeführt, dass die "spanische Verurteilung" nahezu zwölf Jahre zurückliegen würde; hinsichtlich der Strafverfügung wäre festgestellt worden, dass er Suchtgift in "ganz" geringfügigem Ausmaß erworben und besessen hätte, weshalb dieser Sachverhalt nicht unter § 14 Abs. 1 Z. 3 lit. f PassG subsumiert werden könnte.

Trotz seiner rechtskräftigen Verurteilung durch ein spanisches Strafgericht wegen des Versuchs, eine große Menge Suchtgift gewinnbringend in Spanien zu verkaufen, sei der Beschwerdeführer am 5. Februar 1998 neuerlich rechtskräftig verurteilt worden, weil er versucht habe, Suchtgift von Deutschland nach Österreich einzuführen. Auch wenn die genannte Verurteilung durch das spanische Strafgericht nahezu zwölf Jahre zurück liege, sei durch die Tatsache der neuerlichen rechtskräftigen Verurteilung nach dem Suchtmittelgesetz 1997 die Annahme gerechtfertigt, dass er den Reisepass - welcher für alle Staaten der Welt gelte - dazu benützen wolle, Suchtgift in einer großen Menge einzuführen, auszuführen oder in Verkehr zu setzen, zumal er in seiner Einvernahme am 14. November 1997 erklärt habe, süchtig zu sein und das Haschisch unbedingt zu benötigen. Die Möglichkeit, in den Besitz einer großen Menge von Suchtgift zu gelangen, sei insbesondere in jenen Ländern gegeben, die nur mittels eines Reisepasses bereist werden könnten.

Für die zu treffende Zukunftsprognose sei es nicht erheblich, dass die zweite gerichtliche Verurteilung nicht wegen einer großen Menge Suchtgift erfolgt sei, weshalb dieser Sachverhalt unter die Norm des § 14 Abs. 1 Z. 3 lit. f PassG subsumiert werden könne.

2. Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde mit dem Begehren, ihn wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufzuheben.

3. Die belangte Behörde legte die Akten des Verwaltungsverfahrens vor und erstattete eine Gegenschrift mit dem Antrag, die Beschwerde als unbegründet abzuweisen.

II.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

1. Gemäß § 14 Abs. 1 Z. 3 lit. f PassG sind die Ausstellung, die Erweiterung des Geltungsbereiches und die Änderung eines Reisepasses zu versagen, wenn Tatsachen die Annahme rechtfertigen, dass der Passwerber den Reisepass benützen will, um entgegen den bestehenden Vorschriften Suchtgift in einer großen Menge zu erzeugen, einzuführen, auszuführen oder in Verkehr zu setzen.

Nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes rechtfertigt die Begehung eines in Bezug auf eine große Menge iSd § 28 Abs. 6 SMG begangenen Suchtgiftdeliktes die Versagung eines Reisepasses gemäß § 14 Abs. 1 Z. 3 lit. f PassG. Auf Grund der einem solchen Delikt innewohnenden Wiederholungsgefahr hat der Gerichtshof Zeiträume des Wohlverhaltens im Bereich von zwei bis drei Jahren als zu kurz befunden, um die vom Beschwerdeführer ausgehende Gefahr als weggefallen oder entscheidend gemindert anzusehen (vgl. zum Ganzen das hg. Erkenntnis vom 14. März 2000, Zl. 99/18/0261, mwN).

Der Beschwerdeführer wurde am 4. April 1991 durch ein spanisches Strafgericht wegen eines am 26. Oktober 1990 begangenen schweren Suchtgiftdeliktes (für welches in Österreich - einem im Verwaltungsakt OZl. 21 erliegenden Beschluss des Landesgerichtes für Strafsachen Wien vom 14. September 1994 zufolge - möglicherweise eine Bestrafung nach § 12 Abs. 1 und 3 Z. 3 SGG in Frage gekommen wäre) zu einer unbedingten Freiheitsstrafe in der Dauer von sechs Jahren verurteilt. Seit diesem Fehlverhalten - das vom Beschwerdeführer nicht bestritten wird - sind nahezu zwölf Jahre vergangen. In diesem Zeitraum hat sich der Beschwerdeführer nach seiner bedingten Entlassung aus der Strafhaft am 26. Oktober 1994 (vgl. den im Verwaltungsakt befindlichen Auszug aus dem Strafregister vom 27. März 2002) fast acht Jahre lang in Freiheit befunden. In diesen Jahren hat er niemals seinen ihm nach wie vor zur Verfügung stehenden Reisepass dazu benützt, entgegen den bestehenden Vorschriften Suchtgift in einer großen Menge zu erzeugen, einzuführen, auszuführen oder in Verkehr zu setzen.

Richtig ist, dass der Beschwerdeführer am 14. November 1997 versucht hat, 29,5 g Cannabisharz und 54,1 g Cannabiskraut von Deutschland nach Österreich einzuführen, wobei dieses Suchtgift nach den Feststellungen des angefochtenen Bescheides für den Eigenbedarf bestimmt war. Seither hat sich der Beschwerdeführer nichts mehr zu Schulden kommen lassen. Nach dem vorliegenden Verwaltungsakt hat er von Mai 1986 bis Mai 1996 über einen gültigen Reisepass verfügt. Nach seiner Entlassung aus der Strafhaft am 26. Oktober 1994 bzw. bis zum Jahr 2001 (innerhalb des Zeitraums von fünf Jahren nach Ablauf der Gültigkeit seines Reisepasses; vgl. § 15 PassG) wurde kein Entziehungsverfahren eingeleitet.

Der Verwaltungsgerichtshof kann nicht finden, dass in Anbetracht des bereits fünf Jahre zurück liegenden letzten, relativ geringfügigen Drogendelikts die Befürchtung gerechtfertigt ist, der Beschwerdeführer werde - wie vor zwölf Jahren - seinen Reisepass dazu benützen, um entgegen den bestehenden Vorschriften Suchtgift in einer großen Menge zu erzeugen, einzuführen, auszuführen oder in Verkehr zu setzen (§ 14 Abs. 1 Z. 3 lit. f PassG). Von daher steht die mit dem angefochtenen Bescheid versagte Ausstellung des beantragten Reisepasses mit dem Gesetz nicht in Einklang.

2. Nach dem Gesagten war der angefochtene Bescheid gemäß § 42 Abs. 2 Z. 1 VwGG wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufzuheben.

3. Der Spruch über den Aufwandersatz beruht auf den §§ 47 ff VwGG iVm der VwGH-Aufwandersatzverordnung 2003, BGBl. II Nr. 333. Wien, am 3. Mai 2005

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