VwGH 2002/15/0032

VwGH2002/15/003231.3.2005

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Vizepräsident Dr. W. Pesendorfer und die Hofräte Dr. Sulyok, Dr. Fuchs, Dr. Zorn und Dr. Mairinger als Richter, im Beisein des Schriftführers MMag. Twardosz, LL.M., über die Beschwerde der S GmbH in G, vertreten durch Dr. Reinhard Armster, Rechtsanwalt in 2344 Maria Enzersdorf, Franz Josef-Straße 42, gegen den Bescheid der Finanzlandesdirektion für Wien, Niederösterreich und Burgenland (Berufungssenat VII) vom 28. Dezember 2001, GZ. RV/500- 17/14/99, betreffend u.a. Körperschaftsteuer 1996, zu Recht erkannt:

Normen

31969L0335 Kapital Ansammlungs-RL indirekte Steuern;
31985L0303 Nov-31969L0335;
61999CJ0113 Schmid VORAB;
KStG §1 Abs2;
KStG §24 Abs4;
KStG §4 Abs2;
31969L0335 Kapital Ansammlungs-RL indirekte Steuern;
31985L0303 Nov-31969L0335;
61999CJ0113 Schmid VORAB;
KStG §1 Abs2;
KStG §24 Abs4;
KStG §4 Abs2;

 

Spruch:

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Die Beschwerdeführerin hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von EUR 381,90 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Mit dem im Instanzenzug ergangenen angefochtenen Bescheid wurde der beschwerdeführenden GmbH (in der Folge: der Beschwerdeführerin) - soweit für das Beschwerdeverfahren von Bedeutung - für das Jahr 1996 Körperschaftsteuer in der Höhe der Mindeststeuer von S 15.000,-- vorgeschrieben.

In der Begründung führte die belangte Behörde aus, die Beschwerdeführerin habe in ihrer Berufung vom 21. Jänner 1999 auf die Berufung vom 16. Februar 1998 gegen den Bescheid vom 12. Jänner 1998 und auf das am 31. März 1998 persönlich beim Finanzamt überreichte Schreiben (vom 16. März 1998) hingewiesen. Sie habe ausgeführt, das Finanzamt sei auf die mehrfach vorgebrachten Einwände gegen die Körperschaftsteuerpflicht nicht eingegangen. Die Beschwerdeführerin habe mit Ablauf des Jahres 1995 den Gewerbeschein zurückgelegt und seither keine Geschäftstätigkeit mehr ausgeübt. Sie habe seither kein Vermögen. Die anfallenden Schulden habe die Geschäftsführerin aus ihrem Privatvermögen beglichen. Die Löschung aus dem Firmenbuch sei nicht beantragt worden, um die Aufnahme des derzeit ruhenden Geschäftsbetriebes jederzeit zu ermöglichen. Im Ergebnis würde die Mindestkörperschaftsteuer nur deshalb eingehoben, weil sie noch nicht aus dem Firmenbuch gelöscht sei. Damit widerspreche diese Mindeststeuer, als im Ergebnis eine reine Registersteuer, dem Art. 10 der Richtlinie 69/335/EWG des Rates vom 17. Juli 1969 über die indirekten Steuern auf die Ansammlung von Kapital.

Die belangte Behörde habe die Beschwerdeführerin aufgefordert, bekannt zu geben, ob die im Schreiben vom 16. März 1998 aufgelisteten Zahlungen betreffend das Jahr 1996 bereits in der Bilanz für das Jahr 1995 als Verbindlichkeit enthalten seien bzw. für welche dieser Zahlungen sie die Rechnung erst 1996 erhalten habe. Die Beschwerdeführerin habe dem Folge geleistet und die Ausgangs- und Eingangsrechnungen sowie die Kassa- und Bankbelege für das Jahr 1996 vorgelegt. Laut dem Schreiben vom 16. März 1998 seien weder die in der Bilanz für das Jahr 1995 vorhandene Betriebs- und Geschäftsausstattung noch die EDV-Anlage veräußert worden. Es sei somit im Jahre 1996 weiterhin Vermögen der Beschwerdeführerin vorhanden gewesen.

Im Erwägungsteil führte die belangte Behörde aus, gemäß § 4 Abs. 2 KStG 1988 bestehe die Steuerpflicht unabhängig von einer Löschung im Firmenbuch so lange, bis das gesamte Vermögen auf andere übergegangen sei. Der Zeitpunkt der Beendigung der Körperschaftsteuerpflicht müsse sich nicht mit dem Tag der Löschung im Firmenbuch decken, sei es, dass die Körperschaftsteuerpflicht infolge Überganges des Vermögens bereits vor der Löschung im Firmenbuch ende, sei es, dass die Körperschaftsteuerpflicht über die Löschung im Firmenbuch hinaus bestehen bleibe. Die Vorschreibung der Mindestkörperschaftsteuer erweise sich im Lichte der Judikatur des Verfassungsgerichtshofes (Hinweis auf den Beschluss vom 29. August 1994, B 1386/94, und das Erkenntnis vom 24. Jänner 1997, G 388/96) als verfassungsrechtlich unbedenklich und vor dem Hintergrund des Urteiles des EuGH vom 18. Jänner 2001, C 110-113/99, als gemeinschaftsrechtskonform. Da die Beschwerdeführerin im Streitjahr noch nicht vermögenslos gewesen sei, habe sie den Tatbestand des § 24 Abs. 4 KStG 1988 erfüllt.

Der Verwaltungsgerichtshof hat über die gegen diesen Bescheid erhobene Beschwerde erwogen:

Unbeschränkt steuerpflichtig sind gemäß § 1 Abs. 2 leg. cit. Körperschaften, die im Inland ihre Geschäftsleitung oder ihren Sitz haben. Als Körperschaften gelten gemäß dieser Bestimmung u.a. juristische Personen des Privatrechts (zu diesen zählen u.a. die Gesellschaften mit beschränkter Haftung). Die unbeschränkte Steuerpflicht erstreckt sich auf alle in- und ausländischen Einkünfte im Sinne des § 2 EStG 1988.

Körperschaften im Sinne des § 1 Abs. 2 KStG 1988 sind gemäß § 4 Abs. 2 leg. cit. bis zu jenem Zeitpunkt steuerpflichtig, in dem die Rechtspersönlichkeit untergeht, jedenfalls bis zu jenem Zeitpunkt, in dem das gesamte Vermögen auf andere übergegangen ist.

Dem mit "Erhebung der Steuer" überschriebenen § 24 KStG 1988 wurde durch das Bundesgesetz BGBl. Nr. 880/1993 ein vierter Absatz angefügt; dieser wurde durch die Novellen BGBl. Nr. 680/1994 und BGBl. Nr. 201/1996 geändert. Mit Erkenntnis des Verfassungsgerichtshofes vom 24. Jänner 1997, G 388-391/96-13, wurde § 24 Abs. 4 KStG 1988 in der Fassung BGBl. Nr. 201/1996 als verfassungswidrig aufgehoben und ausgesprochen, dass mit Wirkung vom 1. Jänner 1996 § 24 Abs. 4 KStG 1988 in der Fassung BGBl. Nr. 680/1994 wieder in Kraft tritt. Diese Bestimmung lautet somit in der für das Streitjahr geltenden Fassung wie folgt:

"(4) Unbeschränkt steuerpflichtige Kapitalgesellschaften - ausgenommen Organgesellschaften im Sinne des § 9 Abs. 2 - haben für jedes volle Kalendervierteljahr des Bestehens der unbeschränkten Steuerpflicht eine Mindeststeuer von S 3.750,-- zu entrichten. Die Mindeststeuer ist in dem Umfang, in dem sie die tatsächliche Körperschaftsteuerschuld übersteigt, wie eine Vorauszahlung im Sinne des § 45 des Einkommensteuergesetzes 1988 im Ausmaß einer im Veranlagungszeitraum oder in den folgenden sieben Veranlagungszeiträumen entstehenden tatsächlichen Körperschaftsteuerschuld insoweit anzurechnen, als die tatsächliche Körperschaftsteuerschuld, die sich nach dem ersten Satz für diesen Veranlagungszeitraum ergebende Mindeststeuer übersteigt."

Nach § 26a Abs. 5 KStG 1988 in der Fassung BGBl. I Nr. 70/1997 entfällt für in den Jahren 1994 bis 1996 zu entrichtende Mindeststeuerbeträge die nach § 24 Abs. 4 KStG 1988 in der Fassung BGBl. Nr. 680/1994 vorgesehene Beschränkung auf eine Verrechnungsfrist von 7 Jahren.

Unbeschränkt steuerpflichtige Kapitalgesellschaften unterliegen sohin einer Mindestbesteuerung, auf die wie bei der "normalen" Körperschaftsteuer zunächst Vorauszahlungen zu leisten sind. Fällt das Ende der unbeschränkten Steuerpflicht nicht mit dem Ende des Kalenderjahres zusammen, ist eine Mindeststeuer nur für jene Kalendervierteljahre vorzuschreiben, in denen während der gesamten Dauer die unbeschränkte Steuerpflicht bestanden hat. Gemäß § 4 Abs. 2 KStG 1988 sind Körperschaften im Sinne des § 1 Abs. 2 leg. cit. - zu denen die Beschwerdeführerin zählt - bis zu jenem Zeitpunkt steuerpflichtig, in dem die Rechtspersönlichkeit untergeht, jedenfalls bis zu jenem Zeitpunkt, in dem das gesamte Vermögen auf andere übergegangen ist.

Dass die Beschwerdeführerin im Streitjahr im Firmenbuch gelöscht worden wäre, wurde nicht behauptet und ergibt sich auch nicht aus den vorgelegten Akten. Die in Rede stehende Mindeststeuerpflicht ergibt sich als Rechtsfolge allein aus der Eigenschaft der Beschwerdeführerin als unbeschränkt steuerpflichtige Körperschaft. Die belangte Behörde hat zutreffend darauf hingewiesen, dass die Vorschreibung dieser Steuer gemäß dem Urteil des EuGH vom 18. Jänner 2001 in der Rechtssache C-113/99 , der Richtlinie 69/335/EWG in der Fassung der Richtlinie 85/303/EWG betreffend die indirekten Steuern auf die Ansammlung von Kapital nicht widerspricht.

Die Beschwerde erweist sich daher als unbegründet und war gemäß § 42 Abs. 1 VwGG abzuweisen.

Die Kostenentscheidung gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG i. V.m. der Verordnung BGBl. II Nr. 333/2003.

Wien, am 31. März 2005

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