VwGH 2001/14/0193

VwGH2001/14/019322.9.2005

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Steiner sowie die Hofräte Mag. Heinzl und Dr. Büsser als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Pfau, über die Beschwerde des J H in W, vertreten durch Dr. Franz J. Salzer, Rechtsanwalt in 1010 Wien, Stock im Eisen-Platz 3, gegen den Bescheid der Finanzlandesdirektion für Wien, Niederösterreich und Burgenland als Finanzstrafbehörde zweiter Instanz vom 5. September 2001, Zl. RV/172 - 10/01, betreffend Einleitung eines Finanzstrafverfahrens, zu Recht erkannt:

Normen

FinStrG §161 Abs1;
FinStrG §82 Abs1;
FinStrG §83 Abs2;
FinStrG §161 Abs1;
FinStrG §82 Abs1;
FinStrG §83 Abs2;

 

Spruch:

Der angefochtene Bescheid wird insoweit, als er die Einleitung des Finanzstrafverfahrens hinsichtlich Umsatzsteuer 1998 und 1999 zum Gegenstand hat, wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben. Im Übrigen wird die Beschwerde als unbegründet abgewiesen.

Der Bund hat dem Beschwerdeführer Aufwendungen in der Höhe von EUR 1.172,88 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Mit Bescheid des Finanzamtes für den 21. und 22. Bezirk vom 13. März 2001 wurde gegen den Beschwerdeführer ein Finanzstrafverfahren eingeleitet, weil der Verdacht bestehe, dass er im Bereich dieses Finanzamtes unter vorsätzlicher Verletzung der im § 119 ff BAO normierten abgabenrechtlichen Anzeige-, Offenlegungs- und Wahrheitspflicht

"durch Abgabe unrichtiger Steuererklärungen für die Jahre 1995 - 1997 eine Verkürzung an Umsatzsteuer und an Einkommensteuer in Höhe von S bewirkt bzw. für das Jahr zu bewirken versucht

1995 1996 1997

Umsatzsteuer S 22.290,-- S 21.155,-- S 70.426,--

Einkommensteuer S 87.984,-- bewirkt bzw. für die Jahre 1998 - 1999 an Umsatzsteuer in Höhe von

1998 1999

Umsatzsteuer S 145.837,-- S 130.440,-- zu

bewirken versucht

(gesamt S 478.132,--) und hiemit"

ein Finanzvergehen nach § 33 Abs. 1 in Verbindung mit § 13

FinStrG begangen habe.

Mit dem angefochtenen Bescheid wurde eine dagegen erhobene Administrativbeschwerde, in welcher im Wesentlichen vorgebracht worden war, dass es mit dem Gesetz nicht in Einklang zu bringen sei, noch vor Rechtskraft der Abgabenfestsetzungen ein Finanzstrafverfahren einzuleiten, abgewiesen. Begründend wurde nach abgeänderter Wiedergabe des erstinstanzlichen Bescheidspruches - danach habe der Verdacht bestanden, dass der Beschwerdeführer im Bereich des Finanzamtes vorsätzlich unter Verletzung der im § 119 ff BAO normierten abgabenrechtlichen Anzeige-, Offenlegungs- und Wahrheitspflicht

"durch Abgabe unrichtiger Steuererklärungen für die Jahre 1995 - 1997 eine Verkürzung an Umsatzsteuer und Einkommensteuer Umsatzsteuer 1995 S 22.290,--, 1996 S 21.155,--, 1997 S 70.426,-- Einkommensteuer 1997 S 87.984,-- bewirkt

bzw. für die Jahre 1998 und 1999

Umsatzsteuer 1998 S 145.837,--, 1999 S 130.440,-- zu bewirken

versucht"

und hiemit ein Finanzvergehen nach § 33 Abs. 1 in Verbindung mit § 13 FinStrG begangen habe - hinsichtlich der Jahre 1995 bis 1997 unter Darlegung der Feststellungen der beim Beschwerdeführer durchgeführten abgabenbehördlichen Prüfung der im Spruch des erstinstanzlichen Bescheides zum Ausdruck gebrachte Verdacht ausführlich näher präzisiert. Hinsichtlich der Jahre 1998 und 1999 wurde (lediglich) ausgeführt, dass die Schätzungsmethode auch auf diese Jahre übertragen worden sei, weil die Buchhaltungsmängel auch in diesen Jahren vorgelegen seien, und Provisionen der Firmen R und L. "bisher nicht erfasst" und daher im Zuge der Prüfung nachversteuert worden seien.

Der Verwaltungsgerichtshof hat über die dagegen erhobene Beschwerde erwogen:

Im Spruch eines Einleitungsbescheides muss das dem Beschuldigten zur Last gelegte Verhalten, das als Finanzvergehen erachtet wird, in groben Umrissen beschrieben werden. Die einzelnen Fakten müssen dabei nicht "bestimmt", somit nicht in den für eine Subsumtion relevanten Einzelheiten geschildert werden. In der Begründung des Einleitungsbeschlusses ist darzulegen, von welchem Sachverhalt die Finanzstrafbehörde ausgegangen ist und welches schuldhafte Verhalten dem Beschwerdeführer vorgeworfen wird. Der Verdacht muss sich sowohl auf den objektiven als auch auf den subjektiven Tatbestand erstrecken (vgl. das hg. Erkenntnis vom 30. Jänner 2001, 2000/14/0109). Soferne ein Rechtsmittel nicht gemäß § 156 FinStrG zurückzuweisen ist, hat die Finanzstrafbehörde zweiter Instanz gemäß § 161 Abs. 1 FinStrG grundsätzlich in der Sache selbst zu entscheiden. Sie ist berechtigt, sowohl im Spruch als auch hinsichtlich der Begründung der Rechtsmittelentscheidung ihre Anschauung an die Stelle jener Finanzstrafbehörde erster Instanz zu setzen und das angefochtene Erkenntnis abzuändern (vgl. das hg. Erkenntnis vom 2. August 1995, 94/13/0282).

Vor diesem Hintergrund ist das Beschwerdevorbringen, es sei nicht im Gesetz begründet, dass die belangte Behörde als Behörde zweiter Instanz einen Bescheid der Behörde erster Instanz derart ergänzt, dass er dadurch den gesetzlichen Anforderungen entspricht, unzutreffend. Es ist nicht nur zulässig, sondern vor dem Gesetzesbefehl des § 161 Abs. 1 FinStrG (grundsätzlich) in der Sache selbst zu entscheiden, geboten, den allenfalls mangelhaften Spruch und/oder die allenfalls mangelhafte Begründung des erstinstanzlichen Bescheides zu ergänzen und zu komplettieren.

Keine Rechtswidrigkeit des angefochtenen Bescheides wird mit der Beschwerderüge aufgezeigt, es stelle sich als verfahrensrechtliche Willkür dar, Steuerbescheide unter Berufung auf einen BP-Bericht an ein- und demselben Tag zu erlassen. Es ist nicht zu erkennen, aus welchen Gründen der Zeitpunkt der Zustellung von Steuerbescheiden von Relevanz für die Frage sein sollte, ob im Bescheid über die Einleitung des Finanzstrafverfahrens der gegen den Beschwerdeführer erhobene Verdacht der Abgabenverkürzung ausreichend begründet wurde.

Der Vorwurf, ein dem "BP-Bericht" mangels Durchführung einer "Besprechung über das Ergebnis der Prüfung" anhaftender Mangel hindere die Heranziehung der Feststellungen der abgabenbehördlichen Prüfung zur Begründung des Verdachtes auf eine strafbare Handlung, ist im Beschwerdefall schon deswegen nicht nachvollziehbar, weil gegenständlich nach dem gemäß § 151 Abs. 3 BAO erstatteten Bericht über das Ergebnis der abgabenbehördlichen Prüfung vom 14. Dezember 2000, eine Schlussbesprechung sehr wohl und zwar am 6. Dezember 2000 stattgefunden hat. Der Beschwerdeführer hat nicht behauptet, dass diese Angabe unzutreffend gewesen wäre.

Ebenfalls keine Rechtswidrigkeit zeigt der Beschwerdeführer mit der nicht näher begründeten Behauptung auf, dem angefochtene Bescheid fehle "eine zureichende den erforderlichen" Verdacht rechtfertigende Begründung dafür, dass bei den herangezogenen Verdachtsmomenten die subjektive Tatseite gegeben sein sollte. Der Beschwerdeführer legt insbesondere nicht dar, inwiefern die im angefochtenen Bescheid enthaltene Begründung der subjektiven Tatseite unzureichend gewesen sei.

Hinsichtlich des Verdachtes, der Beschwerdeführer habe Umsatzsteuer für die Jahre 1998 und 1999 zu verkürzen versucht, enthält der angefochtene Bescheid allerdings keine ausreichende Beschreibung. Zutreffend weist der Beschwerdeführer darauf hin, dass eine im Spruch des angefochtenen Bescheides diesbezüglich zum Ausdruck gebrachte versuchte Abgabenverkürzung unter Verletzung der im § 119 ff BAO normierten abgabenrechtlichen Anzeige-, Offenlegungs- und Wahrheitspflicht "durch Abgabe unrichtiger Steuererklärungen für die Jahre 1995 bis 1997" nicht in Betracht kommt. Wodurch aber - verdachtsgemäß - die Abgabenverkürzung tatsächlich zu bewirken versucht wurde, wird im Spruch des angefochtenen Bescheides nicht aufgezeigt. Ob und inwiefern allenfalls die Offenlegungs- oder Wahrheitspflicht verletzt wurde, wird sachverhaltsbezogen nicht dargetan. Erst in der Gegenschrift zur Beschwerde bringt die belangte Behörde zum Ausdruck, dass gegenständlich die Abgabe von Umsatzsteuererklärungen unterlassen worden sei.

Der angefochtene Bescheid war daher insoweit, als er die Einleitung des Finanzstrafverfahrens hinsichtlich Umsatzsteuer 1998 und 1999 zum Gegenstand hat, gemäß § 42 Abs. 2 Z. 1 VwGG wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufzuheben.

Die Kostenentscheidung gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. II 333/2003.

Wien, am 22. September 2005

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