Normen
FrG 1997 §36 Abs1;
FrG 1997 §36 Abs2 Z1;
FrG 1997 §37 Abs1;
FrG 1997 §37 Abs2;
FrG 1997 §38 Abs1 Z3;
FrG 1997 §38 Abs1 Z4;
MRK Art8 Abs2;
SMG 1997 §28 Abs2;
SMG 1997 §28 Abs6;
FrG 1997 §36 Abs1;
FrG 1997 §36 Abs2 Z1;
FrG 1997 §37 Abs1;
FrG 1997 §37 Abs2;
FrG 1997 §38 Abs1 Z3;
FrG 1997 §38 Abs1 Z4;
MRK Art8 Abs2;
SMG 1997 §28 Abs2;
SMG 1997 §28 Abs6;
Spruch:
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
Begründung
I.
1. Mit dem im Instanzenzug ergangenen Bescheid der Sicherheitsdirektion für das Bundesland Wien (der belangten Behörde) vom 15. März 2004 wurde gegen den Beschwerdeführer, einen türkischen Staatsangehörigen, gemäß § 36 Abs. 1 und Abs. 2 Z. 1 des Fremdengesetzes 1997 - FrG, BGBl. I Nr. 75, ein unbefristetes Aufenthaltsverbot erlassen.
Der Beschwerdeführer lebe seit 16. Oktober 1990 rechtmäßig in Österreich und sei im Besitz eines unbefristeten Aufenthaltstitels.
Mit Urteil des Landesgerichtes für Strafsachen Wien vom 9. Juli 2001 sei er nach § 27 Abs. 1 SMG und § 15 StGB zu einer Freiheitsstrafe von zwei Monaten verurteilt worden, weil er zur Begleichung seiner Schulden von S 1.000,-- von seinen Gläubigern zwei Stangen von insgesamt 10 Gramm Haschisch übernommen habe, um diese zu verkaufen. In einem Nachtlokal habe der Beschwerdeführer am 8. März 2001 sodann 1,6 Gramm Haschisch an einen namentlich bekannten Abnehmer verkauft und habe die restlichen 8,6 Gramm zum Verkauf bereitgehalten.
Mit Urteil des Landesgerichtes für Strafsachen Wien vom 14. Februar 2002 sei der Beschwerdeführer wegen des teils vollendeten, teils versuchten Verbrechens nach § 28 Abs. 2 und 3 erster Fall SMG, § 15 Abs. 1 StGB unter Bedachtnahme auf das vorgenannte Urteil zu einer Zusatzstrafe von zehn Monaten rechtskräftig verurteilt worden, weil er von etwa Mitte Mai bis Mitte Juni 2001 von einem namentlich Bekannten wöchentlich etwa zwei bis drei Platten Cannabisharz zu jeweils 150 Gramm zum kommissionsweisen Weiterverkauf bekommen habe. Insgesamt ca. 1200 Gramm der so bezogenen Suchtgiftmenge habe er unter Gewinnaufschlägen an eine Vielzahl unbekannt gebliebener Konsumenten weiterverkauft. Bei einer Hausdurchsuchung am 14. Juni 2001 seien 300 Gramm Cannabisharz und 39 Stück Ecstasytabletten sichergestellt worden. Der Beschwerdeführer habe große Mengen Suchtgift in Verkehr gesetzt, um sich eine fortlaufende Einnahme zu verschaffen.
Mit Urteil vom 29. Mai 2002 sei eine weitere Verurteilung zu einer Zusatzstrafe in der Höhe von vier Jahren und zehn Monaten wegen des Verbrechens des schweren Raubes nach den §§ 142 Abs. 1 und § 143 erster und zweiter Fall StGB erfolgt, weil der Beschwerdeführer am 2. Dezember 2000 mit drei Mitbeschuldigten als Mitglied einer Bande unter Mitwirkung eines anderen Bandenmitgliedes einen anderen beraubt habe, wobei ein Mittäter dem Opfer ein Messer gegen die Hüfte gehalten habe. Die Täter hätten ihr Opfer gemeinsam in ein WC gedrängt, dort eingeschlossen und anschließend aus der Kasse und Automatenkassen insgesamt S 60.000,-- sowie ein Handy mitgenommen. Der Beschwerdeführer verbüße derzeit seine mehrjährige Haftstrafe.
Der im § 36 Abs. 2 Z. 1 FrG normierte Sachverhalt sei verwirklicht. Die Voraussetzungen zur Erlassung des Aufenthaltsverbotes im Grund des § 36 Abs. 1 leg. cit. seien gegeben. Der Beschwerdeführer sei ledig und habe keine Sorgepflichten. Familiäre Bindungen bestünden im Bundesgebiet zum Vater und zum Bruder, mit denen er im gemeinsamen Haushalt lebe. Seine Mutter, zu der er keinen Kontakt habe, lebe in der Türkei. Das Aufenthaltsverbot greife in das Privat- und Familienleben des Beschwerdeführers ein. Dieser Eingriff sei zur Erreichung der im Art. 8 Abs. 2 EMRK genannten Ziele dringend geboten. Die Einholung des vom Beschwerdeführer beantragten kriminalpsychologischen Gutachtens sei entbehrlich, weil die Verhaltensprognose aus der Sicht des Fremdengesetzes und nicht aus psychologischer Sicht zu treffen sei.
Bei der gemäß § 37 Abs. 2 FrG durchzuführenden Interessenabwägung sei auf die Dauer des inländischen Aufenthaltes Bedacht zu nehmen, gleichzeitig jedoch zu bedenken, dass die Integration des Beschwerdeführers in ihrer sozialen Komponente durch dessen schwer wiegendes strafbares Verhalten erheblich an Gewicht gemindert sei. Auch unter Bedachtnahme auf seine familiären Bindungen erweise sich das dem Beschwerdeführer insgesamt zuzuschreibende Interesse an einem Weiterverbleib im Bundesgebiet als gewichtig, wenn auch nicht als besonders ausgeprägt. Dem stünde das maßgebliche öffentliche Interesse an der Verhinderung weiterer strafbarer Handlungen gegenüber. Die Auswirkungen des Aufenthaltsverbotes auf die Lebenssituation des Beschwerdeführers wögen nicht schwerer als das in seinem Fehlverhalten begründete hohe öffentliche Interesse an einem Verlassen des Bundesgebietes. Die Erlassung des Aufenthaltsverbotes erweise sich daher auch im Sinn des § 37 Abs. 2 FrG als zulässig.
Aufenthaltsverbot-Verbotsgründe seien nicht gegeben. Da der Beschwerdeführer seine Niederlassung in Österreich erst im
12. Lebensjahr begründet habe, sei er nicht von klein auf hier aufgewachsen.
Die belangte Behörde sehe auch keine Veranlassung, von der Erlassung des Aufenthaltsverbotes im Rahmen des ihr zustehenden Ermessens Abstand zu nehmen. Eine solche Ermessensübung stünde angesichts der Höhe der gegen den Beschwerdeführer ausgesprochenen Freiheitsstrafe mit dem Sinn und Zweck des Gesetzes nicht in Übereinstimmung.
Das Aufenthaltsverbot sei unbefristet auszusprechen gewesen, weil nicht vorhergesehen werden könne, wann die vom Beschwerdeführer ausgehende Gefährdung der öffentlichen Ordnung und Sicherheit weggefallen sein werde.
2. Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde mit dem Begehren, ihn wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufzuheben.
II.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
1. In der Beschwerde bleibt die Auffassung der belangten Behörde, dass vorliegend der Tatbestand des § 36 Abs. 2 Z. 1 FrG verwirklicht sei, unbekämpft. Im Hinblick auf die unbestrittenen rechtskräftigen strafgerichtlichen Verurteilungen des Beschwerdeführers begegnet diese Beurteilung keinen Bedenken.
2. Die belangte Behörde hatte bei der Beurteilung der Frage, ob die im § 36 Abs. 1 FrG umschriebene Annahme gerechtfertigt ist, zu prüfen, ob sich aus dem gesamten Fehlverhalten des Fremden ableiten lässt, dass sein weiterer Aufenthalt die öffentliche Ordnung und Sicherheit oder andere im Art. 8 Abs. 2 EMRK genannte öffentliche Interessen gefährdet. Dabei ist - anders als bei der Frage, ob der Tatbestand des § 36 Abs. 2 Z. 1 FrG erfüllt ist - nicht auf die bloße Tatsache der Verurteilung des Fremden, sondern auf die Art und Schwere der zu Grunde liegenden Straftaten und das sich daraus ergebende Persönlichkeitsbild abzustellen (vgl. das hg. Erkenntnis vom 18. September 2001, Zl. 2000/18/0098).
Die Beschwerde bestreitet in diesem Zusammenhang nicht die im angefochtenen Bescheid enthaltenen Feststellungen zu den Straftaten des Beschwerdeführers, die seinen Verurteilungen zu Grunde liegen. In Anbetracht des gewerbsmäßigen Handels mit Suchtgift in einer großen Menge - sohin einer Suchtgiftmenge, die geeignet ist, Gewöhnung hervorzurufen und in großem Ausmaß eine Gefahr für das Leben oder die Gesundheit von Menschen herbeizuführen (vgl. § 28 Abs. 2 iVm Abs. 6 SMG) -, wobei die Wiederholungsgefahr bei der Suchtgiftkriminalität besonders groß ist, sowie im Hinblick darauf, dass der Beschwerdeführer als Mitglied einer Bande unter Mitwirkung eines anderen Bandenmitgliedes einen anderen beraubt hat, wobei ein Mittäter dem Opfer ein Messer gegen die Hüfte gehalten hat, begegnet auch die Auffassung der belangten Behörde, dass die im § 36 Abs. 1 FrG umschriebene Annahme gerechtfertigt sei, keinem Einwand.
3. Wenn die Beschwerde die Beurteilung nach § 37 FrG bekämpft, so zeigt sie ebenfalls keine Rechtswidrigkeit des angefochtenen Bescheides auf. Die belangte Behörde hat den inländischen Aufenthalt des Beschwerdeführers bis zur Erlassung des angefochtenen Bescheides und seine familiären und sonstigen Bindungen in Österreich berücksichtigt und zutreffend einen mit dem Aufenthaltsverbot verbundenen relevanten Eingriff im Sinn des § 37 Abs. 1 FrG angenommen. Sie hat jedoch - unter Bedachtnahme auf diese gewichtigen persönlichen Interessen - ebenso zutreffend den Standpunkt vertreten, dass die verhängte Maßnahme gemäß § 37 Abs. 1 FrG zulässig - weil zur Erreichung der in Art. 8 Abs. 2 EMRK genannten Ziele (Verhinderung weiterer strafbarer Handlungen, Schutz der Rechte Dritter und Schutz der Gesundheit) dringend geboten - sei, manifestiert sich doch in dem gewerbsmäßigen Handel mit Suchtgift in einer großen Menge sowie dem schweren Raub (vgl. I. 1.) die von ihm ausgehende massive Gefahr für die Allgemeinheit. Im Hinblick darauf erübrigte sich die Einholung des vom Beschwerdeführer beantragten Sachverständigengutachtens.
Was die Interessenabwägung im Grund des § 37 Abs. 2 FrG anlangt, so konnte auch diese nicht zu Gunsten des Beschwerdeführers ausgehen. Wenngleich die für seinen Verbleib in Österreich sprechenden persönlichen Interessen gewichtig sind, hat die belangte Behörde der durch sein gravierendes Fehlverhalten bewirkten Gefährdung der öffentlichen Interessen und damit den nachteiligen Folgen einer Abstandnahme von der Erlassung des Aufenthaltsverbotes - selbst wenn man berücksichtigt, dass, wie behauptet wird, der Beschwerdeführer in Österreich eine Lebensgefährtin habe - zutreffend kein geringeres Gewicht beigemessen als den Auswirkungen dieser Maßnahme auf seine Lebenssituation.
4.1. Schließlich ist auch das Beschwerdevorbringen unter dem Blickwinkel des § 38 Abs. 1 Z. 4 FrG nicht zielführend, denn der Beschwerdeführer ist im Hinblick darauf, dass er erst im zwölften Lebensjahr nach Österreich gekommen ist, nicht von klein auf im Inland aufgewachsen (vgl. hg. Erkenntnis vom 16. Dezember 2003, Zl. 2001/18/0189, mwN). Daher braucht nicht weiter darauf eingegangen zu werden, ob der Beschwerdeführer das - kumulativ zu erfüllende - zweite Tatbestandselement dieser Gesetzesstelle, "langjährig rechtmäßig niedergelassen", verwirklicht hat.
4.2. Da der Beschwerdeführer wegen einer gerichtlich strafbaren Handlung rechtskräftig zu mehr als zwei Jahren Freiheitsstrafe verurteilt worden ist, kann er auch den Tatbestand des § 38 Abs. 1 Z. 3 FrG nicht erfüllen.
5. Da somit bereits der Beschwerdeinhalt erkennen lässt, dass die behauptete Rechtsverletzung nicht vorliegt, war die Beschwerde gemäß § 35 Abs. 1 VwGG ohne weiteres Verfahren in nichtöffentlicher Sitzung als unbegründet abzuweisen.
6. Bei diesem Ergebnis erübrigt sich ein Abspruch über den mit der Beschwerde verbundenen Antrag, dieser aufschiebende Wirkung zuzuerkennen.
Wien, am 19. Mai 2004
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