VwGH 2004/15/0036

VwGH2004/15/003622.12.2004

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Vizepräsident Dr. W. Pesendorfer und die Hofräte Dr. Sulyok, Dr. Fuchs, Dr. Zorn und Dr. Mairinger als Richter, im Beisein der Schriftführerin Dr. Reinisch, über die Beschwerde des Bundes (Bundesminister für Land- und Forstwirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft) vertreten durch die Finanzprokuratur, 1011 Wien, Singerstraße 17-19, gegen den Bescheid der Steiermärkischen Landesregierung vom 19. Jänner 2004, GZ FA7A-485-20/95-6, betreffend Kommunalsteuer für das Jahr 1994 (mitbeteiligte Partei: Marktgemeinde I), zu Recht erkannt:

Normen

BAO §288 Abs1 litd;
BAO §93 Abs3 lita;
VwGG §41 Abs1;
BAO §288 Abs1 litd;
BAO §93 Abs3 lita;
VwGG §41 Abs1;

 

Spruch:

Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufgehoben.

Das Land Steiermark hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von EUR 991,20 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Mit dem angefochtenen Bescheid wurde die Vorstellung des Beschwerdeführers gegen den Bescheid des Gemeinderates der mitbeteiligten Partei vom 28. Juni 1995, mit welchem dem Beschwerdeführer als Betreiber der Höheren Bundeslehranstalt für alpenländische Landwirtschaft (HBLA) für das Jahr 1994 im Instanzenzug Kommunalsteuer vorgeschrieben wurde, abgewiesen. Der angefochtene Bescheid ist im fortgesetzten Verfahren ergangen, nachdem der Verwaltungsgerichtshof die Vorstellungsentscheidung der belangten Behörde vom 13. Juni 1996, Zl 7 - 485 - 20/95 - 2, auf Grund einer Beschwerde der mitbeteiligten Partei mit Erkenntnis vom 30. Oktober 2003, 99/15/0186, wegen inhaltlicher Rechtswidrigkeit aufgehoben hatte. Zur weiteren Sachverhaltsdarstellung wird auf dieses Erkenntnis verwiesen.

Im Erwägungsteil des zitierten Erkenntnisses 99/15/0186 wird ausgeführt:

"Der Unterricht an höheren land- und forstwirtschaftlichen Lehranstalten besteht aus einem allgemein bildenden Unterricht und einem Fachunterricht. Letzterer gliedert sich in einen theoretischen und - soweit ihn die Bildungs- und Lehraufgaben erforderlich machen - in einen praktischen Teil (§ 16 Abs. 1 leg. cit). Der gesetzliche Schulerhalter hat Vorsorge zu treffen, dass der praktische Unterricht in Lehreinrichtungen (wie Lehrbetrieb, Lehrhaushalt, Lehrwerkstätte) durchgeführt werden kann (§ 16 Abs. 2 leg. cit.). In Ergänzung des praktischen Unterrichts kann in den Lehrplänen zwischen den einzelnen Schulstufen eine Pflichtpraxis bis zum Ausmaß von viereinhalb Monaten vorgesehen werden.

Unter Beachtung der Intention des Gesetzgebers, wonach der kommunalsteuerliche Unternehmensbereich an jenem des UStG orientiert ist, ist von einer Identität des Begriffes 'land- und forstwirtschaftlicher Betrieb' iSd § 3 Abs. 3 KommStG mit dem des UStG auszugehen (vgl. Taucher, Kommunalsteuer, Rz 192ff zu § 3), wobei umsatzsteuerrechtlich die Begriffsbestimmung in Anlehnung an das Einkommensteuer- und Bewertungsrecht zu erfolgen hat (vgl. das Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 15. Dezember 1992, 92/14/0189). § 22 Abs. 3 UStG 1972 bzw. 1994 definiert als land- und forstwirtschaftlichen Betrieb einen solchen, dessen Hauptzweck auf die Land- und Forstwirtschaft gerichtet ist und zählt beispielhaft Betriebszweige auf, die als Landwirtschaft gelten (darunter Ackerbau, Wiesen- und Weidewirtschaft und Fischzucht). Was im Einzelfall zu einem land- und forstwirtschaftlichen Betrieb gehört, ist nach der Anschauung des Verkehrs zu beurteilen, wobei die örtliche Gewohnheit, die tatsächliche Übung, die Zweckbestimmung und die Zugehörigkeit der einzelnen Wirtschaftsgüter zu berücksichtigen sind (vgl. Mühlberger/Ott, Die Kommunalsteuer, V/93, unter Hinweis auf § 2 Abs. 1 BewG).

Die Beschwerdeführerin bringt vor, dass der Lehrbetrieb und der Lehrforst räumlich, organisatorisch, personell, wirtschaftlich und finanziell nicht untrennbar mit der Schule verbunden seien. Das Ausmaß der betrieblichen Tätigkeit und die Erzeugung land- und forstwirtschaftlicher Produkte gingen weit über die für die lehrplanmäßige Unterrichtserfüllung unumgänglichen schulischen Übungseinrichtungen hinaus. Wie insbesondere die Größe des Lehrforstes, dessen jagdwirtschaftliche Nutzung, die Größe des landwirtschaftlichen Betriebes und die teilweise Verpachtung von Produktionsflächen zeigten, würden die Betriebe der HBLA zu den kommunalsteuerpflichtigen land- und forstwirtschaftlichen Betrieben der Umgebung in weit größerem Umfang in Wettbewerb treten, als dies zur Erfüllung der hoheitlichen Zwecke unvermeidbar sei. Ganz im Gegenteil seien Lehrbetrieb und Lehrforst für sich gesehen auf die Erzielung von Einnahmen von erheblicher Bedeutung ausgerichtet und dienten nur nebenbei den Schülern für den praktischen Unterricht. Im Zuge ergänzender Erhebungen wäre daher bei jedem Teilbereich der HBLA (Schule, Heim, Forst und Lehrbetrieb, Verpachtung von Grundstücksflächen) gesondert zu prüfen gewesen, ob innerhalb dieser abgrenzbaren Betriebe jeweils die privatwirtschaftliche oder hoheitliche Tätigkeit überwiege. Wäre der Beschwerdeführerin das Ergebnis des Ermittlungsverfahrens vor Bescheiderlassung bekannt gegeben worden, hätte sie dessen Unvollständigkeit bereits im Verwaltungsverfahren aufzeigen können.

Die belangte Behörde stützt ihre aufhebende Vorstellungsentscheidung auf die Rechtsauffassung, bei 'Mischbetrieben' komme es für die Frage, ob der Betrieb als land- und forstwirtschaftlicher Betrieb oder als Hoheitsbetrieb qualifiziert werde, darauf an, welche Tätigkeit überwiege, wobei das Überwiegen danach beurteilt werde, ob die Einnahmen aus dem land- und forstwirtschaftlichen Betrieb größer oder kleiner seien als die Ausgaben aus dem Schulbereich.

Bei dieser Beurteilung übersieht die belangte Behörde, dass es im gegebenen Zusammenhang in erster Linie darauf ankommt, ob der land- und forstwirtschaftliche Betrieb, wie er sich im Beschwerdefall darstellt, für den Schul- und Forschungsbetrieb unbedingt notwendig ist (und damit durch die Führung des Betriebes dem gesetzlichen Auftrag zur Vorsorge für den praktischen Unterricht gemäß § 16 Abs. 2 Land- und forstwirtschaftliches Bundesschulgesetz entsprochen wird). Übersteigt der land- und forstwirtschaftliche Betrieb deutlich das für den Schulbetrieb im Sinne eines Hilfsbetriebes notwendige Ausmaß, liegt zur Gänze ein (kommunalsteuerpflichtiger) land- und forstwirtschaftlicher Betrieb im Sinne des § 3 Abs. 3 KommStG vor. Zur Überwiegenheitsprüfung im Rahmen eines Mischbetriebes kann der belangten Behörde im Übrigen auch nicht gefolgt werden, wenn sie das Verhältnis zwischen den Einnahmen des privatwirtschaftlichen Bereiches zu den Ausgaben des Hoheitsbereiches als das entscheidende Kriterium ansieht.

Der angefochtene Bescheid war daher wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufzuheben."

Im angefochtenen Bescheid sind - nach der Darstellung des Verwaltungsgeschehens - die Ausführungen des Erwägungsteiles des hg Erkenntnisses 99/15/0186 im Wesentlichen wörtlich wieder gegeben. Sodann wird ausgeführt, es komme im gegenständlichen Fall darauf an, ob der land- und forstwirtschaftliche Betrieb, wie er sich im Beschwerdefall darstelle, für den Schul- und Forschungsbetrieb unbedingt notwendig sei (und damit durch die Führung des Betriebes dem gesetzlichen Auftrag zur Vorsorge für den praktischen Unterricht gemäß § 16 Abs. 2 Land- und forstwirtschaftliches Bundesschulgesetz entsprochen werde). Übersteige der land- und forstwirtschaftliche Betrieb deutlich das für den Schulbetrieb im Sinne eines Hilfsbetriebes notwendige Ausmaß, liege zur Gänze ein (kommunalsteuerpflichtiger) land- und forstwirtschaftlicher Betrieb im Sinne des § 3 Abs. 3 KommStG vor. Bei dieser Überwiegenheitsprüfung im Rahmen eines Mischbetriebes sei das Verhältnis zwischen den Einnahmen des privatwirtschaftlichen Bereiches und den Ausgaben des Hoheitsbereiches nicht als das entscheidende Kriterium anzusehen. "Aus den oben genannten Gründen war daher unter Hinweis auf die Entscheidung des Verwaltungsgerichtshofes vom 30. Oktober 2003, Zl. 99/15/0186, der Vorstellung keine Folge zu geben."

Der Verwaltungsgerichtshof hat über die gegen diesen Bescheid erhobene Beschwerde erwogen:

Für die gebotene Begründung eines Bescheides hat der Verwaltungsgerichtshof in zahlreichen Erkenntnissen die Auffassung zum Ausdruck gebracht, dass eine solche Begründung erkennen lassen muss, welcher Sachverhalt der Entscheidung zugrunde gelegt wurde, aus welchen Erwägungen die belangte Behörde zur Einsicht gelangt ist, dass gerade dieser Sachverhalt vorliegt und aus welchen Gründen die Behörde die Subsumtion des Sachverhaltes unter einen bestimmten Tatbestand für zutreffend erachtet. Die Begründung eines Abgabenbescheides muss in einer Weise erfolgen, dass der Denkprozess, der in der behördlichen Erledigung seinen Niederschlag findet, sowohl für den Abgabepflichtigen als auch im Fall der Anrufung des Verwaltungsgerichtshofes für diesen nachvollziehbar ist (vgl das hg Erkenntnis vom 28. Mai 1997, 94/13/0200).

Von zentraler Bedeutung für die Tragfähigkeit der Begründung eines Bescheides im Sinne ihrer Eignung, dem Verwaltungsgerichtshof die ihm aufgetragene Gesetzmäßigkeitskontrolle zu ermöglichen, ist die zusammenhängende Darstellung des von der belangten Behörde festgestellten Sachverhaltes. Mit dieser ist nicht etwa die Wiedergabe des Verwaltungsgeschehens einschließlich des Vorbringens der Parteien gemeint. Gemeint ist mit der zusammenhängenden Sachverhaltsdarstellung als dem zentralen Begründungselement eines Bescheides die Anführung jenes Sachverhaltes, den die belangte Behörde als erwiesen annimmt und ihrer Entscheidung zugrunde legt.

Im angefochtenen Bescheid findet sich zwar die im gegenständlichen Fall - schon zufolge § 63 Abs 1 VwGG - zur Anwendung kommende Rechtsauffassung, es komme für die Frage der Kommunalsteuerpflicht darauf an, ob der land- und forstwirtschaftliche Betrieb für den Schul- und Forschungsbetrieb unbedingt notwendig sei oder ob er deutlich das für den Schulbetrieb im Sinne eines Hilfsbetriebes notwendige Ausmaß übersteige. Die im Hinblick auf diese Rechtsauffassung erforderlichen Sachverhaltsfeststellungen, ob der konkrete land- und forstwirtschaftliche Betrieb das notwendige Ausmaß im Sinne dieser rechtlichen Beurteilung übersteigt, enthält der angefochtene Bescheid nicht.

Der angefochtene Bescheid erweist sich daher als mit Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften belastet und war daher gemäß § 42 Abs 2 Z 3 VwGG aufzuheben.

Die Kostenentscheidung stützt sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. II Nr. 333/2003.

Wien, am 22. Dezember 2004

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