VwGH 2004/12/0030

VwGH2004/12/003014.5.2004

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Höß und die Hofräte Dr. Zens und Dr. Thoma als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Lamprecht, in der Beschwerdesache der Dr. R in K, vertreten durch Dr. Walter Riedl, Rechtsanwalt in 1010 Wien, Franz Josefs-Kai 5, gegen die Kärntner Landesregierung wegen der Verletzung der Entscheidungspflicht i.A. Änderung der Verwendung, den Beschluss gefasst:

Normen

VwGG §47;
VwGG §52 Abs1;
VwGG §55 Abs1 idF 1997/I/088;
VwGG §55 Abs1 Satz1;
VwGG §55 Abs2;
VwGG §56;
VwGG §58 Abs2 idF 1997/I/088;
VwGG §58 idF 1997/I/088;
VwGG §47;
VwGG §52 Abs1;
VwGG §55 Abs1 idF 1997/I/088;
VwGG §55 Abs1 Satz1;
VwGG §55 Abs2;
VwGG §56;
VwGG §58 Abs2 idF 1997/I/088;
VwGG §58 idF 1997/I/088;

 

Spruch:

1. Die Beschwerde wird, soweit in ihr der Ausspruch begehrt wird, dass die Verwendungsänderung einer Versetzung gleichzuhalten sei, sowie als solche gesetzwidrig und unzulässig, dementsprechend rückgängig zu machen sei, zurückgewiesen.

2. Im Übrigen wird die Beschwerde als gegenstandslos geworden erklärt und das Verfahren eingestellt.

3. Das Land Kärnten hat der Beschwerdeführerin Aufwendungen in der Höhe von EUR 1.171,20 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Die Beschwerdeführerin steht in einem öffentlich-rechtlichen Dienstverhältnis zum Land Kärnten. Ihre Dienststelle ist das Amt der Kärntner Landesregierung, wo sie in der Abteilung 20 - Landesplanung mit Angelegenheiten des Naturschutzes betraut war.

Mit Schriftsatz vom 17. Feber 2004, am 19. d.M. beim Verwaltungsgerichtshof eingelangt, erhob die Beschwerdeführerin gegen die Kärntner Landesregierung (die belangte Behörde) Säumnisbeschwerde. Sie brachte hierin vor, dass ihr mit einer - in einem Aktenvermerk vom 29. April 2003 festgehaltenen - Weisung der Großteil des genannten Aufgabengebietes entzogen worden sei. Die einer Versetzung gleichzuhaltende Verwendungsänderung hätte nicht durch den Abteilungsleiter (Vorstand der Abteilung 20 des Amtes der Kärntner Landesregierung) im Wege einer Weisung erfolgen dürfen, sondern durch Bescheid. Daraufhin habe sie mit Schreiben vom 27. Mai 2003 die bescheidmäßige Feststellung begehrt, dass die Befolgung dieser Weisung nicht zu ihren Dienstpflichten gehöre, da sie von einem unzuständigen Organ ergangen sei. Die begehrte Feststellung sei jedoch bislang nicht ergangen. Sie begehre daher,

"in Stattgebung (ihres) Antrages vom 27.5.2003 auszusprechen, dass die Befolgung der Weisung, die mit Aktenvermerk vom 29.4.2003 festgehalten wurde und durch die (ihr) weit überwiegend die Leitungsfunktion (die Agenden, auf die sich die Leitungsfunktion bezog) als Leiterin der Unterabteilung für Naturschutz innerhalb der Abeilung 20 des Amtes der Kärntner Landesregierung entzogen wurde, nicht zu (ihren) Dienstpflichten zählt und dass die dadurch bewirkte Verwendungsänderung einer Versetzung gleichzuhalten ist, sowie als solche gesetzwidrig und unzulässig, dementsprechend rückgängig zu machen ist. Als Vollzugsbehörde wolle die belangte Behörde bestimmt werden. ..."

Mit Verfügung vom 26. Februar 2004, der belangten Behörde am 5. März d.J. zugestellt, leitete der Verwaltungsgerichtshof das Vorverfahren über diese Säumnisbeschwerde ein und forderte die belangte Behörde gemäß § 36 Abs. 2 VwGG auf, binnen drei Monaten den versäumten Bescheid zu erlassen und eine Abschrift des Bescheides dem Verwaltungsgerichtshof vorzulegen oder anzugeben, warum eine Verletzung der Entscheidungspflicht nicht vorliege, und dazu gemäß § 36 Abs. 1 VwGG die Akten des Verwaltungsverfahrens vorzulegen.

Mit Erledigung vom 15. April 2004 teilte die belangte Behörde dem Verwaltungsgerichtshof mit, dass die vorliegende Beschwerde mittlerweile auf Grund einer Weisung des Landeshauptmannes vom 15. März 2004 an den Leiter der Abteilung 20 - Landesplanung, die Aufteilung der Tätigkeiten der Produktgruppe "Fachlicher Naturschutz" auf die Beschwerdeführerin und Herrn Mag. Dr. P. im Sinne der ursprünglichen Aufteilung vor In-Kraft-Treten der mittels Aktenvermerk vom 29. April 2003 verfügten Weisung wiederherzustellen, gegenstandslos geworden sei.

Hiezu nahm die Beschwerdeführerin - über Aufforderung des Verwaltungsgerichtshofes - in ihrem als "Klaglosstellungserklärung" bezeichneten Schriftsatz dahingehend Stellung, sie sehe sich "im Hinblick darauf als (faktisch) klaglos gestellt an, dass (ihre) frühere Verwendung (durch Weisung) wieder hergestellt wurde und auch keine (relevanten) finanziellen Nachwirkungen bestehen".

1. Zur Zurückweisung der Säumnisbeschwerde, soweit in ihr der Ausspruch begehrt wird, dass die Verwendungsänderung einer Versetzung gleichzuhalten sei, sowie als solche gesetzwidrig und unzulässig, dementsprechend rückgängig zu machen sei:

Wie eingangs dargestellt, ersuchte die Beschwerdeführerin in ihrer Eingabe vom 27. Mai 2003 nur um bescheidmäßige Feststellung, dass die Befolgung der besagten Weisung nicht zu ihren Dienstpflichten gehöre, weil sie von einem unzuständigen Organ ergangen sei.

Nach § 27 Abs. 1 VwGG kann - soweit im Beschwerdefall von Relavanz - Beschwerde wegen Verletzung der Entscheidungspflicht (Säumnisbeschwerde) nach Art. 132 B-VG erst erhoben werden, wenn die oberste Behörde, die im Verwaltungsverfahren, sei es im Instanzenzug, sei es im Wege eines Antrages auf Übergang der Entscheidungspflicht, angerufen werden konnte, von einer Partei angerufen worden ist und nicht binnen sechs Monaten, wenn aber das das einzelne Gebiet der Verwaltung regelnde Gesetz für den Übergang der Entscheidungspflicht eine kürzere oder längere Frist vorsieht, nicht binnen dieser in der Sache entschieden hat. Die Frist läuft von dem Tag, an dem der Antrag auf Sachentscheidung bei der Stelle eingelangt ist, bei der er einzubringen war.

Nach § 34 Abs. 1 VwGG sind Beschwerden, die sich wegen Versäumung der Einbringungsfrist oder wegen offenbarer Unzuständigkeit des Verwaltungsgerichtshofes nicht zur Verhandlung eignen oder denen offenbar die Einwendung der entschiedenen Sache oder der Mangel der Berechtigung zur Erhebung der Beschwerde entgegensteht, ohne weiteres Verfahren in nichtöffentlicher Sitzung mit Beschluss zurückzuweisen.

Eine offenbare Unzuständigkeit des Verwaltungsgerichtshofes liegt auch im Falle einer Säumnisbeschwerde vor, wenn eine Sachentscheidung ohne vorherige Anrufung der obersten Behörde begehrt wird (vgl. etwa den hg. Beschluss vom 29. Juli 1992, Zl. 91/12/0076).

Vorliegendenfalls begehrte die Beschwerdeführerin von der belangten Behörde keinen bescheidmäßigen Abspruch darüber, dass die Verwendungsänderung einer Versetzung gleichzuhalten sei, ihre Verfügung durch Weisung daher gesetzwidrig und unzulässig und dementsprechend rückgängig zu machen sei, sodass die belangte Behörde (als oberste Behörde) in diesem Umfang nicht angerufen worden war und diesbezüglich auch keine Entscheidungspflicht traf.

Die Säumnisbeschwerde war daher insoweit gemäß § 34 Abs. 1 iVm § 27 Abs. 1 VwGG ohne weiteres Verfahren als unzulässig zurückzuweisen.

2. Zur Einstellung des Verfahrens im Übrigen wegen Gegenstandslosigkeit:

Gemäß § 33 Abs. 1 erster Satz VwGG ist eine Beschwerde mit Beschluss als gegenstandslos geworden zu erklären und das Verfahren einzustellen, wenn in irgendeiner Lage des Verfahrens offenbar wird, dass der Beschwerdeführer klaglos gestellt wurde.

Bei einer Bescheidbeschwerde gemäß Art. 131 Abs. 1 Z. 1 B-VG ist unter einer "Klaglosstellung" nach § 33 Abs. 1 und § 56 erster Satz VwGG nur eine solche zu verstehen, die durch eine formelle Aufhebung des beim Verwaltungsgerichtshof angefochtenen Bescheides - im Besonderen durch die belangte Behörde oder die allenfalls in Betracht kommende Oberbehörde oder durch den Verfassungsgerichtshof - eingetreten ist. Dieser Fall einer formellen Klaglosstellung kommt bei der hier gegenständlichen Säumnisbeschwerde nicht in Betracht. Eine formelle Beendigung der Säumnis der belangten Behörde wäre demgegenüber nur dann eingetreten, wenn sie den versäumten Bescheid gemäß § 36 Abs. 2 VwGG nachgeholt hätte.

§ 33 Abs. 1 VwGG ist nach ständiger Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes aber nicht nur auf die Fälle der formellen Klaglosstellung beschränkt. Zur Verfahrenseinstellung führende Gegenstandslosigkeit der Beschwerde kann auch dann eintreten, wenn durch Änderungen maßgeblicher Umstände zeitlicher, sachlicher oder prozessualer Art das rechtliche Interesse des Beschwerdeführers an der Entscheidung wegfällt (vgl. zum Fall einer (teilweisen) Gegenstandslosigkeit einer Säumnisbeschwerde nach § 33 Abs. 1 VwGG den hg. Beschluss vom 25. April 2003, Zl. 2002/12/0010, mwN).

Die belangte Behörde tritt der Beschwerdebehauptung, wonach sie - betreffend das Feststellungsbegehren vom 27. Mai 2003 - eine Verletzung der Entscheidungspflicht traf, nicht entgegen. Die belangte Behörde nimmt auch nicht für sich in Anspruch, dass sie den - nach Ansicht der Beschwerdeführerin versäumten - Bescheid nachgeholt hätte, sondern sie erachtet die Säumnisbeschwerde deshalb als gegenstandslos geworden, weil die umstrittene Personalmaßnahme rückgängig gemacht worden sei.

Der Verwaltungsgerichtshof geht im Hinblick auf den Inhalt der "Klaglosstellungserklärung" der Beschwerdeführerin davon aus, dass sie durch eine meritorische Entscheidung des Verwaltungsgerichtshofes über die Säumnisbeschwerde nicht günstiger gestellt wäre als dies - ohne eine solche Entscheidung - schon durch die Wiederherstellung der Aufgabenverteilung der Fall ist. Es ist nicht Aufgabe des Verwaltungsgerichtshof, in einer Beschwerdesache zu entscheiden, wenn der Entscheidung nach der Sachlage - und nach dem übereinstimmenden Standpunkt der Parteien des verwaltungsgerichtlichen Verfahrens - keine praktische Bedeutung mehr zukäme. Damit ist aber das rechtliche Interesse der Beschwerdeführerin an einer Entscheidung des Verwaltungsgerichtshofes (über ihre Säumnisbeschwerde) weggefallen.

Nach dem Gesagten war daher die Säumnisbeschwerde im Übrigen, soweit die Verletzung der Entscheidungspflicht über das Feststellungsbegehren vom 27. Mai 2003 geltend gemacht wird, als gegenstandslos geworden zu erklären und das Verfahren einzustellen.

3. Zum Ausspruch über den Aufwandersatz:

Vorliegendenfalls hat die Beschwerdeführerin in einer Beschwerde die behauptete Säumnis der belangten Behörde mit der Erlassung mehrerer trennbarer Absprüche geltend gemacht. In einer solchen Konstellation ist § 52 Abs. 1 VwGG sinngemäß anzuwenden. Ebenso wie wenn von einem Beschwerdeführer in einer Beschwerde mehrere Verwaltungsakte angefochten wurden, so gilt auch im vorliegenden Fall, dass die Frage des Anspruches auf Aufwandersatz so zu beurteilen war, wie wenn die Säumnis mit jeder der begehrten Entscheidungen in einer gesonderten Säumnisbeschwerde geltend gemacht worden wäre.

Hinsichtlich der geltend gemachten Säumnis mit der Entscheidung, dass die Verwendungsänderung einer Versetzung gleichzuhalten sei, sowie als solche gesetzwidrig und unzulässig, dementsprechend rückgängig zu machen sei, war die Frage des Anspruches auf Aufwandersatz gemäß § 51 VwGG so zu beurteilen, wie wenn die Beschwerde abgewiesen worden wäre. Insoweit wäre der belangten Behörde Kostenersatz zugestanden. Ein solcher wurde von ihr aber nicht angesprochen, sodass eine diesbezügliche Kostenentscheidung zu unterbleiben hatte.

In Ansehung der im Übrigen geltend gemachten Säumnis gilt Folgendes:

§ 56 VwGG, nach welcher Bestimmung die Frage des Anspruches auf Aufwandersatz bei Klaglosstellung des Beschwerdeführers so zu beurteilen ist, als ob der Beschwerdeführer obsiegt hätte, kommt nur bei einer formellen Klaglosstellung zur Anwendung. Bei einer Bescheidbeschwerde kann die formelle Klaglosstellung nur durch Aufhebung des angefochtenen Bescheides, bei einer Säumnisbeschwerde - wie bereits ausgeführt - nur durch Nachholung des versäumten Bescheides bewirkt werden, wobei für diesen Fall der Klaglosstellung die Frage des Zuspruchs von Aufwandersatz in § 55 Abs. 1 zweiter Satz VwGG gesondert geregelt ist. Da - wie bereits ausgeführt - im vorliegenden Fall keine formelle Klaglosstellung durch Nachholung des versäumten Bescheides erfolgt ist, sondern das Interesse an einer Sachentscheidung des Verwaltungsgerichtshofes auf andere Weise weggefallen ist, ist die Frage des Aufwandersatzes nicht nach § 56 VwGG, sondern nach § 58 VwGG zu beurteilen.

Die belangte Behörde hat nach dem Vorgesagten den versäumten Bescheid nicht fristgerecht erlassen, sie hat auch keinen Grund aufgezeigt, der sie an der rechtzeitigen Bescheiderlassung gehindert hätte (vgl. § 55 Abs. 2 VwGG). Sie war daher gemäß § 58 Abs. 2 VwGG in Verbindung mit § 47 VwGG, insbesondere gemäß § 55 Abs. 1 erster Satz VwGG zum Kostenersatz verpflichtet. Da die Geltendmachung der Säumnis in diesem Umfang aus dem Grund des § 52 Abs. 1 VwGG wie eine gesonderte Beschwerde zu qualifizieren ist, steht der Beschwerdeführerin hiefür Kostenersatz unter Heranziehung der VwGH- Aufwandersatzverordnung 2003, BGBl. II Nr. 333, zu (vgl. hiezu wiederum den zitierten hg. Beschluss vom 25. April 2003).

Wien, am 14. Mai 2004

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