Normen
FSG 1997 §24 Abs4 idF 2002/I/081;
FSG 1997 §26 Abs5 idF 1998/I/002;
VwRallg;
FSG 1997 §24 Abs4 idF 2002/I/081;
FSG 1997 §26 Abs5 idF 1998/I/002;
VwRallg;
Spruch:
Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.
Der Bund ist schuldig, der Beschwerdeführerin Aufwendungen in der Höhe von EUR 991,20 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Mit Bescheid der Bezirkshauptmannschaft Mödling vom 24. Juli 2003 wurde die Beschwerdeführerin gemäß § 24 Abs. 1 und 4 iVm § 8 FSG aufgefordert, binnen zwei Wochen ab Zustellung des Bescheides "ein vom Amtsarzt erstelltes Gutachten" über ihre gesundheitliche Eignung zum Lenken von Kraftfahrzeugen der Klasse B "beizubringen". Die Erstbehörde begründete den Bescheid wie folgt:
"Auf Grund der Anzeige des Gendarmerieposten Maria Enzersdorf vom 13.09.2002 bestehen Bedenken, ob Sie zum Lenken von Kraftfahrzeugen der Klasse B weiterhin geeignet sind.
In einem solchen Fall muss die Behörde sofort die Beibringung eines amtsärztlichen Gutachtens, in dem die gesundheitliche Eignung zum Lenken von Kraftfahrzeugen festgestellt wird, anordnen (§ 24 Abs. 1 und 4 FSG).
Mit Schreiben vom 23.9.2002 wurde Ihnen mitgeteilt, dass daher beabsichtigt ist Sie bescheidmäßig aufzufordern, ein amtsärztliches Gutachten über Ihre gesundheitliche Eignung zum Lenken von Kraftfahrzeugen zu erbringen. Eine Stellungnahme dazu haben Sie nicht abgegeben.
Es war daher spruchgemäß zu entscheiden."
Mit dem angefochtenen Bescheid vom 3. November 2003 wies die belangte Behörde die dagegen von der Beschwerdeführerin erhobene Berufung ab. Zur Begründung führte sie Folgendes aus:
"Die Erstinstanz hat als Begründung für die gegenständliche Aufforderung die Anzeige des GP Maria Enzersdorf vom 13.09.2002 genannt, worin auf einen Vorfall vom 18.08.2002 Bezug genommen wird, wonach die Berufungswerberin ein äußerst auffälliges und nicht situationsangepasstes Verhalten an den Tag legte, dass Zweifel an der gesundheitlichen Eignung der Berufungswerberin zum Lenken von Kraftfahrzeugen vorhanden sind. Zudem lässt auch das aufbrausende Verhalten der Berufungswerberin gegenüber Mitarbeitern der Erstinstanz Bedenken aufkommen, ob die Berufungswerberin im Stande ist, ihre Emotionen beim Lenken eines Kraftfahrzeuges soweit zu beherrschen, dass die Verkehrssicherheit nicht beeinträchtigt ist und nicht neuerlich sie ein Verhalten, wie in der Anzeige des GP Maria Enzersdorf vom 02.08.1999 anlässlich eines Verkehrsunfalls mit Sachschaden, an den Tag legt. Die Aufforderung zur Beibringung eines amtsärztlichen Gutachtens erfolgte daher in Übereinstimmung mit § 24 Abs. 4 FSG.
Aus diesem Grund ist die Berufung abzuweisen."
Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde mit dem Antrag, den Bescheid kostenpflichtig aufzuheben.
Die belangte Behörde legte die Akten des Verwaltungsverfahrens vor und stellte den Antrag auf kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde.
Der Verwaltungsgerichtshof hat über die Beschwerde erwogen:
Im Hinblick auf den Zeitpunkt der Erlassung des angefochtenen Bescheides ist für die Überprüfung seiner Rechtmäßigkeit durch den Verwaltungsgerichtshof das FSG in der Fassung der Novelle BGBl. I Nr. 129/2002 maßgeblich.
Die einschlägigen Bestimmungen des FSG lauten (auszugsweise):
"§ 24. (1) Besitzern einer Lenkberechtigung, bei denen die Voraussetzungen für die Erteilung der Lenkberechtigung (§ 3 Abs. 1 Z 2 bis 4) nicht mehr gegeben sind, ist von der Behörde entsprechend den Erfordernissen der Verkehrssicherheit
1. die Lenkberechtigung zu entziehen
oder
2. die Gültigkeit der Lenkberechtigung durch Auflagen, Befristungen oder zeitliche, örtliche oder sachliche Beschränkungen einzuschränken. Diese Einschränkungen sind gemäß § 13 Abs. 2 in den Führerschein einzutragen.
...
(4) Bestehen Bedenken, ob die Voraussetzungen der gesundheitlichen Eignung noch gegeben sind, ist ein von einem Amtsarzt erstelltes Gutachten gemäß § 8 einzuholen und gegebenenfalls die Lenkberechtigung einzuschränken oder zu entziehen. Bei Bedenken hinsichtlich der fachlichen Befähigung ist ein Gutachten gemäß § 10 einzuholen und gegebenenfalls die Lenkberechtigung zu entziehen. Leistet der Besitzer der Lenkberechtigung innerhalb der festgesetzten Frist einem rechtskräftigen Bescheid mit der Aufforderung, sich ärztlich untersuchen zu lassen, die zur Erstattung des ärztlichen Gutachtens erforderlichen Befunde zu erbringen oder die Fahrprüfung neuerlich abzulegen, keine Folge, ist ihm die Lenkberechtigung bis zur Befolgung der Anordnung zu entziehen."
Die im Beschwerdefall einschlägigen Bestimmungen der FSG-GV lauten (auszugsweise):
"Allgemeine Bestimmungen über die gesundheitliche Eignung zum Lenken von Kraftfahrzeugen
§ 3. (1) Als zum Lenken von Kraftfahrzeugen einer bestimmten Fahrzeugklasse im Sinn des § 8 FSG gesundheitlich geeignet gilt, wer für das sichere Beherrschen dieser Kraftfahrzeuge und das Einhalten der für das Lenken dieser Kraftfahrzeuge geltenden Vorschriften
1. die nötige körperliche und psychische Gesundheit besitzt,
...
4. aus ärztlicher Sicht über die nötige kraftfahrspezifische psychophysische Leistungsfähigkeit verfügt.
...
Verkehrspsychologische Stellungnahme
§ 17. (1) Die Stellungnahme einer verkehrspsychologischen Untersuchungsstelle gemäß § 8 Abs. 2 FSG ist im Hinblick auf ein verkehrspsychologisch auffälliges Verhalten insbesondere dann zu verlangen, wenn der Bewerber um eine Lenkberechtigung oder der Besitzer einer Lenkberechtigung Verkehrsunfälle verursacht oder Verkehrsverstöße begangen hat, die den Verdacht
- 1. auf verminderte kraftfahrspezifische Leistungsfähigkeit oder
- 2. auf mangelnde Bereitschaft zur Verkehrsanpassung
erwecken. Mangelnde Bereitschaft der Verkehrsanpassung ist jedenfalls dann anzunehmen, wenn einem Lenker innerhalb eines Zeitraumes von fünf Jahren die Lenkberechtigung drei Mal entzogen wurde, oder wenn ein Lenker wegen einer Übertretung gemäß § 99 Abs. 1 lit. b oder c StVO 1960 bestraft wurde.
..."
Dem Beschwerdefall liegt ein Aufforderungsbescheid gemäß § 24 Abs. 4 letzter Satz FSG in der Fassung der 5. Führerscheingesetz-Novelle zu Grunde. Im Unterschied zur außer Kraft getretenen Fassung des § 26 Abs. 5 FSG hat sich - im gegebenen Zusammenhang - die bescheidmäßige Aufforderung nun darauf zu richten, der Betreffende habe "sich ärztlich untersuchen zu lassen" bzw. "die zur Erstattung des ärztlichen Gutachtens erforderlichen Befunde zu erbringen". Für eine Aufforderung zur Beibringung eines von einem Amtsarzt erstellten Gutachtens, wie dies nach der Fassung des § 26 Abs. 5 FSG vorgesehen war, besteht nunmehr keine gesetzliche Grundlage. Schon deshalb hat die belangte Behörde den angefochtenen Bescheid mit Rechtswidrigkeit seines Inhaltes belastet.
Darüber hinaus hat die belangte Behörde verkannt, dass ein Aufforderungsbescheid gemäß § 24 Abs. 4 letzter Satz FSG nach wie vor nur zulässig ist, wenn begründete Bedenken dahin bestehen, dass der Inhaber der Lenkberechtigung die gesundheitliche Eignung zum Lenken von Kraftfahrzeugen derjenigen Klassen, die von seiner Lenkberechtigung erfasst werden, nicht mehr besitzt. Hierbei geht es zwar noch nicht darum, konkrete Umstände zu ermitteln, aus denen bereits mit Sicherheit auf das Fehlen einer Erteilungsvoraussetzung geschlossen werden kann, es müssen aber genügend begründete Bedenken in dieser Richtung bestehen, die die Prüfung des Vorliegens solcher Umstände geboten erscheinen lassen (vgl. das hg. Erkenntnis vom 20. April 2004, Zl. 2003/11/0243, mit weiterem Hinweis). Im vorliegenden Zusammenhang wäre der Aufforderungsbescheid daher nur dann rechtens, wenn ausreichende Anhaltspunkte für den Verdacht bestanden hätten, der Beschwerdeführerin ermangle es wegen Fehlens der Bereitschaft zur Verkehrsanpassung an der gesundheitlichen Eignung zum Lenken von Kraftfahrzeugen.
Die belangte Behörde begnügte sich im angefochtenen Bescheid mit einem Verweis auf den Inhalt der Anzeige "vom 13.09.2002" und Hinweisen auf angedeutete weiter Verhaltensweisen der Beschwerdeführerin. Eine Auseinandersetzung mit dem wesentlichen Inhalt der bezogenen "Anzeige" und dem "Vorfall vom 18.06.2002" fehlt ebenso wie konkrete Feststellungen über ein von der Beschwerdeführerin "gegenüber Mitarbeitern der Erstinstanz" oder anlässlich eines den Gegenstand der Anzeige vom 2. August 1999 bildenden Verkehrsunfalls an den Tag gelegtes Verhalten. Da somit die Begründung des angefochtenen Bescheides - wie im Übrigen auch die Begründung des erstinstanzlichen Bescheides - nicht einmal ansatzweise erkennen lässt, welcher Sachverhalt Bedenken an der gesundheitlichen Eignung der Beschwerdeführerin zum Lenken von Kraftfahrzeugen erweckt, ist der angefochtene Bescheid auch aus diesem Grund mit Rechtswidrigkeit belastet.
Der angefochtene Bescheid war aus diesen Erwägungen wegen Rechtswidrigkeit seines Inhalts gemäß § 42 Abs. 2 Z 1 VwGG aufzuheben.
Der Ausspruch über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der VwGH-Aufwandersatzverordnung 2003, BGBl. II Nr. 333.
Wien, am 6. Juli 2004
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