Normen
AVG §56;
AVG §58;
AVG §68 Abs1;
VerwGesG 1936 §4 Abs1;
VerwGesG 1936 §5 Abs3;
VwGG §34 Abs1;
VwRallg;
AVG §56;
AVG §58;
AVG §68 Abs1;
VerwGesG 1936 §4 Abs1;
VerwGesG 1936 §5 Abs3;
VwGG §34 Abs1;
VwRallg;
Spruch:
Die Beschwerde wird zurückgewiesen.
Begründung
Mit Schreiben vom 18. Juli 2003 teilte der Staatssekretär für Kunst und Medien im Bundeskanzleramt der beschwerdeführenden Gesellschaft mit, dass gemäß § 5 Abs. 1 und 2 des Verwertungsgesellschaftengesetzes, BGBl. Nr. 112/1936 (VerwGesG), mit der Funktion des Staatskommissärs für die Verwertungsgesellschaft mit sofortiger Wirksamkeit Herr S. F. betraut werde. Gleichzeitig werde der bisherige Staatskommissär Ministerialrat Mag. J. H. abberufen. Der Aufgabenbereich des Staatskommissärs ergebe sich aus § 5 Abs. 3 des Verwertungsgesellschaftengesetzes im Zusammenhang mit den einschlägigen Vorschriften des Urheberrechtsgesetzes. Die Vergütung der Tätigkeit des Staatskommissärs bleibe mit EUR 139,53 monatlich unverändert. Sie sei von der Verwertungsgesellschaft - da es sich um keinen öffentlich Bediensteten mit Nebentätigkeit handle - direkt an den Staatskommissär auszuzahlen.
Mit Beziehung auf dieses Schreiben begehrte die beschwerdeführende Gesellschaft mit Schreiben vom 17. Oktober 2003 die Erlassung eines entsprechenden Bescheides. Sie führte unter anderem aus, dass in mehreren Bereichen - darunter Datenschutz und Verschwiegenheitspflicht - "Unklarheiten" bestünden.
Den Gegenstand der Beschwerde bilden zwei vom 12. Februar 2004 datierte, "Für den Bundeskanzler: J. H."
gefertigte und an den Aufsichtsratsvorsitzenden sowie die Vorstandsvorsitzende der beschwerdeführenden Verwertungsgesellschaft gerichtete Schreiben mit folgendem Inhalt:
"Sehr geehrter Herr Vorsitzender! (Sehr geehrte Frau Vorsitzende!)
Wie Ihnen sicher bekannt ist, ist in § 5 Abs. 3 VerwGesG für Organe und Angestellte der Verwertungsgesellschaft verpflichtend vorgesehen, dass sie dem Staatskommissär die von ihm verlangten Auskünfte über alle die Geschäftsführung betreffenden Angelegenheiten erteilen und ihm in die Geschäftsbücher und die übrigen Schriften der Verwertungsgesellschaft Einsicht gewähren. Wie uns von dem für die V. zuständigen Staatskommissär, Prof. S. F., mitgeteilt wurde, kommt die V. dieser Verpflichtung derzeit nicht nach.
Hingewiesen sei in diesem Zusammenhang insbesondere auf zwei Telefonate zwischen dem Geschäftsführer der V, Dr. D., und Prof. F.. Sowohl am 16.12.2003 als auch am 08.01.2004 wurden laut Mitteilung des Staatskommissärs Auskünfte über die die Geschäftsführung betreffenden Angelegenheiten mit der Begründung verweigert, dass sich der Geschäftsführer dafür erst eine 'Erlaubnis' holen müsse. Er bezog sich dabei auf einen von ihm erwähnten Vorstandsbeschluss.
In weiterer Folge beabsichtigte Prof. F. die Räumlichkeiten der V. persönlich aufzusuchen, um dort Auskünfte über die die Geschäftsführung betreffenden Angelegenheiten zu erlangen und Einsicht in die Geschäftsbücher und die übrigen Schriften der Verwertungsgesellschaft zu erhalten. Auch dies wurde durch den Geschäftsführer der V., trotz Hinweis auf die nach § 5 Abs. 3 bestehenden Verpflichtungen, verwehrt.
Unter Bezugnahme auf § 4 Abs. 1 VerwGesG muss daher die Erfüllung der gem. § 5 Abs. 3 VerwGesG obliegenden Pflichten eingemahnt werden: Insofern wäre dem Staatskommissär Einsicht in die beglaubigten Protokolle von Sitzungen des Aufsichtsrates, des Vorstandes oder beider Gremien, insbesondere derer vom 09.10.2003, zu gewähren, der Staatskommissär über Sitzungstermine der beiden Gremien unter Angabe der Tagesordnung rechtzeitig schriftlich zu verständigen und ihm die mittels Fax vom 03.11.2003 übermittelten Fragen zu beantworten. Das Bundeskanzleramt geht davon aus, dass diese Auskünfte umgehend ohne jegliche Verzögerung von der V. erteilt werden.
Das Bundeskanzleramt geht weiters davon aus, dass dieser Mahnung Folge geleistet und die V. ihre gesetzlich vorgesehenen Auskunftspflichten gegenüber dem Staatskommissär zukünftig erfüllen wird."
Gegen diese - von ihr als "Bescheid des Bundeskanzleramtes vom 12. Februar 2004, GZ BKA-200.003/0010-II/3/2004" bezeichnete - Erledigung richtet sich die Beschwerde, die als belangte Behörde "Republik Österreich, Bundeskanzleramt, Staatssekretär für Kunst und Medien" bezeichnet.
Die Beschwerde legt ausführlich die Gründe dar, aus denen der in Rede stehenden Erledigung nach ihrer Auffassung Bescheidcharakter zukäme. Unter anderem wird dargelegt, die belangte Behörde weise darauf hin, dass es sich bei dem Schreiben um eine Mahnung im Sinne des § 4 VerwGesG handle. Als Bescheidspruch sei der vorletzte Absatz des Schreibens anzusehen, womit die Erfüllung bestimmter Verpflichtungen nach dem VerwGesG ausdrücklich eingemahnt und der beschwerdeführenden Gesellschaft aufgetragen werde, insbesondere bestimmt angeführte Informationspflichten gegenüber dem Staatskommissär zu erfüllen. Bei eine solchen Mahnung handle es sich um einen Rechtsakt, dem nach dem VerwGesG besondere Bedeutung zukäme, da die belangte Behörde nach § 4 Abs. 1 VerwGesG im Falle einer Nichtbefolgung der ausgesprochenen Mahnung die Betriebsgenehmigung zu widerrufen habe. Für den Bescheidcharakter des Schreibens spreche aber auch eine verfassungskonforme Interpretation des § 5 VerwGesG. Nach der ständigen Rechtsprechung des Verfassungsgerichtshofes sei die verbindliche Gestaltung von Rechtsverhältnissen und die behördliche Festlegung von so gravierenden Rechtsfolgen wie sie mit dem Schreiben des Bundeskanzleramtes vom 12. Februar 2004 verbunden seien, an jene Rechtsform zu binden, die einen entsprechenden - verfassungsgesetzlich vorgesehenen - Rechtsschutz ermöglicht. Würde man das drastisch in die Rechtssphäre der Beschwerdeführerin eingreifende Schreiben nicht als Bescheid qualifizieren, wäre eine Überprüfung der Rechtmäßigkeit durch die Gerichtshöfe des öffentlichen Rechts nicht möglich. Die (der Entziehung der Betriebsgenehmigung) vorgelagerte Mahnung wäre daher in verfassungskonformer Interpretation im Hinblick auf den zu gewährenden Rechtsschutz als Bescheid anzusehen.
Bescheide nach § 56 AVG sind individuelle, hoheitliche Erledigungen der Verwaltungsbehörde, durch die in bestimmten Verwaltungssachen in einer förmlichen Weise über Rechtsverhältnisse materiell-rechtlicher oder formell-rechtlicher Art abgesprochen wird, sei es, dass Rechtsverhältnisse festgestellt, sei es, dass sie gestaltet werden. Enthält eine an eine bestimmte Person gerichtete Erledigung die Bezeichnung der Behörde, den Spruch und die Unterschrift oder auch die Beglaubigung, dann ist das Fehlen der ausdrücklichen Bezeichnung als Bescheid für den Bescheidcharakter der Erledigung unerheblich. Auf die ausdrückliche Bezeichnung als Bescheid kann aber nur dann verzichtet werden, wenn sich aus dem Spruch eindeutig ergibt, dass die Behörde nicht nur einen individuellen Akt der Hoheitsverwaltung gesetzt hat, sondern auch, dass sie normativ, also entweder rechtsgestaltend oder rechtsfeststellend, eine Angelegenheit des Verwaltungsrechts entschieden hat. In jedem Fall, in dem der Inhalt einer Erledigung Zweifel über den Bescheidcharakter entstehen lässt, ist die ausdrückliche Bezeichnung als Bescheid für den Bescheidcharakter der Erledigung essenziell (vgl. den Beschluss des Verwaltungsgerichtshofes vom 15. September 2003, Zl. 2002/10/0014 mwN). Die Rechtskraftfähigkeit der Erledigung ist kein neben der normativen Natur derselben selbständig anzuführendes Merkmal eines Bescheides, weil die Rechtskraftfähigkeit nicht Ursache, sondern Folge der normativen Natur der Erledigung ist. Hinweise, Mitteilungen, die Wiedergabe einer Rechtsansicht, von Tatsachen, der Hinweis auf Vorgänge des Verfahrens, Rechtsbelehrungen udgl. können nicht als verbindliche Erledigung im Sinne des § 58 AVG gewertet werden (vgl. zB den Beschluss des Verwaltungsgerichtshofes vom 11. Juni 2001, Zl. 2001/10/0084 mwN).
Die vorliegende Erledigung ist weder nach ihrem Inhalt noch nach ihrer äußeren Form als Bescheid ausgestaltet; sie ist auch nicht als Bescheid bezeichnet. Der von der Beschwerde als Spruch angesehenen Textpassage kann nicht entnommen werden, dass damit normativ, also rechtsgestaltend oder rechtsfeststellend, eine Angelegenheit des Verwaltungsrechts entschieden worden wäre. Vielmehr handelt es sich im Sinne der oben wiedergegebenen Rechtsprechung um Hinweise und die Wiedergabe einer Rechtsansicht.
Zieht man zur Auslegung der von der Beschwerde als "Spruch" angesehenen Textpassage den weiteren Inhalt des Schreibens heran, ergibt sich, dass dieses erkennbar keine auf ein Ermittlungsverfahren zurückgehenden eigenständigen Feststellungen enthält, sondern (auf der Sachverhaltsebene) lediglich Mitteilungen des Staatskommissärs referiert, und auch zu den von der beschwerdeführenden Gesellschaft zuvor im Zusammenhang mit der Bestellung des Staatskommissärs aufgeworfenen Rechtsfragen nicht Stellung nimmt. Auch dies spricht gegen die Annahme der Beschwerde, dass die Erledigung einen Bescheid darstelle.
Auch unter Zugrundelegung der gesetzlichen Regelung als Deutungsschema der Erledigung ergibt sich nichts Anderes:
Eine Verwertungsgesellschaft im Sinne des § 1 des Verwertungsgesellschaftengesetzes, BGBl. Nr. 112/1936 (VerwGesG), darf nur mit besonderer Genehmigung des Bundesministers für Unterricht (jetzt: des Bundeskanzlers) betrieben werden. Im Zusammenhang mit dieser Genehmigung, der Aufsicht über die Verwertungsgesellschaften und der Stellung des Staatskommissärs ordnen die §§ 4 und 5 VerwGesG Folgendes an:
"§ 4. (1) Die Genehmigung wird ohne zeitliche Beschränkung erteilt. Sie wird vom Bundesminister für Unterricht (§ 28, Absatz 2) widerrufen, wenn eine Verwertungsgesellschaft die ihr nach diesem Gesetz obliegenden Aufgaben und Pflichten trotz vorheriger Mahnung nicht gehörig erfüllt.
(2) Wird die Genehmigung widerrufen, so hat der Bundesminister für Unterricht (§ 28, Absatz 2) die zur Wahrung und Nutzbarmachung der der Verwertungsgesellschaft zustehenden Vortrags-, Aufführungs- oder Senderechte notwendigen einstweiligen Annordnungen durch Verordnung zu treffen.
(3) Die Erteilung der Genehmigung und ihr Widerruf sind im Bundesgesetzblatt kundzumachen.
§ 5. (1) Die Verwertungsgesellschaften unterliegen der Aufsicht des Bundesministers für Unterricht. Die Kosten der Aufsicht sind von den Verwertungsgesellschaften dem Bundesministerium für Unterricht in dem von diesem festgesetzten Ausmaße zu ersetzen.
(2) Für jede Verwertungsgesellschaft wird vom Bundesminister für Unterricht (§ 28, Absatz 2) ein Staatskommissär und erforderlichenfalls ein Stellvertreter bestellt.
(3) Der Staatskommissär hat darauf zu achten, dass die Verwertungsgesellschaft die ihr nach diesem Gesetz obliegenden Aufgaben und Pflichten gehörig erfüllt. Die Organe und Angestellten der Verwertungsgesellschaft sind verpflichtet, dem Staatskommissär die von ihm verlangten Auskünfte über alle die Geschäftsführung betreffenden Angelegenheiten zu erteilen und ihm in die Geschäftsbücher und die übrigen Schriften der Verwertungsgesellschaft Einsicht zu gewähren. Der Staatskommissär hat über seine Wahrnehmungen dem Bundesminister für Unterricht nach dessen Weisungen, mindestens aber einmal in jedem Jahre zu berichten."
Soweit in der Erledigung davon die Rede ist, es "wäre" dem Staatskommissär (umgehend) Einsicht in die beglaubigten Protokolle von Sitzungen des Aufsichtsrates, des Vorstandes oder beider Gremien, insbesondere derer vom 09.10.2003, zu gewähren, der Staatskommissär über Sitzungstermine der beiden Gremien unter Angabe der Tagesordnung rechtzeitig schriftlich zu verständigen und ihm die mittels Fax vom 03.11.2003 übermittelten Fragen zu beantworten, ist nicht ersichtlich, dass damit entsprechende Verpflichtungen in einer der Rechtskraft fähigen und der Vollstreckung zugänglichen Weise begründet oder der Rechtskraft fähige Feststellungen über den Widerruf der Betriebsgenehmigung begründende Pflichtverletzungen getroffen worden wären. Soweit die Beschwerde die Auffassung vertritt, die in § 4 Abs. 1 VerwGesG erwähnte, die Voraussetzung der Entziehung der Betriebsbewilligung darstellende "Mahnung" müsse aus Rechtsschutzgründen als Bescheid ausgestaltet sein, ist zu erwidern, dass solche Überlegungen eine Erledigung, die nach Inhalt und Form keinen Bescheid darstellt, nicht zum Bescheid qualifizieren können. Im Übrigen ordnet § 4 Abs. 1 VerwGesG nicht an, dass die in dieser Gesetzesstelle angesprochene Mahnung in Bescheidform zu ergehen hätte.
Mangels Vorliegens eines Bescheides war die Beschwerde gemäß § 34 Abs. 1 VwGG als unzulässig zurückzuweisen.
Wien, am 18. Mai 2004
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