Normen
GrEStG 1987 §2 Abs2 Z2;
GrEStG 1987 §2 Abs2 Z2;
Spruch:
Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit des Inhaltes aufgehoben.
Der Bund hat dem Beschwerdeführer Aufwendungen in der Höhe von EUR 1.088,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Der beschwerdeführende Verein (in der Folge kurz: Verein) hat am 24. Juli bzw. 21. August 1990 mit der L. KG eine als Leasingvertrag bezeichnete Vereinbarung abgeschlossen, in der als Leasinggegenstand "das Grundstück Nr. ... samt dem (den) auf Grund des Bestandsvertrages zwischen der Stadtgemeinde K. und der L. KG ... darauf als Superädifikat ... errichteten Gebäude (Tennisstadion)" angeführt wurde. Weiter heißt es in der Vereinbarung auszugsweise:
"Das Leasingverhältnis beginnt mit Unterfertigung dieses Vertrages und wird auf unbestimmte Zeit abgeschlossen.... Der Leasingnehmer ist berechtigt, den Leasinggegenstand zu jeder Tag- und Nachtzeit, auch an Samstagen, Sonn- und Feiertagen zu benützen."
Mit Bescheid vom 2. Oktober 1990 hat das Finanzamt für Gebühren und Verkehrsteuern in Innsbruck die Gebühr für das genannte Rechtsgeschäft gemäß § 33 TP 5 Abs. 1 Z 1 GebG 1957 mit 1 % der Bemessungsgrundlage in der Höhe von S 8,054.193,60, das sind S 80.542,-- - gemäß § 200 Abs. 1 BAO vorläufig - festgesetzt. Nach der Begründung liege ein Bestandverhältnis auf unbestimmte Zeit vor, weshalb als Bemessungsgrundlage das 36-fache Monatsentgelt heranzuziehen sei.
Mit Bescheid vom 19. Dezember 1994 setzte die eben genannte Behörde die Gebühr für den "Leasingvertrag" - gemäß § 200 Abs. 3 BAO endgültig - mit S 83.304,-- fest, weil die wiederkehrenden monatlichen Leistungen des Vereins höher wären, als im Bescheid vom 2. Oktober 1990 angenommen worden sei.
Mit Bescheid vom 26. Jänner 1995 verfügte das Finanzamt für Gebühren und Verkehrsteuern in Innsbruck - unter gleichzeitiger Aufhebung des Bescheides vom 19. Dezember 1994 - die Wiederaufnahme des Verfahrens mit der Begründung, eine Betriebsprüfung beim "Leasinggeber" L. KG habe ergeben, dass kein gebühren-, sondern ein grunderwerbsteuerpflichtiges Rechtsgeschäft vorliege.
Mit Bescheid vom 30. Jänner 1995 setzte das Finanzamt für Gebühren und Verkehrsteuern in Innsbruck für den "Leasingvertrag samt Zusatzvereinbarung vom 24. 7. 1990" die Grunderwerbsteuer mit 3,5 % von der Gegenleistung in der Höhe von S 52,777.842,--, somit mit S 1,847.224,--, fest. Die in diesem Bescheid in Aussicht gestellte gesonderte Begründung findet sich nicht im Verwaltungsakt. Aus dem im Akt einliegenden Schreiben der "Großbetriebsprüfung Innsbruck" vom 9. Jänner 1995 an die erstinstanzliche Behörde ergibt sich, dass die Abgabenbehörde das Eigentum am Leasinggegenstand nach wirtschaftlicher Betrachtungsweise dem Verein zurechnete.
In der gegen diesen Bescheid erhobenen Berufung brachte der Verein - soweit für das vorliegende Verfahren wesentlich - vor, der zwischen der Stadtgemeinde K. und der L. KG geschlossene Bestandvertrag sei grundverkehrsbehördlich nicht genehmigt worden; eine solche Genehmigung sei jedoch nach dem Tiroler Grundverkehrsgesetz (TGVG) erforderlich, weil ein Teil des Areals, auf dem sich das Tennisstadion befinde, nicht die erforderlich Widmung besitze. Es sei daher zu erwarten, dass die Grundverkehrsbehörde den abgeschlossenen Vertrag für nichtig erkläre. Wenn der Vertrag nichtig sei, sei auch die grundbücherliche Eintragung des Superädifikates für die L. KG zu löschen. Sei die L. KG aber nicht Eigentümerin des Superädifikates, könne sie dem Verein weder zivilrechtlich noch wirtschaftlich Eigentum am Superädifikat verschaffen.
Mit Berufungsvorentscheidung vom 16. November 1999 hat die Abgabenbehörde erster Instanz die Berufung als unbegründet abgewiesen. Nach der Begründung liege ein "Teilamortisationsvertrag" vor, nach dem - zusammengefasst - der Verein das Risiko der Wertminderung und die Chance der Wertsteigerung trage. Das Stadion sei daher zum Vermögensbestand des Vereins zu zählen, weshalb die Grunderwerbsteuer zu Recht vorgeschrieben worden sei.
In der Folge stellte der Verein den Antrag, die Berufung der belangten Behörde vorzulegen.
Nach Vorliegen des Erkenntnisses vom 28. Mai 2002, Zl. 99/14/0109, in dem der Verwaltungsgerichtshof den in Rede stehenden Vertrag aus umsatzsteuerrechtlicher Sicht dahin beurteilte, dass hinsichtlich des Superädifikates wirtschaftliches Eigentum auf den Verein übergegangen sei, erließ die belangte Behörde den nunmehr vor dem Verwaltungsgerichtshof angefochtenen Bescheid, mit dem sie die Berufung als unbegründet abgewiesen hat. In der Begründung gab sie Teile des "Leasingvertrages" und der Zusatzvereinbarung vom 23. bzw. 24. Juli 1990 sowie den Gang des Verwaltungsverfahrens wieder und stellte die nach Meinung der belangten Behörde anzuwendende Rechtslage und die einschlägige Rechtsprechung dar. In rechtlicher Hinsicht erachtete die belangte Behörde den vom Verein behaupteten Verstoß gegen den Grundsatz von Treu und Glauben als nicht gegeben und zweifelte nicht an der Wirksamkeit des "Leasingvertrages". Bei der Beurteilung dieser Vereinbarung schloss sie sich der im genannten Erkenntnis vom 28. Mai 2002 vom Verwaltungsgerichtshof geäußerten Rechtsansicht an und kam zu dem Ergebnis, dass wegen der Zurechnung des "Leasingobjektes" im Rahmen eines "Teilamortisationsvertrages" der Verein wirtschaftlich Eigentum bzw. die Verfügungsmöglichkeit im Sinne des § 1 Abs. 2 GrEStG 1987 erworben habe, weshalb ein grunderwerbsteuerpflichtiger Tatbestand vorliege.
Gegen diesen Bescheid richtet sich die Rechtswidrigkeit des Inhaltes und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften geltend machende Beschwerde. Der Verein erachtet sich erkennbar in seinem Recht verletzt, dass ihm auf Grund des "Leasingvertrages" nicht Grunderwerbsteuer vorgeschrieben werde.
Die belangte Behörde hat die Verwaltungsakten vorgelegt und eine Gegenschrift erstattet, in der sie die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde beantragt.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
Der Beschwerdeführer rügt in seiner Beschwerde in erster Linie den Umstand, dass sich die belangte Behörde nicht mit seinem Vorbringen in der Berufung, es liege ein grundverkehrsbehördlich zu genehmigender Vertrag vor, auseinandergesetzt habe. Das dem Verein überlassene Grundstück sei bis zum Abschluss des in Rede stehenden Vertrages und der Errichtung des Stadions rein landwirtschaftlich genutzt worden, weshalb ein Bestandvertrag über diese Liegenschaft nach dem damals in Geltung befindlichen TGVG 1983 zu genehmigen gewesen wäre. Nach der nunmehr anzuwendenden Regel des § 31 Abs. 2 TGVG 1996 werde ein Rechtsgeschäft, das der Grundverkehrsbehörde nicht rechtzeitig angezeigt werde, rückwirkend rechtsunwirksam. Unwirksame Rechtsgeschäfte lösten auch keinen Grunderwerbsteuertatbestand aus. In diesem Zusammenhang rügte der Verein unter dem Gesichtspunkt einer Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften, dass die belangte Behörde keine Erhebungen getätigt und in der Folge Feststellungen darüber getroffen habe, in welcher Form das Grundstück im Zeitpunkt der Vertragsunterfertigung gewidmet gewesen und genutzt worden sei.
Dazu ist Folgendes auszuführen:
Im Zeitpunkt des Abschlusses des Leasingvertrages im Jahre 1990 stand das TGVG 1983, LGBl. Nr. 33/1982, in Geltung.
Gemäß § 1 Z 1 TGVG 1983 unterlagen den Bestimmungen dieses Gesetzes land- und forstwirtschaftliche Grundstücke; für die Beurteilung, ob ein Grundstück ein land- oder forstwirtschaftliches Grundstück war, war nicht seine Bezeichnung im Grundsteuer- oder Grenzkataster, sondern seine Beschaffenheit oder seine bisherige Verwendung maßgebend.
Gemäß § 3 Abs. 1 TGVG 1983 bedurfte der Zustimmung der Grundverkehrsbehörde unter anderem jeder originäre oder derivative Eigentumserwerb (lit. a), die Einräumung des Rechtes oder die Erteilung der Zustimmung, auf fremden Grund ein Bauwerk zu errichten (lit. c) oder jede Überlassung land- und forstwirtschaftlicher Grundstücke zu einer die land- oder forstwirtschaftliche Nutzung wesentlich beeinträchtigenden oder gänzlich ausschließenden Benutzung (lit. e).
Am 1. Jänner 1994 trat das TGVG 1993, LGBl. Nr. 82/1993, in Kraft, nach dessen § 40 Abs. 4 auf Rechtsgeschäfte und Rechtsvorgänge, die vor dem Inkrafttreten dieses Gesetzes abgeschlossen wurden, weiterhin das Grundverkehrsgesetz 1983 in der geltenden Fassung anzuwenden war.
Am 1. Oktober 1996 trat das TGVG 1996, LGBl. Nr. 61/1996, in Kraft; das TGVG 1993 ist am selben Tag außer Kraft getreten (vgl. § 41 TGVG 1996).
Mit Erkenntnis vom 10. Dezember 1996, G 84/96 = VfSlg. 14701, sprach der Verfassungsgerichtshof unter anderem aus, dass das TGVG 1993 wegen eines Kundmachungsfehlers verfassungswidrig war.
Nach Art. II Abs. 2 des Tiroler Landesgesetzes LGBl. Nr. 75/1999 beginnt für Rechtsgeschäfte und Rechtsvorgänge, die vor dem 1. Jänner 1994 abgeschlossen und nicht rechtzeitig der Behörde angezeigt wurden, die zweijährige Frist nach § 31 Abs. 2 TGVG 1996 mit dem Inkrafttreten dieses Gesetzes.
§ 31 Abs. 2 TGVG 1996 sieht vor, dass das Rechtsgeschäft bzw. der Rechtsvorgang rückwirkend rechtsunwirksam wird, wenn für einen Rechtserwerb die grundverkehrsbehördliche Genehmigung oder Bestätigung versagt oder nicht innerhalb von zwei Jahren nach dem Ablauf der Frist für die Anzeige von acht Wochen nach Abschluss des Rechtsgeschäftes oder Rechtsvorganges das Rechtsgeschäft oder der Rechtsvorgang der Grundverkehrsbehörde angezeigt wird.
Gemäß § 1 Abs. 1 Z 1 GrEStG unterliegen der Grunderwerbsteuer, soweit sie sich auf inländische Grundstücke beziehen, ein Kaufvertrag oder ein anderes Rechtsgeschäft, das den Anspruch auf Übereignung begründet.
Nach § 1 Abs. 2 GrEStG unterliegen der Grunderwerbsteuer auch Rechtsvorgänge, die es ohne Begründung eines Anspruches auf Übereignung einem anderen rechtlich oder wirtschaftlich ermöglichen, ein inländisches Grundstück auf eigene Rechnung zu verwerten.
Gemäß § 2 Abs. 2 Z 2 leg. cit. stehen den Grundstücken Gebäude auf fremden Boden gleich; zu solchen Gebäuden zählen auch Superädifikate (vgl. das Erkenntnis vom 18. August 1994, Zl. 92/16/0199).
Die Steuerschuld entsteht nach § 8 Abs. 1 GrEStG, sobald ein nach diesem Bundesgesetz steuerpflichtiger Erwerbsvorgang verwirklicht ist. Ist die Wirksamkeit des Erwerbsvorganges vom Eintritt einer Bedingung oder von der Genehmigung einer Behörde abhängig, so entsteht die Steuerschuld mit dem Eintritt der Bedingung oder mit der Genehmigung (§ 8 Abs. 2 leg. cit.).
Folgt man der schon in der Berufung aufgestellten Behauptung des Vereins, worauf die belangte Behörde im angefochtenen Bescheid nicht eingegangen ist, dass der in Rede stehende Vorgang wegen der Widmung der überlassenen Liegenschaft (wohl als land- und forstwirtschaftliches Grundstück) nach dem TGVG 1983 bewilligungspflichtig sei, und eine solche Bewilligung nicht vorliege, ergäbe sich vor dem Hintergrund der dargestellten Rechtslage die Unwirksamkeit der Vereinbarung, weshalb keine Grunderwerbsteuerschuld entstanden wäre.
Da sich die belangte Behörde, die den Vertrag vom 24. Juli/21. August 1990 insgesamt ohne Differenzierung zwischen Grundstück und Superädifikat der Grunderwerbsteuer unterworfen hat, mit dieser Frage nicht auseinander gesetzt hat, war der angefochtene Bescheid gemäß § 42 Abs. 2 Z 1 VwGG wegen inhaltlicher Rechtswidrigkeit aufzuheben.
Die Kostenentscheidung beruht im Rahmen des gestellten Begehrens auf den §§ 47 ff VwGG iVm der VwGH-Aufwandersatzverordnung 2003, BGBl. II Nr. 333/2003.
Wien, am 29. Juli 2004
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