Normen
ABGB §833;
ABGB §834;
AVG §38;
BauG Vlbg 1972 §25 Abs3;
BauG Vlbg 2001 §24 Abs3 lita;
BauG Vlbg 2001 §24 Abs3;
BauG Vlbg 2001 §40 Abs3;
BauRallg;
VVG §2;
ABGB §833;
ABGB §834;
AVG §38;
BauG Vlbg 1972 §25 Abs3;
BauG Vlbg 2001 §24 Abs3 lita;
BauG Vlbg 2001 §24 Abs3;
BauG Vlbg 2001 §40 Abs3;
BauRallg;
VVG §2;
Spruch:
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
Die Beschwerdeführer haben jeweils zu gleichen Teilen der Erstmitbeteiligten Aufwendungen in der Höhe von EUR 991,20 und dem Land Vorarlberg Aufwendungen in der Höhe von EUR 51,50 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Der Beschwerdeführer ist zu 1/7ten Eigentümer des Grundstücks Nr. .375 der KG 91119 R, der restliche Anteil von je 3/7tel steht im Eigentum der Erstmitbeteiligten. Mit Bauantrag vom 3. September 2002 ersuchte der Beschwerdeführer um Erteilung einer nachträglichen baubehördlichen Bewilligung für den Zubau für eine benützbare Toilettenanlage und den Einbau eines Dachflächenfensters im Dachgeschoß des auf dem angeführten Grundstück befindlichen Gebäudes, des ehemaligen Gasthauses "E". Mit Bescheid des Bürgermeisters der mitbeteiligten Landeshauptstadt vom 23. Jänner 2003 wurde gemäß § 28 Abs. 3 des Vorarlberger Baugesetzes - BauG, LGBl. Nr. 52/2001, die beantragte Baubewilligung versagt und dem Beschwerdeführer gemäß § 40 Abs. 3 BauG die Herstellung des rechtmäßigen Zustandes binnen sechs Monaten nach Rechtskraft des Bescheides aufgetragen.
Hinsichtlich des ersten Spruchpunktes wurde diese Entscheidung damit begründet, dass die zur Beurteilung des Bauvorhabens erforderlichen Unterlagen und die Zustimmung der weiteren Miteigentümer trotz entsprechender Aufforderung unter Setzung einer Nachfrist und unter Mitteilung der Säumnisfolgen nicht beigebracht worden seien; hinsichtlich des zweiten Spruchpunktes damit, dass das baugegenständliche Bauvorhaben bereits ausgeführt worden sei und ein Baukonsens nicht gegeben sei, die Herstellung des rechtmäßigen Zustandes sei daher zu verfügen gewesen.
Dagegen erhob der Beschwerdeführer Berufung, der er Baupläne beifügte und in der er im Wesentlichen ausführte, dass die Miteigentümer seinem Bauvorhaben konkludent zugestimmt hätten und dass für die Errichtung des Dachflächenfensters eine Baubewilligung gar nicht notwendig sei.
Mit Bescheid des Bürgermeisters der mitbeteiligten Landeshauptstadt vom 27. Juni 2003 auf Grund und in Durchführung des Beschlusses der Berufungskommission der mitbeteiligten Landeshauptstadt vom 26. Juni 2003 wurde der Berufung des Beschwerdeführers insoweit Folge gegeben, als das eingebaute Dachflächenfenster nicht Gegenstand des erstinstanzlichen Bescheides sei. Das Dachflächenfenster stelle keine wesentliche Änderung dar, hiefür bestehe keine Bewilligungspflicht. Im Übrigen wurde die Berufung - auf gerade noch erkennbare Weise - abgewiesen, und dies im Wesentlichen damit begründet, dass die gesetzlich erforderliche Zustimmung aller Miteigentümer im Zeitpunkt der Erteilung der Bewilligung vorliegen müsse.
Der dagegen vom Beschwerdeführer erhobenen Vorstellung wurde mit dem nunmehr angefochtenen Bescheid der Bezirkshauptmannschaft Bregenz vom 11. August 2003 keine Folge gegeben. Dies wurde im Wesentlichen damit begründet, dass nach § 24 Abs. 3 lit. a BauG dem Bauantrag u.a. der Nachweis des Eigentums oder Baurechtes am Baugrundstück oder, wenn der Antragsteller nicht selbst Eigentümer oder Bauberechtigter sei, der Zustimmung des Eigentümers oder Bauberechtigten anzuschließen sei. In der Regelung werde auf den Miteigentümer nicht ausdrücklich Bezug genommen. Es hänge somit von der Art des Bauvorhabens und der maßgeblichen zivilrechtlichen Regelung ab, ob die Zustimmung der Miteigentümer erforderlich sei oder nicht. Gemäß § 18 Abs. 1 lit. a BauG bedürften die Errichtung oder wesentliche Änderung von Gebäuden einer Baubewilligung. In Angelegenheiten, die nur die ordentliche Verwaltung und Benützung des Hauptstammes beträfen, entscheide gemäß § 833 ABGB die Mehrheit der Stimmen, welche nicht nach den Personen, sondern nach dem Verhältnis der Anteile der Teilnehmer gezählt würden. Dazu gehörten ständig wiederkehrende Ausbesserungen sowie notwendige Instandsetzungen einschließlich baulicher Veränderungen, die nicht über den bloßen Erhaltungszweck hinaus gingen. Bauliche Veränderungen, die über den bloßen Erhaltungszweck hinaus gingen, gehörten daher nicht zur ordentlichen Verwaltung. Die Errichtung eines Zubaues wie im vorliegenden Fall sei eine wesentliche Änderung im Sinne der genannten Gesetzesbestimmung und daher bewilligungspflichtig. Ob die Miteigentümer berechtigt gewesen wären, ihre Zustimmung zum gegenständlichen Bauvorhaben zu widerrufen, sei eine zivilrechtliche Frage, jedenfalls liege die Tatbestandsvoraussetzung der Zustimmung nicht vor.
Sei eine Baubewilligung versagt worden, so müsse gemäß § 40 Abs. 3 BauG die Herstellung des rechtmäßigen Zustandes verfügt werden. Die vom Beschwerdeführer diesbezüglich aufgeworfene Frage der Verhältnismäßigkeit sei bei der Vollstreckung des Wiederherstellungsbescheides, nicht aber im Wiederherstellungsverfahren zu beachten.
Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde mit dem Begehren, ihn wegen inhaltlicher Rechtswidrigkeit sowie wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufzuheben.
Die belangte Behörde legte die Akten des Verwaltungsverfahrens vor und beantragte die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde. Die Erstmitbeteiligten erstatteten eine Gegenschrift.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
Die im Beschwerdefall maßgeblichen Bestimmungen des Vorarlberger Baugesetzes, LGBl. Nr. 52/2001 (im Folgenden: BauG), lauten:
"§ 18
Bewilligungspflichtige Bauvorhaben
(1) Einer Baubewilligung bedürfen
a) die Errichtung oder wesentliche Änderung von Gebäuden; ausgenommen sind jene kleinen Gebäude, die nach § 19 lit. a bis c nur anzeigepflichtig sind;
...
§ 24
Bauantrag
(1) Die Erteilung der Baubewilligung ist bei der Behörde schriftlich zu beantragen.
(2) Der Bauantrag hat Art, Lage, Umfang und die beabsichtigte Verwendung des Bauvorhabens anzugeben.
(3) Dem Bauantrag sind anzuschließen
a) der Nachweis des Eigentums oder Baurechtes am Baugrundstück oder, wenn der Antragsteller nicht selbst Eigentümer oder bauberechtigt ist, der Zustimmung des Eigentümers bzw. Bauberechtigten;
...
§ 40
Herstellung des rechtmäßigen Zustandes
(1) Ergibt eine Überprüfung nach § 38 Abs. 1 lit. a oder b
einen Grund zur Beanstandung, so hat die Behörde - unabhängig von
einem Vorgehen nach § 39 - den Bauherrn aufzufordern, innerhalb
eines Monats
a) einen Bauantrag zu stellen, wenn das beanstandete
Bauvorhaben oder der beanstandete Teil des Bauvorhabens
bewilligungspflichtig ist; oder
b) eine Bauanzeige einzubringen, wenn das beanstandete
Bauvorhaben oder der beanstandete Teil des Bauvorhabens anzeigepflichtig ist.
...
(3) Kommt der Bauherr der Aufforderung nach Abs. 1 nicht nach oder wurde die Baubewilligung versagt bzw. erfolgte auf Grund der Bauanzeige die Untersagung, so hat die Behörde die Herstellung des rechtmäßigen Zustandes binnen einer angemessen festzusetzenden Frist zu verfügen. Falls der Bauherr nicht herangezogen werden kann, hat die Verfügung an denjenigen zu ergehen, der als Eigentümer oder als Bauberechtigter über das Bauwerk oder die sonstige Anlage verfügungsberechtigt ist; dies ist jedoch unzulässig, sofern der Eigentümer oder der Bauberechtigte nachweist, dass er dem Bauvorhaben nicht zugestimmt hat, es nicht geduldet hat und er aus ihm keinen wirtschaftlichen Vorteil ziehen kann."
Nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes zu § 25 Abs. 3 des Vorarlberger Baugesetzes, LGBl. Nr. 39/1972, welche Bestimmung dem § 24 Abs. 3 BauG, LGBl. Nr. 52/2001, entspricht, ist es nicht Sache der Baubehörde, selbstständig zu beurteilen, ob der Miteigentümer - soweit ihm zivilrechtlich ein Zustimmungsrecht zukommt - durch die Bauführung tatsächlich beeinträchtigt wird oder ob er nach den Bestimmungen des bürgerlichen Rechts bauliche Maßnahmen zu dulden verpflichtet ist (vgl. das hg. Erkenntnis vom 14. September 1995, Zl. 95/06/0013, m.w.N.). Im vorliegenden Fall haben die Baubehörden und die belangte Behörde das Vorliegen einer Zustimmungserklärung des Erstmitbeteiligten als Miteigentümer des verfahrensgegenständlichen Grundstücks zutreffend als Tatbestandsvoraussetzung für die Erteilung der gegenständlichen Baubewilligung im Grunde des § 24 Abs. 3 lit. a BauG bejaht. Nach dem Motivenbericht zur Regierungsvorlage zum Baugesetz (Blg. 45/2001, 27. LT, abgedruckt bei Germann/Hämmerle, das Vorarlberger Baugesetz 2002, 103) soll die Beantwortung der Frage, ob gemäß § 24 Abs. 3 lit. a BauG im Fall von Miteigentum die Zustimmung aller Miteigentümer erforderlich ist, von der "maßgeblichen zivilrechtlichen Regelung (z.B. ABGB, WEG 1975)" abhängen. Eine solche Betrachtungsweise entspricht auch dem auch dem § 24 Abs. 3 lit. a BauG im Hinblick auf den Grundsatz der Zweckmäßigkeit zu Grunde liegenden Gedanken, dass der Aufwand eines Bauverfahrens nur dann erfolgen soll, wenn die darin erteilte Baubewilligung auch in zivilrechtlicher Hinsicht konsumiert werden kann (vgl. Germann/Hämmerle, a.a.O. 104). Es kann daher keine Rechtswidrigkeit darin erblickt werden, wenn die belangte Behörde auch im vorliegenden Fall auf die Vorschriften des bürgerlichen Rechts abgestellt hat. Das bereits durchgeführte Bauvorhaben im Dachgeschoß des gegenständlichen Hauses stellt unbestritten eine wesentliche Änderung dar, die über den bloßen Erhaltungszweck hinausgeht. Es handelt sich somit nicht bloß um eine Maßnahme der ordentlichen Verwaltung und Benützung des gegenständlichen Gebäudes, sondern eine Maßnahme, die gemäß § 833 erster Satz ABGB insgesamt allen Miteigentümern zukommt (vgl. dazu die in Dittrich/Tades, Das Allgemeine bürgerliche Gesetzbuch, 36. Auflage 2003, zu § 833 ABGB dargestellte Rechtsprechung).
Der Beschwerdeführer meint, aus dem Umstand, dass ihm nach der zwischen den Eigentümern vereinbarten Nutzungsordnung die alleinige Benützung des Dachgeschoßes zustehe, sei auch seine alleinige Zustimmung zum Bauvorhaben im Grunde des § 24 Abs. 3 BauG ausreichend. Dieser Auffassung des Beschwerdeführers ist jedoch nicht zu folgen, weil eine zwischen den Eigentümern getroffene Nutzungsordnung am Erfordernis der Zustimmung aller Miteigentümer gemäß § 24 Abs. 3 lit. a BauG nichts ändert.
Mit seiner Auffassung, dass die Frage des Vorliegens der Zustimmung aller Miteigentümer eine Vorfrage gemäß § 38 AVG darstellt, zeigt der Beschwerdeführer nicht die Rechtswidrigkeit des angefochtenen Bescheides auf, weil diese Frage von der belangten Behörde und den Baubehörden zutreffend verneint worden ist. Auch dass die mitbeteiligten Parteien einem Bauvorhaben des Beschwerdeführers zu einem früheren Zeitpunkt zugestimmt haben mögen, ändert nichts daran, dass ihre Zustimmung zum vorliegenden Vorhaben des Beschwerdeführers unbestritten nicht erteilt wurde. Dem Beschwerdeführer bleibt es ja unbenommen, sich späterhin bei den Mitbeteiligten wegen der nunmehrigen Nichterteilung ihrer Zustimmung schadlos zu halten.
Soweit der Beschwerdeführer meint, der gegen ihn ergangene Wiederherstellungsauftrag widerspreche dem in § 2 VVG positivierten Verhältnismäßigkeitsgrundsatz, ist ihm zu entgegnen, dass diese Bestimmung bei der Vollstreckung, nicht aber bei der Erlassung eines Wiederherstellungsauftrages gemäß § 40 Abs. 3 BauG anzuwenden ist.
Nach dem Gesagten war die Beschwerde daher gemäß § 42 Abs. 1 VwGG abzuweisen.
Die Kostenentscheidung beruht auf den §§ 47 ff VwGG i.V.m. der VwGH-Aufwandersatzverordnung 2003, BGBl. II Nr. 333. Dem Antrag der belangten Behörde auf Schriftsatzaufwand für die Erstattung einer Gegenschrift war deswegen nicht stattzugeben, weil der von ihr als Gegenschrift bezeichnete Schriftsatz bloß eine Zusammenfassung des Sachverhaltes und des Beschwerdevorbringens enthält, als Gegenäußerung zur Beschwerde jedoch einen bloßen Verweis auf den angefochtenen Bescheid.
Wien, am 31. März 2004
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