Normen
BAO §288 Abs1 litd;
BAO §93 Abs3 lita;
UStG 1994 §2;
UStG 1994 Anh Art28;
VwGG §41 Abs1;
BAO §288 Abs1 litd;
BAO §93 Abs3 lita;
UStG 1994 §2;
UStG 1994 Anh Art28;
VwGG §41 Abs1;
Spruch:
Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufgehoben.
Der Bund hat der Beschwerdeführerin Aufwendungen in der Höhe von EUR 1.171,20 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Die Beschwerdeführerin, eine in Österreich in R ansässige GmbH, betreibt einen Viehhandel und einen Schlachthof.
Anlässlich einer abgabenbehördlichen Prüfung gelangte der Prüfer zur Ansicht, die Umsatzsteuerbeträge, die in Rechnungen der AP-GmbH (Sitz G in Österreich) über die Lieferung von Schweinen an die Beschwerdeführerin in Österreich ausgewiesen seien, dürfe diese nicht als Vorsteuern geltend machen. Die Rechnungen beträfen vier im Jahr 1996 erfolgte Lieferungen. Nach Ansicht des Prüfers befinde sich der Ort dieses Lieferungen nicht im Inland. Der Ort der Lieferungen liege vielmehr im Ausland, sodass bei der Beschwerdeführerin lediglich innergemeinschaftliche Erwerbe (in Österreich) anzunehmen seien.
Den Prüfungsfeststellungen entsprechend erließ das Finanzamt den Umsatzsteuerbescheid 1996, mit welchem für die in den Rechnungen der AP-GmbH ausgewiesenen Umsatzsteuern der Vorsteuerabzug nicht anerkannt wurde.
In der Berufung gegen diesen Bescheid wird u.a. vorgebracht, die Waren seien aus einem EU-Mitgliedstaat der AP-GmbH in Österreich geliefert worden. Die AP-GmbH habe die Waren sodann in Österreich der Beschwerdeführerin geliefert und in Rechnung gestellt. Die Beschwerdeführerin habe die Zahlungen an die AP-GmbH geleistet. Aus den über die Lieferungen erstellten Transportpapieren sei kein anderer Schluss zu ziehen: Neben dem ausländischen Abnehmer scheine zwar in einem Fall die Beschwerdeführerin als Warenempfänger auf, in allen anderen Fällen aber der Schlachthof Graz.
In der abweisenden Berufungsvorentscheidung wird ausgeführt, die Beschwerdeführerin habe vier Lieferungen erhalten (am 6., 10., 12. und 17. Dezember 1996), über welche die AP-GmbH die Rechnungen, jeweils mit Ausweis österreichischer Umsatzsteuer, erteilt habe. Nach Ansicht des Finanzamtes sei die AP-GmbH eine reine Briefkastenfirma, sie sei wirtschaftlich niemals in Erscheinung getreten, wenn sie auch in Österreich rechtlich existent sei. Sie sei ausschließlich zum Zweck der Rechnungslegung aufgetreten. Da somit der AP-GmbH Unternehmereigenschaft nicht zukomme, könnten die in ihren Rechnungen ausgewiesenen Umsatzsteuern nicht als Vorsteuer geltend gemacht werden.
Im Antrag auf Entscheidung über die Berufung durch die Abgabenbehörde zweiter Instanz trat die Beschwerdeführerin den Ausführungen des Finanzamtes, die AP-GmbH sei eine Briefkastenfirma, entgegen. Die Gesellschaft sei im Firmenbuch beim Landesgericht Wels eingetragen und somit rechtlich existent. Die von ihr ausgestellten Rechnungen wiesen neben der Adresse auch die Kontonummer und die österreichische UID aus. Lediglich die Lieferung vom 6. Dezember 1996 sei von der E-SA in Luxemburg direkt an die Beschwerdeführerin gegangen. Die anderen drei Lieferungen seien hingegen - laut Frachtbrief - von der E-SA in Luxemburg an den Schlachthof Graz gegangen, wobei in der Folge Teile dieser Lieferung durch die AP-GmbH an die Beschwerdeführerin weitergeliefert worden seien.
Mit dem angefochtenen Bescheid wies die belangte Behörde die Berufung als unbegründet ab. Nur die Rechnung eines Unternehmers, der steuerpflichtige Leistungen tatsächlich erbracht habe, berechtige zum Vorsteuerabzug. Der Leistungsempfänger müsse sich vergewissern, ob der Lieferant eine Geschäftstätigkeit ausübe und ob die aufgetretene "Kontaktperson" für den liefernden Unternehmer vertretungsbefugt sei. Das Risiko des Fehlens der Unternehmereigenschaft des Lieferanten trage der Empfänger der Lieferung. Auf den guten Glauben des Lieferungsempfängers hinsichtlich der Unternehmereigenschaft des Lieferanten komme es nicht an. Die Beschwerdeführerin habe im übrigen eine Firmenbuchabfrage betreffend die AP-GmbH erst im Jahr 2000 getätigt. "Die beiden einvernommenen Personen" hätten erklärt, dass sie nie zur AP-GmbH in Kontakt getreten seien. Diese Gesellschaft weise weder eine Telefonnummer noch eine Faxnummer auf ihren Rechnungen aus. Nach der Rechtsprechung des BFH treffe den einen Vorsteuerabzug begehrenden Unternehmer die Beweis- und Feststellungslast dafür, dass sämtliche Voraussetzungen für den Vorsteuerabzug erfüllt seien. Im vorliegenden Fall sei entscheidend, dass Briefkastenfirmen keine Unternehmereigenschaft zukomme. Die Beschwerdeführerin habe nicht darlegen können, dass sie mit der AP-GmbH in Geschäftskontakt gestanden sei. Die Geschäftsanbahnung sei über eine französische Firma vorgenommen worden, die Lieferungen an die Beschwerdeführerin seien vom Ausland aus erfolgt.
Die ausländische Lieferfirma habe mit Fax vom 4. Dezember 1996 mitgeteilt: "Ich schicke euch unsere Adresse und Rechnung mit Mehrwertsteuer über unsere Gesellschaft in G." Auch diese Formulierung spreche dafür, dass die in Österreich zwischengeschaltete Gesellschaft lediglich die Funktion der Rechnungsausstellung gehabt habe. Es werde auch darauf hingewiesen, dass die Rechnungsvordrucke der AP-GmbH einen Schreibfehler ("Fleischandel") aufwiesen, was dafür spreche, dass die Gesellschaft von überwiegend französisch sprechenden Ausländern gegründet worden sei und vom Ausland beherrscht werde.
Die belangte Behörde könne davon ausgehen, dass die zwischengeschaltete AP-GmbH lediglich den Zweck der Vorsteuerlukrierung habe. Die AP-GmbH entfalte keine nach außen gerichtete Tätigkeit, es gebe keine schriftliche Vereinbarung zwischen der Beschwerdeführerin und der Briefkastenfirma über Preis und Menge der Waren. Zudem liege die einzige feststellbare Leistung der Briefkastengesellschaft in der Ausstellung der streitgegenständlichen Rechungen.
Zusammenfassend halte die belangte Behörde fest, dass die Zwischenschaltung der AP-GmbH nur den Zweck gehabt habe, der Beschwerdeführerin den Vorsteuerabzug zu ermöglichen. Die von der AP-GmbH ausgestellten Rechnungen berechtigten die Beschwerdeführerin nicht zum Vorsteuerabzug, da der Aussteller der Rechnungen nicht der Unternehmer sei, der die in den Rechnungen ausgewiesenen Lieferungen ausgeführt habe.
Der Verwaltungsgerichtshof hat über die gegen diesen Bescheid erhobene Beschwerde erwogen:
Für die nach § 93 Abs 3 lit a BAO gebotene Begründung eines Abgabenbescheides hat der Verwaltungsgerichtshof in zahlreichen Erkenntnissen die Auffassung zum Ausdruck gebracht, dass eine solche Begründung erkennen lassen muss, welcher Sachverhalt der Entscheidung zugrunde gelegt wurde, aus welchen Erwägungen die belangte Behörde zur Einsicht gelangt ist, dass gerade dieser Sachverhalt vorliegt, und aus welchen Gründen die Behörde die Subsumtion des Sachverhaltes unter einen bestimmten Tatbestand für zutreffend erachtet. Die Begründung eines Abgabenbescheides muss in einer Weise erfolgen, dass der Denkprozess, der in der behördlichen Erledigung seinen Niederschlag findet, sowohl für den Abgabepflichtigen als auch im Fall der Anrufung des Verwaltungsgerichtshofes für diesen nachvollziehbar ist.
Von zentraler Bedeutung für die Tragfähigkeit der Begründung eines Bescheides im Sinne ihrer Eignung, dem Verwaltungsgerichtshof die ihm aufgetragene Gesetzmäßigkeitskontrolle zu ermöglichen, ist die zusammenhängende Darstellung des von der belangten Behörde festgestellten Sachverhaltes, also jener tatsächlichen Umstände, welche die belangte Behörde als Ergebnis ihrer Überlegungen zur Beweiswürdigung als erwiesen annimmt.
Das der zusammenhängenden Sachverhaltsdarstellung methodisch folgende Begründungselement eines Bescheides hat in der Darstellung der behördlichen Überlegungen zur Beweiswürdigung zu bestehen. In den zu diesem Punkt der Bescheidbegründung zu treffenden Ausführungen sind, auf das Vorbringen eines Abgabepflichtigen im Verwaltungsverfahren beider Instanzen sachverhaltsbezogen im einzelnen eingehend, jene Erwägungen der Behörde darzustellen, welche sie bewogen, einen anderen als den vom Abgabepflichtigen behaupteten Sachverhalt als erwiesen anzunehmen. Das dritte tragende Element der Bescheidbegründung schließlich hat in der Darstellung der rechtlichen Beurteilung der Behörde zu bestehen, nach welcher sie die Verwirklichung welcher abgabenrechtlicher Tatbestände durch den im ersten tragenden Begründungselement angeführten festgestellten Sachverhalt als gegeben erachtet (vgl zu dem Vorstehenden das hg Erkenntnis vom 28. Mai 1997, 94/13/0200).
Die oben dargestellte Begründung des angefochtenen Bescheides entspricht hinsichtlich der Sachverhaltsfeststellung und insbesondere hinsichtlich der Überlegungen betreffend die Beweiswürdigung den beschriebenen Anforderungen an eine Bescheidbegründung nicht.
Im gegenständlichen Fall ist zunächst festzuhalten, dass kein Zweifel darüber besteht, dass die Beschwerdeführerin die Warenlieferungen zu dem in den Rechnungen enthaltenen Preisen tatsächlich erhalten und die Zahlungen auf das Bankkonto der AP-GmbH geleistet hat. Obwohl die belangte Behörde davon ausgeht, die AP-GmbH habe nur den Zweck der "Vorsteuerlukrierung", sind keine Feststellungen getroffen worden, dass die AP-GmbH die Umsatzsteuer, die sie in ihren Rechnungen ausweist, nicht an das Finanzamt abgeführt hätte, sodass nicht erkennbar ist, worin die belangte Behörde bei der gegebenen Gestaltung den (angestrebten) unrechtmäßigen Vorteil erblickt.
Vor diesem Hintergrund ist von Bedeutung, dass die Beschwerdeführerin sowohl in der Berufung als auch im Vorlageantrag vorgebracht hat, drei der vier strittigen Lieferungen aus dem Ausland (von der E-SA) seien nicht an sie, sondern an den Schlachthof Graz gegangen. Von dort aus habe die AP-GmbH die Ware - im Wege von in Österreich getätigten Lieferungen - an verschiedene Abnehmer in Österreich geliefert. Im Verwaltungsakt findet sich lediglich ein Transportpapier über eine Lieferung der E-SA, Luxemburg, an den Schlachthof der Beschwerdeführerin in R, während ein anderes Transportpapier die Lieferung der E-SA, Luxemburg, an den Schlachthof Graz ausweist. Auch wenn die Beschwerdeführerin die Kaufgespräche mit dem ausländischen Unternehmer geführt hat, schließt dies nicht von vornherein aus, dass der ausländische Unternehmer einen größeren Warenposten einem österreichischen Unternehmer (inländische verbundene Gesellschaft) nach Österreich liefert, der ihn sodann in Österreich in Teilen an die einzelnen Abnehmer - mit deren Einverständnis - weiterliefert.
Im Verwaltungsakt findet sich das im angefochtenen Bescheid angesprochene, handschriftliche, eine der strittigen Lieferungen betreffende Telefax des ausländischen Unternehmers an die Beschwerdeführerin, in welchem ausgeführt wird, die Rechnung ("mit Mehrwertsteuer") werde "über unsere Gesellschaft in G" gesandt. Entgegen der Ansicht der belangten Behörde bietet die Formulierung dieses - vermutlich nicht von einem Juristen verfassten - Schreibens keinen konkreten Anhaltspunkt dafür, dass lediglich die Rechnung, nicht aber auch die Lieferung der Ware über die österreichische Gesellschaft AP-GmbH erfolgt ist, an welche auch die Zahlung gegangen ist.
Die belangte Behörde geht im angefochtenen Bescheid davon aus, die AP-GmbH sei ein Briefkastengesellschaft und habe keine Tätigkeit entfaltet. Aufgrund welcher Erhebungsergebnisse die belangte Behörde diesen Schluss zu ziehen vermochte, wird im angefochtenen Bescheid nicht aufgezeigt. Im Zuge der abgabenbehördlichen Prüfung ("USt-Sonderprüfung") sind jedenfalls, worauf die Beschwerde zutreffend verweist, keine in diese Richtung gehenden Feststellungen getroffen worden. Der Umstand, dass die AP-GmbH allenfalls von einem ausländischen Unternehmer beherrscht wird, was die belangte Behörde insbesondere aus einem Schreibfehler in den von der AP-GmbH verwendeten Rechnungsformularen ableitet, bedeutet nicht, dass die Gesellschaft keine unternehmerischen Tätigkeiten entfaltet hätte.
Im angefochtenen Bescheid wird ausgeführt, es sei "von beiden einvernommenen Personen" erklärt worden, dass sie nie in Kontakt zur AP-GmbH getreten seien. Es lässt sich dem angefochtenen Bescheid entnehmen, dass die beiden Personen vermutlich ein ehemaliger Buchhalter und ein ehemaliger Geschäftsführer der Beschwerdeführerin sind; für welchen Zeitraum diese Personen für die Beschwerdeführerin tätig gewesen sind, ist nicht aber nachvollziehbar. Allein, in den Verwaltungsakten findet sich kein Hinweis auf derartige Aussagen. Zudem sind derartige Aussagen, was in der Beschwerde mit Recht gerügt wird, der Beschwerdeführerin nicht vorgehalten worden. Die Beschwerdeführerin hat jedenfalls im Verwaltungsverfahren wiederholt vorgebracht, die AP-GmbH habe die ihr von der E-SA nach Österreich gelieferte Ware an die Abnehmer (auch an die Beschwerdeführerin) weitergeliefert, sodass die belangte Behörde, wenn sie von einer anderen Lieferkette ausgeht, dies entsprechend zu begründen gehabt hätte. Die belangte Behörde hätte insbesondere - gestützt auf konkrete Ermittlungen - Feststellungen darüber treffen müssen, in wessen Verfügungsmacht die an den Schlachthof Graz gelieferten Waren gestanden sind.
Der angefochtene Bescheid ist sohin mit Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften belastet und war daher gemäß § 42 Abs 2 Z 3 VwGG aufzuheben.
Zum Beschwerdevorbringen, die Beschwerdeführerin habe die Unternehmereigenschaft der AP-GmbH auch aus dem Umstand ableiten können, dass dieser von der österreichischen Finanzverwaltung einer Umsatzsteuer-Identifikationsnummer erteilt worden ist, sei noch erwähnt:
Gemäß Art 28 UStG 1994 erteilt das Finanzamt juristischen Personen, die nicht Unternehmer sind, auf Antrag eine Umsatzsteuer-Identifikationsnummer, wenn sie diese für innergemeinschaftliche Erwerbe benötigen (vgl Ruppe, UStG2, Art 28 BMR, Tz 10). Schon deshalb, weil die Rechtsordnung die Erteilung der Umsatzsteuer-Identifikationsnummer an juristische Personen, die nicht Unternehmer sind, vorsieht, lässt das Bestehen einer solchen nicht zwingend den Schluss auf die Unternehmereigenschaft zu.
Die Kostenentscheidung gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG iVm der Verordnung BGBl. II 333/2003.
Wien, am 22. Dezember 2004
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