Normen
LVergG Stmk 1998 §106 Abs1;
LVergG Stmk 1998 §106 Abs2;
LVergG Stmk 1998 §109 Abs1;
LVergG Stmk 1998 §50 Abs1;
LVergG Stmk 1998 §50 Abs2;
LVergG Stmk 1998 §51;
LVergG Stmk 1998 §106 Abs1;
LVergG Stmk 1998 §106 Abs2;
LVergG Stmk 1998 §109 Abs1;
LVergG Stmk 1998 §50 Abs1;
LVergG Stmk 1998 §50 Abs2;
LVergG Stmk 1998 §51;
Spruch:
Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.
Das Land Steiermark hat der beschwerdeführenden Partei Aufwendungen in der Höhe von EUR 1.171,20 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Mit Bescheid des Vergabekontrollsenates des Landes Steiermark vom 11. September 2002 wurde den Nachprüfungsanträgen der C Ges.m.b.H., nunmehr C Handelsgesellschaft (in der Folge: mitbeteiligten Partei) stattgegeben und die Entscheidung der beschwerdeführenden Partei, in einem näher bezeichneten Vergabeverfahren das Hauptangebot und zwei Alternativangebote (von denen allerdings eines bereits zurückgezogen worden war) je vom 21. Jänner 2002 der mitbeteiligten Partei gemäß § 50 Abs. 1 Z. 8 und 9 Steiermärkisches Vergabegesetz (StVergG) auszuscheiden, als im Widerspruch zu den Bestimmungen des StVergG stehend und als für den Ausgang des Vergabeverfahrens von wesentlichem Einfluss für nichtig erklärt. Ebenso für nichtig erklärt wurde die Entscheidung der beschwerdeführenden Partei, im erwähnten Vergabeverfahren der Q Service & Consulting GesmbH zu einer Vertragssumme von EUR 782.392,80 den Zuschlag erteilen zu wollen. Begründend wurde im Wesentlichen ausgeführt, im erwähnten Vergabeverfahren sei die Q Service & Consulting GesmbH mit ihrem Alternativangebot als Bestbieter ermittelt worden. Diese Entscheidung sei der mitbeteiligten Partei mitgeteilt worden, die in der Folge die Durchführung eines Nachprüfungsverfahrens und die Erlassung einer einstweiligen Verfügung beantragt habe. Daraufhin habe die beschwerdeführende Partei mit Fax vom 19. Juli 2002 der mitbeteiligten Partei mitgeteilt, dass ihr Hauptangebot und ihr verbliebenes Alternativangebot ausgeschieden worden seien, weil kein ausschreibungsgemäßes Hauptangebot vorliege. Auch bestehe der Verdacht des unerlaubten Informationsaustausches mit einem Mitbewerber.
Nun sei nach den Bestimmungen der §§ 50 und 51 StVergG ein Angebot entweder rechtzeitig auszuscheiden oder bei der eigentlichen Vergabeentscheidung mit zu berücksichtigen. Es sei aber nicht möglich, im Nachhinein während eines Nachprüfungsverfahrens vor dem Vergabekontrollsenat, also nach Zuschlagsentscheidung auf Grund durchgeführter Bestbieterermittlung einen Ausscheidungsgrund geltend zu machen. Damit erweise sich ungeachtet der inhaltlichen Gründe der Ausscheidung alleine der Zeitpunkt des Ausscheidens des Angebotes der mitbeteiligten Partei durch die beschwerdeführende Partei als rechtswidrig. Es seien daher die Ausscheidung und die bereits auf Grund einer Bestbieterermittlung getroffenen Zuschlagsentscheidung für nichtig zu erklären gewesen, weil durch die Nichtigerklärung des Ausscheidens des Angebotes der mitbeteiligten Partei das Vergabeverfahren in das Stadium vor der Wahl des Angebotes für den Zuschlag trete. Diese Vorgangsweise sei zu wählen gewesen, weil eine andere Entscheidung der Intention des Nachprüfungsverfahrens bzw. des StVergG zuwiderlaufen würde. Der Ablauf des Vergabeverfahrens sei im StVergG genau geregelt. Danach könne sich der Auftraggeber nur auf bis zum Zeitpunkt der Zuschlagsentscheidung geltend gemachte Ausscheidungsgründe berufen; zu einem späteren Zeitpunkt festgestellte Ausscheidungsgründe könnten das Verfahren nur auf den Verfahrensstand vor Zuschlagsentscheidung zurückführen. Eine Aufrechterhaltung der Zuschlagsentscheidung laufe dem zuwider. Zu berücksichtigen sei auch, dass dem ausgeschiedenen Bieter bei einer solchen Vorgangsweise jede Möglichkeit genommen werde, das Ausscheiden zu bekämpfen. Auf Mängel von Angeboten, die der Auftraggeber bei ordnungsgemäßer Erfüllung seiner Prüfaufgaben im Zeitpunkt vor der Wahl des Angebotes für den Zuschlag hätte entdecken müssen, könne er sich nach Zuschlagsentscheidung nicht mehr berufen. Seien nämlich Umstände, die dem Auftraggeber vor seiner Entscheidung über das Ausscheiden nicht bekannt sein konnten, unbeachtlich, so müsste dies umso mehr für Umstände gelten, die der Auftraggeber bei ordnungsgemäßer Erfüllung seiner Prüfaufgaben hätte entdecken müssen. Im Übrigen widerspreche eine genauere und detailliertere Prüfung eines einzelnen Angebotes in einem späteren Zeitpunkt dem Gleichbehandlungsgrundsatz. Erweise sich somit schon der Zeitpunkt des Ausscheidens des Angebotes der mitbeteiligten Partei als rechtswidrig, dann bedürfe es keiner Auseinandersetzung mit den inhaltlichen Gründen für das Ausscheiden bzw. mit den materiellen Gründen für eine allfällige rechtswidrige Bestbieterermittlung (Zuschlagsentscheidung).
Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde.
Die belangte Behörde legte die Akten des Verwaltungsverfahrens vor und erstattete ebenso wie die mitbeteiligte Partei eine Gegenschrift, in der die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde beantragt wird.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
Die beschwerdeführende Partei erachtet sich ihrem gesamten Vorbringen zufolge durch den angefochtenen Bescheid in den ihr vergabegesetzlich gewährleisteten Rechten dadurch verletzt, dass die von ihr getroffenen Entscheidungen betreffend die Ausscheidung der mitbeteiligten Partei und betreffend die Zuschlagsentscheidung als nichtig erklärt wurden. Sie bringt vor, es gehe im Wesentlichen um die Rechtsfrage, bis zu welchem Zeitpunkt es im Vergabeverfahren zulässig sei, ein Angebot auszuscheiden. Nach ihrer Auffassung sei ein Ausscheidungsgrund jedenfalls bis zur Zuschlagserteilung zu berücksichtigen. Gemäß § 45 Abs. 3 StVergG müssten Angebote, die für die Zuschlagserteilung nicht in Frage kämen, nicht geprüft werden. In der Praxis würden derartige Angebote zurückgestellt und unter den übrigen Angeboten der Bestbieter ermittelt. Ein Ausscheidungstatbestand würde daher nicht sofort, sondern erst zu einem späteren Zeitpunkt, der auch nach der Zuschlagsentscheidung liegen könne, releviert werden. Folgte man hingegen der Auffassung der belangten Behörde, so könnte auch ein vom Auftraggeber zunächst übersehener Ausscheidungstatbestand nicht mehr geltend gemacht werden und würde letztendlich dazu führen, dass die Zuschlagsentscheidung widerrufen werden müsste. Das StVergG sage nichts darüber aus, in welchen Schritten die Prüfung der Angebote zu erfolgen habe. Allein deshalb, weil der Auftraggeber vor Zuschlagsentscheidung von einer formalen Ausscheidung eines Angebotes Abstand genommen habe, werde ein mangelhaftes Angebot kein zulässiges Angebot, dem der Zuschlag erteilt werden könne. Vielmehr komme ein solches Angebot für die Zuschlagserteilung überhaupt nicht in Betracht. Der betreffende Bieter könne daher auch nicht geltend machen, dass dieses Angebot bei der Bestbieterermittlung nicht berücksichtigt worden sei. Da ein auszuscheidender, wenngleich nicht ausgeschiedener Bieter nicht legitimiert sei, nach Zuschlagsentscheidung ein Nachprüfungsverfahren zu beantragen, müsse es umso mehr zulässig sein, ein mangelhaftes Angebot nach Zuschlagsentscheidung aber vor Zuschlagserteilung auszuscheiden. Soweit sich die belangte Behörde zur Stützung ihrer Auffassung auf Judikatur der ordentlichen Gerichte stütze, übersehe sie, dass es hier um die Geltendmachung eines Ausschließungsgrundes während eines Schadenersatzprozesses nach Zuschlagserteilung gegangen sei. Im Übrigen sei auch die Auffassung der belangten Behörde, dass die Aufrechterhaltung der Zuschlagsentscheidung dem Bieter die Möglichkeit nehme, das Ausscheiden zu bekämpfen, nicht nachvollziehbar.
Gemäß § 50 Abs. 1 Stmk. Vergabegesetz 1998 (StVergG) hat die vergebende Stelle vor der Wahl des Angebotes für den Zuschlag auf Grund des Ergebnisses der Prüfung Angebote, auf welche im Einzelnen genannte Ausschließungsgründe zutreffen, auszuscheiden.
Bieter, deren Angebote auf Grund des Ergebnisses der Prüfung ausgeschieden wurden, sind gemäß § 50 Abs. 2 StVergG hievon unverzüglich, jedenfalls aber acht Tage vor Erteilung des Zuschlages unter Bekanntgabe des Grundes schriftlich zu verständigen. Gleichzeitig sind auch alle zurückzustellenden Ausarbeitungen zurückzugeben.
Von den Angeboten, die nach dem Ausscheiden übrig bleiben, ist der Zuschlag gemäß § 51 StVergG dem Angebot zu erteilen, das den in der Ausschreibung festgelegten Kriterien am besten entspricht (Bestbieterprinzip).
Von diesen Bestimmungen ausgehend ist die belangte Behörde zunächst im Recht, wenn sie darlegt, der Auftraggeber sei verpflichtet, die mit einem Ausscheidungsgrund belasteten Angebote vor der Wahl des Angebotes für den Zuschlag auszuscheiden. An der Wahl des Angebotes für den Zuschlag dürfen demnach nur Angebote teilnehmen, die nicht zuvor auszuscheiden waren.
Daraus folgt allerdings noch nicht, dass die an der Wahl des Angebotes für den Zuschlag teilnehmenden Angebote jedenfalls als zulässige (d.h. nicht auszuscheidende) Angebote anzusehen seien. Auch ist es keinem Mitbewerber verwehrt, geltend zu machen, das als Bestangebot ermittelte Angebot habe an einem Ausscheidungsgrund gelitten, sei aber zu Unrecht nicht ausgeschieden worden. Gleichzeitig ist der Auftraggeber diesfalls verpflichtet, eine solche Rechtswidrigkeit im Sinn des § 106 Abs. 2 StVergG - sollte sie tatsächlich vorliegen - unverzüglich zu beheben. Die Verpflichtung, ein auszuscheidendes Angebot auszuscheiden, besteht also unabhängig davon, ob dieses Angebot an der Auswahl für den Zuschlag im Sinn des § 51 StVergG teilgenommen hat. Dass er einen Ausscheidungsgrund zunächst, d.h. entgegen § 50 Abs. 1 StVergG nicht wahrgenommen hat, hindert den Auftraggeber nicht daran, diese Rechtswidrigkeit zu beheben, indem er das betreffende Angebot nachträglich ausscheidet.
Was nun die Frage anlangt, bis zu welchem (spätesten) Zeitpunkt ein Angebot (nachträglich) ausgeschieden werden kann, ist festzuhalten, dass die Behebung einer rechtswidrigen Entscheidung des Vergabeverfahrens - sei es durch den Auftraggeber etwa im Wege seiner Verpflichtung gemäß § 106 Abs. 1 StVergG selbst, sei es im Wege einer Nichtigerklärung durch den Vergabekontrollsenat im Sinne des § 109 Abs. 1 StVergG - (jedenfalls) bis zum Abschluss des Vergabeverfahrens in Betracht kommt; bis zu diesem Zeitpunkt ist das Vergabeverfahren anhängig und können vom Auftraggeber daher Entscheidungen "im Vergabeverfahren" getroffen, somit auch aufgehoben oder abgeändert werden. Es besteht kein Grund zur Annahme, dies gelte in Ansehung einer rechtswidriger Weise unterbliebenen Ausscheidung eines Angebotes nicht. Ob eine solche Entscheidung auch nach (durch Zuschlagserteilung bzw. durch Widerruf der Ausschreibung erfolgten) Abschluss des Vergabeverfahrens getroffen oder geändert werden könnte, kann im vorliegenden Fall dahingestellt bleiben. Hier wurde das Angebot der mitbeteiligten Partei nämlich unbestrittenermaßen vor Zuschlagserteilung ausgeschieden.
Die Auffassung der belangten Behörde, das Angebot der mitbeteiligten Partei hätte nur bis zur Zuschlagsentscheidung ausgeschieden werden können und es erweise sich daher schon der Zeitpunkt des Ausscheidens als rechtswidrig, sodass die Ausscheidung und die Zuschlagsentscheidung für nichtig zu erklären gewesen wären, findet somit im Gesetz keine Stütze. Es trifft aber auch das Argument der belangten Behörde, dem ausgeschiedenen Bieter wäre andernfalls jede Möglichkeit genommen, das Ausscheiden zu bekämpfen, nicht zu; steht diesem doch ebenso wie jedem anderen Unternehmer, dem durch eine Rechtswidrigkeit des Vergabeverfahrens ein Schaden entstanden ist oder zu entstehen droht, die Möglichkeit offen, die Nachprüfung der Entscheidung des Auftraggebers, hier eben betreffend die Ausscheidung seines Angebotes gemäß den Bestimmungen der §§ 104 f StVergG zu beantragen.
Der angefochtene Bescheid war daher gemäß § 42 Abs. 2 Z. 1 VwGG wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufzuheben.
Die Kostenentscheidung gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. II Nr. 333/2003.
Wien, am 21. Dezember 2004
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