VwGH 2002/01/0386

VwGH2002/01/038620.1.2004

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Gruber und die Hofräte Dr. Blaschek, Dr. Nowakowski, Dr. Pelant und Dr. Kleiser als Richter, im Beisein der Schriftführerin Dr. Stieger, über die Beschwerde des G in Wien, vertreten durch Dipl.-Ing. Mag. Andreas O. Rippel, Rechtsanwalt in 1130 Wien Maxingstraße 34, gegen den Bescheid des Unabhängigen Verwaltungssenates Wien vom 8. Februar 2002, Zl. UVS- 03/M/14/1753/2001/4, betreffend Bestrafung wegen einer Übertretung der (Wiener) Grünanlagenverordnung (weitere Partei: Wiener Landesregierung), zu Recht erkannt:

Normen

AVG §58 Abs2;
AVG §60;
BauO Wr §39 Abs1;
BauO Wr §4;
GrünanlagenV Wr 1993 §1 Abs1 Z2;
VStG §24;
AVG §58 Abs2;
AVG §60;
BauO Wr §39 Abs1;
BauO Wr §4;
GrünanlagenV Wr 1993 §1 Abs1 Z2;
VStG §24;

 

Spruch:

Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.

Die Bundeshauptstadt Wien hat dem Beschwerdeführer Aufwendungen in der Höhe von EUR 1.171,20 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Mit Straferkenntnis des Magistrats der Stadt Wien vom 18. Jänner 2001 war dem Beschwerdeführer zur Last gelegt worden, er habe am 27. Juli 2000 um 10:15 Uhr in Wien 13., Gloriettegasse 2, das Kraftfahrzeug der Marke Mazda 323 mit dem behördlichen Kennzeichen .... in der Grün- und Pflanzungsfläche, die sich auf der für den Straßenverkehr gewidmeten Fläche befindet, abgestellt gehabt. Dadurch habe er § 12 Abs. 1 i.V.m.

§ 3 Abs. 1 und § 8 der Verordnung des Magistrats der Stadt Wien betreffend die Benützung von Grünanlagen (Grünanlagenverordnung), verlautbart im Amtsblatt der Stadt Wien Nr. 19 vom 13. Mai 1993, verletzt, weshalb über ihn gemäß § 108 Abs. 2 dritter Satz der Wiener Stadtverfassung eine Geldstrafe von S 1.000,--, im Nichteinbringungsfall 12 Stunden Ersatzfreiheitsstrafe, verhängt werde.

Die belangte Behörde gab der gegen dieses Straferkenntnis erhobenen Berufung gemäß § 66 Abs. 4 AVG keine Folge. Sie führte aus, dass § 1 Abs. 1 Grünanlagenverordnung eine taxative Aufzählung jener Grünanlagen enthalte, auf welche die Verordnung Anwendung finde. Dabei sei dem Beschwerdeführer zuzugestehen, dass der - im gegenständlichen Fall in Frage kommende - Tatbestand der Z 2 grammatikalisch falsch formuliert sei, doch ergebe sich (aus näheren, hier nicht dargestellten Erwägungen), dass dieser Tatbestand (u.a.) Grün- und Pflanzungsflächen, die sich auf für den Straßenverkehr gewidmeten Flächen befänden, erfasse. Im vorliegenden Fall sei nicht fraglich, dass das Fahrzeug des Beschwerdeführers am 27. Juli 2000 um 10.15 Uhr in 1130 Wien, Gloriettegasse 2, abgestellt gewesen sei. Aus der "unbestritten gebliebenen Fotografie" des am Tatort abgestellten Fahrzeuges gehe hervor, dass die gegenständliche Grünanlage aus Gras (angrenzend an die Hausfront) und aus zusammengepresstem Erdreich bestanden habe. Die Abgrenzung der Grünanlage zur Fahrbahn erfolge mit auf gleichem Niveau befindlichen Pflastersteinen. Das Tatfahrzeug sei mit zwei Rädern im Erdreich abgestellt gewesen. Angesichts der geschilderten räumlichen Anordnung und Gestaltung der Fläche brauche nicht weiter begründet zu werden, dass es sich "hiebei um eine auf einer für den Straßenverkehr gewidmeten Grün- und Pflanzungsfläche" handle. Für die Qualifikation als solche sei nämlich nicht der konkrete Zustand der gärtnerischen Gestaltung maßgeblich, sondern die Zweckbestimmung in Verbindung mit der baulichen oder sonstigen Ausgestaltung, die diese Zweckbestimmung erkennen lasse. Es sei daher von der Verwirklichung des objektiven Tatbildes auszugehen und - der Beschwerdeführer habe sich nicht zu exkulpieren vermocht - der erstinstanzliche Schuldspruch zu bestätigen gewesen.

Der Verfassungsgerichtshof lehnte die Behandlung der gegen diesen Bescheid zunächst vor ihm erhobenen Beschwerde mit Beschluss vom 10. Juni 2002, B 605/02-3, ab. Antragsgemäß wurde die Beschwerde mit Beschluss vom 13. August 2002 gemäß Art. 144 Abs. 3 B-VG dem Verwaltungsgerichtshof abgetreten. Der Verwaltungsgerichtshof hat über die Beschwerde - in einem gemäß § 12 Abs. 3 VwGG gebildeten Senat - erwogen:

Die im gegenständlichen Fall maßgeblichen Bestimmungen der Grünanlagenverordnung, kundgemacht im Amtsblatt der Stadt Wien Nr. 19 vom 13. Mai 1993, hatten in der hier anzuwendenden Stammfassung folgenden Wortlaut:

"Geltungsbereich

§ 1. (1) Diese Verordnung findet Anwendung auf:

1. Öffentlich zugängliche Parkanlagen einschließlich der Vorgärten rund um das Kunst- und das Naturhistorische Museum sowie begrünter Vorflächen entlang der Parkmauern und im Bereich von Zugängen zu Parkanlagen,

2. Grün- und Pflanzungsflächen, die sich auf der für den Straßenverkehr gewidmeten Flächen und auf dem Heldenplatz zwischen der Neuen Hofburg und der vom Burgring zum Michaelerplatz führenden Straßen befinden,

  1. 3. gekennzeichnete Lagerwiesen und
  2. 4. außerhalb von Parkanlagen und gekennzeichneten Lagerwiesen gelegene Grünflächen des Praters.

(2) Diese Verordnung findet keine Anwendung auf Grünanlagen im Bereich von Wohnhausanlagen und auf gekennzeichnete Rasenparkplätze.

(3) Diese Verordnung findet keine Anwendung auf Personen, die im Abs 1 angeführte Flächen mit Zustimmung des Grundeigentümers oder auf Grund einer Gebrauchserlaubnis gemäß § 1 Abs 1 des Gebrauchsabgabengesetzes 1966, LGBl für Wien Nr 20/1966, zu anderen Zwecken als zur Erholung und Sportausübung benützen.

...

Schutz der Grün- und Pflanzungsflächen;

Betretungs- und Fahrverbote

§ 3. (1) In öffentlich zugänglichen Parkanlagen dürfen Grün- und Pflanzungsflächen weder betreten, noch befahren, noch zum Abstellen von Fahrzeugen (§ 2 Abs 1 Z 19 der Straßenverkehrsordnung 1960, BGBl Nr 159, in der Fassung des Bundesgesetzes BGBl Nr 86/1989) oder ähnlichen Fortbewegungsmitteln benutzt werden.

(2) ...

(3) ...

(4) ...

...

Grün- und Pflanzungsflächen auf für den

Straßenverkehr gewidmeten Flächen

§ 8. (1) Auf die im § 1 Abs 1 Z 2 genannten Grün- und

Pflanzungsflächen sind § 2 Abs 3 Z 1 und 2, § 3 Abs 1 und 4 sowie

§ 7 Abs 1 und 2 sinngemäß anzuwenden.

...

Strafbestimmungen

§ 12. (1) Wer den Geboten und Verboten der §§ 2 Abs 1, 3

und 4, 3 Abs 1 und 4, 4 Abs 1 und 4, 5 Abs 1, 2 und 6, 6, 7 Abs 1 und 2, 8, 9 Abs 1 und 3, sowie 10 zuwiderhandelt, begeht eine Verwaltungsübertretung ...

(2) ..."

Wie eine Einsicht in den beigeschafften Verordnungsakt des Magistrats der Stadt Wien, Zl. MA 58-4826/81, ergeben hat, war die Kundmachung des § 1 Abs. 1 Z 2 Grünanlagenverordnung abweichend vom unterfertigten Original der Verordnung erfolgt. Der Originaltext lautet:

"Grün- und Pflanzungsflächen, die sich auf für den Straßenverkehr gewidmeten Flächen und auf dem Heldenplatz zwischen der Neuen Hofburg und der vom Burgring zum Michaelerplatz führenden Straße befinden."

Mit der Textierung des § 1 Abs. 1 Z 2 Grünanlagenverordnung unter Bedachtnahme auf die dargestellte Divergenz von Kundmachung und Originaltext hat sich bereits der Verfassungsgerichtshof beschäftigt.

Mit dem zitierten, im Beschwerdefall ergangenen Ablehnungsbeschluss sprach er aus:

"Soweit in der Beschwerde die Rechtswidrigkeit der den Bescheid tragenden Rechtsvorschriften behauptet wird, lässt ihr Vorbringen, das übersieht,

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