Normen
WaffG 1996 §25 Abs3;
WaffG 1996 §8 Abs1 Z2;
WaffG 1996 §8 Abs1;
WaffG 1996 §8 Abs3 Z3;
WaffG 1996 §8 Abs4;
WaffG 1996 §8;
WaffG 1996 §25 Abs3;
WaffG 1996 §8 Abs1 Z2;
WaffG 1996 §8 Abs1;
WaffG 1996 §8 Abs3 Z3;
WaffG 1996 §8 Abs4;
WaffG 1996 §8;
Spruch:
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
Der Beschwerdeführer hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von EUR 381,90 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Mit dem angefochtenen, im Instanzenzug ergangenen Bescheid entzog die belangte Behörde die dem Beschwerdeführer am 29. Juli 1983 ausgestellte Waffenbesitzkarte. Sie ging davon aus, der Beschwerdeführer habe sich am 24. Mai 2000 beim Hantieren mit einer Faustfeuerwaffe die linke Hand durchschossen und sei daher nicht mehr verlässlich im Sinne des § 25 Abs. 3 i.V.m. § 8 Abs. 1 Z 2 WaffG. Die Annahme, ein Mensch werde "mit Waffen nicht vorsichtig und sachgemäß umgehen" (insofern lehnt sich die Diktion der belangten Behörde an den Text früherer Waffengesetze an) sei "insbesondere dann gerechtfertigt, wenn er bereits durch fahrlässigen Umgang mit Waffen einen Unfall verschuldet hat. Es macht dabei keinen relevanten Unterschied, ob andere Menschen - in einem solchen Fall entfällt bei einer Verurteilung wegen fahrlässigen Gebrauches der Waffe im Sinne des § 8 Abs. 3 Z 3 WaffG jede weitere Prüfung des Verschuldens - oder ob - wie im gegenständlichen Fall - nur der Waffeninhaber selbst Opfer des Unfalles ist." Dem Beschwerdeführer liege im vorliegenden Fall eine "gravierende Fehlleistung" zur Last.
Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde, über die der Verwaltungsgerichtshof erwogen hat:
Gemäß § 25 Abs. 2 WaffG hat die Behörde die Verlässlichkeit des Inhabers einer waffenrechtlichen Urkunde zu überprüfen, wenn Anhaltspunkte dafür vorliegen, dass der Berechtigte nicht mehr verlässlich ist. Dass ein solcher Anlass zur Überprüfung der waffenrechtlichen Verlässlichkeit auf Grund des Vorfalls am 24. Mai 2000 gegeben war, stellt die Beschwerde zutreffend außer Streit. Ergibt sich bei der Überprüfung, dass der Berechtigte nicht mehr verlässlich ist, so hat die Behörde waffenrechtliche Urkunden gemäß § 25 Abs. 3 WaffG zu entziehen.
§ 8 WaffG lautet:
"Verläßlichkeit
§ 8. (1) Ein Mensch ist verläßlich, wenn er voraussichtlich mit Waffen sachgemäß umgehen wird und keine Tatsachen die Annahme rechtfertigen, daß er
- 1. Waffen mißbräuchlich oder leichtfertig verwenden wird;
- 2. mit Waffen unvorsichtig umgehen oder diese nicht sorgfältig verwahren wird;
3. Waffen Menschen überlassen wird, die zum Besitz solcher Waffen nicht berechtigt sind.
(2) Ein Mensch ist keinesfalls verläßlich, wenn er
- 1. alkohol- oder suchtkrank ist oder
- 2. psychisch krank oder geistesschwach ist oder
- 3. durch ein körperliches Gebrechen nicht in der Lage ist, mit Waffen sachgemäß umzugehen.
(3) Als nicht verläßlich gilt ein Mensch im Falle einer Verurteilung
1. wegen einer unter Anwendung oder Androhung von Gewalt begangenen oder mit Gemeingefahr verbundenen vorsätzlichen strafbaren Handlung, wegen eines Angriffes gegen den Staat oder den öffentlichen Frieden oder wegen Zuhälterei, Menschenhandels, Schlepperei oder Tierquälerei zu einer Freiheitsstrafe von mehr als zwei Monaten oder einer Geldstrafe von mehr als 120 Tagessätzen oder
2. wegen gewerbsmäßigen, bandenmäßigen oder bewaffneten Schmuggels oder
3. wegen einer durch fahrlässigen Gebrauch von Waffen erfolgten Verletzung oder Gefährdung von Menschen oder
4. wegen einer in Z 1 genannten strafbaren Handlung, sofern er bereits zweimal wegen einer solchen verurteilt worden ist.
(4) Eine gemäß Abs. 3 maßgebliche Verurteilung liegt nicht vor, wenn sie bereits getilgt ist. Trotz einer nicht getilgten Verurteilung im Sinne des Abs. 3 kann ein Mensch verläßlich sein, wenn das Gericht vom Ausspruch der Strafe abgesehen hat (§ 12 des Jugendgerichtsgesetzes 1988 - JGG, BGBl. Nr. 599); gleiches gilt, wenn das Gericht sich den Ausspruch der Strafe vorbehalten hat (§ 13 JGG) oder die Strafe - außer bei Freiheitsstrafen von mehr als sechs Monaten - ganz oder teilweise bedingt nachgesehen hat, sofern kein nachträglicher Strafausspruch oder kein Widerruf der bedingten Strafnachsicht erfolgte.
(5) Weiters gilt ein Mensch als nicht verläßlich, der öfter als zweimal wegen einer im Zustand der Trunkenheit begangenen schwerwiegenden Verwaltungsübertretung bestraft worden ist, sofern keine dieser Bestrafungen getilgt ist.
(6) Schließlich gilt ein Mensch als nicht verläßlich, wenn aus Gründen, die in seiner Person liegen, die Feststellung des für die Verläßlichkeit maßgeblichen Sachverhaltes nicht möglich war. Als solcher Grund gilt jedenfalls, wenn der Betroffene sich anläßlich der Überprüfung seiner Verläßlichkeit weigert, der Behörde
1. Waffen, die er nur auf Grund der nach diesem Bundesgesetz ausgestellten Urkunde besitzen darf, samt den zugehörigen Urkunden vorzuweisen;
2. die sichere Verwahrung der in Z 1 genannten Waffen nachzuweisen, obwohl auf Grund bestimmter Tatsachen Zweifel daran bestehen, daß er die Waffen sicher verwahrt.
(7) Bei erstmaliger Prüfung der Verläßlichkeit hat sich die Behörde davon zu überzeugen, ob Tatsachen die Annahme mangelnder waffenrechtlicher Verläßlichkeit des Betroffenen aus einem der in Abs. 2 genannten Gründe rechtfertigen. Antragsteller, die nicht Inhaber einer Jagdkarte sind, haben ein Gutachten darüber beizubringen, ob sie dazu neigen, insbesondere unter psychischer Belastung mit Waffen unvorsichtig umzugehen oder sie leichtfertig zu verwenden. Der Bundesminister für Inneres hat durch Verordnung geeignete Personen oder Einrichtungen zu bezeichnen, die in der Lage sind, solche Gutachten dem jeweiligen Stand der Wissenschaft entsprechend zu erstellen."
Bei der Auslegung dieser Bestimmung ist - angesichts des mit dem Waffenbesitz von Privatpersonen verbundenen Sicherheitsbedürfnisses - nach der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ein strenger Maßstab anzulegen. Auch ein nur einmal gesetztes Verhalten kann den Umständen nach genügen, um die Entziehung der waffenrechtlichen Urkunde zu rechtfertigen (vgl. zuletzt etwa das hg. Erkenntnis vom 17. September 2003, Zl. 2001/20/0020).
In dem - einen Jagdunfall betreffenden - Erkenntnis vom 22. November 2001, Zl. 99/20/0125, hat sich der Verwaltungsgerichtshof eingehend und unter Hinweis auf Vorjudikatur mit der Frage befasst, welche Schlüsse für den Fall des Unterbleibens einer strafgerichtlichen Verurteilung wegen der Verletzung eines Anderen daraus zu ziehen sind, dass nach der ausdrücklichen - im hier angefochtenen Bescheid in diesem Zusammenhang allerdings unerwähnt gebliebenen - Anordnung des Gesetzgebers (§ 8 Abs. 4 i.V.m. § 8 Abs. 3 Z 3 WaffG) ein wegen fahrlässiger Körperverletzung verurteilter Straftäter gerade auch dann im waffenrechtlichen Sinn "verlässlich" sein kann, wenn er die Verletzung "durch fahrlässigen Gebrauch von Waffen" herbeigeführt hat. Die diesbezüglichen Ausführungen in dem genannten Erkenntnis, auf dessen Begründung gemäß § 43 Abs. 2 VwGG verwiesen wird, sind auch für die rechtliche Beurteilung von Selbstverletzungen unter dem Gesichtspunkt der waffenrechtlichen Verlässlichkeit von Bedeutung (vgl. zur Selbstverletzung mit der Waffe aus der hg. Judikatur zum geltenden Gesetz - noch ohne Auseinandersetzung mit der erwähnten Frage, aber unter Hinweis auf das Vorliegen einer "gravierenden Fehlleistung" - das Erkenntnis vom 21. September 2000, Zl. 98/20/0391; zuletzt - die Verneinung der Verlässlichkeit wegen eines unbeabsichtigt gelösten Schusses unter den Umständen des zu beurteilenden Falles auch ohne Verletzungsfolge bestätigend - das Erkenntnis vom 12. Juni 2003, Zl. 2000/20/0290; das einen Selbstverletzungsfall betreffende Erkenntnis vom 3. Juli 2003, Zl. 2000/20/0560, enthält keine Ausführungen zum Prüfungsmaßstab für die Verlässlichkeit).
Für die Entscheidung des vorliegenden Falles ist danach maßgeblich, ob dem Beschwerdeführer - der sonst offenbar noch nie Anlass zu Zweifeln an seiner waffenrechtlichen Verlässlichkeit gegeben hatte - im Sinne der diesbezüglichen Ausführungen im angefochtenen Bescheid ("gravierende Fehlleistung") eine über das für die Bejahung eines Sorgfaltsverstoßes erforderliche Mindestmaß hinausgehende Sorgfaltswidrigkeit zur Last liegt.
Die Beantwortung dieser Frage erfordert angesichts des vom Beschwerdeführer selbst schon im Verwaltungsverfahren in seiner Stellungnahme vom 29. Juni 2000 erstatteten, in der Beschwerde im Wesentlichen wiederholten Vorbringens keine Beiziehung eines Sachverständigen, weshalb sich auch eine nähere Auseinandersetzung mit den Verfahrensrügen in der Beschwerde erübrigt.
Der Beschwerdeführer erklärte den Vorfall vom 24. Mai 2000 nämlich als Folge eines ihm bereits zuvor bekannten Defektes an einer seiner Faustfeuerwaffen. Dieser Defekt habe darin bestanden, dass ein Ausschwenken der Trommel zur Entnahme abgeschossener Patronen trotz Kraftanstrengung nicht möglich gewesen sei. Dies sei die Folge einer Lockerung des Ausstoßmechanismus gewesen und "in unterschiedlichen Abständen regelmäßig" aufgetreten. Beim ersten Auftreten des Defektes, als der Beschwerdeführer noch nicht gewusst habe, wie er zu beheben sei, habe sich der Beschwerdeführer an einen Büchsenmacher gewendet. Dieser habe ihm gezeigt, dass er den Hahn teilweise spannen müsse, damit sich die Trommel (ohne auszuschwenken) wieder drehen lasse, und wie durch einige weitere Manipulationen die Trommel sodann ausgeschwenkt werden könne. Dies lasse sich ohne Werkzeug "und nach dem 'gewusst wie' leicht" durchführen.
Der Beschwerdeführer habe mit der Waffe an einer privaten Schießveranstaltung teilgenommen, wobei sich ein Schuss (von sechs in der Trommel) auch nach mehrmaligem Durchdrücken des Abzuges nicht gelöst habe. Beim Versuch, die Trommel zu öffnen, um sowohl die abgeschossenen als auch die offenbar defekte Patrone zu entnehmen, sei der beschriebene Defekt an der Waffe aufgetreten. Der Beschwerdeführer habe die Waffe nach Hause transportiert, um dort in einem von ihm für Arbeiten an der Waffe mit Textilien als Kugelfang adaptierten Kastenfach auf die ihm bekannte Weise "die Waffe zu reparieren":
"Wie bereits oben ausgeführt musste zu diesem Zweck zuerst der Hahn teilweise gespannt werden, damit die Trommel rotiert werden kann (ohne dabei ausgeschwenkt zu werden). Ich spannte etwas den Hahn, dabei rutschte mir der Hahn etwas durch den Daumen; offenbar um die Waffe als ganzes abzufangen griff ich mit der anderen Hand in einer Reflexbewegung vor den Lauf, wobei sich dieses Mal der Schuss löste und ich mich verletzte."
Die schon im erstinstanzlichen Verfahren eingeholte, dem Beschwerdeführer aber erst im Berufungsverfahren vorgehaltene waffenrechtliche Stellungnahme des Waffenreferates der Bundespolizeidirektion Wien vom 24. August 2000, auf deren - mit sinnstörenden Einschüben der belangten Behörde versehene - Wiedergabe sich die angefochtene Entscheidung u.a. stützt, führt dazu im Wesentlichen nur aus, dass die Beschreibung des Defektes der Waffe und der Methode zur jeweiligen Behebung des Defektes durch den Beschwerdeführer nachvollziehbar, eine Schussabgabe ohne Betätigung des Abzuges - angesichts der intakten inneren Sicherung der Waffe - aber nicht möglich sei. Letzteres hat der Beschwerdeführer auch gar nicht behauptet. Er ging vielmehr in seiner Stellungnahme vom 6. Dezember 2000 zu den Ausführungen der Bundespolizeidirektion Wien davon aus, dass "möglicherweise der Abzug unbeabsichtigt - bei meiner Reflexbewegung die Waffe abzufangen (mir rutschte ja der Hahn und damit zumindest teilweise die Waffe aus der Hand) - berührt wurde".
Diese vom Beschwerdeführer selbst vorgetragene Deutung des Vorfalls und im Besonderen der Verzicht auf die Behauptung, es sei etwa - entgegen der Stellungnahme der Bundespolizeidirektion Wien -
noch ein weiterer, ihm bisher nicht bekannter Defekt der Waffe dafür verantwortlich gewesen, unterstreichen in Verbindung mit der eingetretenen Verletzungsfolge aber die Richtigkeit der Überlegung der belangten Behörde, dass beim Hantieren mit der Waffe auch eigenes Fehlverhalten einkalkuliert werden müsse. Unter diesem Aspekt des Falles ist dem Beschwerdeführer unabhängig von der in der Beschwerde relevierten Frage, ob eine der willentlichen Beeinflussung entzogene "Reflexbewegung" im engeren Sinne vorlag, vorzuwerfen, dass er beim Entschluss, den ihm bekannten "Defekt" auch im beschwerdegegenständlichen Fall wie sonst üblich selbst zu "reparieren", keine Konsequenzen daraus zog, dass sich diesmal eine nicht abgefeuerte Patrone in der Trommel befand. Es mag schon zweifelhaft sein, dass der Gebrauch einer Waffe, an der regelmäßig ein Defekt auftritt, mit den Sorgfaltspflichten des Inhabers einer waffenrechtlichen Urkunde vereinbar ist. Wenn sich der Beschwerdeführer dazu aufgerufen fühlte, die "Reparatur" auch mit einer - trotz mehrerer Versuche - nicht abgefeuerten Patrone in der Trommel selbst durchzuführen, statt sich zumindest in diesem Fall (wieder) der Hilfe eines Fachmannes zu bedienen, so lässt sich dies aber nicht im Sinne der Argumentation in der Beschwerde als "unglückliche Verkettung zweier Umstände", sondern nur als das Ausbleiben der erforderlichen Reaktion auf einen dem Beschwerdeführer seinem Vorbringen nach bekannten, gefahrenerhöhenden Umstand deuten. Ein solches Verhalten des Inhabers einer waffenrechtlichen Urkunde bedeutet einen gravierenden Sorgfaltsverstoß.
Die angefochtene Entscheidung ist daher, ausgehend von den Sachverhaltsbehauptungen des Beschwerdeführers, nicht rechtswidrig, sodass die Beschwerde gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen war.
Der Ausspruch über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der VwGH-Aufwandersatzverordnung 2003.
Wien, am 1. April 2004
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