VwGH 2001/03/0003

VwGH2001/03/000318.3.2004

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Sauberer und die Hofräte Dr. Gall und Dr. Bernegger als Richter, im Beisein des Schriftführers Dr. Zeleny, über die Beschwerde des J R in G, vertreten durch Dr. Willibald Rath, Dr. Manfred Rath, Mag. Gerhard Stingl und Mag. Georg Dieter, Rechtsanwälte in 8010 Graz, Friedhofgasse 20, gegen den Bescheid des Unabhängigen Verwaltungssenates für die Steiermark vom 10. November 2000, Zl. UVS 40.7-2/2000-16, betreffend Wiedereinsetzung in den vorigen Stand und Zurückweisung eines Einspruchs gegen die Strafverfügung in einer Angelegenheit betreffend Übertretung der Straßenverkehrsordnung 1960 , zu Recht erkannt:

Normen

ABGB §1332;
AVG §71 Abs1 Z1;
VwGG §46 Abs1;
ZustG §13 Abs2;
ZustG §16;
ABGB §1332;
AVG §71 Abs1 Z1;
VwGG §46 Abs1;
ZustG §13 Abs2;
ZustG §16;

 

Spruch:

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Der Beschwerdeführer ist schuldig, dem Land Steiermark Aufwendungen in der Höhe von EUR 381,90 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Mit Strafverfügung der Bezirkshauptmannschaft Feldbach vom 3. September 1999 wurde der Beschwerdeführer wegen der Verwaltungsübertretung nach § 20 Abs. 2 StVO 1960 mit einer Geldstrafe von S 3.000,-- (und Ersatzfreiheitsstrafe) bestraft. Diese Strafverfügung wurde dem Beschwerdeführer mittels Rsa-Brief an seiner näher bezeichneten Wohnadresse in Graz am 10. September 1999 zugestellt und dort laut Rückschein von der Postbevollmächtigten für RSa-Briefe übernommen.

Mit Schriftsatz vom 14. Jänner 2000 brachte der Beschwerdeführer durch seinen ausgewiesenen Vertreter einen Einspruch gegen die Strafverfügung vom 3. September 1999 sowie einen Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gegen die Versäumung der Frist zur Erhebung des Einspruches ein. Dies im Wesentlichen mit der Behauptung, er sei als Gesellschafter und Vorstandsdirektor eines näher genannten Unternehmens sehr viel unterwegs, öfters auch längere Zeit, auch im Ausland; die Übernahmebestätigung (auf dem Rückschein über die Zustellung der Strafverfügung) trage jedenfalls nicht seine Unterschrift und "offensichtlich" auch nicht die seiner - über eine Postvollmacht verfügende - Ehefrau, sodass eine ordnungsgemäße und rechtsgültige Zustellung der Strafverfügung nicht erfolgt sei. Er habe erst am 14. Jänner 2000 anlässlich einer Besprechung bei seinem Rechtsfreund Kenntnis von der Zustellung der Strafverfügung erhalten. Das Schriftstück sei nicht an ihn weitergeleitet worden. Wenn nicht von der Rechtzeitigkeit des Einspruchs auszugehen sei, sei über den Wiedereinsetzungsantrag zu entscheiden. Die Rechtzeitigkeit des Antrags auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand sei gegeben, zumal dieser noch am Tag der Kenntniserlangung von "dieser Sache" eingebracht worden sei.

Mit Bescheid der Bezirkshauptmannschaft Feldbach vom 14. April 2000 wurde der Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand abgewiesen und der Einspruch gegen die Strafverfügung als verspätet zurückgewiesen. Dagegen erhob der Beschwerdeführer Berufung, in welcher er erneut geltend machte, es sei "bis dato keine ordnungsgemäße und rechtsgültige Zustellung der Strafverfügung erfolgt". Es sei primär über den Einspruch und dessen Rechtzeitigkeit zu entscheiden und erst subsidiär über den Wiedereinsetzungsantrag. Über die Frage der Rechtzeitigkeit hätte schon deshalb primär entschieden werden müssen, weil die rechtsgültige Zustellung ausdrücklich bestritten worden sei. Wer den Übernahmeschein unterschrieben habe, sei nicht feststellbar. Aus dem Umstand, dass die Strafe bezahlt worden sei (die Erstbehörde hatte dies festgestellt), könne nichts abgeleitet werden. Allenfalls habe seine Ehefrau, die sich teilweise um die privaten Angelegenheiten des Beschwerdeführers kümmere, die Einzahlung veranlasst, ohne vorher mit ihm Rücksprache zu halten. Der Beschwerdeführer könne ausschließen, dass er die Strafverfügung erhalten habe bzw. dass sie an ihn weitergeleitet worden wäre.

Mit dem angefochtenen Bescheid der belangten Behörde vom 10. November 2000 wurde die gegen diesen Bescheid erhobene Berufung als unbegründet abgewiesen. Die belangte Behörde begründete ihre Entscheidung im Wesentlichen damit, dass der Beschwerdeführer sich zur Begründung seines Wiedereinsetzungsantrages auf die mangelhafte Zustellung der Strafverfügung stütze, was jedoch als Grundlage für die Bewilligung der Wiedereinsetzung nicht in Betracht komme, sodass der Wiedereinsetzungsantrag verfehlt sei. Auf Grund des Ermittlungsverfahrens habe sich ergeben, dass die Strafverfügung ordnungsgemäß durch Empfangnahme durch seine hiefür mit Postvollmacht ausgestattete Ehefrau zugestellt worden sei, sodass die Frist für die Erhebung des Einspruchs zu laufen begonnen habe, jedoch versäumt worden sei.

In seiner an den Verwaltungsgerichthof gerichteten Beschwerde beantragt der Beschwerdeführer die kostenpflichtige Aufhebung des angefochtenen Bescheides.

Die belangte Behörde hat die Verwaltungsstrafakten vorgelegt und eine Gegenschrift erstattet, in der sie die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde beantragt.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Nach § 13 Abs. 2 Zustellgesetz darf bei Zustellungen durch Organe der Post oder der Gemeinde auch an eine gegenüber der Post oder der Gemeinde zur Empfangnahme solcher Sendungen bevollmächtigte Person zugestellt werden, soweit dies nicht durch einen Vermerk auf der Sendung ausgeschlossen ist. Die Zustellung ist nach § 22 Abs. 1 Zustellgesetz vom Zusteller auf dem Zustellnachweis (Zustellschein, Rückschein) zu beurkunden. § 22 Abs. 2 erster Satz Zustellgesetz bestimmt, dass der Übernehmer der Sendung die Übernahme durch Unterfertigung des Zustellnachweises unter Beifügung des Datums und, soweit er nicht der Empfänger ist, seines Naheverhältnisses zu diesem zu bestätigen hat.

Der Beschwerdeführer macht im verwaltungsgerichtlichen Verfahren im Wesentlichen geltend, die Behörde habe nur unzureichende Feststellungen hinsichtlich des Sachverhaltes getroffen. Er macht weiters geltend, dass im gegenständlichen Fall eine eventuelle Fehlleistung, nämlich die Nichtweitergabe des gegenständlichen Schriftstückes bzw. die Einbezahlung der Verwaltungsstrafe an die Behörde nicht in seinem Verantwortungsbereich gelegen sei. Dieses Vorbringen ist nicht zielführend.

Die belangte Behörde ging auf Grund der Ermittlungsergebnisse, insbesondere des Inhalts des Rückscheines und der Aussage des Zustellers sowie insbesondere auch der Aussage der Ehefrau des Beschwerdeführers, davon aus, dass das Schriftstück von der sich im Besitz einer Postvollmacht des Beschwerdeführers für Rsa-Briefe befindlichen Ehefrau übernommen wurde und sie selbst den Rückschein unterfertigt hat. Der Beschwerdeführer bringt nichts Stichhältiges vor, was diese Feststellungen erschüttern könnte.

Damit ist für den Verwaltungsgerichtshof von der Wirksamkeit der Zustellung auszugehen. Hiefür ist es unerheblich, ob das Schriftstück dem Beschwerdeführer tatsächlich zugekommen ist. Selbst wenn der Empfänger ortsabwesend gewesen sein sollte - was der Beschwerdeführer im Übrigen durch konkretes Vorbringen nicht untermauert hat -, würde dies an der Wirksamkeit der Zustellung nichts ändern, weil die Zustellung an den Postbevollmächtigten eine Ersatzzustellung (§ 16 Zustellgesetz) ausschließt (vgl. das hg. Erkenntnis vom 23. Februar 1993, Zl. 92/07/0177).

Es ist festzuhalten, dass die Frist zur Erhebung eines Einspruchs gegen die Strafverfügung vom 3. September 1999 versäumt wurde, somit grundsätzlich eine wesentliche Voraussetzung für die Zulässigkeit eines Wiedereinsetzungsantrages erfüllt wäre (§ 71 Abs. 1 AVG). Daraus ist für den Standpunkt des Beschwerdeführers im Ergebnis aber nichts gewonnen.

Nach der Bestimmung des § 71 Abs. 1 Z. 1 AVG (iVm § 24 VStG) ist wegen der Versäumung einer Frist oder einer mündlichen Verhandlung auf Antrag der Partei, die durch die Versäumung einen Rechtsnachteil erleidet, die Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zu bewilligen, wenn die Partei glaubhaft macht, dass sie durch ein unvorhergesehenes oder unabwendbares Ereignis verhindert war, die Frist einzuhalten oder zur Verhandlung zu erscheinen, und sie kein Verschulden oder nur ein minderer Grad des Versehens trifft. Der Begriff des minderen Grades des Versehens ist als leichte Fahrlässigkeit im Sinn des § 1332 ABGB zu verstehen.

Der Wiedereinsetzungswerber darf also nicht auffallend sorglos gehandelt haben. Auffallend sorglos handelt ein Wiedereinsetzungswerber, wenn er die im Verkehr mit Gerichten und Behörden für die Einhaltung von Terminen und Fristen erforderliche und ihm nach seinen persönlichen Fähigkeiten zumutbare Sorgfalt außer Acht lässt. Irrtümer und Fehler von Hilfskräften stehen einer Wiedereinsetzung nicht im Weg, wenn sie trotz Einhaltung der zumutbaren Kontrolle des Wiedereinsetzungswerbers geschehen. Das, was der Wiedereinsetzungswerber in Erfüllung seiner nach der Sachlage gebotenen Pflicht zur Überwachung allfälliger für ihn tätig gewordener Hilfskräfte hinsichtlich der Wahrung eines Termins vorgekehrt hat, hat er im Wiedereinsetzungsantrag substantiiert zu behaupten (vgl. den hg. Beschluss vom 24. November 1989, Zl. 89/17/0116)

Der Beschwerdeführer hat vor der belangten Behörde selbst dargelegt, dass er für sein Unternehmen viel unterwegs sei und sich seine Frau um seine privaten Angelegenheiten kümmere; dies deckt sich auch mit der aus dem Verwaltungsstrafakt ersichtlichen Aussage seiner Ehefrau, wonach sie für ihn viel Post übernehmen "muss". Unter diesen Umständen muss es vom Beschwerdeführer aber in zumutbarer Weise verlangt werden, dass in geeigneter Form sichergestellt wird, dass (auch "private") behördliche Schriftstücke dem Beschwerdeführer selbst vorgelegt werden, um ihm allenfalls beabsichtigte Rechtsschritte zu ermöglichen. Diesbezüglich brachte er jedoch im Wiedereinsetzungsantrag - wie auch vor der belangten Behörde - nichts vor. Damit schlägt das Argument des Beschwerdeführers, es sei das Schriftstück an ihn nicht weitergeleitet worden und seine Frau habe die Verwaltungsstrafe ohne sein Wissen einbezahlt, nicht durch, gelingt es ihm doch nicht, einen bloß minderen Grad des Versehens für die hier in Rede stehende Fristversäumung glaubhaft zu machen. Es kann daher nicht als rechtswidrig erkannt werden, wenn die belangte Behörde den Wiedereinsetzungsantrag ab- und den Einspruch gegen die Strafverfügung zurückgewiesen hat.

Die aus diesen Erwägungen unbegründete Beschwerde war gemäß § 42 Abs. 1 VwGG abzuweisen.

Die Entscheidung über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl II Nr. 333/2003.

Wien, am 18. März 2004

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