Normen
BAO §115 Abs1;
BAO §212a Abs9;
BAO §236 Abs1;
VwRallg;
BAO §115 Abs1;
BAO §212a Abs9;
BAO §236 Abs1;
VwRallg;
Spruch:
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
Die Beschwerdeführerin hat dem Bund Aufwendungen in Höhe von EUR 381,90 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Die Beschwerdeführerin begehrte für das Jahr 1986 die steuerliche Anerkennung von Verlusten aus einem Beteiligungsmodell als stiller Gesellschafter an der H GmbH. Im Zuge eines diesbezüglichen Berufungsverfahrens stellte sie einen Antrag auf Aussetzung der Einhebung. Nachdem der Verwaltungsgerichtshof in zwei die H GmbH betreffenden Erkenntnissen das Verlustbeteiligungsmodell nicht als Einkunftsquelle anerkannt hatte, zog die Beschwerdeführerin ihre Berufung zurück. Mit Bescheiden vom 2. Oktober 1997 und 22. November 1999 setzte das Finanzamt Aussetzungszinsen in Höhe von insgesamt S 208.521,00 fest.
Mit Schreiben vom 22. Dezember 1999 ersuchte die Beschwerdeführerin um Nachsicht des Rückstandes von S 208.521,00 und führte aus, sie habe die Beteiligung in vollem Vertrauen auf ihre damaligen Berater gezeichnet, die ihr versichert gehabt hätten, das Modell sei ertragbringend und die steuerliche Verlustzuweisung gesichert, weil das Konzept vom "Bundesministerium" genehmigt worden sei. Diese Akzeptanz sei im Zeitpunkt der Zeichnung (1986) gegeben gewesen. Die Rechtslage habe in den Folgejahren eine andere Entwicklung genommen. Nach derzeitigem Stand der Dinge sei neben dem nicht bestehenden Steuervorteil auch das eingesetzte Kapital höchstwahrscheinlich verloren. Die finanziellen Auswirkungen dieser nicht vorhergesehenen Rechtsentwicklung seien außergewöhnlich und mit einer unbilligen Härte verbunden. Die Investitionen seien im Vertrauen auf eine - wie sich nunmehr herausgestellt habe - offenbar unrichtige Rechtsauskunft getätigt worden. Es werde daher ersucht, die Aussetzungszinsen im Nachsichtswege zu erlassen.
Mit Bescheid vom 4. Mai 2000 wies das Finanzamt das Nachsichtsansuchen im Wesentlichen mit der Begründung ab, eine Verletzung des Grundsatzes von Treu und Glauben liege nicht vor. Auch der Nachweis der Unbilligkeit sei nicht erbracht worden.
In ihrer Berufung wiederholte die Beschwerdeführerin ihr Vorbringen und wies erneut daraufhin, dass selbst "die Finanz" über 13 Jahre hinweg die Veranlagung dieser Beteiligungserträge ohne Einschränkung durchgeführt habe und daher selbst von einer Absetzbarkeit des Beteiligungsergebnisses ausgegangen sei. Weiters ergebe sich aus der Höhe der Zinsen, die bereits ein Drittel des gesamten Nachzahlungsbetrages erreicht hätten, ein wirtschaftliches Missverhältnis zwischen steuerlicher Auswirkung und vorgeschriebenem Zinsenbetrag. Es liege sachliche Unbilligkeit vor.
Mit Berufungsvorentscheidung wies das Finanzamt die Berufung als unbegründet ab und führte aus, das Abgehen von der bisherigen Verwaltungsübung bei der Festsetzung der Einkommensteuer 1986 stelle keine nachvollziehbare Verletzung des Grundsatzes von Treu und Glauben dar. Auf den Umstand, dass Aussetzungszinsen anfielen, sei bei der Bewilligung der Aussetzung hingewiesen worden. Auch in dem Vorbringen, dass die vorgeschriebenen Zinsen bereits rund ein Drittel des gesamten Nachzahlungsbetrages erreicht hätten, sei keine sachliche Unbilligkeit zu erkennen, weil die von der Beschwerdeführerin subjektiv als Härte empfundene Belastung eine Auswirkung der allgemeinen Rechtslage sei, die alle Abgabepflichtigen in gleicher Weise treffe.
In ihrem Vorlageantrag machte die Beschwerdeführerin persönliche Unbilligkeit geltend, weil neben den laufenden Abgaben zusätzliche Mittel in dieser Höhe nicht ohne eklatante finanzielle Mehrbelastungen für die Beschwerdeführerin bereitgestellt werden könnten.
Mit dem angefochtenen Bescheid wies die belangte Behörde die Berufung als unbegründet ab. Unbilligkeit liege nicht vor, da es sich bei der Vorschreibung der Aussetzungszinsen nur um eine Auswirkung der allgemeinen Rechtslage handle. Dem Steuerpflichtigen stünde es frei, den Aufschub jederzeit durch Entrichtung zu beenden und dadurch die Zinsvorschreibung zu verkürzen. Durch die Vorschreibung der Aussetzungszinsen sei es im Beschwerdefall zu keiner anormalen Belastungswirkung und zu keinem atypischen Vermögenseingriff gekommen. Die Beschwerdeführerin hätte die erhöhte Steuerbelastung einkalkulieren müssen. Es sei auch nicht der Grundsatz von Treu und Glauben verletzt worden, weil das Legalitätsprinzip stärker sei. Es liege kein Anzeichen für eine Unbilligkeit vor.
Der Verwaltungsgerichtshof hat über die Beschwerde erwogen:
Gemäß § 236 Abs 1 BAO können fällige Abgabenschuldigkeiten auf Antrag des Abgabepflichtigen ganz oder zum Teil durch Abschreibung nachgesehen werden, wenn ihre Einhebung nach der Lage des Falles unbillig wäre.
Nach ständiger Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes (vgl. die hg. Erkenntnisse vom 24. Februar 1998, 97/13/0237, vom 20. Jänner 2000, 95/15/0031, und vom 30. Juli 2002, 99/14/0315) ist eine sachliche Unbilligkeit anzunehmen, wenn im Einzelfall bei Anwendung des Gesetzes aus anderen als aus persönlichen Gründen ein vom Gesetzgeber offenbar nicht beabsichtigtes Ergebnis eintritt, sodass es zu einer anormalen Belastungswirkung und, verglichen mit anderen Fällen, zu einem atypischen Vermögenseingriff kommt. Der im atypischen Vermögenseingriff gelegene offenbare Widerspruch der Rechtsanwendung zu den vom Gesetzgeber beabsichtigten Ergebnissen muss seine Wurzel in einem außergewöhnlichen Geschehensablauf haben, der auf eine vom Steuerpflichtigen nicht beeinflussbare Weise eine nach dem gewöhnlichen Lauf nicht zu erwartende Abgabenschuld ausgelöst hat, die zudem auch ihrer Höhe nach unproportional zum auslösenden Sachverhalt ist.
Dass die Einhebung von Aussetzungszinsen im Hinblick darauf, dass diese Zinsen durch den vom Abgabepflichtigen eingebrachten Antrag auf Aussetzung der Einhebung strittiger Abgaben ausgelöst werden, nicht sachlich unbillig ist, hat der Verwaltungsgerichtshof schon wiederholt ausgesprochen. Vor dem Hintergrund, dass es in der Ingerenz des Abgabepflichtigen liegt, das Entstehen der Aussetzungszinsen in gegebenenfalls beträchtlicher Höhe durch Entrichtung der ausgesetzten Abgaben zu verhindern, kann auch eine allfällig lange Dauer des Berufungsverfahrens keine sachliche Unbilligkeit in der Einhebung der dadurch aufgelaufenen Aussetzungszinsen begründen, denen außerdem der Aspekt des Zinsengewinnes durch den Zahlungsaufschub beim Abgabepflichtigen gegenübersteht (vgl das hg Erkenntnis vom 16. Oktober 2002, 99/13/0065, mwN).
Auch im Beschwerdefall hat die Beschwerdeführerin durch ihren gemäß § 212a BAO gestellten Antrag auf Aussetzung der Einhebung das Entstehen der Aussetzungszinsen ausgelöst und in der Folge während des über längere Zeit laufenden Berufungsverfahrens von der Entrichtung der Abgabenschuld Abstand genommen. Damit lag aber in Bezug auf den Anfall der Aussetzungszinsen eine nach der Rechtslage in Kauf genommene Abgabenschuld vor.
Die Beschwerdeführerin erblickt eine sachliche Unbilligkeit darin, dass sie die Beteiligung an der H GmbH im Vertrauen auf deren steuerliche Geltendmachung erworben habe. Im Zeitpunkt der Zeichnung sei diese Rechtsansicht nicht nur durch ihren damaligen Berater, sondern auch durch das Bundesministerium für Finanzen "abgesichert" gewesen. In der veränderten Beurteilung von Beteiligungsmodellen liege - dem Inhalt der Beschwerde nach - ein Verstoß gegen Treu und Glauben.
Unrichtige Auskünfte im Einzelfall können Treu und Glauben verletzen und eine Unbilligkeit nach Lage des Falles und die Nachsicht von Abgabenschuldigkeiten zur Folge haben. Dass die Zeichnung der Anteile an der H GmbH durch die Beschwerdeführerin auf eine konkrete unrichtige Auskunft der für die Abgabenerhebung zuständigen Abgabenbehörde zurückzuführen gewesen sei, wurde in der Beschwerde jedoch nicht behauptet.
Das Vorliegen persönlicher Unbilligkeit wurde in der Beschwerde nicht mehr behauptet.
Die Beschwerde erweist sich somit insgesamt als unbegründet und war daher gemäß § 42 Abs 1 VwGG abzuweisen.
Die Kostenentscheidung stützt sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. II Nr. 333/2003.
Wien, am 22. April 2004
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