VwGH 2003/21/0087

VwGH2003/21/008719.11.2003

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Sauberer und die Hofräte Dr. Robl, Dr. Pelant, Dr. Sulzbacher und Dr. Grünstäudl als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Wechner, über die Beschwerde des B, vertreten durch Dr. Rudolf Breuer, Rechtsanwalt in 2700 Wiener Neustadt, Hauptplatz 28, gegen den Bescheid der Sicherheitsdirektion für das Bundesland Burgenland vom 7. April 2003, Zl. Fr-275/02, betreffend Erlassung eines unbefristeten Aufenthaltsverbotes, zu Recht erkannt:

Normen

B-VG Art130 Abs2;
FrG 1997 §36 Abs1;
FrG 1997 §36 Abs2 Z1;
FrG 1997 §36 Abs2 Z9;
FrG 1997 §36 Abs2;
FrG 1997 §37;
FrG 1997 §39 Abs1;
EMRK Art8 Abs2;
VwRallg;
B-VG Art130 Abs2;
FrG 1997 §36 Abs1;
FrG 1997 §36 Abs2 Z1;
FrG 1997 §36 Abs2 Z9;
FrG 1997 §36 Abs2;
FrG 1997 §37;
FrG 1997 §39 Abs1;
EMRK Art8 Abs2;
VwRallg;

 

Spruch:

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Der Beschwerdeführer hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von EUR 381,90 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Mit dem zitierten Bescheid erließ die belangte Behörde gegen den Beschwerdeführer, einen rumänischen Staatsangehörigen, gemäß § 36 Abs. 1 und Abs. 2 Z. 1 und den §§ 37 und 39 des Fremdengesetzes 1997 - FrG, BGBl. I Nr. 75, im Instanzenzug ein unbefristetes Aufenthaltsverbot (Spruchpunkt I.) und wies - von der Beschwerde unbekämpft - gemäß § 94 Abs. 5 FrG die Berufung gegen die Abweisung des Antrags auf Erteilung eines Durchsetzungsaufschubs als unzulässig zurück (Spruchpunkt II.).

Zur Begründung des Aufenthaltsverbotes verwies sie auf folgende rechtskräftige Verurteilungen des Beschwerdeführers:

1. vom 2. Dezember 1998 nach § 83 Abs. 1 StGB gemäß § 13 Abs. 1 JGG unter Vorbehalt der Strafe;

2. vom 13. Oktober 1999 nach den §§ 127 und 164 Abs. 1 StGB zu einer bedingt nachgesehenen Freiheitsstrafe von drei Monaten;

die bedingte Strafnachsicht wurde mit nachstehendem Urteil des Landesgerichtes für Strafsachen Graz vom 12. März 2002 widerrufen;

3. vom 21. August 2001 durch das Landesgericht Eisenstadt nach den §§ 83 Abs. 1 und 84 Abs. 1 StGB zu einer bedingt nachgesehenen Freiheitsstrafe von vier Monaten;

4. vom 12. März 2002 durch das Landesgericht für Strafsachen Graz nach den §§ 127, 130 (erster Fall) und 164 Abs. 1 und 2 StGB zu einer Freiheitsstrafe von drei Monaten.

Durch die dargelegten Urteile und die in den Akten ersichtlichen Geständnisse sei als erwiesen anzusehen, dass der Beschwerdeführer die ihm zur Last gelegten strafbaren Handlungen begangen habe. Er habe sich wiederholt im Zeitraum November 1998 bis Jänner 2002 fremde bewegliche Sachen mit dem Vorsatz der unrechtmäßigen Bereicherung teilweise als Mitglied einer Bande zugeeignet und darüber hinaus solche Gegenstände verwertet. Zudem habe er zweimal eine Körperverletzung, die zweite qualifiziert, begangen.

Durch diese teilweise "als Mitglied einer Bande" begangenen Straftaten sei die Annahme gerechtfertigt, dass durch den weiteren Aufenthalt des Beschwerdeführers die öffentliche Sicherheit gefährdet sei.

Der Beschwerdeführer sei im Jahr 1997 nach Österreich gereist; hier lebten seine Eltern, zwei Brüder sowie Onkel und Tante. Er sei ledig und habe keine Sorgepflichten. In der wiederholten und qualifizierten Begehung von Straftaten gegen fremdes Vermögen sowie auch gegen Leib oder Leben manifestiere sich eine massive Gefahr für das Vermögen sowie auch für die körperliche Sicherheit Anderer und es zeige sich seine mangelnde Verbundenheit mit den in Österreich rechtlich geschützten Werten. Die Abstandnahme von der Erlassung eines Aufenthaltsverbotes wiege daher schwerer als die Auswirkungen auf seine Lebenssituation. Die belangte Behörde sehe sich auch nicht veranlasst, eine Ermessensentscheidung zu Gunsten des Beschwerdeführers zu treffen. Da "in keinster Weise" Prognosetendenzen zu seinen Gunsten zu erkennen seien, lasse sich ein Wegfall des Grundes für das Aufenthaltsverbot nicht vorhersehen, sodass die Verhängung eines unbefristeten Aufenthaltsverbotes angemessen scheine.

Gegen die Erlassung des Aufenthaltsverbotes richtet sich die vorliegende Beschwerde, über die der Verwaltungsgerichtshof nach Vorlage der Verwaltungsakten und Erstattung einer Gegenschrift durch die belangte Behörde erwogen hat:

Voraussetzung für die Erlassung eines Aufenthaltsverbotes gemäß § 36 Abs. 1 FrG ist die auf bestimmte Tatsachen gegründete Prognose, dass der Aufenthalt des Fremden die öffentliche Ruhe, Ordnung und Sicherheit oder andere in Art. 8 Abs. 2 EMRK genannte öffentliche Interessen (die nationale Sicherheit, das wirtschaftliche Wohl des Landes, die Verteidigung der Ordnung, die Verhinderung von strafbaren Handlungen, den Schutz der Gesundheit und der Moral und den Schutz der Rechte und Freiheiten Anderer) erheblich gefährdet. Daraus folgt, dass die Erlassung eines Aufenthaltsverbotes nach § 36 Abs. 1 FrG nur dann in Betracht kommt, wenn ein solches erforderlich ist, um die festgestellte, vom Fremden ausgehende Gefahr im Bundesgebiet abzuwenden. In § 36 Abs. 2 FrG sind demonstrativ Sachverhalte angeführt, die als bestimmte Tatsachen im Sinn des § 36 Abs. 1 leg. cit. gelten, bei deren Verwirklichung die dort genannte Annahme gerechtfertigt sein kann. Bei der Erstellung der für jedes Aufenthaltsverbot zu treffenden Gefährlichkeitsprognose ist das Gesamtverhalten des Fremden in Betracht zu ziehen und auf Grund konkreter Feststellungen eine Beurteilung dahingehend vorzunehmen, ob und im Hinblick auf welche Umstände die in § 36 Abs. 1 FrG umschriebene Annahme gerechtfertigt ist. Bei der Entscheidung, ein Aufenthaltsverbot zu erlassen, ist Ermessen zu üben, wobei die Behörde vor dem Hintergrund der gesamten Rechtsordnung auf alle für und gegen das Aufenthaltsverbot sprechenden Umstände Bedacht zu nehmen hat (vgl. das hg. Erkenntnis vom 13. Dezember 2001, Zl. 99/21/0349).

Die Beschwerde tritt den behördlichen Feststellungen nicht entgegen. Aus diesem Grund bestehen keine Bedenken, dass angesichts der rechtskräftigen Verurteilungen des Beschwerdeführers der Tatbestand des § 36 Abs. 2 Z. 1 vierter Fall FrG erfüllt sei.

Hinsichtlich der Gefährlichkeitsprognose nach § 36 Abs. 1 FrG zeigt die Beschwerde an sich zutreffend auf, dass die belangte Behörde es unterlassen hat, die den gerichtlichen Verurteilungen zu Grunde liegenden Straftaten in der Begründung ihres Bescheides im Einzelnen festzustellen. Dadurch wurde der Beschwerdeführer jedoch nicht in subjektiven Rechten verletzt, schaffte die belangte Behörde - die die den Schuldsprüchen zu Grunde liegenden Taten wegen des Geständnisses des Beschwerdeführers als erwiesen angenommen hat - doch sämtliche Urteile bei und es können die Straftaten des Beschwerdeführers an Hand der Aktenlage gewertet werden. Dies führt zu dem Ergebnis, dass der weitere Aufenthalt des Beschwerdeführers - von der belangten Behörde richtig gesehen -

eine Gefahr für die öffentliche Sicherheit und für das Vermögen und die körperliche Sicherheit anderer Personen nach sich ziehen würde.

Dem Schuldspruch (ohne Strafe) vom 2. Dezember 1998 lag zu Grunde, dass der Beschwerdeführer am 28. Februar 1998 mehrmals mit den Füßen gegen den Kopf eines am Boden Liegenden getreten und ihm dadurch (u.a.) einen Nasenbeinbruch und Prellungen im Gesicht zugefügt hat. Der Verurteilung vom 13. Oktober 1999 ging voraus, dass der Beschwerdeführer eine Herrenarmbanduhr, diverse Feuerwerkkörper sowie ein Mobiltelefon im Wert von S 3.500,-- gestohlen hat. Weiters hat er drei Personen nach Ladendiebstählen und Diebstählen von Mobiltelefonen dabei unterstützt, den Erlös dieser Sachen zu verwerten.

Die Verurteilung vom 21. August 2001 beruhte darauf, dass der Beschwerdeführer als Mittäter einem Anderen einen Stoß versetzte, wodurch dieser zu Boden fiel und anschließend mit den Füßen gegen dessen Oberkörper, gegen die Arme und das Gesicht getreten hat, was zu einer an sich schweren Körperverletzung, nämlich einem Bruch des Nasenbeines mit Verschiebung der Bruchstücke, geführt hat.

Der letzten Verurteilung vom 12. März 2002 lag zu Grunde, dass der Beschwerdeführer im Jänner 2002 als Mittäter bei einer "Einbruchstour" ein Autoradio, einen Akku für eine Videokamera, Bekleidung, Tischtennisschläger und Tischtennisbälle sowie Sportnahrung, sieben Packungen Parfums und zwei Flaschen Whisky in gewerbsmäßiger Absicht gestohlen hat. Weiters hat er eine durch Diebstahl erlangte Videokamera einem Dritten verschafft und dadurch Hehlerei begangen.

Durch diese in relativ kurzen Abständen sowohl gegen fremdes Vermögen als auch gegen die körperliche Sicherheit Anderer gerichteten Straftaten stellte der Beschwerdeführer ausreichend unter Beweis, dass im Fall seines Verbleibs in Österreich mit weiteren Straftaten gerechnet werden muss und somit die in § 36 Abs. 1 FrG umschriebene Annahme gerechtfertigt ist.

Der seit der letzten Straftat bis zum maßgeblichen Zeitpunkt der Erlassung des angefochtenen Bescheides verstrichene Zeitraum ist entgegen der Beschwerdeansicht noch viel zu kurz, um eine - behauptetermaßen auch aus religiösen Gründen eingetretene - Besserung des Beschwerdeführers annehmen zu können. Auch der Hinweis auf das Alter des Beschwerdeführers führt zu keinem anderen Ergebnis, hat dieser doch zwar die erste Straftat im Alter von 16 ½ Jahren gesetzt, war aber bei seiner letzten Straftat im Jänner 2002 bereits über 20 Jahre alt. Auf eine verspätete Reife allein lässt sich das Fehlverhalten des Beschwerdeführers somit nicht zurückführen.

Es bestehen auch keine Bedenken gegen das Ergebnis der von der belangten Behörde nach § 37 FrG durchgeführten Interessenabwägung. Dem bereits genannten gefährdeten öffentlichen Interesse steht das private gegenläufige Interesse des Beschwerdeführers an einem Verbleib in Österreich gegenüber, das aus dem inländischen Aufenthalt seit 1997 abzuleiten ist. Familiäre Interessen des Beschwerdeführers in Österreich liegen darin, dass hier seine Eltern und weitere Verwandte aufhältig sind. Der Beschwerdeführer ist ledig und hat keine Sorgepflichten. Wird nun berücksichtigt, dass er bereits wenige Monate nach seiner Einreise erstmals straffällig geworden ist und die letzte strafbare Handlung lediglich etwas mehr als ein Jahr vor der Bescheiderlassung begangen hat, kann der Ansicht der belangten Behörde, dass die privaten Interessen des Beschwerdeführers hinter die bereits genannten öffentlichen Interessen zurückzutreten hätten, in Würdigung aller Umstände nicht mit Erfolg entgegengetreten werden.

Das Aufenthaltsverbot ist daher auch nach § 37 FrG zulässig; weiters ist kein Umstand ersichtlich, der die belangte Behörde hätte veranlassen müssen, von ihrem Ermessen zu Gunsten des Beschwerdeführers Gebrauch zu machen und von der Erlassung des Aufenthaltsverbotes abzusehen.

Letztlich wendet sich die Beschwerde gegen die unbefristete Erlassung des Aufenthaltsverbotes. Gemäß § 39 Abs. 1 FrG kann das Aufenthaltsverbot in den Fällen des § 36 Abs. 2 Z. 1 und 5 unbefristet, in den Fällen des § 36 Abs. 2 Z. 9 für die Dauer von höchstens fünf Jahren, sonst nur für die Dauer von höchstens zehn Jahren erlassen werden. Nach ständiger hg. Rechtsprechung (vgl. etwa das Erkenntnis vom 17. September 2002, Zl. 2002/18/0155) ist ein Aufenthaltsverbot unter Bedachtnahme auf § 39 Abs. 1 FrG für jenen Zeitraum, nach dessen Ablauf vorhersehbarer Weise der Grund für seine Verhängung weggefallen sein wird, und auf unbestimmte Zeit (unbefristet) zu erlassen, wenn ein Wegfall des Grundes für seine Verhängung nicht vorhergesehen werden kann. Angesichts des bereits kurz nach der Einreise in Österreich begonnenen und bis zuletzt fortgesetzten teilweise auch gewerbsmäßig begangenen Fehlverhaltens des Beschwerdeführers kann derzeit nicht vorhergesehen werden, wann der Grund für die Erlassung des Aufenthaltsverbotes wegfallen könnte, weshalb auch diesbezüglich dem angefochtenen Bescheid keine Rechtswidrigkeit anhaftet.

Die Beschwerde war somit als unbegründet gemäß § 42 Abs. 1 VwGG abzuweisen.

Die Kostenentscheidung beruht auf den §§ 47 ff VwGG iVm der VwGH-Aufwandersatzverordnung 2003.

Wien, am 19. November 2003

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