VwGH 2003/16/0078

VwGH2003/16/007818.9.2003

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Waldner und die Hofräte Dr. Steiner und Dr. Fellner als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Siegl, über die Beschwerde der W Sparkasse gegen den Bescheid des Präsidenten des LG Wiener Neustadt vom 27. März 2003, Zl. Jv 4739- 33a/02, betreffend Gerichtsgebühren, zu Recht erkannt:

Normen

ABGB §936;
GGG 1984 §18 Abs2 Z2;
ABGB §936;
GGG 1984 §18 Abs2 Z2;

 

Spruch:

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Die Beschwerdeführerin hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von EUR 381,90 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Mit einer zu 23 Cg 152/01 p beim LG Wiener Neustadt erhobenen Wechselmandatsklage begehrte die Beschwerdeführerin von einer beklagten Partei die Zahlung von ATS 4,561.706,30 s.A., wofür Pauschalgebühr entrichtet wurde.

In der Tagsatzung zur mündlichen Streitverhandlung vom 25. September 2002 wurde ein Vergleich geschlossen, der folgenden Inhalt hat:

"1. Herr Dr. N W, geb. 10.3.1922, p.A. RA Dr. Alexander Kragora, 1010 Wien, An der Hülben 4/6, anerkennt hiemit, der W Sparkasse aufgrund des Wechselzahlungsauftrages im Verfahren 24 Cg 2840/01g (vormals: 23 Cg 152/01p) des Landesgerichtes Wiener Neustadt den Betrag von EUR 331.512,13 (ATS 4,561.706,30) samt 6 % Zinsen seit 18.5.2001, 1/3 Provision und die hiemit verglichenen Kosten des Verfahrens in Höhe von EUR 19.864,96 (darin enthalten 20 % USt. EUR 1.579,74 und Barauslagen EUR 10.386,51) zu schulden und verpflichtet sich Herr Dr. N W, diese Beträge an Kapital, Zinsen und Kosten binnen 14 Tagen bei sonstiger Exekution an die W Sparkasse zu bezahlen.

2. Festgestellt wird, dass zu Gunsten der W Sparkasse im Wege der Exekution zur Sicherstellung nachfolgende Pfandrechte zur Sicherstellung bestehen, welche durch den gegenständlichen Vergleich nicht berührt werden und daher aufrecht bestehen bleiben:

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

§ 18 GGG lautet auszugsweise:

"(1) Die Bemessungsgrundlage bleibt für das ganze Verfahren gleich.

(2) Hievon treten folgende Ausnahmen ein:

  1. 1. ...
  2. 2. Wird der Wert des Streitgegenstandes infolge einer Erweiterung des Klagebegehrens geändert oder ist Gegenstand des Vergleiches eine Leistung, deren Wert das Klagebegehren übersteigt, so ist die Pauschalgebühr unter Zugrundelegung des höheren Streitwertes zu berechnen; die bereits entrichtete Pauschalgebühr ist einzurechnen.

    ..."

    Strittig sind nach Inhalt der Beschwerde und des im Wege

    eines Mängelbehebungsverfahrens formulierten Beschwerdepunktes

    lediglich die Vergleichspunkte 3), 5 c) und 6).

    Zum Vergleichspunkt 3):

    Der Beschwerde, die vermeint, hiemit sei keine Verpflichtung begründet worden, ist entgegen zu halten, dass der Vergleichspartner der Beschwerdeführerin in diesem Vergleichspunkt - wenngleich ohne Verwendung des Begriffes einer Verpflichtung - sein Einverständnis dazu erklärt hat, dass der dort genannte Betrag, der aus dem Verkauf einer ihm (und seiner Ehefrau) gehörenden Liegenschaft resultiert, an die Beschwerdeführerin und eine andere Bank überwiesen werden soll. Damit wurde i.S. der ständigen hg. Judikatur - die keineswegs besagt, dass ein Vergleich nur dann vorliegt, wenn das Wort "verpflichtet" verwendet wird (vgl. dazu die bei Tschugguel/Pötscher, Gerichtsgebühren7, E 16 zu § 18 GGG referierte Rechtsprechung) - eine Verfügung über ein materielles Recht vorgenommen (vgl. dazu insbesondere das hg. Erkenntnis vom 19. Dezember 2002, Zl. 2002/16/0225). Der Vergleichspunkt wurde somit zu Recht in die Bemessungsgrundlage einbezogen.

    Zum Vergleichspunkt 5c):

    Da mit diesem Vergleichspunkt der Beschwerdeführerin durch den Vergleichspartner eine bis 31. Dezember 2020 laufende Option zum Erwerb bestimmter Liegenschaften um den Preis von EUR 220.000,-

    - eingeräumt wurde, hat der Vergleichspartner auch damit eine Verfügung über ein materielles Recht zugunsten der Beschwerdeführerin vorgenommen, die mit der darin genannten Summe, die den Wert des Klagebegehrens übersteigt, in die Bemessungsgrundlage einzubeziehen war. Die dazu von der Beschwerde vorgebrachten Argumente, die sich auf das Rechtsinstitut des Vorkaufsrechtes stützen, gehen ins Leere, weil es sich auch bei der Einräumung eines Vorkaufsrechtes (das lediglich einen Unterfall des Optionsrechtes darstellt; vgl. dazu Aicher in Rummel, ABGB I3, Rz 33 zu § 1072 ABGB) um die Verfügung über ein materielles Recht handelt und weil die Option gegenüber dem Vorkaufsrecht noch den Vorteil bietet, dass der Optionsberechtigte nicht auf den Eintritt eines Vorkaufsfalles angewiesen ist, sondern das von der Option umfasste Rechtsgeschäft durch einseitige Erklärung ohne weiteres in Kraft setzen kann (Aicher in Rummel, a.a.O.). Da "Aufgriffsrechte" nach der hg. Judikatur (vgl. dazu das Erkenntnis vom 27. Jänner 1999, Zl. 98/16/0398) mit dem dabei von den Vertragsparteien bezeichneten Wert in die Bemessungsgrundlage für die Gerichtsgebühren einzubeziehen sind, vermag auch der Umstand, dass betreffend den Vergleichspunkt 5 e) keine Einbeziehung durch die Justizverwaltungsbehörde erfolgte, an der Richtigkeit der Einbeziehung der in Vergleichspunkt 5 c) vereinbarten Option in die Streitwerterhöhung nichts zu ändern.

    Zum Vergleichspunkt 6.):

    Zwar ist nach der hg. Judikatur eine Lösungsbefugnis dann nicht in die Bemessungsgrundlage einzubeziehen, wenn sie nur eine Befreiungsmöglichkeit enthält (Tschugguel/Pötscher, a.a.O., E 13 zu § 18 GGG), jedoch ist die vorliegende Vereinbarung sehr wohl als Zahlungsverpflichtung betreffend EUR 100.000,-- anzusehen, weil keineswegs gesagt wurde, von welcher konkreten Verbindlichkeit sich der Vergleichspartner durch die Zahlung der genannten Summe befreien kann. Die Bezugnahme auf das - im Übrigen ebenfalls nicht näher bestimmte laufende Exekutionsverfahren - stellt in diesem Zusammenhang nur ein Druckmittel der Beschwerdeführerin betreffend die Einhaltung des vereinbarten Zahlungstermines dar.

    Somit erweist sich der angefochtene Bescheid insgesamt als frei von den behaupteten Rechtswidrigkeiten, weshalb die Beschwerde gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen war.

    Mit Rücksicht auf die durch die zitierte hg. Rechtsprechung klar gestellte Rechtslage konnte die Entscheidung in einem gemäß § 12 Abs. 1 Z. 2 VwGG gebildeten Senat getroffen werden.

    Der Ausspruch über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG iVm der VO BGBl. 2003/II Nr. 333, insbesondere auf deren § 3 Abs. 2.

    Wien, am 18. September 2003

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