VwGH 2003/07/0084

VwGH2003/07/008416.10.2003

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Fürnsinn und die Hofräte Dr. Bumberger, Dr. Beck, Dr. Hinterwirth und Dr. Enzenhofer als Richter, im Beisein des Schriftführers Dr. Kante, über die Beschwerde des J Asch in B, vertreten durch Dr. Franz Kampel, Rechtsanwalt in 3040 Neulengbach 2, gegen den Bescheid des Landeshauptmanns von Niederösterreich vom 18. Februar 2003, Zl. WA1-W-40.814/2-03, betreffend Zurückweisung einer Berufung i.A. eines Kostenvorauszahlungsauftrages gemäß § 4 Abs. 2 VVG, zu Recht erkannt:

Normen

AVG §63 Abs3;
AVG §68 Abs1;
VVG §1;
VVG §10 Abs2 Z1;
VVG §10 Abs2;
VVG §4 Abs2;
VVG §4;
VwRallg;
AVG §63 Abs3;
AVG §68 Abs1;
VVG §1;
VVG §10 Abs2 Z1;
VVG §10 Abs2;
VVG §4 Abs2;
VVG §4;
VwRallg;

 

Spruch:

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Der Beschwerdeführer hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von EUR 381,90 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

I.

Mit Bescheid der Bezirkshauptmannschaft St. Pölten (BH) vom 25. Jänner 1993 wurde der Beschwerdeführer verpflichtet, bis längstens 30. April 1993 auf seine Kosten entweder die Teichanlage und die Verrohrung des Gerinnes im Bereich des Grundstückes Nr. 156/1, KG L., gänzlich zu entfernen und den ursprünglichen Zustand wieder herzustellen oder für den Bestand des Teiches samt Gerinneumleitung, Verrohrung und Teichablauf nachträglich um eine wasserrechtliche Bewilligung unter Beischluss eines von einem Fachkundigen ausgearbeiteten Projekts bei der BH anzusuchen.

Mit dem weiteren Bescheid der BH vom 11. November 1993 wurde der Antrag des Beschwerdeführers vom 16. März 1993 um Erteilung einer nachträglichen (wasserrechtlichen) Bewilligung für die Teichanlage abgewiesen (Spruchpunkt I.) und der Beschwerdeführer (u.a.) verpflichtet, bis spätestens 31. Dezember 1993 auf seine Kosten die Teichanlage samt Gerinneumleitung, Verrohrung und Teichablauf im Bereich des Grundstückes gänzlich zu entfernen und den ursprünglichen Zustand wieder herzustellen (Spruchpunkt II.). Der von ihm gegen diesen Bescheid erhobenen Berufung wurde mit Bescheid des Landeshauptmannes von Niederösterreich (der belangten Behörde) vom 15. Jänner 1997 insoweit keine Folge gegeben und die Frist, innerhalb derer der gesetzmäßige Zustand herzustellen sei, mit 30. März 1997 neu bestimmt. Dieser Bescheid ist in Rechtskraft erwachsen.

Mit Schreiben vom 16. Juni 1997 (zugestellt am 20. Juni 1997) setzte die BH dem Beschwerdeführer zur Erfüllung der mit den Bescheiden vom 11. November 1993 und 15. Jänner 1997 auferlegten Verpflichtung noch einmal eine Frist bis 30. Juli 1997 und drohte ihm für den Fall, dass er seine Verpflichtung bis dahin wieder nicht erfüllt habe, die Ersatzvornahme gemäß § 4 Abs. 1 VVG an.

Mit Bescheid vom 31. Juli 2000 ordnete die BH gemäß § 4 leg. cit. die Vollstreckung der in Spruchpunkt II. des Bescheides vom 11. November 1993 angeführten Leistungsverpflichtung durch Ersatzvornahme an (Vollstreckungsverfügung). Die vom Beschwerdeführer dagegen erhobene Berufung wurde mit Bescheid der belangten Behörde vom 14. November 2000 als unbegründet abgewiesen.

Mit Schreiben vom 18. April 2002 teilte die BH dem Beschwerdeführer mit, dass von ihr über die durchzuführenden Arbeiten Kostenvoranschläge eingeholt worden seien und das kostengünstigste Angebot über EUR 2.979,88 herangezogen worden sei, wobei sie in dem Schreiben diesen Betrag nach den Positionen "Materialtransport, Bagger, Baggerzustellung, Polier" aufgliederte, ihm ihre Absicht mitteilte, diesen Betrag bescheidmäßig vorzuschreiben, und ihm zur Stellungnahme eine Frist von einer Woche setzte. Das Schreiben wurde dem Beschwerdeführer am 25. April 2002 zugestellt.

In der Folge erließ die BH gegenüber dem Beschwerdeführer den mit "Bescheid über die Anordnung einer Ersatzvornahme und über die Vorauszahlung der Kosten der Ersatzvornahme" überschriebenen Bescheid vom 2. Mai 2002 mit folgendem Spruch:

"Sie haben die mit Bescheid der Bezirkshauptmannschaft St. Pölten vom 25.1.1993, Zl. 9-W-92156, und vom 11.11.1993, Zl. 9- W-92156/6 (Punkt II) in Verbindung mit Berufungsbescheid des Landeshauptmannes von NÖ vom 15.1.1997, Zl. WA1-33.706/3-97, auferlegten Verpflichtungen nicht erfüllt.

Es wurde daher die mit Schreiben vom 16. Juni 1997, Zl. 9-W- 92156/9, angedrohte Ersatzvornahme angeordnet.

Als Vorauszahlung für die Kosten der Ersatzvornahme haben Sie binnen 14 Tagen 2.979,88 Euro bei uns zu hinterlegen.

Rechtsgrundlage: § 4 des Verwaltungsvollstreckungsgesetzes".

Einem (undatierten) Aktenvermerk der BH zufolge wurde am 8. Mai 2002 bei einer Erhebung durch Ing. H. gemeinsam mit dem wasserbautechnischen Amtssachverständigen Dipl.Ing. K. festgestellt, dass der verfahrensgegenständliche Teich unverändert vorhanden sei.

Der Beschwerdeführer erhob gegen den Bescheid der BH vom 2. Mai 2002 Berufung und brachte darin im Wesentlichen vor, dass er am 16. November 1999, nachdem er vom Beamten der BH, K., vernommen worden sei, mit diesem vereinbart habe, dass er (der Beschwerdeführer) die Gerinneumleitung und das Aufstaurohr zu entfernen, den Teich auszufischen und zwei Traktorkipperfuhren Erdmaterial in den Teichboden einzubringen hätte, wodurch der "ursprüngliche Zustand" wieder hergestellt wäre, und K. ihm in Aussicht gestellt habe, das Verfahren gegen ihn einzustellen, wenn er die über ihn verhängte Strafe samt Kosten bezahlte und auf eine Berufung gegen das Straferkenntnis vom 16. November 2000 (offensichtlich gemeint: 1999) verzichtete. Obwohl der Beschwerdeführer die Leistungen gemäß dieser Vereinbarung erbracht habe, sei die Ersatzvornahme angeordnet worden. Auch sei im Verfahren, sehe man von der genannten Vereinbarung ab, der "ursprüngliche Zustand" niemals präzisiert worden.

Mit dem nunmehr vor dem Verwaltungsgerichtshof angefochtenen Bescheid vom 18. Februar 2003 wurde die Berufung des Beschwerdeführers gegen den Bescheid vom 2. Mai 2002 als unzulässig zurückgewiesen und der Bescheid mit der Maßgabe bestätigt, dass der Beschwerdeführer als Vorauszahlung der Kosten der Ersatzvornahme den Betrag von EUR 2.979,88 bis spätestens 30. März 2003 bei der BH zu hinterlegen habe.

Begründend führte die belangte Behörde nach Darstellung des bisherigen Verfahrensganges und Wiedergabe der maßgeblichen Gesetzesbestimmungen im Wesentlichen aus, dass dem Spruch des erstinstanzlichen Bescheides, wenngleich dieser in der Überschrift auch die Wortfolge "die Anordnung der Ersatzvornahme" enthalte, eindeutig zu entnehmen sei, dass nur die Verpflichtung zur Vorauszahlung der Kosten der Ersatzvornahme ausgesprochen worden sei. Wenn der Beschwerdeführer vorbringe, dass auf Grund der "vereinbarungsgemäßen" Durchführung der Arbeiten eine Vollstreckung unzulässig wäre, so richte sich dieses Vorbringen gegen die Anordnung der Ersatzvornahme, die jedoch nicht Gegenstand dieses Berufungsbescheides sei. Vielmehr sei lediglich die bescheidmäßige Vorschreibung der Vorauszahlung der Kosten der Eratzvornahme Gegenstand dieses Bescheides. Gegen einen Auftrag zur Kostenvorauszahlung könne der Verpflichtete mit der Behauptung Berufung erheben, dass die Kosten unverhältnismäßig hoch wären, wobei er dann allerdings die konkreten Umstände angeben müsse, die seiner Meinung nach geeignet wären, die Unrichtigkeit der Annahme der Behörde über die Höhe der voraussichtlichen Kosten darzutun. Die Berufungsbehörde sei nicht verpflichtet, auf ein allgemeines Vorbringen in der Berufung einzugehen. Da der Beschwerdeführer in seiner Berufung in keiner Weise die Höhe der vorauszuzahlenden Kosten bekämpfe, sei ein weiteres Ermittlungsverfahren nicht erforderlich. Der Kostenvorauszahlungsauftrag diene zur Sicherheit der künftigen Kosten, die erst nach Durchführung der Arbeiten tatsächlich abgerechnet würden. Es stehe dem Verpflichteten frei, solange die Behörde die tatsächliche Durchführung der Arbeiten noch nicht in die Wege geleitet habe, den Aufträgen nachzukommen. Die im Spruch des erstinstanzlichen Bescheides festgesetzte Vorauszahlungsfrist erscheine angemessen und sei auf Grund der Dauer des Berufungsverfahrens neu festzulegen gewesen.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde mit dem Begehren, ihn wegen Rechtswidrigkeit des Inhaltes, in eventu Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufzuheben.

Die Beschwerde bringt vor, dass der "pflichtenbegründende individuelle Verwaltungsakt" zu unbestimmt und der ursprüngliche Zustand des Gebiets des Biotops aus dem Bescheid der BH (vom 11. November 1993) bzw. dem Bescheid der belangten Behörde (vom 15. Oktober 1997) nicht erkennbar sei. Der Beschwerdeführer habe nach Rücksprache mit dem zuständigen Sachbearbeiter der BH, K., die ihm von K. vorgeschriebenen Arbeiten fristgerecht durchgeführt und somit den ihm bekannten "ursprünglichen Zustand" wieder hergestellt. Diesbezüglich werde auf ein vorgelegtes Gedächtnisprotokoll (des Beschwerdeführers) verwiesen, dem zufolge (u.a.) in keinem der im Verwaltungsverfahren eingeholten Amtssachverständigengutachten der "ursprüngliche Zustand" konkret beschrieben worden sei, der Beschwerdeführer der diesbezüglichen Befundaufnahme nicht beigezogen worden sei, er mit K. am 16. November 1999 bei der BH eine Vereinbarung über den Umfang der bis 31. Mai 2000 durchzuführenden Maßnahmen getroffen habe, bei deren Erfüllung alle Verfahren gegen ihn beendet würden, und er der Vereinbarung vom 16. November 1999 vollinhaltlich entsprochen habe.

Die belangte Behörde legte die Akten des Verwaltungsverfahrens vor und erstattete eine Gegenschrift mit dem Antrag, die Beschwerde als unbegründet abzuweisen.

II.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Die Beschwerde wendet sich nicht gegen die Beurteilung der belangten Behörde, dass dem Beschwerdeführer mit Bescheid der BH vom 2. Mai 2002 lediglich die Vorauszahlung der Kosten der Ersatzvornahme aufgetragen, in diesem Bescheid jedoch nicht auch die Ersatzvornahme angeordnet worden sei. Diese Beurteilung begegnet keinen Bedenken, geht doch aus dem Bescheid trotz dessen Überschreibung mit "Bescheid über die Anordnung einer Ersatzvornahme und über die Vorauszahlung der Kosten der Ersatzvornahme" unmissverständlich hervor, dass die mit Schreiben der BH vom 16. Juni 1997 angedrohte Ersatzvornahme bereits mit Vollstreckungsverfügung der BH vom 31. Juli 2000 angeordnet wurde.

Gemäß § 4 Abs. 2 VVG kann die Vollstreckungsbehörde im Fall der Anordnung der Ersatzvornahme (vgl. § 4 Abs. 1 leg. cit.) dem Verpflichteten die Vorauszahlung der Kosten gegen nachträgliche Verrechnung auftragen und ist der Auftrag zur Vorauszahlung vollstreckbar.

Nach ständiger hg. Rechtsprechung handelt es sich bei dem in Bescheidform ergehenden Kostenvorauszahlungsauftrag um keine Vollstreckungsverfügung, sondern um einen im Zug des Vollstreckungsverfahrens ergehenden verfahrensrechtlichen Bescheid, auf den die Bestimmungen des AVG voll anzuwenden sind. Für einen solchen Zahlungsauftrag gilt weder die Beschränkung auf die Berufungsgründe des § 10 Abs. 2 VVG, noch die Einschränkung der Anwendbarkeit des AVG auf die Vorschriften des I. und IV. Teiles des AVG. Dieser Bescheid dient nicht der Herstellung des bescheidgemäßen Zustandes, sondern nur der Schadloshaltung der Behörde. Im Verfahren über den Kostenvorauszahlungsantrag kann - ungeachtet der Auffassung, dass es sich dabei nicht um eine Vollstreckungsverfügung handelt - einerseits die Frage der Rechtmäßigkeit des in Rechtskraft erwachsenen Titelbescheides nicht mehr aufgeworfen werden, andererseits jedoch vom Verpflichteten ein Einwand im Sinn des § 10 Abs. 2 Z. 1 VVG in Richtung einer Änderung des Sachverhaltes erhoben werden. Der Einwand einer Unzulässigkeit der Vollstreckung nach § 10 Abs. 2 Z. 1 VVG wegen einer seit Erlassung des Titelbescheides eingetretenen Änderung des Sachverhaltes ist nur dann zielführend, wenn diese Änderung wesentlich ist, das heißt, bei Vorliegen des neuen Sachverhaltes nicht mehr ein im Spruch gleichlautender Bescheid erlassen werden dürfte. Es kann daher der Erlassung eines Kostenvorauszahlungsauftrages nach § 4 Abs. 2 VVG der Einwand des Verpflichteten entgegengesetzt werden, er sei der betreffenden Verpflichtung bereits aus eigenem nachgekommen, für welche Behauptung ihn jedoch eine besondere Mitwirkungspflicht und die Beweislast trifft (vgl. zum Ganzen etwa die in Walter/Thienel, Verwaltungsverfahren II2, zu § 4 VVG E 128, 129, 133, 138 zitierte hg. Judikatur).

Ob, wie der Beschwerdeführer behauptet, er mit einem Beamten der BH (K.) am 16. November 1999 ein Übereinkommen über den Umfang der vom Beschwerdeführer durchzuführenden Maßnahmen ("Vereinbarung") erzielt habe und ob er diese erfüllt habe, kann - ebenso wie die Frage, ob einem solchen Übereinkommen eine normative Wirkung zukommen konnte - schon aus folgenden Gründen dahingestellt bleiben:

Vom Beschwerdeführer wurde bereits in seiner gegen den Bescheid der BH vom 31. Juli 2000, mit dem die Vollstreckung durch Ersatzvornahme angeordnet worden war, erhobenen Berufung die Unzulässigkeit der Vollstreckung (vgl. § 10 Abs. 2 Z. 1 VVG) mit dem Vorbringen eingewendet, dass er bis zum 30. Mai 2000 die Gerinneumleitung und Verrohrung entfernt sowie in den Teichboden zwei Kipperladungen Erdmaterial eingebracht habe und das Ableitungsrohr im Zug eines Straßenbaus in das Eigentum des öffentlichen Guts übergegangen sei, sodass sich das Gerinne im ursprünglichen Zustand befinde. Mit Bescheid der belangten Behörde vom 14. November 2000 wurde die Berufung des Beschwerdeführers abgewiesen, damit ist die Anordnung der Vollstreckung durch Ersatzvornahme in Rechtskraft erwachsen. Zufolge des rechtsbegründenden und rechtsfeststellenden Charakters dieser Vollstreckungsverfügung (vgl. dazu etwa die in Walter/Thienel, aaO, zu § 10 VVG E 16 zitierte hg. Judikatur) wurde damit über den vom Beschwerdeführer erhobenen Einwand, eine Vollstreckung sei wegen der von ihm bis zum 30. Mai 2000 gesetzten Maßnahmen unzulässig, bereits rechtskräftig abgesprochen, sodass diesem nunmehr in der Beschwerde neuerlich erhobenen Einwand das Prozesshindernis der res iudicata entgegensteht.

Entgegen dem Beschwerdevorbringen kann auch keine Rede davon sein, dass die im Titelbescheid ausgesprochene Verpflichtung (vgl. Spruchpunkt II. des Bescheides vom 11. November 1993) zu unbestimmt sei, zumal der Beschwerdeführer nicht erläutert, warum das Fehlen einer Beschreibung des ursprünglichen Zustandes des Grundstückes dazu führen soll, dass der Titelbescheid zu unbestimmt sei. Im Übrigen wird in diesem Zusammenhang zur Frage der Bestimmtheit des Titelbescheides auf das den Beschwerdeführer betreffende hg. Erkenntnis vom heutigen Tag, Zl. 2003/07/0041, verwiesen.

Durch die Zurückweisung der Berufung im angefochtenen Bescheid wurde somit der Beschwerdeführer in keinem Recht verletzt.

Die Beschwerde erweist sich daher als unbegründet, weshalb sie gemäß § 42 Abs. 1 VwGG abzuweisen war.

Der Spruch über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG iVm der Verordnung BGBl. II Nr. 333/2003.

Wien, am 16. Oktober 2003

Stichworte