VwGH 2003/02/0212

VwGH2003/02/021230.10.2003

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Stoll und die Hofräte Dr. Riedinger, Dr. Holeschofsky, Dr. Beck und Dr. Bachler als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Schlegel-Lanz, über die Beschwerde des D e. V. vertreten durch den Vorsitzenden Dr. G F in R, dieser vertreten durch Dr. Klaus Grubhofer, Rechtsanwalt in 6850 Dornbirn, Riedgasse 20/III, gegen den Bescheid des Unabhängigen Verwaltungssenates des Landes Vorarlberg vom 2. Oktober 2001, Zl. 3-1-40/01/K4, betreffend Versagung einer grundverkehrsbehördlichen Genehmigung, zu Recht erkannt:

Normen

11997E057 EG Art57;
11997E058 EG Art58;
11997E059 EG Art59;
11997E060 EG Art60;
62001CJ0452 Ospelt VORAB;
GVG Vlbg 1993 §2 Abs1;
GVG Vlbg 1993 §5 Abs1 lita;
GVG Vlbg 1993 §5 Abs2;
GVG Vlbg 2000 §1 Abs3 lita;
GVG Vlbg 2000 §2 Abs1;
GVG Vlbg 2000 §4 Abs1 lita;
GVG Vlbg 2000 §5 Abs1 ;
GVG Vlbg 2000 §5 Abs2;
GVG Vlbg 2000;
11997E057 EG Art57;
11997E058 EG Art58;
11997E059 EG Art59;
11997E060 EG Art60;
62001CJ0452 Ospelt VORAB;
GVG Vlbg 1993 §2 Abs1;
GVG Vlbg 1993 §5 Abs1 lita;
GVG Vlbg 1993 §5 Abs2;
GVG Vlbg 2000 §1 Abs3 lita;
GVG Vlbg 2000 §2 Abs1;
GVG Vlbg 2000 §4 Abs1 lita;
GVG Vlbg 2000 §5 Abs1 ;
GVG Vlbg 2000 §5 Abs2;
GVG Vlbg 2000;

 

Spruch:

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Die beschwerdeführende Partei hat dem Land Vorarlberg Aufwendungen in der Höhe von EUR 381,90 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Mit dem im Instanzenzug ergangenen Bescheid der belangten Behörde versagte diese gemäß § 5 Abs. 1 lit. a des Vorarlberger Grundverkehrsgesetzes der beschwerdeführenden Partei die grundverkehrsbehördliche Genehmigung zum Erwerb näher angeführter Grundstücke.

Gegenstand des vorliegenden Schenkungsvertrages seien zwei Grundstücke im Ausmaß von 763 m2 und 124 m2. Beide Flächen seien im rechtskräftigen Flächenwidmungsplan der Stadt als Freifläche-Landwirtschaftsgebiet ausgewiesen. Das eine Grundstück sei mit einem Haus bebaut; es handle sich dabei um ein ehemaliges landwirtschaftliches Gebäude, welches seit ca. 44 Jahren von der beschwerdeführenden Partei bzw. deren Rechtsvorgängern als Schulungs- und Ferienheim genutzt werde; hinsichtlich des Gebäudes seien von den Nutzern verschiedene Erhaltungs- und Ausbaumaßnahmen durchgeführt worden. Die das Haus umgebende Grundstücksfläche diene als Bewegungsraum für die Mieter des Hauses. 200 m2 seien durch ein bestehendes Fahrrecht belastet, die restlichen ca. 560 m2 würden einem Landwirt zur Beweidung und Heunutzung überlassen.

Die gegenständliche Liegenschaft sei - so die belangte Behörde in der Begründung des angefochtenen Bescheides weiter - von der vormaligen Eigentümerin deren Schwester mit der Auflage geschenkt worden, diese der beschwerdeführenden Partei im Erbwege zu übertragen oder schenkungsweise zu übergeben, sobald die gesetzlichen Voraussetzungen für die grundverkehrsbehördliche Genehmigung für den Erwerb durch den Mieter (beschwerdeführende Partei bzw. deren Rechtsvorgänger) gegeben seien. Mit dem nunmehrigen Schenkungsvertrag erfülle die derzeitige Eigentümerin diese Auflage.

In rechtlicher Hinsicht ging die belangte Behörde davon aus, dass trotz der derzeitigen und schon länger dauernden Nutzung für nicht landwirtschaftliche Zwecke die Grundstücke als landwirtschaftliche Grundstücke anzusehen seien. Nach dem Vorbringen der beschwerdeführenden Partei beabsichtige diese, durch die Nutzung als Schulungs- und Ferienheim die gegenständliche (als Einheit anzusehende) Liegenschaft einer möglichen Nutzung durch einen landwirtschaftlichen Betrieb zu entziehen. Eine derartige Nutzung sei aber mit den Zielen des Grundsverkehrsrechts nicht vereinbar.

Über die dagegen erhobene Beschwerde hat der Verwaltungsgerichtshof erwogen:

Gemäß § 1 Abs. 3 lit. a des Gesetzes über den Verkehr mit Grundstücken, Vorarlberger Landesgesetzblatt Nr. 29/2000 (in der Folge: GVG), ist es Ziel des Gesetzes, land- und forstwirtschaftliche Grundstücke bäuerlichen Familienbetrieben im Interesse einer Verbesserung ihrer strukturellen Verhältnisse entsprechend den natürlichen Gegebenheiten des Landes zu erhalten.

Ob ein Grundstück ein land- und forstwirtschaftliches Grundstück ist, ist nach § 2 Abs. 1 leg. cit. nicht nach der aus dem Grundsteuer- oder Grenzkataster ersichtlichen Benutzungsart, sondern nach seiner Beschaffenheit und der Art seiner tatsächlichen Verwendung zu beurteilen. Als landwirtschaftliche Grundstücke gelten jedenfalls Grundstücke, die als Landwirtschaftsgebiet gewidmet sind. Keine land- und forstwirtschaftlichen Grundstücke im Sinne dieses Gesetzes sind Baugrundstücke.

Nach § 4 Abs. 1 lit. a leg. cit. bedarf der Verkehr mit land- oder forstwirtschaftlichen Grundstücken einer grundverkehrsbehördlichen Genehmigung, wenn er das Eigentum zum Gegenstand hat.

Nach § 5 Abs. 1 lit. a GVG darf der Rechtserwerb im Falle landwirtschaftlicher Grundstücke nur genehmigt werden, wenn er dem allgemeinen Interesse an der Erhaltung eines leistungsfähigen Bauernstandes entspricht und der Erwerber das Grundstück im Rahmen eines landwirtschaftlichen Betriebes selbst bewirtschaftet und im Betrieb auch seinen ständigen Wohnsitz hat oder, soweit ein solches nicht in Frage kommt, er der Erhaltung und Schaffung eines wirtschaftlich gesunden, mittleren und kleinen landwirtschaftlichen Grundbesitzes nicht widerspricht.

Nach § 5 Abs. 1 lit. c leg. cit. darf der Rechtserwerb nur genehmigt werden, wenn er zur Erfüllung öffentlicher, gemeinnütziger oder kultureller Aufgaben, zum Zwecke des Wohnbaus sowie für industrielle oder gewerbliche Anlagen erfolgt und nicht das Interesse an der Erhaltung der bisherigen Nutzung des Grundstückes das Interesse einer neuen Verwendung überwiegt.

Die Voraussetzungen des § 5 Abs. 1 leg. cit. sind nach § 5 Abs. 2 lit. a leg. cit. insbesondere dann nicht erfüllt, wenn das Grundstück ohne wichtigen Grund der landwirtschaftlichen oder forstwirtschaftlichen Nutzung entzogen würde.

Der Verwaltungsgerichtshof hat mit Beschluss vom 19. Oktober 2001 dem Gerichtshof der Europäischen Gemeinschaften zwei, dieselbe Rechtslage nach dem Vorarlberger Grundverkehrsgesetz 1993 betreffende Rechtsfragen zur Vorabentscheidung vorgelegt. Der EuGH hat mit Urteil vom 23. September 2003 in der dieses Vorabentscheidungsersuchen betreffenden Rechtssache C-452/01 (unter anderem) ausgesprochen (Spruchpunkt 2.), die Art. 57 bis 60 EG verwehrten es nicht, dass der Erwerb landwirtschaftlicher Grundstücke von der Erteilung einer vorherigen Genehmigung, wie sie das Vorarlberger Grundverkehrsgesetz vorsieht, abhängig gemacht werde; sie verböten es jedoch, dass diese Genehmigung in jenem Fall versagt werde, wenn der Erwerber die betreffenden Grundstücke nicht selbst im Rahmen eines landwirtschaftlichen Betriebes bewirtschafte und im Betrieb seinen Wohnsitz habe.

Ausgehend von den dabei vom EuGH angestellten Erwägungen (vgl. insbesondere die Randnummern 34 und 44 f des zitierten Urteils) hegt der Verwaltungsgerichtshof aus europarechtlicher Sicht keine Bedenken gegen die Genehmigungspflicht für das im Beschwerdefall vorliegende Rechtsgeschäft.

Nach der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes (vgl. etwa das hg. Erkenntnis vom 27. April 2000, Zl. 99/02/0318) kommt es im Hinblick auf die Bestimmung des § 2 Abs. 1 des GVG bei im Flächenwidmungsplan als "Freifläche-Landwirtschaftsgebiet" ausgewiesenen Liegenschaften nicht auf die - derzeitige - tatsächliche Nutzung an. Unbestritten sind aber die hier gegenständlichen Liegenschaften als derartige Landwirtschaftsgebiete im bestehenden Flächenwidmungsplan ausgewiesen. Die belangte Behörde hatte daher vom Vorliegen landwirtschaftlicher Grundstücke im Sinne der zitierten Bestimmungen des GVG auszugehen.

Wie der Verwaltungsgerichtshof in seinem Erkenntnis vom 23. März 1999, Zl. 97/02/0127, ausgeführt hat, bildet § 5 Abs. 1 lit. a GVG eine Generalklausel, nach der der Rechtserwerb an landwirtschaftlichen Grundstücken grundsätzlich nur dann zu genehmigen ist, "wenn er dem allgemeinen Interesse an der Erhaltung eines leistungsfähigen Bauernstandes entspricht ...". Für den Fall, dass - etwa bei Rechtserwerben zu anderen Zwecken als der Landwirtschaft - ein solches allgemeines Interesse nicht in Frage kommt, wird jedoch eine "Widerspruchslösung" normiert:

Die Genehmigung ist in diesem Fall schon zu erteilen, wenn der Rechtserwerb "der Erhaltung und Schaffung eines wirtschaftlich gesunden mittleren und kleinen land- und forstwirtschaftlichen Grundbesitzes nicht widerspricht".

Wie der Verwaltungsgerichtshof weiters in dem soeben erwähnten Erkenntnis vom 23. März 1999 ausgesprochen hat, ist die Genehmigung jedenfalls und ohne weitere Prüfung nach der Generalklausel dann zu versagen, wenn einer der im § 5 Abs. 2 GVG umschriebenen besonderen Versagungsgründe vorliegt.

Im Beschwerdefall ist unbestritten, dass der Erwerb der gegenständlichen Liegenschaft durch die beschwerdeführende Partei der Schaffung eines Schulungs- und Ferienheimes (nunmehr) im Eigentum der beschwerdeführenden Partei dienen soll. Die belangte Behörde hat im angefochtenen Bescheid somit zutreffend festgehalten, dass dadurch die Liegenschaft einer (möglichen) landwirtschaftlichen Nutzung weiterhin entzogen würde, sie hat in der Schaffung (bzw. Fortführung) eines Schulungs- und Ferienheimes keinen wichtigen Grund im Sinne des § 5 Abs. 2 lit. a GVG erblickt. Dem kann der Verwaltungsgerichtshof nicht entgegentreten, hat doch die beschwerdeführende Partei nicht dargelegt, warum ein solcher wichtiger Grund gegeben sein sollte:

Die als Hauptzweck angegebenen gruppenweisen Schulungen im Rahmen von Wochen- oder Wochenendkursen sowie die günstige Ferienunterkunft für Vereinsmitglieder verlangen eine derartige Entziehung aus der landwirtschaftlichen Nutzung ebenso wenig, wie die Empfehlung der Mitglieder der beschwerdeführenden Partei, das schön gelegene Bergdorf als lohnendes Urlaubsziel zu besuchen. Auch die (offenbar fallweise) Anwesenheit von Ärzten und medizinisch geschultem Personal im abgelegenen Bergdorf könnte wohl auch anders erreicht werden, als durch die "Umwidmung" einer landwirtschaftlich zu nutzenden Liegenschaft.

Aus den dargelegten Erwägungen ergibt sich, dass die beschwerdeführende Partei durch den angefochtenen Bescheid in ihren Rechten nicht verletzt worden ist.

Die Beschwerde war infolge dessen gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.

Die Kostenentscheidung beruht auf den §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. II Nr. 333/2003.

Soweit die beschwerdeführende Partei für den Fall der Abweisung oder Ablehnung der vorliegenden Beschwerde den Antrag gestellt hat, diese gemäß § 144 Abs. 3 B-VG an den Verfassungsgerichtshof zur Entscheidung darüber abzutreten, ob sie in sonstigen Rechten verletzt worden sei, so genügt der Hinweis, dass eine derartige Vorgangsweise in der Rechtsordnung nicht vorgesehen ist.

Wien, am 30. Oktober 2003

Lizenziert vom RIS (ris.bka.gv.at - CC BY 4.0 DEED)

Stichworte