VwGH 2002/18/0295

VwGH2002/18/029528.1.2003

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Zeizinger und die Hofräte Dr. Rigler, Dr. Handstanger, Dr. Enzenhofer und Dr. Strohmayer als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Stummer, über die Beschwerde des A, geboren 1963, vertreten durch Dr. Jörg Baumgärtel, Rechtsanwalt in 1010 Wien, Himmelpfortgasse 14, gegen den Bescheid der Sicherheitsdirektion für das Bundesland Wien vom 8. November 2002, Zl. SD 963/02, betreffend Zurückweisung eines Antrages auf Aufhebung eines befristeten Aufenthaltsverbots, zu Recht erkannt:

Normen

AVG §37;
AVG §68 Abs1;
AVG §37;
AVG §68 Abs1;

 

Spruch:

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Begründung

I.

1. Mit dem im Instanzenzug ergangenen Bescheid der Sicherheitsdirektion für das Bundesland Wien (der belangten Behörde) vom 8. November 2002 wurde der Antrag des Beschwerdeführers, eines jugoslawischen Staatsangehörigen, vom 28. Mai 2002 auf Aufhebung des gegen ihn mit Bescheid vom 22. März 1996 für die Dauer von zehn Jahren erlassenen Aufenthaltsverbots gemäß § 68 Abs. 1 AVG wegen entschiedener Sache zurückgewiesen.

Mit Bescheid der Behörde erster Instanz vom 9. April 2002 sei der Antrag des Beschwerdeführers vom 7. Februar 2002 auf Aufhebung des gegen ihn mit Bescheid vom 22. März 1996 erlassenen Aufenthaltsverbots rechtskräftig abgewiesen worden. Diesen Antrag habe der Beschwerdeführer damit begründet, dass er bei einem albanischen Export- und Importunternehmen beschäftigt wäre und sich zum Leiter der Abteilung für Ungarn, Österreich und Deutschland emporgearbeitet hätte. Da persönliche Kontakte in diesem Geschäftszweig sehr wichtig wären, würde seine wirtschaftliche Zukunft von der Aufhebung des Aufenthaltsverbots abhängen. Für diese Behauptungen habe der Beschwerdeführer keine Bescheinigungsmittel vorgelegt. Die Erstbehörde sei zur Überzeugung gelangt, dass auf Grund der behaupteten Umstände eine Aufhebung des Aufenthaltsverbots nicht möglich sei, und habe den Antrag abgewiesen.

Im vorliegenden, nur wenige Wochen nach rechtskräftiger Abweisung des ersten Antrages eingebrachten Aufhebungsantrag habe der Beschwerdeführer vorgebracht, nicht mehr nur Gebietsleiter, sondern Direktor für die genannten Bereiche zu sein. Als solcher müsste er regelmäßig in die Europäische Union einreisen, weil er sonst seine Funktion nicht ausüben könnte. Zum Beweis dafür habe er die Übersetzung einer Bescheinigung eines albanischen Export- und Importunternehmens vorgelegt, die der Beschwerdeführer als Direktor dieses Unternehmens selbst unterschrieben habe.

Das Prozesshindernis der entschiedenen Sache liege vor, wenn sich seit der früheren Entscheidung weder die Rechtslage noch der maßgebliche Sachverhalt geändert hätten. Die vorgebrachte Änderung des maßgeblichen Sachverhalts liege nicht vor. Nach dem Inhalt der vom Beschwerdeführer vorgelegten Bescheinigung sei er seit 15. Jänner 2000 "der Inhaber (Direktor) des Unternehmens NTPSH Export-Import ARA" in Peja. Wer der Inhaber einer Firma sei, könne sich wohl nicht glaubhaft vom Abteilungsleiter zum Direktor "hinaufarbeiten". Eine derartige Annahme widerspreche jeglicher Lebenserfahrung und sei daher unglaubwürdig. Überdies habe der Beschwerdeführer nach Erlassung des Aufenthaltsverbots zunächst das Bundesgebiet nicht verlassen und sei erst am 16. Oktober 2000 in seine Heimat abgeschoben worden. Es sei nicht erklärbar, wie der Beschwerdeführer bereits ab 15. Jänner 2000 bei dem genannten albanischen Unternehmen beschäftigt bzw. dessen Inhaber sein könne. Aus diesen Gründen bestünden berechtigte Zweifel an der inhaltlichen Richtigkeit der vom Beschwerdeführer selbst ausgestellten Bescheinigung.

Selbst unter Annahme der Richtigkeit und Echtheit dieser Bescheinigung sei jedoch keine Änderung des maßgeblichen Sachverhalts eingetreten, weil der Beschwerdeführer nach dem Inhalt dieser Urkunde bereits im Zeitpunkt der rechtskräftigen Abweisung des ersten Aufhebungsantrages "Inhaber (Direktor)" des albanischen Unternehmens gewesen sei.

Selbst wenn man jedoch annehme, dass tatsächlich eine Änderung in der beruflichen Stellung des Beschwerdeführers eingetreten sei, führte diese nicht zum Wegfall der für das Aufenthaltsverbot ausschlaggebenden Gründe.

Insgesamt sei sohin im entscheidungsrelevanten Sachverhalt keine maßgebliche Änderung eingetreten; auch die Rechtslage habe sich seit Erlassung des Bescheides vom 9. April 2002 nicht geändert.

2. Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende, der Sache nach inhaltliche Rechtswidrigkeit geltend machende Beschwerde mit dem Begehren, ihn aufzuheben.

II.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

1. Gemäß § 68 Abs. 1 AVG sind Anbringen von Beteiligten, die außer den Fällen der §§ 69 und 71 die Abänderung eines der Berufung nicht oder nicht mehr unterliegenden Bescheides begehren, wenn die Behörde nicht den Anlass zu einer Verfügung gemäß den Abs. 2 bis 4 findet, wegen entschiedener Sache zurückzuweisen.

Dem ausdrücklichen Begehren auf Abänderung eines der Berufung nicht oder nicht mehr unterliegenden Bescheides stehen Ansuchen gleich, die eine erneute sachliche Behandlung einer bereits rechtskräftig entschiedenen Sache bezwecken. Entschiedene Sache liegt dann vor, wenn sich gegenüber dem früheren Bescheid weder die Rechtlage noch der wesentliche Sachverhalt geändert hat und sich das neue Parteibegehren im Wesentlichen mit dem früheren deckt. Dies muss in erster Linie aus einer rechtlichen Betrachtungsweise heraus beurteilt werden, was bedeutet, dass den behaupteten geänderten Umständen Entscheidungsrelevanz zukommen muss. Die Verpflichtung der Behörde zu einer neuen Sachentscheidung wird nur durch eine solche Änderung des Sachverhalts bewirkt, die für sich allein oder iVm anderen Tatsachen den Schluss zulässt, dass nunmehr bei Bedachtnahme auf die damals als maßgebend erachteten Erwägungen eine andere Beurteilung jener Umstände, die seinerzeit den Grund für die Abweisung des Parteibegehrens gebildet haben, nicht von vornherein als ausgeschlossen gelten kann. (Vgl. zum Ganzen die bei Walter/Thienel, Verwaltungsverfahrensgesetze I2, E 80, 90, 92 und 194 zu § 68 AVG zitierte hg. Judikatur).

2. Eine Änderung der für die Aufhebung eines Aufenthaltsverbots maßgeblichen Rechtslage ist seit rechtskräftiger Abweisung des Aufhebungsantrages vom 7. Februar 2002 mit Bescheid vom 9. April 2002 nicht eingetreten.

3.1. Eine Änderung des maßgeblichen Sachverhaltes hat der Beschwerdeführer insofern behauptet, als er vorgebracht hat, nun nicht mehr nur Leiter der für Österreich, Ungarn und Deutschland zuständigen Abteilung, sondern der für diese Bereiche zuständige Direktor eines albanischen Export- und Importunternehmens zu sein. Aus der zum Beweis für dieses Vorbringen vorgelegten Bestätigung ergibt sich nach den Feststellungen im angefochtenen Bescheid, dass der Beschwerdeführer bereits seit 15. Jänner 2000 "Inhaber (Direktor)" dieses Unternehmens ist.

3.2. Der Beschwerdeführer behauptet zwar auch in der Beschwerde, im Zeitpunkt der Abweisung des Aufhebungsantrages vom 7. Februar 2002 nur Gebietsleiter gewesen und nunmehr Direktor des Unternehmens zu sein, stellt jedoch nicht in Abrede, dass sich aus der von ihm zum Beweis für diese Änderung des Sachverhalts vorgelegten - von ihm selbst ausgestellten - Bestätigung ergibt, dass er bereits im Zeitpunkt der Abweisung des ersten Aufhebungsantrages Direktor des genannten Unternehmens gewesen ist.

3.3. Schon deshalb gelangte die belangte Behörde in unbedenklicher Weise zum Ergebnis, dass in der beruflichen Situation des Beschwerdeführers keine für die Frage der Aufhebung eines Aufenthaltsverbots relevante Veränderung eingetreten ist.

3.4. Der bloße Zeitablauf von etwa fünf Monaten zwischen der Abweisung des ersten Aufhebungsantrages mit Bescheid vom 9. April 2002 und der Entscheidung über den vorliegenden Antrag mit Bescheid der Behörde erster Instanz vom 11. September 2002 (zur Maßgeblichkeit dieses Zeitpunktes vgl. das hg. Erkenntnis vom 9. September 1999, Zl. 97/21/0913) stellt schon auf Grund seiner Kürze keine für die Frage der Aufhebung des Aufenthaltsverbots relevante Sachverhaltsänderung dar.

4. Da somit bereits der Inhalt der Beschwerde erkennen lässt, dass die behauptete Rechtsverletzung nicht vorliegt, war die Beschwerde gemäß § 35 Abs. 1 VwGG ohne weiteres Verfahren in nichtöffentlicher Sitzung als unbegründet abzuweisen.

Wien, am 28. Jänner 2003

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