VwGH 2002/17/0283

VwGH2002/17/028323.6.2003

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Puck und die Hofräte Dr. Höfinger, Dr. Holeschofsky, Dr. Köhler und Dr. Zens als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Hackl, über die Beschwerde der Stadt Dornbirn, vertreten durch Dr. Stefan Hämmerle, Mag. Johannes Häusle und Mag. Gernot Schwendinger, Rechtsanwälte in 6850 Dornbirn, Riedgasse 20/3, gegen den Bescheid der Vorarlberger Landesregierung vom 24. Juli 2002, Zl. IIIa-212.073, betreffend Vorschreibung von Naturschutzabgabe, zu Recht erkannt:

Normen

LSchG Vlbg 1982 §13;
LSchG Vlbg 1982 §20;
LSchG Vlbg 1982;
NatSchG Vlbg 1997 §13 Abs1;
NatSchG Vlbg 1997 §13 Abs3;
NatSchG Vlbg 1997 §33 Abs1 litj;
LSchG Vlbg 1982 §13;
LSchG Vlbg 1982 §20;
LSchG Vlbg 1982;
NatSchG Vlbg 1997 §13 Abs1;
NatSchG Vlbg 1997 §13 Abs3;
NatSchG Vlbg 1997 §33 Abs1 litj;

 

Spruch:

Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufgehoben.

Das Land Vorarlberg hat der beschwerdeführenden Stadtgemeinde Aufwendungen in der Höhe von EUR 1.088,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Mit Bescheid der Bezirkshauptmannschaft Dornbirn vom 5. Dezember 2000 wurde der beschwerdeführenden Stadt gemäß § 35 iVm § 33 Abs. 1 lit. g des Gesetzes über Naturschutz und Landschaftsentwirklung, Vorarlberger LGBl. Nr. 22/1997, (im Folgenden: Vlbg NSchG), die Bewilligung für die mit der Realisierung des Verbauungsprojektes "Felssturz Breitenberg" verbundenen Maßnahmen erteilt. Eine auf § 33 Abs. 1 lit. j Vlbg NSchG gestützte Bewilligung erging jedoch nach der Aktenlage nicht. Das in Rede stehende Projekt umfasste u.a. die Errichtung eines Steinschutzdammes und eines Auffangbeckens für herabstürzende Felsmassen auf Grundstücken, welche sowohl im Eigentum der beschwerdeführenden Stadt als auch der R Steinbruch Gesellschaft mbH & Co (im Folgenden: R. GmbH) sowie weiterer Personen standen.

In den Verwaltungsakten findet sich ein mit 13. April 2001 datiertes Angebot der R. GesmbH betreffend die Errichtung eines Steinschlagschutzdammes Breitenberg. Das Angebot begrenzte sich auf jene Grundstücksteile, die im Besitz der Stadt Dornbirn standen und durch das Projekt betroffen waren. Nicht Gegenstand des Angebotes waren jene Grundstücke, die sich im Privateigentum der Geschwister W und der R. GmbH befanden. Letztere bezog sich in ihrem Angebot auf die 2. Stufe des nicht offenen Verfahrens mit öffentlicher Bekanntmachung im Sinne der ÖNORM A 2050, Ausgabe 01. 03. 2000, Punkt 4.3.2., für die Errichtung des Steinschlagschutzdammes mit Auffangbecken (Fallboden) und Bachdurchleitung Satzbach Stadt Dornbirn, Bezirk Dornbirn, worin darauf hingewiesen wurde, dass das Aushub- und Abtragsmaterial aus Kalkfels, Mergelfels, Felssturzblockwerk, Hang- und Murschutt, nicht nur für die Dammschüttung, sondern auch für höherwertige Bauansprüche geeignet sei. Daneben befindet sich auch ein Variantenangebot der R. GmbH im Akt, welches ergänzend vorgelegt wurde.

Die dem Verwaltungsakt beigeschlossene zwischen dem forsttechnischen Dienst für Wildbach- und Lawinenverbauung, Gebietsbauleitung Bregenz, als Projektant, der Stadt Dornbirn als Auftraggeberin und der R. GmbH als "Grundeigentümerin und ausführender Firma" am 21. August 2001 geschlossene Vereinbarung betreffend Errichtung des gegenständlichen Steinschlagschutzdammes lautet:

"Der forsttechnische Dienst für Wildbach- und Lawinenverbauung, Gebietsbauleitung Bregenz und die Stadt Dornbirn schließen mit der Firma R. GmbH nachstehende privatrechtliche Vereinbarung ab:

Auf Grund des vorliegenden, behördlich genehmigten Projektes 'Verbauungsprojekt Felssturz Breitenberg 1999' stimmt die Grundeigentümerin der Errichtung und Erhaltung dieses Schutzdammes mit Fallboden unter nachstehenden Bedingungen zu:

a) Die erforderlichen Grundflächen aus Grundstücksnr. 17653, KG Dornbirn, werden kostenlos und lastenfrei, ohne Änderung des Grundbesitzbestandes, im erforderlichen Ausmaß laut Projekt zur Verfügung gestellt.

b) Der Grundeigentümerin und einer von ihr beauftragten Firma, im weiteren Text als 'Grundeigentümerin' bezeichnet, wird das im Rahmen dieses Projektes abgetragene und nicht für die Dammerrichtung verwendete Material zur freien Verfügung überlassen.

c) Die 'Grundeigentümerin' verpflichtet sich im Gegenzug, das anfallende Material auf ihre Kosten abzubauen und weiter zu verwerten.

d) Gleichzeitig verpflichtet sich die 'Grundeigentümerin' zur Errichtung des Schutzdammes mit anfallendem, geeignetem Material nach dem bewilligten Projekt und unter Aufsicht des forsttechnischen Dienstes für Wildbach- und Lawinenverbauung. Die Errichtung und profilgetreue Ausformung dieses Dammes ohne Gerinnedurchführung oder sonstige bautechnische Maßnahmen und Aufforstungen erfolgt auf Kosten der 'Grundeigentümerin'. Anfallendes, überschüssiges Material, welches für diese und andere Baumaßnahmen unbrauchbar ist, wird auf eine der angrenzenden Aushubdeponien abgelagert.

e) Die Bauabwicklung hat innerhalb eines Zeitraumes von maximal drei Jahren zu erfolgen. Mit der Wildbach- und Lawinenverbauung ist zeitgerecht ein Bauzeitplan zu vereinbaren.

f) Da es sich beim gegenständlichen Vorhaben um eine Schutzbaumaßnahme handelt, sind im Gegensatz zu üblichen Materialabbauvorhaben mit Verwertung keine behördlichen Abgaben zu entrichten (z.B. nach dem Mineralrohstoffgesetz, Landschaftsschutzabgabe, Grubenzins usw.). Allenfalls vorgeschriebene Landschaftsschutzabgaben für entnommenes aber nicht verwertbares (enddeponiertes) Material übernimmt die Auftraggeberin. Allfällige Rechtsmittel werden rechtzeitig eingebracht.

g) Die örtliche Bauaufsicht ist von der 'Grundstückseigentümerin' zu übernehmen, ebenso allfällige Sicherungsmaßnahmen zum Schutze des eigenen Personals und der Geräte im Zusammenhang mit der unmittelbaren Ausführung dieses Vorhabens, die von der Wildbach- und Lawinenverbauung oder von einem von der Wildbach- und Lawinenverbauung namhaft gemachten geotechnischen Sachverständigen vorgeschrieben werden.

h) Die geotechnische Beratung und Oberaufsicht erfolgt durch die Wildbach- und Lawinenverbauung und den Projektanten DDr. .... Daraus erwachsen der 'Grundeigentümerin' keine Kosten.

i) Für Folgekosten am Dammabschnitt und direkt im angrenzenden Umfeld sowie für allenfalls eintretende Beeinträchtigungen aller Art an der Umgebung, die auf dieses Projekt zurückzuführen sind, haftet die Auftraggeberin. Ebenso sind in diesem Zusammenhang Kosten und Haftung für Unvorhersehbares während und nach der Bauphase von der Auftraggeberin zu übernehmen.

j) Mit der Stadt Dornbirn als Straßenerhalterin von Stadtstraßen in Dornbirn sind über allfällige Inanspruchnahmen von Stadtstraßen rechtzeitig privatrechtliche Vereinbarungen abzuschließen, wobei davon auszugehen ist, dass ein allfälliger Materialtransport nicht über die Stadtstraßen in Steinen erfolgen darf.

k) Für allfällige, in diesem Zusammenhang behördliche Verfahren für Zwischendeponien, Postbereitungsanlagen etc. hat die 'Grundeigentümerin' zu sorgen, ebenso für allfällige Maßnahmen nach dem Bauarbeitenkoordinationsgesetz.

l) Überlagerungsabträge der vernässten und stark verwitterten Teile des Grundstückes Grundstücksnr. 17683 und allenfalls Teile der Grundstücksnr. 17666 im höchstgelegenen südlichen Projektbereich, sind bis zu einer Mächtigkeit von 1,5 m von der Grundeigentümerin im Rahmen dieser Vereinbarung mitzumachen. Abträge mit der Mächtigkeit von über 1,5 m dieser vernässten und stark verwitterten Teile sind mit dem Projektanten abzuklären und mit diesen allfälligen Hangsicherungs- und Hangentwässerungsmaßnahmen zu vereinbaren. Diese Maßnahmen einschließlich der Entsorgung des unbrauchbaren Materials, gehen zu Lasten der Auftraggeberin, jedoch nur nach vorheriger einvernehmlicher Festlegung der zutreffenden Maßnahmen und Mengen."

Der Text einer entsprechenden Vereinbarung mit den sonstigen Grundeigentümern findet sich gleichfalls in den Verwaltungsakten, wobei dieser Text allerdings nur die Unterschrift des Vertreters der Grundeigentümer, nicht aber jene für den Projektanten trägt.

Mit Bescheid vom 29. Jänner 2002 setzte das Landesabgabenamt für Vorarlberg gegenüber der beschwerdeführenden Stadt gemäß den §§ 80 und 82 Abs. 2 des Abgabenverfahrensgesetzes (im Folgenden Vlbg AbgVG), LGBl. Nr. 23/1984, in Verbindung mit den §§ 13 und 14 Vlbg NSchG für den von der beschwerdeführenden Stadt im Rahmen des Verbauungsprojektes "Felssturz Breitenberg" in Dornbirn in den Kalendermonaten August bis einschließlich November 2001 vorgenommenen Materialabbau in der Höhe von insgesamt EUR 64.449,30 (inklusive Säumniszuschläge) fest.

Begründend wurde ausgeführt, dass die beschwerdeführende Stadt mit Bescheid der Bezirkshauptmannschaft Dornbirn vom 5. Dezember 2000 Bewilligungen zur Errichtung eines Steinschlagschutzdammes infolge einer Felssturzgefährdung unterhalb des Breitenberges erhalten hätte. Entsprechend deren Projektbeschreibung beinhalte das Projekt "die Errichtung eines 400 m langen Schutzdammes im nordöstlichen Hangfußbereich, den Aushub eines Auffangbeckens bergseits dieses Dammes, die Schlägerung sowie Wiederbegrünung und Wiederaufforstung der hiefür notwendigen Flächen sowie die Errichtung eines Zufahrtsweges zur Waldbewirtschaftung oberhalb des Dammbauwerkes". In diesem Bescheid sei weiters erwähnt worden, dass "im Zusammenhang mit den Sicherungsmaßnahmen, insbesondere der Errichtung des Auffangbeckens, höherwertiges Gesteinsmaterial anfalle und der Abtrag auf dem im Eigentum der R. GmbH, befindlichen GstNr. 17653, KG Dornbirn, von den Grundstückseigentümern selbst vorgenommen werde".

Mit Schreiben vom 5. Februar 2001 habe das Landesabgabenamt die Stadt Dornbirn erstmals über die Naturschutzabgabepflicht für das beim Verbauungsprojekt Breitenberg anfallende Gesteinsmaterial, das nicht als Ausgleich für die Errichtung des Auffangdammes, sondern anderweitig für Bauzwecke oder eine sonstige wirtschaftliche Verwertung verwendet werde, in Kenntnis gesetzt. Nach der Besichtigung des Abbaugebietes am 26. Juli 2001 durch das Landesabgabenamt sei von diesem im Schreiben vom 6. September 2001 nochmals die Abgabepflicht dargetan worden. Infolge der fortgesetzten Nichtbeachtung ihrer abgabenrechtlichen Verpflichtungen habe das Landesabgabenamt am 17. Dezember 2001 der beschwerdeführenden Stadt die Grundlagen für die beabsichtigte Schätzung der Naturschutzabgabe bekannt gegeben.

In der dazu ergangenen Stellungnahme vom 10. Jänner 2002 habe sich die beschwerdeführende Stadt als nicht abgabepflichtig erachtet. Sie habe sich dabei im Wesentlichen auf die Erläuterungen des Abgabenamtes zur Naturschutzabgabepflicht für Materialentnahmen aus Gewässern und einen in der Vorarlberger Landeskorrespondenz erwähnten Leitfaden für eine kostenorientierte Landesgesetzgebung gestützt.

Wie sich aus dem Bescheid der Bezirkshauptmannschaft Dornbirn vom 5. Dezember 2000 ergebe, sei die Beschwerdeführerin Eigentümerin der vom Verbauungsprojekt betroffenen Grundstücke. Lediglich die Grundstücke 17646/1 und 17653 beträfen mit den Geschwistern R/W GesmbH & Co. und der R. GmbH fremde Eigentümer. Wie auch der Stadt Dornbirn hinlänglich bekannt sei, bemühe sich die Auftragnehmerin des Verbauungsprojektes Breitenberg, die R. GmbH, um eine Erweiterung ihres in unmittelbarer Nähe des Auffangbeckens gelegenen Steinbruches, weil dessen Abbaukapazitäten bald erschöpft seien. Die hiefür erforderlichen Bewilligungen lägen jedoch wegen Anrainerprotesten nicht vor, weshalb die Produktion des Steinbruchs gedrosselt worden sei. Für die R. GmbH biete daher das Verbauungsprojekt, das, wie erwähnt, auch firmeneigene Grundstücke umfasse, eine willkommene Möglichkeit, ihre Produktionskapazitäten zu festigen. Je ausgiebiger der Abbau von verwertbarem Material beim Verbauungsprojekt sei, desto mehr würden sich für die Stadt als Projektbetreiberin die Kosten des Vorhabens verringern. Dem für die Auftragnehmerin zur Weiterverarbeitung geeigneten Überschussmaterial hafte ein Wert an, welcher dem betreffenden Grundeigentümer abzugelten sei. Aus diesen Umständen erkläre sich auch zum Teil die Reduktion der Projektkosten von ursprünglich EUR 2,035 Mio auf EUR 0,260 Mio gemäß eines Variantenangebotes der R. GmbH vom 13. April 2001 sowie die Überdimensionierung des Aufnahmevolumens des Auffangbeckens auf das Dreifache des für die Gefahrenabwehr erforderlichen Ausmaßes.

Im Verfahrensgegenstand erfolge nach Auffassung des Landesabgabenamtes ein Gesteinabbau in unterschiedlichen der in § 33 Abs. 1 lit. j Vlbg NSchG genannten Bodenabbauanlagen, wobei es dahingestellt bleiben könne, ob es sich dabei um einen Steinbruch, um eine Entnahmestelle von Schuttmaterial aller Art sowie von Sand und Kies oder um eine sonstige Bodenabbauanlage handle, weil für solche Bodenabbauanlagen jedenfalls Abgabepflicht bestehe. Eine Zuordnung des Abbaues zu den in § 33 Abs. 1 lit. j Vlbg NSchG genannten Bodenabbauanlagen sei im Übrigen faktisch unmöglich. Außer den zuvor dargelegten Umständen und dem oben zitierten Bewilligungsbescheid ergebe sich die Eignung für Bauzwecke oder eine sonstige wirtschaftliche Verwertung unzweifelhaft auch aus dem technischen Bericht des Verbauungsprojektes nach 1999. Die erwiesene Eignung für Bauzwecke oder eine sonstige wirtschaftliche Verwertung habe zur Folge, dass die Abgabepflicht nach § 13 Abs. 3 des Gesetzes nicht entfalle. Die Abgabepflichtigen hätten die in dem Kalendermonat entstandenen von ihnen selbst auf Grund geeigneter Unterlagen ermittelte Naturschutzabgabeschuld jeweils bis zum 15. des zweitfolgenden Monates beim Landesabgabenamt zu erklären und die Abgabe bis zum selben Termin an die vom Landesabgabenamt bestimmte Zahlstelle zu entrichten. Mangels Selbstbemessung sei die Naturschutzabgabe entsprechend den §§ 82 Abs. 2 und 80 Vlbg AbgVerfG im Wege einer Schätzung durch Bescheid festzusetzen. Die im Spruch dargelegte Berechnung der Abgabenschulden basiere auf den Daten der Schätzung des Landesabgabenamtes vom 17. Dezember 2001. Die Nichtbezahlung der Naturschutzabgabe führe gemäß § 90 Vlbg AbgVerfG zur Vorschreibung eines Säumniszuschlages in Höhe von 2 v.H. des nicht zeitgerecht entrichteten Abgabenbetrages.

Gegen diesen Bescheid erhob die beschwerdeführende Stadt mit Eingabe vom 7. März 2002 fristgerecht Berufung. Darin wurde geltend gemacht, dass ein abgabepflichtiger Tatbestand nicht vorliege. Es sei davon auszugehen, dass die Bezirkshauptmannschaft Dornbirn der beschwerdeführenden Stadt mit Bescheid vom 5. Dezember 2000 für das Bebauungsprojekt Breitenberg die erforderlichen Bewilligungen erteilt habe. Bei den im Zusammenhang mit der Realisierung des Verbauungsprojektes erforderlichen Maßnahmen handle es sich ausschließlich um Maßnahmen zur Beseitigung einer massiven Felssturzgefährdung. Ziel der Verbauung des Felssturzes sei somit der Schutz des bestehenden Siedlungsraumes, insbesondere der Wohnsiedlung Breitenberg und des dort anschließenden Betriebsgebietes vor den drohenden Felsbrocken durch die Schaffung eines Auffangraumes für allfällige Felsstürze. Bei den im Rahmen des bewilligten Projektes erforderlichen Maßnahmen handle es sich um keine Bodenabbauanlage; deshalb bestehe keine Abgabepflicht. Es liege somit kein Abbau und keine zweckorientierte und damit im Zusammenhang stehende organisierte Gewinnung von Materialien vor, es handle sich vielmehr ausschließlich um Maßnahmen zur Hintanhaltung von Gefahren für Menschen und Sachen. Aus den Erläuterungen zur Naturschutzabgabepflicht für Materialentnahmen aus Gewässern, die von der Erstinstanz zur Verfügung gestellt worden seien, ergebe sich, dass keine Abgabepflicht bestehe, wenn die Kosten der Entnahme des Materials den aus seiner Verwertung zu erzielenden wirtschaftlichen Erlös überstiegen. Diesbezüglich sei bereits wiederholt darauf hingewiesen worden, dass die beschwerdeführende Stadt vom beauftragten Unternehmer für den Abbau oder die Entnahme des Materials, das wiederum teilweise für die Errichtung des Schutzdammes erforderlich sei, auf Grund der durch die Baumaßnahmen verursachten Kosten kein Entgelt erhalte, vielmehr würden von der beschwerdeführenden Stadt gemeinsam mit Bund und Land über EUR 220.000,-- für die Umsetzung dieser Maßnahmen aufgewendet. Die Kosten der Sicherungsmaßnahmen seien somit weitaus höher als allfällige Materialerlöse. Zu den im erstinstanzlichen Bescheid angegebenen Schätzungsgrundlagen sei kein Parteiengehör gewährt worden und somit stellten diese auch keine geeignete Grundlage für die Vorschreibung dar. Nach dem derzeitigen Stand fielen auf Grund der Aufzeichnungen des Auftragnehmers lediglich 57,6 % verwertbares Material an, die restlichen 42,4 % seien nicht brauchbar und müssten endgelagert werden. Von dem verwertbaren Material seien darüber hinaus derzeit 8 % Steine, die richtigerweise mit dem reduzierten Abgabensatz zu berechnen wären. Von dem grundsätzlich verwertbaren Material (57,6 %) seien wiederum mindestens 15 % in Abzug zu bringen, da dieses Material im Zuge der Aufbereitung und der Reinigung im Waschprozess als Schlamm anfalle und zu deponieren sei. Zu dem im angefochtenen Bescheid enthaltenen Umrechnungsfaktor von 1,9 t je Kubikmeter aufgelockerten Materials sei zu bemerken, dass es sich hier um Hangschutt mit einem erhöhten Porenanteil handle. Das Schüttgewicht sei aus diesem Grund laut ausführendem Unternehmen mit 1,7 bis 1,8 t pro Kubikmeter auf Grund des geringen Feinanteils festzulegen. Selbst wenn man einen abgabepflichtigen Gesamtabbau von 200.000 m3 annehme, sei somit - unter Zugrundelegung eines Umrechnungsfaktors von 1,75 t je Kubikmeter aufgelockerten Materials - von 350.000 t auszugehen. Daraus ergäben sich, wie bereits erwähnt, lediglich 57,6 % an verwertbarem Material, somit insgesamt 201.600 t. Von diesem Betrag wären wiederum mindestens 15 % an Schlamm bzw. Verluste im Zusammenhang mit dem Waschprozess abzuziehen, sodass sich letztlich rund 71.360 t verwertbares Produkt ergäben. Von diesem grundsätzlich verwertbaren Produkt seien bis dato 8 % Steine, somit 13.700 t an Steinen und 157.660 t Schüttmaterial, angefallen. Unter Zugrundelegung der unterschiedlichen Abgabensätze ergebe dies einen Gesamtbetrag von EUR 181.586,96.

Mit dem angefochtenen Bescheid wurde der Berufung der beschwerdeführenden Stadt keine Folge gegeben und der Bescheid erster Instanz bestätigt. Begründend wurde ausgeführt, dass gegenüber der alten Rechtslage nach dem Landschaftsschutzgesetz durch das Vlbg NSchG aus 1997 eine Änderung der Rechtslage hinsichtlich des Abgabentatbestandes nach seinem § 13 insoweit eingetreten sei, als nunmehr grundsätzlich jeder Materialabbau, auch wenn er nicht primär auf die Gewinnung bestimmter Materialien gerichtet sei, der Naturschutzabgabe unterliege. Gemäß § 33 Abs. 1 lit. j Vlbg NSchG seien nicht nur bestimmte, auf das jeweilige Material bezogene Abbauanlagen bewilligungspflichtig, sondern auch "sonstige Bodenabbauanlagen". Der Abgabentatbestand des § 13 Abs. 1 des Vlbg NSchG knüpfe nicht an die Verwirklichung der "zweckorientierten und damit im Zusammenhang stehenden organisierten Gewinnung" von bestimmten Materialien an, sondern an den Begriff des Abbaues, worunter das Loslösen von Material vom Mutterboden verstanden werde. Nach Auffassung der belangten Behörde stehe fest, dass der Abbau der gegenständlichen Materialien im Rahmen des Projektes Breitenberg grundsätzlich die Pflicht zur Entrichtung der Naturschutzabgabe auslöse, auch wenn der primäre Zweck dieses Projektes in der Hintanhaltung von Gefahren für Menschen und Sachen bestehe. In der Folge sei nun zu prüfen, ob die Abgabepflicht nach § 13 Abs. 3 Vlbg NSchG entfalle, d. h. ob die Entnahme oder der Abbau zur Abwendung einer unmittelbar drohenden Gefahr für Leib und Leben von Menschen oder für Sachen erforderlich sei und das Material für Bauzwecke oder eine sonstige wirtschaftliche Verwertung nicht geeignet sei. Es falle jedoch nur wirtschaftlich nicht verwertbares Material von vornherein nicht unter den Abgabentatbestand des § 13 Abs. 1 Vlbg NSchG. Der überwiegende Teil des gegenständlichen Abbaumaterials sei jedoch wirtschaftlich verwertbar. Von der Gesamtabbaumenge seien vom Landesabgabenamt für Vorarlberg Deponiematerial im Ausmaß von 34.100 m3 sowie das Material für den Dammbau im Ausmaß von 27.000 m3 in Abzug gebracht worden. Aus den vorliegenden Unterlagen ergebe sich, dass das restliche Abbaumaterial durch die R. GmbH weiterverarbeitet und veräußert werde. In diesem Sinn sei im technischen Bericht des Verbauungsprojektes 1999 festgehalten, dass bei einem Abtragsüberschuss von 550.000 m3 davon auszugehen sei, dass große Teile des vorhandenen Materials für verschiedene bauliche Zwecke verwendet werden könnten. Auch aus der Detailkalkulation der R. GmbH gehe unmissverständlich hervor, dass das abzubauende Material wirtschaftlich verwertbar sei. So werde der Wert von Hangschutt mit EUR 4,36 je Tonne bzw. von Steinen und Blöcken mit EUR 11,63 je Tonne ausgewiesen. Im Übrigen werde auf die detaillierten Ausführungen im festgestellten Sachverhalt verwiesen. Die wirtschaftliche Verwertbarkeit dieses Abbaumaterials stehe somit für die Berufungsbehörde außer Zweifel. Die Ausführungen der Beschwerdeführerin, wonach die Kosten der Entnahme des Materials den aus seiner Verwertung zu erzielenden wirtschaftlichen Erlös übersteigen würden, gehe deshalb ins Leere, da der Erlös aus dem Verkauf des Materials lediglich jenen Kosten gegenübergestellt werden könne, die im direkten Zusammenhang mit der Entnahme des Abbaumaterials stünden, nicht aber jenen Kosten, die ganz allgemein im Rahmen dieses Projektes zur Abwendung der Gefahr vor einem Felssturz anfallen würden. Dass der wirtschaftliche Ertrag aus dem Abbau der gegenständlichen Materialien nicht unerheblich sei, ergebe sich bereits aus der Detailkalkulation der R. GmbH vom 12. April 2001. Im Übrigen erscheine die Errichtung eines Auffangbeckens im Ausmaß von 550 m3 Material - d.h. im Ausmaß von der dreifachen Menge des absturzgefährdenden Felsens - lediglich unter dem Aspekt sinnvoll, dass das Abbaumaterial wirtschaftlich verwertbar sei und dadurch die Gesamtkosten des Projektes reduziert würden. Auf Grund dieser Überlegungen gehe die belangte Behörde davon aus, dass das gegenständliche Abbaumaterial für Bauzwecke oder für sonstige wirtschaftliche Verwertung geeignet sei, weshalb die Abgabepflicht nach § 13 Abs. 3 Vlbg NSchG nicht entfalle, obwohl der Abbau zur Abwendung einer unmittelbar drohenden Gefahr für Leib und Leben von Menschen und von Sachen erforderlich gewesen sei.

Hinsichtlich des Vorbringens der Beschwerdeführerin, die vom Landesabgabenamt geschätzte Aufteilung des Abbaumaterials entspreche nicht den Tatsachen, führte die belangte Behörde aus, aus § 52 Vlbg AbgVG ergebe sich für das Abgabenverfahrensrecht der Grundsatz der amtswegigen Erforschung der materiellen Wahrheit. Folglich laste die Verpflichtung zur Erforschung der materiellen Wahrheit in erster Linie auf der Behörde. Demgegenüber sei auch der Abgabepflichtige in Erfüllung seiner Offenlegungspflicht (§ 54 Vlbg AbgVG) dazu angehalten, die Richtigkeit der in seinem Anbringen dargelegten Umstände zu beweisen bzw. glaubhaft zu machen. Das Abgabenverfahren sei daher durch ein Zusammenspiel von amtswegiger Ermittlung und Mitwirkung der Stadt charakterisiert, wobei sich beide Teile in dem Bemühen der Erforschung der materiellen Wahrheit zu ergänzen und gegenseitig zu unterstützen hätten. Untersuchungsgrundsatz und Mitwirkungspflicht des Abgabepflichtigen widersprächen einander nicht, sondern ergänzten und steigerten einander in ihrer Wirkung, wobei die Gewichte im Einzelfall unterschiedlich verteilt sein könnten. Das Maß der Pflichtenzuweisung an einen Verfahrensteil hänge in erster Linie vom Ausmaß der Erfüllung der Sachaufklärungspflichten des anderen Verfahrensteiles ab.

Die Abgabepflichtige habe es, trotz mehrfacher telefonischer und schriftlicher Aufforderungen (insbesondere Schreiben vom 5. Februar 2001 und vom 6. September 2001) durch das Landesabgabenamt, unterlassen, Naturschutzabgabeerklärungen einzureichen, weshalb die Behörde erster Instanz gemäß § 80 Abgabenverfahrensgesetz zur Schätzung der Naturschutzabgabe auf Grund der vorliegenden Unterlagen verpflichtet gewesen sei. Im Übrigen hätte die Abgabepflichtige zu der ihr mit Schreiben des Landesabgabenamtes für Vorarlberg vom 17. Dezember 2001 beabsichtigten Detailschätzung keinen Einwand - weder hinsichtlich der Abbaumenge noch hinsichtlich des Umrechnungsfaktors - erhoben. Die vorgenommene Schätzung der erstinstanzlichen Behörde sei daher nach Gewährung des Parteiengehörs und unter Zugrundelegung der laut Akteninhalt bekannten Daten zu Recht erfolgt. Da sich die Aussagen der Abgabepflichtigen bezüglich des Materials nicht mit jenen Angaben deckten, die der Berechnung der erstinstanzlichen Behörde zu Grunde gelegen seien, sei die Beschwerdeführerin mit Schreiben vom 6. Mai 2002 aufgefordert worden, diese Aussagen durch entsprechende Gutachten zu belegen, was jedoch nicht erfolgt sei. Im Sinne der "Gleichwertigkeit der Beweisstücke" hätte lediglich eine anders lautende geologische Beurteilung durch einen Sachverständigen dazu führen können, dass die Abgabenbehörde ihren Berechnungen andere Umrechnungsfaktoren als die auf Grund des laut Schreibens des geologischen Amtsachverständigen vom 17. September 1992 angenommenen Faktoren zu Grunde gelegt hätte. Da die Berufungswerberin im gegenständlichen Fall jedoch lediglich dem erstinstanzlichen Bescheid widersprechende Angaben gemacht hätte, ohne dies trotz ausdrücklicher Aufforderung durch die Berufungsbehörde zu belegen, sei die Abgabepflichtige ihrer Verpflichtung nicht nachgekommen, die Richtigkeit ihrer Berechnung zu beweisen bzw. glaubhaft zu machen, weshalb von den üblicherweise geltenden Umrechnungsfaktoren auszugehen sei und die Schätzung der abgebauten Materialien - wie sie vom Landesabgabenamt vorgenommen worden sei - bestätigt werde.

Im Übrigen sei der gegenständliche Materialabbau zum überwiegenden Teil im Jahre 2001 erfolgt und die abgebauten Materialien seien umgehend entweder deponiert worden, in den Damm eingebaut oder weiter verarbeitet worden, weshalb die Vornahme eines Augenscheines nach Auffassung der Berufungsbehörde nicht als zweckmäßig für die Beurteilung der Abbaumengen erachtet werde.

Aus den Unterlagen gehe hervor, dass die Beschwerdeführerin die Naturschutzabgabe trotz mehrfacher Aufforderung nicht beim Landesabgabenamt erklärt und entrichtet hätte. Werde eine Abgabe nicht spätestens am Fälligkeitstag entrichtet, so trete gemäß § 90 Abs. 1 Vlbg AbgVG mit Ablauf dieses Tages die Verpflichtung zur Entrichtung eines Säumniszuschlages ein. Der Säumniszuschlag betrage 2 v.H. des nicht zeitgerecht entrichteten Abgabenbetrages. Da nach Prüfung der objektiven Voraussetzungen der Säumnis feststehe, dass die Abgabe nicht spätestens am Fälligkeitstag entrichtet worden sei, sei der Säumniszuschlag zu Recht im gesetzlich festgelegten Ausmaß festgesetzt worden. Gemäß § 58 erster Satz Vlbg AbgVG könne die Behörde einen Zuschlag bis zu 10 v.H. der festgesetzten Abgabe auferlegen, wenn die Verspätung nicht entschuldbar sei und die Abgabepflichtige die Frist zur Einreichung einer Abgabenerklärung nicht wahre. Die Abgabepflichtige sei auf die Verpflichtung zur Entrichtung der Naturschutzabgabe mehrfach durch das Landesabgabenamt hingewiesen worden, weshalb es nicht entschuldbar sei, dass sie die Naturschutzabgabe nicht fristgerecht entrichtet habe. In Anbetracht des Ausmaßes der Fristüberschreitung, des Ausbleibens von Vorauszahlungen und des für die Abgabenpflichtige hierdurch eingetretenen Zinsvorteils sowie des hervorgerufenen beachtlichen Verwaltungsaufwandes seien die spruchgemäß abgestuften Verspätungszuschläge, welche im untersten Bereich des zulässigen Ausmaßes festgesetzt worden seien, für die Nichterklärung der Naturschutzabgabe zu Recht vorgeschrieben worden.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde, in welcher sich die beschwerdeführende Stadtgemeinde in ihrem Recht, keine Naturschutzabgabe für die Errichtung eines "Felssturzdammes" zu bezahlen, verletzt erachtet, wobei der Bescheid sowohl an Rechtswidrigkeit des Inhaltes als auch an Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften leide.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

§ 13, § 14 und § 33 Abs. 1 lit. j Vlbg NSchG aus 1997 in der im Zeitpunkt der hier in Rede stehenden Materialentnahme in Geltung gestandenen Stammfassung dieses Gesetzes lauten:

"§ 13

Entrichtung und Höhe der Naturschutzabgabe

(1) Zur Entrichtung der Naturschutzabgabe ist verpflichtet, wer Steine, Sand, Kies sowie Schuttmaterial aller Art in einer Bodenabbauanlage (§ 33 Abs. 1 lit. j) abbaut oder aus Gewässern entnimmt.

(2) Die Höhe der Naturschutzabgabe beträgt

  1. a) bei Steinen 2,85 S pro Tonne,
  2. b) bei Sand, Kies und Schuttmaterial 5,70 S pro Tonne.

(3) Die Abgabepflicht entfällt, wenn die Entnahme oder der Abbau zur Abwendung einer unmittelbar drohenden Gefahr von Leib und Leben von Menschen oder für Sachen erforderlich ist und das Material für Bauzwecke oder eine sonstige wirtschaftliche Verwertung nicht geeignet ist.

(4) Die im Abs. 2 genannten Abgabensätze ändern sich jeweils zu Beginn eines Jahres um jenen Hundertsatz, um den sich der in Vorarlberg allgemein verwendete Baukostenindex seit dem 1. Jänner 1994 geändert hat. Der neue Abgabensatz nach Abs. 2 lit. b ist auf einen vollen 10 Groschenbetrag abzurunden; der neue Abgabensatz nach Abs. 2 lit. a hat die Hälfte dieses abgerundeten Abgabensatzes nach Abs. 2 lit. b zu betragen. Die Landesregierung hat den jeweils geltenden Abgabensatz zu Beginn eines Jahres im Amtsblatt zu verlautbaren.

§ 14

Anzeigepflicht, Fälligkeit der Abgabe

(1) Die Abgabepflichtigen haben den Beginn und das Ende der abgabepflichtigen Tätigkeit binnen einer Woche dem Landesabgabenamt anzuzeigen.

(2) Die Abgabepflichtigen haben die in einem Kalendermonat entstandene und von ihnen selbst auf Grund geeigneter Unterlagen ermittelte Abgabenschuld jeweils bis zum 15. des zweitfolgenden Monats beim Landesabgabenamt zu erklären und die Abgabe bis zum selben Termin an die vom Landesabgabenamt bestimmte Zahlstelle zu entrichten.

(3) Die Vorschreibung, Einhebung und zwangsweise Einbringung der Naturschutzabgabe obliegen dem Landesabgabenamt.

...

§ 33

Bewilligungspflichtige Vorhaben

(1) Einer Bewilligung der Behörde bedürfen die Errichtung und die im Hinblick auf die Ziele des Naturschutzes und der Landschaftsentwicklung wesentliche Änderung von

...

j) Steinbrüchen und Entnahmestellen von Schuttmaterial aller Art sowie von Sand und Kies, Lehm- und Ziegeleitongruben sowie Torfgewinnungsstätten und sonstigen Bodenabbauanlagen,"

In den Gesetzesmaterialien (68. Beilage im Jahre 1996 des XXVI. Vorarlberger Landtages) heißt es:

"Zu § 13:

Der Abgabengegenstand soll gegenüber der derzeitigen Rechtslage (§ 20 Landschaftsschutzgesetz) im Wesentlichen unverändert bleiben.

Auf Grund der in der Praxis gemachten Erfahrungen hat sich erwiesen, dass die bisherige Regelung, die auf das Vorliegen eines bewilligungspflichtigen Abbaus abstellte, Sachverhalte, die einen vergleichbaren Landschaftsschaden bewirkten und auch im Hinblick auf die Menge des entnommenen Materials, wie dies bei größeren Baustellen der Fall ist, vergleichbar waren, nicht erfasste. Die Abgabepflicht soll nunmehr für nicht bewilligungspflichtige Abbaumaßnahmen oder Entnahmen bestehen. Sie wird jedoch bei händisch durchgeführtem Abbau oder kleineren Entnahmen ebenso wenig zur Anwendung gelangen wie für Massenausgleiche und Geländeplanierungen vor Ort.

...

Mit Abs. 3 soll die Klarstellung getroffen werden, dass die Abgabepflicht nicht besteht, wenn die Maßnahme beispielsweise im Zuge einer Räumung von Schuttmaterial aus Wildbächen notwendig ist, das sich im Zuge eines Unwetters angesammelt hat und eine Gefahr für spätere Murengänge darstellt. Eine Gefahr wird dann unmittelbar drohen, wenn zu erwarten ist, dass bei einem neuerlichen Gewitter weitere, schwere Murenabgänge drohen. Die Abgabepflicht besteht jedoch trotzdem, wenn das Material für Bauzwecke oder eine sonstige wirtschaftliche Verwertung geeignet ist.

...

Zu § 33 lit. j:

...

Lit. j entspricht § 13 Landschaftsschutzgesetz. Die für diese Anlagen bisher geltenden Bewilligungsvoraussetzungen (§ 14) werden auch von § 35 erfasst. Es ist klarzustellen, dass händische Entnahmen aus Wildbächen udgl., die ohne technische Einrichtungen betrieben werden, nicht bewilligungspflichtig sind."

Vor Inkrafttreten des Vlbg NSchG stand das Vorarlberger Landschaftsschutzgesetz 1982 idF LGBl. Nr. 38/1981 ( in der Folge: Vlbg LSchG 1982) in Geltung. § 17 Vlbg LSchG 1982 lautete:

"§ 17

Abgabenschuldner, Ausmaß

(1) Zur Entrichtung der Landschaftsschutzabgabe ist verpflichtet, wer Steine, Sand, Kies und Schuttmaterial aller Art in einer bewilligungspflichtigen Bodenabbauanlage (§ 10) abbaut.

..."

In der Beschwerde wird bestritten, dass die beschwerdeführende Stadt eine Abgabepflicht nach dem Vlbg NSchG treffe, und zwar zum einen, weil der gegenständliche Vorgang überhaupt nicht abgabepflichtig sei, und zum anderen, weil sie selbst bei Bejahung eines abgabepflichtigen Abbaues nicht als Abbauender, und damit auch nicht als Abgabepflichtiger, anzusehen wäre.

Gemäß § 13 Abs. 1 Vlbg NSchG ist zur Entrichtung der Naturschutzabgabe verpflichtet, wer Steine, Sand, Kies sowie Schuttmaterial aller Art in einer Bodenabbauanlage (§ 33 Abs. 1 lit. j) abbaut oder aus Gewässern entnimmt.

Ebenso wenig wie bei der Entnahme der genannten Materialien aus Gewässern (zweiter Tatbestand) ist beim ersten Tatbestand des § 13 Abs. 1 Vlbg NSchG auf eine Bewilligungspflicht oder gar eine erteilte Bewilligung der Bodenabbauanlage abgestellt. Der Abgabengesetzgeber erfasst unabhängig davon, ob jemand eine Bewilligung hat oder bewilligungslos abbaut, die Tatsache des Abbauens als Abgabentatbestand und knüpft daran die Abgabenpflicht (vgl. die RV, 68 BlgLT Vlbg 26. LT (1996), 38, wo es zu § 13 unter anderem wie folgt heißt: "Die Abgabepflicht soll nunmehr für nicht bewilligungspflichtige Abbaumaßnahmen oder Entnahmen bestehen."). Es handelt sich bei der Verweisung auf § 33 Abs. 1 lit. j leg. cit. somit nur um eine legistische Technik zur Umschreibung des verwendeten Begriffes der "Bodenabbauanlage".

"Bodenabbauanlagen" sind demnach die im § 33 Abs. 1 lit. j Vlbg NSchG aufgezählten Anlagen, nämlich Steinbrüche und Entnahmestellen von Schuttmaterial aller Art sowie von Sand und Kies, Lehm- und Ziegeleitongruben sowie Torfgewinnungsstätten und sonstige Bodenabbauanlagen. Der Abgabentatbestand ist bereits durch das Faktum des Abbauens der aufgezählten Materialien in einer Bodenabbauanlage verwirklicht, ohne dass es - wie erwähnt - auf das Vorliegen einer diesbezüglichen Bewilligung ankäme. Der Abgabentatbestand des faktischen Abbauens in einer Bodenabbauanlage wäre auch verwirklicht, wenn für diese im administrativ-rechtlichen Teil der Regelung nicht eine Bewilligung, sondern bloß eine Anzeige oder gar keine rechtliche Voraussetzung, also (landesrechtliche) Abbaufreiheit, vorgesehen wäre (vgl. das hg Erkenntnis vom 19. März 2001, Zl. 2000/17/0194).

Es ist zunächst festzuhalten, dass die Materialentnahme, sei es im Wege eines Abbaues außerhalb eines Gewässers, sei es im Wege einer Entnahme aus einem Gewässer, jedenfalls in einer Bodenabbauanlage im Verständnis des § 33 Abs. 1 lit. j Vlbg NSchG erfolgen muss, um eine Abgabepflicht nach § 13 Abs. 1 Vlbg NSchG zu begründen.

Wie der Verwaltungsgerichtshof im Erkenntnis vom 29. April 2002, Zl. 2001/17/0146, ausgeführt hat, wäre die Ausnahmebestimmung des § 13 Abs. 3 Vlbg NSchG obsolet, wollte man den Begriff der Bodenabbauanlage im Verständnis des § 13 Abs. 1 leg. cit. im Sinne der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes (zum Regelungssystem der §§ 13 und 20 Vlbg LSchG 1982) verstehen: Wären bloß auf die zweckgerichtete Gewinnung der Materialien gerichtete Abbau- oder Entnahmemaßnahmen abgabepflichtig, so bedürfte es keiner Ausnahmeregelung, wonach die Abgabepflicht entfällt, wenn die Entnahme oder der Abbau zur Abwendung einer unmittelbar drohenden Gefahr für Leib und Leben von Menschen oder für Sachen erforderlich ist und das Material für Bauzwecke oder eine sonstige wirtschaftliche Verwertung nicht geeignet ist. Die oben wiedergegebenen Gesetzesmaterialien zu § 13 Abs. 3 Vlbg NSchG (vgl. die 68 BlgLT Vlbg 26. LT (1996) zu den Sitzungsberichten) lassen auch klar erkennen, dass selbst im Falle der notwendigen Räumung von Schuttmaterial aus Wildbächen, welches eine unmittelbare Gefahr für spätere Murengänge darstellt, Abgabepflicht besteht, wenn das Material für Bauzwecke oder eine sonstige wirtschaftliche Verwertung geeignet ist. Der Gesetzgeber hat seine aus den Materialien ersichtliche Absicht jedenfalls durch die Umschreibung der Ausnahmebestimmung des § 13 Abs. 3 Vlbg NSchG zum Ausdruck gebracht. Im Übrigen schließt auch eine am Wortlaut orientierte Auslegung des Begriffes "Bodenabbauanlage" nicht von Vornherein das Verständnis aus, eine solche liege auch dann vor, wenn das im Zuge eines Abbaues anfallende Material nicht zweckgerichtet gewonnen wird, sondern als Nebenprodukt einer primär auf einen anderen Zweck gerichteten Tätigkeit anfällt (vgl. zur Möglichkeit eines weiten Verständnisses des Begriffes "Anlage" das zum Tiroler Naturschutzgesetz 1991, LGBl. Nr. 29, ergangene hg. Erkenntnis vom 22. November 1999, Zl. 93/17/0121).

Im Sinne der oben wiedergegebenen Rechtsprechung ist zunächst davon auszugehen, dass der Abgabentatbestand des § 13 Abs. 1 Vlbg NSchG erfüllt ist, weil im vorliegenden Fall entsprechendes Material in einer Bodenabbauanlage abgebaut wurde. Der belangten Behörde ist auch beizupflichten, wenn sie ausführt, dass der Abbau der gegenständlichen Materialien im Rahmen des Projektes "Felssturz Breitenberg" grundsätzlich die Pflicht zur Entrichtung der Naturschutzabgabe auslöse, auch wenn der primäre Zweck dieses Projektes in der Hintanhaltung von Gefahren für Menschen und Sachen bestehe. Die Eignung zumindestens eines Teiles des Materials für Bauzwecke oder eine sonstige wirtschaftliche Verwertung (und nur auf diese, nicht etwa auf die Wirtschaftlichkeit des Abbauvorganges selbst stellt § 13 Abs. 3 Vlbg NSchG ab) ist nach dem festgestellten Sachverhalt und der Aktenlage gegeben, sodass auch die letztgenannte Ausnahmebestimmung der Abgabepflichtigkeit des Vorganges nicht entgegensteht.

Entscheidungswesentlich im vorliegenden Fall ist aber überdies, wer als Abbauender im Sinne des § 13 Abs. 1 leg. cit. anzusehen ist und somit zur Entrichtung der Abgabe herangezogen werden kann. Sowohl die erstinstanzliche Behörde als auch die belangte Behörde gingen, ohne nähere Begründung und ohne Feststellungen zu den zwischen der beschwerdeführenden Stadt und den übrigen betroffenen Grundeigentümern abgeschlossenen Vereinbarungen zu treffen, davon aus, dass Erstere als Abbauende im Sinne der genannten Bestimmung anzusehen sei. In der Beschwerde wird dagegen vorgebracht, dass nicht die Beschwerdeführerin, sondern das das Material abbauende und wirtschaftlich verwertende Unternehmen Adressat einer etwaigen Abgabepflicht sei.

Es trifft zwar zu, dass die beschwerdeführende Partei erstmals im verwaltungsgerichtlichen Verfahren behauptet, dass ein - allenfalls abgabepflichtiger Abbauvorgang - nicht ihr als "Abbauender" zuzurechnen wäre, sondern der R. GmbH. Gemäß § 51 Abs. 1 Vlbg AbgVG war die belangte Behörde jedoch verpflichtet, alles was für die Bemessung der Abgabe maßgeblich ist, sorgfältig zu ermitteln; nach § 52 Abs. 1 leg. cit. obliegt es der Abgabenbehörde, von Amts wegen jene tatsächlichen und rechtlichen Verhältnisse zu ermitteln, die für die Abgabepflicht maßgeblich sind. Die belangte Behörde hätte nach dem Vorgesagten die Frage, wer als "Abbauender" und somit als Abgabepflichtiger anzusehen ist, hier keinesfalls als "unstrittig" behandeln dürfen. Vielmehr hätte sie die für die Beurteilung der Person des Abgabepflichtigen erforderlichen Feststellungen zu treffen und diese sodann rechtlich zu würdigen gehabt. Dies gilt umsomehr angesichts der Tatsache, dass die belangte Behörde offenbar selbst zunächst massive Zweifel an der Stellung der beschwerdeführenden Stadt als Abgabepflichtiger gehabt hat, welche letztendlich zur Einholung eines im Akt erliegenden Rechtsgutachtens zu dieser Frage geführt haben. Hinzu kommt, dass die oben wiedergegebenen Verfahrensergebnisse in Ansehung der zwischen der beschwerdeführenden Stadt und der R. GmbH bzw. weiterer Grundeigentümer getroffenen Vereinbarungen gegen die Stellung der beschwerdeführenden Stadt Dornbirn als Abgabepflichtiger sprechen könnten:

Nach § 13 Abs. 1 Vlbg NSchG ist (bei Vorliegen der sonstigen Voraussetzungen) abgabepflichtig, "wer abbaut". Damit umschreibt dieses Gesetz die Person des Abgabepflichtigen in gleicher Weise wie schon davor das Vlbg LSchG 1982. Schon die Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes zum Vlbg LSchG 1982 hat, freilich ohne hiezu ausdrückliche Aussagen zu treffen, als "Abbauenden" nicht etwa schlechthin den Grundeigentümer oder den an Effekten von Abbaumaßnahmen, die über die Gewinnung des Materials hinausgingen, Interessierten angesehen, sondern denjenigen Unternehmer, der den Abbau vornimmt und sodann das abgebaute Material auf eigene Rechnung und Gefahr verwertet (vgl. dazu das hg. Erkenntnis vom 21. Dezember 1998, Zl. 94/17/0112, 0154, betreffend die Gewinnung von Abbaumaterial im Zusammenhang mit einer Flussregulierung, in welchem der Abbauunternehmer und nicht etwa der am wasserbautechnischen Effekt interessierte Betreiber des Projektes der Rheinregulierung als abgabepflichtig behandelt wurde).

Entsprechendes gilt für die Judikatur zur hier in Rede stehenden Bestimmung des § 13 Vlbg NSchG 1997, welche bislang nur Fälle betroffen hat, in denen durch die Abbaumaßnahmen wirtschaftlich verwertbares Material angefallen ist. In dem dem hg. Erkenntnis vom 29. April 2002, Zl. 2001/17/0146, zu Grunde liegenden Fall hat die belangte Behörde - vom Verwaltungsgerichtshof unbeanstandet - gleichfalls den Abbaumaßnahmen zum Schutz von Siedlungsgebieten, zur Sanierung einer Mülldeponie bzw. zur Flussregulierung durchführenden Unternehmer, dem das Recht zur Verwertung des dabei angefallenen Materials eingeräumt war, und nicht etwa den Betreiber der Schutzbau- bzw. Sanierungsprojekte als abgabepflichtig behandelt.

Diese bislang gepflogene Auslegung trägt auch dem Gesetzeswortlaut insoweit Rechnung, als dieser mit der Formulierung "wer abbaut" doch eine relativ enge Beziehung des Abgabepflichtigen zum Vorgang des Loslösens des Materials vom Mutterboden und seiner folgenden wirtschaftlichen Verwertung nahe legt. In diesem Zusammenhang ist es nicht von ausschlaggebender Bedeutung, ob der Abbauunternehmer das Recht zur Verwertung des angefallenen Materials durch Entrichtung eines Entgelts ("Schotter- oder Kieszins") oder aber - was nach der Aktenlage hier nahe liegt - dadurch erwirbt, dass er dem Grundeigentümer und Projektbetreiber hiefür werkvertragliche Gegenleistungen erbringt (für die sonst kein oder ein geringeres Entgelt verrechnet wird) bzw. seinerseits Grundstücke zur Durchführung des Gesamtprojektes zur Verfügung stellt.

Nach Maßgabe der im Akt erliegenden Urkunden erscheint das Bestehen einer Abgabepflicht der R. GmbH an Stelle der von der belangten Behörde herangezogenen beschwerdeführenden Stadt jedenfalls nicht von vornherein und nicht in Ansehung des gesamten Materials, auf das sich die Abgabenvorschreibung bezieht, ausgeschlossen.

Da die belangte Behörde die notwendigen Feststellungen betreffend den Inhalt der zwischen der beschwerdeführenden Stadt und den übrigen Grundeigentümern abgeschlossenen Vereinbarungen nicht getroffen hat, um rechtlich zu beurteilen, wer das Material "abgebaut", d.h. diesen Vorgang auf eigene Rechnung und Gefahr durchgeführt hat, belastete sie den angefochtenen Bescheid mit Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften, weshalb dieser gemäß § 42 Abs. 2 Z 3 lit. b VwGG aufzuheben war.

Bemerkt wird, dass in Ansehung des von lit. b und c der Vereinbarung mit der R. GmbH betroffenen, der letztgenannten Gesellschaft auch zur Verwertung auf eigene Rechnung und Gefahr überlassenen Materials eine Abgabepflicht der beschwerdeführenden Stadt nicht besteht.

Die Kostenentscheidung gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG iVm der Verordnung BGBl. II Nr. 501/2001.

Soweit Entscheidungen des Verwaltungsgerichtshofes zitiert wurden, die in der Amtlichen Sammlung der Erkenntnisse und Beschlüsse dieses Gerichtshofes nicht veröffentlicht sind, wird auf Art. 14 Abs. 4 der Geschäftsordnung des Verwaltungsgerichtshofes, BGBl. Nr. 45/1965, hingewiesen.

Wien, am 23. Juni 2003

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